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BGH, Beschluss vom 1. September 2004 - 2 StR 313/04


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 1.9.2004 - 2 StR 313/04
Nachschlagewerk: ja
BGHR:   ja
BGHSt:   nein
Veröffentlichung: ja

 
StGB § 250 Abs. 2 Nr. 1
Das Verwenden einer Waffe oder eines gefährlichen Werkzeuges als Drohmit-
tel bei § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB setzt voraus, daß die Drohung von dem Be-
drohten wahrgenommen wird.
 
BGH, Beschluß vom 1. September 2004 - 2 StR 313/04 - LG Koblenz
 
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 313/04
vom
1. September 2004
in der Strafsache
gegen


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wegen schweren Raubes
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Der 2. Strafsenat des Bundesger ichtshofs hat auf Antrag des Generalbundes-
anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 1. September 2004
gemäß §§ 349 Abs. 2 und 4, 354 Abs. 1, 357 StPO beschlossen:

 

1. Auf die Revision des Angeklagten M. G. wird das Urteil
des Landgerichts Koblenz vom 26. April 2004, auch soweit es
die Angeklagten D.  Gü. und F.  G. betrifft,

a) im Schuldspruch dahin geändert, daß die Angeklagten des
schweren Raubes gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 1 a StGB schul-
dig sind und

b) in den jeweiligen Rechtsfolgenaussprüchen mit den Feststel-
lungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wir d die Sache zu neuer Verhand-
lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-
tels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurück-
ver wiesen.

3. Die weitergehende Revision wird verwor fen.
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Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten und die beiden nichtrevidierenden
Mitangeklagten jeweils des schweren Raubes gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB
schuldig gesprochen und den Angeklagten zu einer Freiheitsstr afe von sechs
Jahr en und die Mitangeklagten unter Einbeziehung von Vor verurteilungen zu
Einheitsjugendstrafen von drei Jahren und sechs Monaten bzw. von fünf Jah-
ren verur teilt.

Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung mater iellen
Rechtes rügt, hat in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg
(§ 349 Abs. 4 StPO); im übrigen ist sie unbegr ündet (§ 349 Abs. 2 StPO).

Die getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch gemäß § 250
Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht, sondern nur den des § 250 Abs. 1 Nr. 1 a StGB.

1. Nach den Feststellungen des Landger ichts kamen die Angeklagten
überein, eine Grillstube zu überfallen, wobei die Bedienung aufgrund Bedr o-
hung die Wegnahme von Geld dulden sollte. Die Bedrohung sollte durch einen
ca. 28 cm langen, spitz zulaufenden Schraubenzieher erfolgen. Während der
Mitangeklagte D. G. im Fluchtfahr zeug wartete, gingen der Angeklagte und
sein mitangeklagter Bruder leicht vermummt in die Grillstube. Der Bruder des
Angeklagten ergriff die Bedienung und hielt "den mitgeführten Schraubenzie-
her , zum Teil mit seiner Jacke verdeckt, gegen die rechte Hüfte der Zeugin, um
den Eindr uck zu erwecken, er habe eine Pistole. Die Angeklagten gaben der
Zeugin durch Rufen des Wortes 'Geld' zu verstehen, daß sie ihnen die Ein-
nahmen herauszugeben habe. Die Zeugin, die zwar den Druck mit dem
Schraubenzieher nicht bemerkt hatte, jedoch unter dem Eindruck des bedrohli-
chen Auftretens der Angeklagten stand, öffnete die Kassenlade, aus der die
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Angeklagten 315 €   entnahmen" (UA S. 14). Die Angeklag ten entfernten sich
zunächst zu Fuß, um dann plangemäß von dem Mitangeklagten D. G. im Auto
aufgenommen zu werden.

2. Die fehlerfrei getroffenen Feststellungen rechtfertigen nicht den
Schuldspruch wegen schweren Raubes gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB. In den
Fällen des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB muß der Täter oder ein anderer Beteiligter
das gefährliche Tatmittel zur Verwir klichung der raubspezifischen Nötigung
verwenden, also zur Gewaltanwendung oder zur Drohung mit Gewalt gebrau-
chen (vgl. Tröndle/Fischer StGB 52. Aufl. § 250 Rdn. 7). Die Angeklagten ha-
ben den Schraubenzieher bei der Tat (Raub) aber weder zur Gewaltausübung
noch zur Drohung verwendet. Mit dem Schraubenzieher wurde keine Gewalt
angewandt, da mit diesem keine körperliche Zwangseinwirkung entfaltet wur de.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts wur de der Schraubenzieher aber
auch nicht als Drohmittel verwendet. Denn eine Verwendung als Drohmittel
setzt voraus, daß die Drohung das Opfer erreicht. Drohung ist das ausdrückli-
che oder schlüssige In-Aussicht-Stellen eines Übels, dessen Eintritt davon ab-
hängen soll, daß der Bedrohte sich nicht dem Willen des Drohenden beugt.
Drohung erfordert daher, daß der Bedrohte in diese Zwangslage versetzt wird,
mithin Kenntnis von der Drohung er langt. Da das Opfer im vorliegenden Fall
den Schraubenzieher überhaupt nicht bemerkt hat und deshalb eine entspr e-
chende qualifizierte Einwirkung auf den Willen der Zeugin gar nicht eingetreten
ist, wurde der Schraubenzieher bei der Tat nicht als Mittel zur Drohung ver-
wendet. Insofern liegt lediglich ein Versuch der Verwendung als Drohmittel vor,
der jedenfalls hinter der Tatbestandsvollendung nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 a
StGB zurücktritt.
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3. Die Feststellungen ergeben eine Strafbarkeit gemäß § 250 Abs. 1
Nr. 1 a StGB, weil die Täter mit dem hier näher beschriebenen Schraubenzie-
her ein gefährliches Werkzeug bei sich führten. Das Beisichführen einer Waffe
oder eines gefährlichen Werkzeuges setzt keine Kenntnis des Opfers hiervon
voraus.

Der Senat hat den Schuldspruch selbst (§ 354 Abs. 1 StPO) entspr e-
chend geändert. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da die Anklage ihnen
ger ade schweren Raub gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 1 a StGB vorwarf.

Der Senat kann nicht ausschließen, daß der Tatrichter bei einem Straf-
rahmen von dr ei bis 15 Jahren statt fünf bis 15 Jahren Freiheitsstrafe zu einem
dem Angeklagten günstigeren Ergebnis gelangt wäre. Deshalb war der Rechts-
folgenausspruch aufzuheben.

4. Die Schuldspruchänderung und die Aufhebung im Rechtsfolgenaus-
spruch war gemäß § 357 StPO auf die nichtrevidierenden Mitangeklagten zu
erstrecken, da im vorliegenden Fall nicht sicher ausgeschlossen werden kann,
daß sich auch bei diesen der gleichartige Rechtsfehler im Ergebnis zu ihrem
Nachteil ausgewir kt hat.

Rissing-van Saan   RiBGH Detter ist wegen Maatz
      Urlaubsabwesenheit an
      der Unterschrift gehindert
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