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BGH, Beschluss vom 10. August 2004 - 3 StR 209/04


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 10.8.2004 - 3 StR 209/04
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 209/04
 vom
10. August 2004
in der Strafsache
gegen


wegen schweren Raubes u. a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerde-
führers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 10. Au-
gust 2004 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landge-
richts Lüneburg vom 13. Januar 2004 im Ausspruch über die
Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-
lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-
tels, an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurück-
ver wiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verwor fen.

 

 Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "schwerer räuberischer
Erpressung in zwei Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, wegen
schweren Raubes und wegen räuberischer Erpressung" unter Auflösung der
Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Stade vom 3. Juni 2003
und unter Einbeziehung der Einzelstrafe aus diesem Urteil zur Gesamtfrei-
heitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem hat es die
Geldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Harburg vom 29. Oktober
2002 aufrechterhalten. Von einem weiteren Tatvorwurf hat es den Angeklagten
freigesprochen.
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Gegen seine Verur teilung richtet sich die Revision des Angeklagten, die
er auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts stützt.

Die Nachprüfung des Urteils aufgr und der Revisionsrechtfertigung hat
zum Schuldspr uch und zum Ausspruch über die verhängten Einzelstrafen
(Freiheitsstrafen von zweimal drei und zweimal zwei Jahren) aus den zutref-
fenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Hingegen erweist sich die Gesamtstrafenbildung als rechtsfehlerhaft.

Das Landgericht hätte die Einzelstrafe von elf Monaten aus dem Urteil
des Landgerichts Stade vom 3. Juni 2003 nicht gemäß § 55 StGB in die von
ihm gebildete Gesamtstrafe einbeziehen dürfen. Die mit der einbezogenen
Strafe abgeurteilte Tat hatte der Angeklagte am 30. August 2002 und damit vor
dem Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Harburg vom 29. Oktober 2002 began-
gen. Dementsprechend hatte das Landgericht Stade zutreffend aus der von
ihm verhängten Freiheitsstrafe von elf Monaten und der vom Amtsgericht Ham-
bur g-Harburg verhängten Geldstrafe von 40 Tagessätzen eine nachträgliche
Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten und zwei Wochen gebildet. Wegen der
Maßgeblichkeit der jeweils frühesten unerledigten Vorverurteilung begründet
das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Harburg eine Zäsur (vgl. Schäfer, Praxis
der Strafzumessung 3. Aufl. Rdn. 685). Da die hier abgeurteilten Taten erst
nach dieser Zäsur im Februar 2003 begangen wurden, kommt eine nachträgli-
che Gesamtstrafenbildung mit der vom Landgericht Stade verhängten Frei-
heitsstrafe nicht in Betracht (vgl. BGHSt 32, 190, 193; BGHR StGB § 55 Abs. 1
Satz 1 Zäsurwirkung 1, 4, 6; Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 55 Rdn. 9 ff.).
Durch die fehlerhafte Gesamtstrafenbildung ist der Angeklagte auch beschwert,
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weil er damit den Vorteil der Strafaussetzung zur Bewährung hinsichtlich der
Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten und zwei Wochen verloren hat.

Daher muß das Urteil im Gesamtstrafenausspruch mit den zugehörigen
Feststellungen aufgehoben werden. Als Folge dieser Aufhebung erlangt der
Gesamtstrafenausspruch im Urteil des Landgerichts Stade vom 3. Juni 2003,
dur ch das der Angeklagte zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfrei-
heitsstrafe von elf Monaten und zwei Wochen verurteilt wor den ist, wieder
Wirksamkeit.

Der neue Tatrichter wird aus den im angefochtenen Urteil rechtsfehler-
frei festgesetzten Einzelfreiheitsstrafen (zweimal drei Jahre und zweimal zwei
Jahr e) eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden haben. Wegen des Verschlechte-
rungsverbots gemäß § 358 Abs. 2 StPO darf die neu zu bildende Gesamtfrei-
heitsstrafe nur so hoch bemessen werden, daß sie zusammen mit der im Urteil
des Landgerichts Stade verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten und
zwei Wochen die im angefochtenen Urteil festgesetzte Gesamtfreiheitsstr afe
von fünf Jahren und sechs Monaten nicht über steigt (vgl. BGHR StGB § 55
Abs. 1 Satz 1 Fehler 1; Tröndle/Fischer, aaO Rdn. 19). Sie darf daher - unter
Beachtung des § 39 StGB - nicht höher als vier Jahre und sechs Monate sein.
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Da sich das Verfahren nur noch gegen einen Erwachsenen richtet, war
die Sache an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückzuverwei-
sen.

Tolksdorf      Pfister      von Lie-
nen
    Becker      Hubert


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