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BGH, Beschluss vom 10. Mai 2001 - 1 StR 120/01


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 10.5.2001 - 1 StR 120/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 120/01
vom
10. Mai 2001
in der Strafsache gegen
wegen sexuellen Mißbrauchs von Hilfsbedürftigen in Einrichtungen
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Mai 2001 gemäß § 349 Abs. 1 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 20. November 2000 wird als unzulässig verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
Die Revision ist unzulässig, weil Rechtsanwalt U. als Verteidiger des Angeklagten sowie der Angeklagte selbst ausweislich des beweiskräftigen Protokolls der Hauptverhandlung (§ 274 StPO) nach Verkündung des Urteils auf Rechtsmittel verzichtet haben.
Umstände, die Zweifel an der Wirksamkeit dieses Verzichts begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß der Angeklagte bei Abgabe seiner Verzichtserklärung etwa verhandlungsunfähig und damit nicht in der Lage gewesen wäre, die Bedeutung dieser Erklärung zu erkennen. Diese Fähigkeit wird in der Regel nur durch schwere körperliche oder seelische Mängel ausgeschlossen; auf die Geschäftsfähigkeit im Sinne des bürgerlichen Rechts kommt es nicht an (BGH NStZ 1983, 280; BGH bei Kusch NStZ 1997, 378; BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 3, 16). Ob Verhandlungsunfähigkeit in diesem Sinne vorlag, ist im Wege des Freibeweises zu prüfen; der Grundsatz "in dubio pro reo" gilt hier nicht (BGH aaO).
Aus dem Protokoll der Hauptverhandlung ergibt sich kein Hinweis darauf, daß Bedenken gegen die Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten bestanden haben. Er hat aktiv an der Hauptverhandlung teilgenommen, sich namentlich zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen geäußert und sich zur Sache eingelassen. Dabei hat er eine Handskizze verfertigt und diese erläutert. Auch im weiteren Verlauf der eintägigen Verhandlung hat er sich weiter geäußert. Den Rechtsmittelverzicht hat er nach Erteilung einer Rechtsmittelbelehrung und nach Besprechung mit seinem Verteidiger erklärt. Diese Erklärung ist nochmals vorgelesen und ausdrücklich genehmigt worden. Das alles ergibt sich aus dem Sitzungsprotokoll.
Wenn das Landgericht danach keinen Zweifel an der Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten hatte und solche auch von der Verteidigung nicht geltend gemacht worden sind, so kann diese grundsätzlich auch vom Revisionsgericht ohne Bedenken bejaht werden (vgl. BGH NStZ 1984, 181; BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 16).
Der erklärte Rechtsmittelverzicht ist weder widerruflich noch anfechtbar (Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. § 302 Rdn. 21 m.w.Nachw.). Die trotz wirksamen Verzichts eingelegte Revision ist unzulässig und muß verworfen werden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.
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