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BGH, Beschluss vom 11. August 2005 - 5 StR 299/05


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 11.8.2005 - 5 StR 299/05
5 StR 299/05
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
11.08.2005
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern u. a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11.08.2005
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Potsdam vom 22. Dezember 2004 nach
§ 349 Abs. 4 StPO
a) aufgehoben, soweit der Angeklagte in den Fällen 2. f
und 2. h der Urteilsgründe verurteilt worden ist; insoweit
wird das Verfahren gemäß § 206a Abs. 1 StPO
eingestellt; die hierdurch entstandenen Kosten des
Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten
fallen der Staatskasse zur Last;
b) im Schuldspruch insgesamt dahingehend geändert,
dass der Angeklagte des sexuellen Missbrauchs von
Kindern in sechs Fällen (2. a bis 2. e und 2. g der Urteilsgründe)
schuldig ist:
c) in den Strafaussprüchen der Fälle 2. a bis 2. d der Urteilsgründe
und im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe
aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO
als unbegründet verworfen.
3. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung
zur Bildung einer Hauptstrafe in den Fällen 2. a bis 2. d
der Urteilsgründe und zur Bemessung einer neuen Gesamtfreiheitsstrafe,
auch über die verbleibenden Kosten
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des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des
Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „sexuellen Missbrauchs
von Kindern in sieben Fällen, davon in vier Fällen in Tateinheit mit Beischlaf
zwischen Verwandten sowie eines weiteren Beischlafs zwischen Verwandten“
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt.
Die Revision des Angeklagten führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen
Verfahrenseinstellung, der Korrektur des Schuldspruchs und der
Aufhebung der vier Einzelstrafen und der Gesamtfreiheitsstrafe. Das
Rechtsmittel ist im übrigen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Zu der gebotenen Teileinstellung des Verfahrens und dem wegen Eintritts
der Verfolgungsverjährung zu ändernden Schuldspruch hat der Generalbundesanwalt
in seiner Antragsschrift vom 18.07.2005 zutreffend ausgeführt:
„a) Das Verfahren ist in Fall II. 2. f der Urteilsgründe gemäß § 206a
Abs. 1 StPO einzustellen, weil die Tat verjährt ist.
Die zunächst acht Jahre umfassende Verjährungsfrist für die nach
§ 148 Abs. 1 StGB-DDR i.V.m. § 82 Abs. 1 Nr. 3 StGB-DDR zu beurteilende
Straftat wurde am 3. Oktober 1990 unterbrochen (Art. 315a
Abs. 1 Satz 1 EGStGB). Auf Grund der sodann maßgeblichen Vorschrift
des § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB betrug die Verjährungsfrist fünf Jahre.
Da diese zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des 30. StrÄndG am
30. Juni 1994 noch nicht abgelaufen war, ruhte die Verjährung nach §
78b Abs. 1 StGB. Die Verjährungsfrist begann danach wieder mit
Vollendung des 18. Lebensjahres des Opfers am 1. Januar 1997 zu
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laufen. Da die erste verjährungsunterbrechende Verfolgungshandlung
erst am 28. Mai 2002 erfolgte (Vorladung des Beschuldigten zur polizeilichen
Vernehmung, Bd. 1 Bl. 39 d. A.), trat Verjährung mit Ablauf
des 31. Dezember 2001 ein.
b) Eine Verfahrenseinstellung gemäß § 206a Abs. 1 StPO muss auch
im Falle II. 2. h der Urteilsgründe erfolgen, weil die im Jahre 1994 begangene
Tat nach § 173 Abs. 1 StGB mit Ablauf des 2. Oktober 2000
(Art. 315a Abs. 2 EGStGB) mangels rechtzeitiger Unterbrechungshandlungen
verjährt war.
c) In den Fällen II. 2. c, d, e, g der Urteilsgründe ist der Schuldspruch
dahin gehend abzuändern, dass die tateinheitliche Verurteilung wegen
Geschlechtsverkehrs/Beischlafs zwischen Verwandten gemäß § 152
Abs. 1 StGB-DDR bzw. § 173 Abs. 1 StGB entfällt. In den Fällen
II. 2. c und d wurde der Lauf der deliktsspezifischen fünfjährigen Verjährungsfrist
(§§ 152, 82 Abs. 1 Nr. 2 StGB-DDR) gemäß Art. 315a
Abs. 1 Satz 1 EGStGB unterbrochen; danach war § 78 Abs. 3 Nr. 4
StGB einschlägig. Verjährungseintritt erfolgte mangels rechtzeitiger
Unterbrechungshandlungen nach Art. 315a Abs. 2 EGStGB mit Ablauf
des 2. Oktober 2000. Zu diesem Zeitpunkt verjährten auch die nach
dem 3. Oktober 1990 begangenen Taten gemäß § 173 Abs. 1 StGB
(Fälle II. 2. e, g).“
Darüber hinaus haben die in den Fällen 2. a bis 2. d der Urteilsgründe
gebildeten Einzelstrafen (Freiheitsstrafen von einem Jahr und sechs Monaten,
neun Monaten, zweimal drei Jahren) keinen Bestand. Das Landgericht
hat auf diese 1989 begangenen Missbrauchstaten zutreffend § 148 StGBDDR
angewandt. Solches hätte es aber auch geboten, für diese Taten eine
Hauptstrafe nach §§ 63, 64, 148 Abs. 1 StGB-DDR festzusetzen (vgl. BGHR
StGB § 2 Abs. 3 DDR-StGB 13).
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Der neue Tatrichter wird demnach aus den verbliebenen Freiheitsstrafen
von drei Jahren und sechs Monaten sowie drei Jahren, deren Bemessung
auch nach Reduzierung des Schuldspruchs im Blick auf die jeweils
massive Tatausführung angemessen ist (§ 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO; vgl.
BGH NJW 2005, 913 zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt), und der neu
zu bildenden Hauptstrafe eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden haben. Der
Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht.
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