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BGH, Beschluss vom 11. September 2001 - 4 StR 321/01


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 11.9.2001 - 4 StR 321/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 321/01
vom
11. September 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 11. September
2001 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Hamburg vom 9. Januar 2001 mit den
Feststellungen aufgehoben
a) soweit der Angeklagte im Fall II 3 der Urteilsgründe
wegen versuchter Vergewaltigung in Tateinheit mit
Körperverletzung verurteilt worden ist,
b) im gesamten Strafausspruch.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des
Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit
mit Körperverletzung (Fall II 1 der Urteilsgründe), gefährlicher Körperverletzung
in Tateinheit mit versuchter Nötigung (Fall II 2), versuchter Vergewaltigung
in Tateinheit mit Körperverletzung sowie gefährlicher Körperverletzung in
Tateinheit mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr (Fall II 3) zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt, ihm die
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Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und bestimmt, daß
die Verwaltungsbehörde dem Angeklagten vor Ablauf von achtzehn Monaten
keine neue Fahrerlaubnis erteilen darf. Die hiergegen gerichtete Revision des
Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt,
hat mit der Sachrüge teilweise Erfolg; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne
des § 349 Abs. 2 StPO.
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 30. Juli 2001
u.a. ausgeführt:
"Hingegen begegnet die Verurteilung wegen versuchter Vergewaltigung
am 23. März 2000 (Fall II. 3) durchgreifenden
rechtlichen Bedenken, da die Kammer nicht geprüft hat, ob
der Angeklagte insoweit strafbefreiend vom Versuch zurückgetreten
ist (§ 24 Abs. 1 Satz 1 StGB). Nach den Urteilsfeststellungen
gelang es dem Angeklagten nicht, die engen Jeans
der sich wehrenden Nebenklägerin zu öffnen. In diesem Zusammenhang
hat das Landgericht dann weiter festgestellt:
'Der Angeklagte geriet zunehmend in Wut und schlug sie
mehrfach mit der Faust ins Gesicht, um ihren Widerstand zu
brechen. Dabei beschimpfte er sie. Schließlich gab er sein
Vorhaben auf, ließ von ihr ab und beschloss nunmehr, sich ihrer
Handtasche zu bemächtigen ...' (UA S. 15). Darüber, weshalb
der zunehmend in Wut geratene und, um den Widerstand
zu brechen, auf sein Opfer einschlagende Angeklagte
schließlich seinen Sinn geändert und sein Vorhaben aufgegeben
hat, verhält sich das Urteil nicht. Dass die Kammer sich
insoweit nicht mit den Vorstellungen und Möglichkeiten des
Angeklagten zu diesem Zeitpunkt auseinandergesetzt und
dazu auch keine Feststellungen getroffen hat, ist rechtsfehlerhaft
und nötigt zur Aufhebung des Schuldspruchs. Wegen
der Einheitlichkeit des Schuldspruchs wird davon auch die
rechtsfehlerfreie tateinheitliche Verurteilung wegen Körperverletzung
erfasst.
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Auch der Strafausspruch insgesamt hält rechtlicher Überprüfung
nicht stand. So hat das Landgericht einerseits dem Angeklagten
zwar zugute gehalten, dass er in allen Fällen jedenfalls
die Körperverletzungen - wenn auch in abgeschwächter
Form - eingeräumt hat. Demgegenüber hat die
Kammer sodann jedoch straferschwerend gewertet, dass der
Angeklagte 'die schwerwiegenderen Tatvorwürfe ... nicht t enigeräumt
und bis zum Ende der Hauptverhandlung kein Bedauern
gezeigt' hat (UA S .45). Das ist rechtsfehlerhaft. Ein
leugnender Angeklagter kann keine Reue zeigen, ohne seine
Verteidigungsposition aufzugeben. Da sich der Rechtsfehler
auf alle Fälle bezieht, nötigt er zur Aufhebung des gesamten
Strafausspruchs. Hinzu kommt, dass die Kammer hinsichtlich
der Vergewaltigung vom August 1999 (Fall II. 1.) zu Lasten
des Angeklagten gewertet hat, dass er, obwohl er erkannte,
'dass die Nebenklägerin einen Geschlechtsverkehr nicht
wollte, nicht bereit war, ihren Widerstand zu akzeptieren und
mit großer Hartnäckigkeit ... seine Wünsche rücksichtslos
durchgesetzt hat'. Insoweit verstoßen die Strafzumessungserwägungen
gegen § 46 StGB, da es gerade den Tatbestand
des § 177 StGB ausmacht, dass sich der Täter über das sexuelle
Selbstbestimmungsrecht des Opfers hinwegsetzt.
Die Aufhebung des Strafausspruchs läßt den Maßregelausspruch
unberührt."
Dem schließt sich der Senat an.
Maatz Tolksdorf Kuckein
Athing Ernemann


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