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BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2004 - 4 StR 403/04


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 14.10.2004 - 4 StR 403/04
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 403/04                
vom
14. Oktober 2004
in der Strafsache
gegen


wegen gefährlicher Körperverletzung
 
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbun-
desanwalts und des Beschwerdeführers am 14. Oktober 2004 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Halle/Saale vom 16. März 2004 mit den
Feststellungen aufgehoben.

2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entschei-
dung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des
Landgerichts zurückverwiesen.

 
 Gründe:
 Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverlet-
zung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren ver urteilt und gegen ihn unter
Einbeziehung einer sechsmonatigen Freiheitsstr afe aus einem ander en Urteil
eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verhängt. Außer-
dem hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt
angeordnet. Die Revision des Angeklagten, mit der er allgemein die Verletzung
sachlichen Rechts beanstandet, hat Erfolg.


Die Begründung, mit welcher das Landgericht eine gefährliche Körper-
verletzung wegen Vorliegens einer das Leben gefährdenden Behandlung ge-
mäß § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB bejaht hat, hält sachlich-rechtlicher Überprüfung
nicht stand.
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Nach den Feststellungen riß der erheblich alkoholisierte Angeklagte sei-
ne alkoholgewohnte, im Tatzeitpunkt ebenfalls stark angetrunkene Lebensge-
fährtin zu Boden und setzte sich rittlings auf die auf dem Rücken liegende Ge-
schädigte. Er würgte sie "einmal mit seiner rechten Hand am Hals" ( UA 11).
Das Tatopfer erlitt hierdurch im Halsbereich zahlreiche punktförmige Hautein-
blutungen, sowie oberflächliche Rötungen und leichte Hautschwellungen. Am
Tag nach der Tat verspürte die Geschädigte leichte Schluckbeschwerden
(UA 12 f.). Der rechtsmedizinische Sachverständige hat "echte Würgemale"
und Hinweise auf eine Kompression des Halses der Geschädigten nicht festzu-
stellen vermocht. Er hat ausgeführt, daß "die Intensität des Griffes schwer ein-
zuschätzen (sei) , da solche Hautunterblutungen am Hals im Falle alkoholtoxi-
scher Gewöhnung des Opfers sehr schnell auftreten könnten". Bei Ausübung
großen Druckes hätten sich deutlich schwerwiegendere Verletzungen beim
Tatopfer ergeben (UA 21 f.). Das Landgericht hat sich den Ausführungen des
Sachverständigen angeschlossen.


Die Wertung, der Angeklagte habe durch das Wür gen das Leben des
Tatopfers im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB gefährdet, wird dur ch diese
Feststellungen nicht belegt.


Zwar kann festes Würgen am Hals geeignet sein, eine Lebensgefähr-
dung herbeizuführen (vgl. BGH GA 1961, 241; BGHR StGB § 223 a Abs. 1
(a.F.) Lebensgefähr dung 7). Es reicht hierfür jedoch nicht jeder Gr iff an den
Hals aus, der zu würgemalähnlichen Druckmerkmalen oder Hautunterblutun-
gen führt. Von maßgeblicher Bedeutung sind vielmehr Dauer und Stärke der
Einwirkung, die zwar nicht dazu führen muß, daß das Opfer der Körperverlet-
zung tatsächlich in Lebensgefahr gerät, aber abstr akt geeignet sein muß, das
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Leben des Opfers zu gefährden (vgl. BGH NJW 2002, 3264, 3265 m.w.N.; Se-
natsbeschluß vom 29. April 2004 - 4 StR 43/04). Das Landgericht hat jedoch
weder zur Dauer (UA 11) noch zur Intensität des Würgegriffs Feststellungen
getroffen. Dies war hier auch nicht ausnahmsweise entbehrlich, da nach den
Ausführ ungen des Sachverständigen wegen einer möglichen Neigung der al-
koholgewohnten Geschädigten zu Hautunterblutungen aus dem festgestellten
Verletzungsbild keine zuverlässigen Rückschlüsse auf Dauer oder Intensität
der Einwirkung des Angeklagten auf den Halsbereich des Tatopfers gezogen
werden können.


Obwohl die Darlegungen des ger ichtsmedizinischen Sachverständigen
eher gegen eine erhebliche Intensität des Würgegr iffs des Angeklagten spr e-
chen, kann der Senat nicht ausschließen, daß weitergehende Feststellungen,
die die Tatvariante des § 224 Abs. 1 Nr . 5 StGB belegen können, noch getrof-
fen werden können.


Maatz           Athing          Solin-
Stojanovis

     Ernemann        Sost-Scheible


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