BGH,
Beschl. v. 16.7.2003 - 1 StR 251/03
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 251/03
vom
16. Juli 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u. a.
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Juli 2003
beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Regensburg vom 28. Februar 2003 im Strafausspruch aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an
eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
Gründe:
Der Angeklagte wurde wegen Mordes in Tateinheit mit einem
Verstoß
gegen das Waffengesetz zu elf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Er hat
im Zustand
erheblich verminderter Schuldfähigkeit (§ 21 StGB)
seine von ihm getrennt
lebende Ehefrau auf offener Straße von hinten erschossen.
Anschließend
schoß er sich in Selbstmordabsicht in den Kopf und trug
schwere Dauerfolgen
- Persönlichkeitsveränderung,
Sprachstörungen, Erblindung auf einem
Auge - davon.
Die Revision des Angeklagten ist auf die nur zum Strafausspruch
näher
ausgeführte Sachrüge gestützt. Sie bleibt
zum Schuldspruch erfolglos (§ 349
Abs. 2 StPO), führt aber zur Aufhebung des Strafausspruchs
(§ 349 Abs. 4
StPO).
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1. Die nach sachverständiger Beratung getroffene Annahme
erheblich
verminderter Schuldfähigkeit beruht im wesentlichen auf
folgenden Feststellungen:
Der Verlauf der Ehe des Angeklagten war von grundloser starker
Eifersucht
des Angeklagten (Eifersuchtswahn) gekennzeichnet, die letztlich auch
dazu führte, daß die Ehefrau den Angeklagten
verließ. Er war schon vor Jahren
bewaffnet in ein Zimmer gestürmt, in dem er seine Ehefrau mit
einem Liebhaber
vermutete, tatsächlich hielt sie sich dort mit einem Sohn auf.
Seine Annahme,
seine Ehefrau sei in einen anderen Mann verliebt, stützte er
etwa darauf,
daß sie im Schlaf "ungewöhnlich atme". Immer wieder
bedrohte er sie mit Gewalttätigkeiten
bis zum Tode, wenn sie ihm ihren Liebhaber nicht nenne. Er war
überzeugt, daß sie ihn wegen eines anderen Mannes
verlassen hatte. Er bot
einem Sohn Geld und andere Belohnungen an, wenn er die Mutter
zurückbringe,
zeigte depressive Züge mit Selbstmorddrohungen und hatte auch
noch einen
"Dermatozoenwahn", glaubte also, er sei von Ungeziefer befallen.
Schließlich
kam auch noch vermehrter Alkoholkonsum hinzu.
Von den genannten, fest umschriebenen Wahnvorstellungen abgesehen,
kam es nicht zu einem Realitätsverlust, der Angeklagte ging
seiner Arbeit
als Richtmeister in einem Klärwerk kompetent und
zuverlässig nach. Jedenfalls
im Hinblick auf die Kombination der genannten Störungen und
einen zur Tatzeit
vorliegenden "leichtgradigen" Alkoholrausch konnte die Strafkammer eine
erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit nicht
ausschließen und hat den
Strafrahmen gemäß §§ 21, 49 Abs. 1
StGB gemildert.
2. Im Rahmen der Strafzumessung hat die Strafkammer zum Nachteil
des Angeklagten erwogen, daß sein Verhalten
"eigensüchtig" gewesen sei. Er
habe nicht verwinden können, daß seine Ehefrau "sich
nach seiner Vorstellung
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einem anderen Mann zugewandt" hatte. Diese Erwägung
hält unter den hier
gegebenen Umständen rechtlicher Überprüfung
nicht stand:
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dürfen
Tatmodalitäten
einem Angeklagten nur strafschärfend zur Last gelegt werden,
wenn sie
vorwerfbar sind, nicht aber, wenn ihre Ursache in einer von ihm nicht
zu vertretenden
geistig-seelischen Beeinträchtigung liegt (vgl. BGH StV 2001,
615 f.).
Für Tatmotive kann nichts anderes gelten. Die Vorstellung,
seine Frau habe
sich einem anderen Mann zugewandt, ist Kern des Eifersuchtswahns, der
wesentlich
mit zur Annahme erheblich verminderter Schuld geführt hat.
Allerdings
ist auch der im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert
schuldfähige Täter
für die von ihm begangene Tat in ihrer konkreten Ausgestaltung
verantwortlich,
so daß auch für eine strafschärfende
Verwertung der Tatmotivation Raum
bleibt, jedoch nur nach dem Maß der geminderten Schuld.
Dessen muß sich
der Tatrichter erkennbar bewußt sein (vgl. BGH aaO m.N.).
Daß dies hier der
Fall gewesen wäre, ergeben die Urteilsgründe weder
ausdrücklich noch in einer
Gesamtschau.
3. Der aufgezeigte Wertungsmangel führt zur Aufhebung des
Strafausspruchs.
Das weitere Vorbringen der Revision, mit dem zusätzliche
Wertungsfehler
geltend gemacht werden, kann daher auf sich beruhen. Der Senat teilt
allerdings nicht die Auffassung der Revision, daß die gegen
den Angeklagten
wegen des von ihm begangenen Mordes verhängte Strafe schon
allein wegen
ihrer Höhe auf jeden Fall rechtsfehlerhaft sei.
Die der Strafzumessung zu Grunde liegenden tatsächlichen
Feststellungen
sind von dem aufgezeigten Mangel nicht berührt. Da sie auch
sonst
rechtsfehlerfrei getroffen sind, bleiben sie aufrecht erhalten
(§ 349 Abs. 2
StPO), so daß die gesamten Urteilsfeststellungen Bestand
haben. Ergänzende,
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zu den bisherigen Feststellungen nicht in Widerspruch stehende
Feststellungen
bleiben jedoch zulässig.
Herr RiBGH Schluckebier
befindet sich in Urlaub
und
ist deshalb an der Unterschrift
gehindert.
Nack Wahl Nack
Kolz Elf |