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BGH, Beschluss vom 16. Juni 2005 - 4 StR 124/05


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 16.6.2005 - 4 StR 124/05
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 124/05
vom
16.06.2005
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 16.06.2005 gemäß §§ 206 a,
349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des
Landgerichts Bochum - Auswärtige Strafkammer Recklinghausen
- vom 12. Oktober 2004 werden
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im
Fall II. 6 wegen sexuellen Mißbrauchs einer
Schutzbefohlenen (Tatzeit Februar 1999) verurteilt
worden ist, und insoweit die Kosten des Verfahrens
und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen
Auslagen der Staatskasse auferlegt;
b) das genannte Urteil im Schuldspruch dahin abgeändert,
daß der Angeklagte der Vergewaltigung in
drei Fällen, des sexuellen Mißbrauchs einer
Schutzbefohlenen in zehn Fällen sowie des sexuellen
Mißbrauchs eines Kindes in fünf Fällen schuldig
ist.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die übrigen Kosten des
Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren
entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
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Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in drei Fällen,
wegen sexuellen Mißbrauchs einer Schutzbefohlenen in elf Fällen sowie
wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von fünf Jahren verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte
die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel führt zur
Einstellung des Verfahrens, soweit der Angeklagte im Fall II. 6 wegen sexuellen
Mißbrauchs einer Schutzbefohlenen verurteilt worden ist, und zur Änderung
des Schuldspruchs; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2
StPO.
1. Der nach den Feststellungen vom Angeklagten an einem nicht näher
bestimmbaren Tag im Februar 1999 begangene sexuelle Mißbrauch einer
Schutzbefohlenen (Fall II. 6) ist verjährt. Sie wird von der verjährungsunterbrechenden
Wirkung des Haftbefehls vom 24. Februar 2004 gemäß § 78 c Abs. 1
Nr. 5 StGB nicht erfaßt, weil nach dem Zweifelssatz zu Gunsten des Angeklagten
davon auszugehen ist, daß die fünfjährige Verjährungsfrist (§ 78 Abs. 1
Nr. 4 StGB) zum Zeitpunkt des Erlasses des Haftbefehls bereits abgelaufen
war. Daran ändert nichts, daß nach § 78 b Abs. 1 Nr. 1 StGB in der durch das
Gesetz zur Änderung der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle
Selbstbestimmung vom 27. Dezember 2003 (BGBl I 3007) geänderten Fassung
die Verjährung nunmehr auch bei Straftaten nach § 174 StGB bis zur Vollendung
des 18. Lebensjahres des Opfers ruht. Diese Regelung gilt zwar rückwirkend
für die vor Inkrafttreten des Gesetzes am 1. April 2004 begangenen Taten;
ihre Anwendung ist aber ausgeschlossen, wenn zum Zeitpunkt des Inkraft-
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tretens des Änderungsgesetzes bereits Verjährung eingetreten war (BGHR
StGB § 78 b I Ruhen 12).
2. Die wegen des von Amts wegen zu beachtenden Verfahrenshindernisses
gebotene Einstellung des Verfahrens im Fall II. 6 führt zu einer entsprechenden
Änderung des Schuldspruchs. Der Ausspruch über die Gesamtstrafe
kann jedoch trotz des Wegfalls der im Fall II. 6 verhängten Einzelfreiheitsstrafe
von einem Jahr bestehen bleiben. Der Senat schließt im Hinblick auf die wegen
der übrigen Taten verhängten Einzelstrafen von insgesamt 23 Jahren und drei
Monaten aus, daß die Gesamtfreiheitsstrafe ohne die in dem nunmehr eingestellten
Fall verhängte Einzelstrafe niedriger ausgefallen wäre, zumal verjährte
Taten, wenn auch nicht mit dem selben Gewicht wie nicht verjährte Taten, bei
der Strafzumessung strafschärfend berücksichtigt werden können (vgl. BGHR
StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 24).
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