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BGH, Beschluss vom 18. Februar 2005 - 2 StR 410/04


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 18.2.2005 - 2 StR 410/04
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 410/04
vom
18.02.2005
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags u.a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 18.02.2005 gemäß
§§ 154 Abs. 2, 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Aachen vom 7. April 2004 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte wegen Bedrohung
(Fall II. 2 der Urteilsgründe) verurteilt worden ist; im
Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens
und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse
zur Last,
b) der Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte wegen
Totschlags und wegen gefährlicher Körperverletzung in
zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Nötigung,
verurteilt ist und
c) der gesamte Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen
aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten
des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige
Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
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Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags, Körperverletzung
in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Nötigung, sowie wegen
Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren und sechs
Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit
der er die Verletzung formellen und materiellen Rechtes rügt. Sein Rechtsmittel
hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg;
im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Auf Antrag des Generalbundesanwalts hat der Senat das Verfahren
gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt, soweit der Angeklagte
wegen Bedrohung zum Nachteil der Natascha M. (Tat vom 12. Juni
2003) verurteilt worden ist. Zu den vom Generalbundesanwalt aufgezeigten
Bedenken kommt hier hinzu, daß nach den von der Kammer für glaubhaft erachteten
Angaben der Zeugin in der Hauptverhandlung (UA S. 32), eine Äußerung
des Angeklagten dahingehend "wenn Du nicht redest, fahre ich uns vor
einen Baum", letztlich nicht gefallen, aber gleichwohl alternativ auf UA S. 11
festgestellt ist.
2. Der gesamte Strafausspruch war aufzuheben.
Die Gesamtstrafe war schon wegen der vorgenommenen Teileinstellung
aufzuheben. Darüber hinausgehend hat der Generalbundesanwalt ausgeführt:
"Die Erwägungen, mit denen das Schwurgericht eine erhebliche
Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten im Sinne
von § 21 StGB beim Totschlag verneint, halten rechtlicher Nachprüfung
nicht stand. Der Sachverständige und auch das Schwurgericht
haben die in Betracht kommenden Eingangsmerkmale des
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§ 20 StGB jeweils isoliert betrachtet und abgehandelt. Sie haben
es verabsäumt, den beteiligten Affekt bzw. den unbeherrschten Gefühlsausbruch
zusammen mit der Alkoholisierung des Angeklagten
und seinem damaligen psychischen Zustand in einer Gesamtbetrachtung
zu würdigen. Eine solche Gesamtwürdigung war geboten,
weil diese Faktoren im Zusammenhang hier eine erhebliche
Verminderung der Steuerungsfähigkeit im Sinne von § 21 StGB
bewirkt haben können (vgl. BGHR StGB § 21 Ursachen, mehrere
3).
Es ist nicht auszuschließen, dass die in einer neuen Hauptverhandlung
zum Gesundheitszustand des Angeklagten zu treffenden
Feststellungen auch zu einer veränderten Beurteilung der Schuldfähigkeit
des Angeklagten bei der Tat vom 16. Juni 2003 (Körperverletzung
und Nötigung) führen. Deshalb sind auch insoweit die
Einzelstrafaussprüche aufzuheben."
Dem kann sich der Senat nicht verschließen, zumal der Tatrichter weder
im einzelnen mitteilt, welche genauen Ursachen der mehrfache Aufenthalt des
Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus kurz vor den Taten hatte
noch wie sich die Sachverständige Dr. J. hierzu geäußert hat.
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Die Aufhebung der Einzelstrafe wegen Totschlags zieht hier ohnehin die
Aufhebung auch der beiden anderen Einzelstrafen nach sich, weil sich nicht
ausschließen läßt, daß diese von der Höhe der Einsatzstrafe berührt sind, zumal
da sich die Taten gegen dasselbe Tatopfer richteten.
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