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BGH, Beschluss vom 18. Juli 2001 - 2 StR 286/01


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 18.7.2001 - 2 StR 286/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 286/01
vom
18. Juli 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 18. Juli 2001 gemäß § 349 Abs. 4
StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Wiesbaden vom 1. Februar 2001 im Strafausspruch
mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben und die Sache
in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine als
Schwurgericht tätige Strafkammer des Landgerichts Frankfurt
am Main zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hatte den Angeklagten durch Urteil vom 1. März 2000
wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Auf seine
Revision wurde das Urteil im Strafausspruch aufgehoben und die weitergehende
Revision verworfen. Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht den
Angeklagten erneut zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Mit seiner
auf die Sachrüge gestützten Revision wendet sich der Angeklagte gegen
das Urteil.
Die Revision hat erneut Erfolg.
Die Erwägungen, mit denen das Landgericht einen minder schweren Fall
nach § 213 2. Alternative StGB abgelehnt hat, begegnen rechtlichen Bedenken.
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Das Landgericht hat eine verminderte Schuldfähigkeit des Angeklagten
sachverständig beraten verneint. Es hat weiter ausgeführt, ”im übrigen vermögen
die Umstände, daß der später Getötete H. und seine Gruppe eigenmächtig
und gegen den erklärten Willen der dort noch anwesenden Gäste der
Geburtagsfeier in das Gemeindezentrum eindrangen und es von Seiten des
Zeugen D. überdies zu Tätlichkeiten gegenüber der Schwester des
Angeklagten und deren Freund kam, die erhebliche, wenn auch nicht im Sinne
des § 21 StGB relevante Blutalkoholkonzentration des Angeklagten, die bei
ihm vorliegenden von dem Sachverständigen Dr. B. aufgezeigten Persönlichkeitsstörungen
und seine glaubhafte Reue über die nicht wieder gutzumachende
Tat die Annahme eines sonstigen minder schweren Falls nicht zu begründen”.
Abgesehen davon, daß auch die Ausführungen zur verminderten
Schuldfähigkeit nicht rechtsfehlerfrei sind - so soll bei dem Angeklagten eine
Persönlichkeitsstörung mit Krankheitswert vorliegen, die an anderer Stelle als
schwere Bewußtseinsstörung bezeichnet wird - läßt die knappe Würdigung
des Landgerichts nicht erkennen, daß die besondere Situation, aus der heraus
der Angeklagte die Gewalthandlung begangen hat, mit dem ihr zukommenden
Gewicht berücksichtigt worden ist. Denn die Gruppe um das spätere Tatopfer
und das Tatopfer selbst waren widerrechtlich in das Gemeindezentrum eingedrungen.
Die Schwester des Angeklagten wurde geschlagen, der Freund der
Schwester sogar niedergeschlagen. Auch wenn das Tatopfer nicht selbst tätlich
geworden war und den Feststellungen auch nicht zu entnehmen ist, daß es
insoweit Mittäter war, gingen die Provokationen von dieser Gruppe aus. Nach
den Feststellungen handelte der Angeklagte, um seiner Schwester und deren
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Freund zur Hilfe zu kommen und die Eindringlinge zu vertreiben. Auch wenn
die Voraussetzungen für eine Nothilfe nicht vorlagen, wird die nur kurze Erwähnung
des vorangegangenen Angriffs im Rahmen der Prüfung des § 213
StGB der nothilfeähnlichen Lage und Motivation des Angeklagten nicht gerecht.
Auf die Anforderungen an eine umfassende Würdigung im Hinblick auf
den zur Tat führenden Geschehensablauf hatte der Senat bereits in seinem
Beschluß vom 23. August 2000 hingewiesen.
Die Straffrage bedarf daher neuer Verhandlung. Der Senat macht bei
der Zurückverweisung von der Möglichkeit des § 354 Abs. 2 Satz 1 2. Alternative
StPO Gebrauch.
Jähnke Detter Bode
Otten Elf



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