BGH,
Beschl. v. 19.10.2006 - 4 StR 393/06
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 393/06
vom
19.10.2006
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 19.10.2006
gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Paderborn vom 27. Juni 2006, soweit es ihn betrifft, mit den
Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum schweren
Bandendiebstahl in 28 Fällen unter Einbeziehung einer
viermonatigen Freiheitsstrafe aus einer Vorverurteilung zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit
seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen
Rechts. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
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1. Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte „Verbindung
zu einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von
Pkw-Diebstählen verbunden hatte“, der die
litauischen Staatsangehörigen St. und S. sowie weitere, nicht
namentlich ermittelte Täter angehörten. Im Juli 2005
beauftragte Sergej St. den Angeklagten, Hallen anzumieten, in denen Pkw
zerlegt werden sollten. Der Angeklagte mietete zwei Hallen an und nahm
dabei „zumindest billigend in Kauf, dass dort von der Bande
gestohlene Pkw untergestellt, bearbeitet und anschließend
nach Polen im Ganzen oder in Einzelteilen
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veräußert werden könnten.“ In der
Zeit vom 11. August bis zum 27. Oktober 2005 entwendeten Mitglieder der
Bande um Sergej St. 27 Pkw, von denen 26 in einer der beiden Hallen
untergestellt und bearbeitet wurden, und einen Lkw, mit dem
Fahrzeugteile transportiert wurden.
Weil seine litauischen Ansprechpartner einen Pkw mit deutscher
Zulassung nutzen wollten, um nicht so häufig von der Polizei
kontrolliert zu werden, veranlasste der Angeklagte den Mitangeklagten
L. , den zwischen dem 13. Oktober und 20. Oktober 2005 entwendeten Pkw
Audi A6 auf seinen Namen zuzulassen. Dabei nahmen beide „die
deliktische Herkunft des Wagens“ billigend in Kauf.
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2. Die Verurteilung hält insgesamt rechtlicher
Nachprüfung nicht stand.
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a) Die Revision beanstandet zu Recht, dass der Angeklagte jeweils wegen
besonders schweren Bandendiebstahls gemäß §
244 a Abs. 1 StGB verurteilt worden ist, obwohl er nach den
Feststellungen lediglich „Verbindung“ zu der Bande
um Sergej St. hatte. Dass er auch Mitglied der Bande war, ist dagegen
nicht festgestellt. Bei der Unterstützung der Bandentaten
handelte er mithin nicht als Mitglied der Bande (zur
Bandenmitgliedschaft eines Gehilfen vgl. BGHSt 47, 214, 216 ff.). Da
das Tatbestandsmerkmal „als Mitglied einer Bande“
als ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des
§ 28 Abs. 2 StGB zu betrachten ist (vgl. BGHSt aaO S. 216 m.
N.), findet der qualifizierte Tatbestand des § 244 a Abs. 1
StGB auf einen Tatbeteiligten, der nicht als Bandenmitglied gehandelt
hat, keine Anwendung (vgl. BGHSt 46, 120, 128). Dies hat das
Landgericht zwar bei der Strafzumessung berücksichtigt, denn
es hat die Einzelstrafen nicht dem Strafrahmen des § 244 a
Abs. 1 StGB entnommen, sondern dem gemäß
§§ 27 Abs. 2 Satz 2, 49 Abs. 1 StGB gemilderten
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Strafrahmen des § 243 Abs. 1 StGB. Das Fehlen eines besonderen
persönlichen Merkmals im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB
führt aber nicht zu einer bloßen Verschiebung des
Strafrahmens, sondern zu einer Verschiebung des Tatbestands (vgl.
MünchKommStGB/Joecks § 28 Rn. 53 m. N.), so dass ein
Tatbeteiligter, der ein strafschärfendes persönliches
Merkmal nicht aufweist, nur der Beteiligung an dem Grunddelikt schuldig
zu sprechen ist (vgl. BGH StV 1994, 17; BGHR StGB § 28 Abs. 2
Merkmal 1). Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen
käme daher nur eine Verurteilung des Angeklagten jeweils wegen
Beihilfe zum Diebstahl in Betracht.
b) Der Senat kann den Schuldspruch jedoch schon deshalb nicht
entsprechend ändern, weil nicht rechtsfehlerfrei festgestellt
ist, dass der Angeklagte durch die Anmietung der beiden Hallen und
durch seine Beteiligung an der Zulassung des Audi A 6 auf den
Mitangeklagten L. Beihilfe zu Diebstahlstaten geleistet hat, die von
Mitgliedern der Bande um Sergej St. begangen wurden. Durch die
Beweiswürdigung ist zwar hinreichend belegt, dass die in den
Urteilsgründen genannten Kraftfahrzeuge ihren Besitzern
gestohlen worden sind und dass 26 Pkw in einer der beiden vom
Angeklagten angemieteten Hallen untergestellt waren, dort zerlegt und
die Fahrzeugteile abtransportiert wurden. Nicht entnehmen
lässt sich den Urteilsgründen aber, worauf das
Landgericht die Feststellung stützt, dass
„Mitglieder der Bande um St. und S. - insgesamt mindestens 4
bis 5 Personen“ - diese Fahrzeuge entwendeten. Auch die
Annahme, die Fahrzeuge seien unter den in § 243 Abs. 1 Satz 2
StGB genannten Voraussetzungen gestohlen worden, findet in den
Urteilsgründen keine Stütze. Die Revision beanstandet
dies zu Recht, zumal das Landgericht im Rahmen der rechtlichen
Würdigung ausgeführt hat, es habe sich um eine Bande
gehandelt, „die die Diebstähle begangen und
organisiert hat bzw. an der anschließenden Verwertung der
gestohlenen
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Fahrzeuge mitgewirkt und davon profitiert hat“ (UA 17). Der
Erörterung bedurft hätte deshalb auch die
Möglichkeit, dass die vom Angeklagten durch die Anmietung der
Hallen unterstützten Haupttäter nicht die Diebe der
Fahrzeuge waren, sondern sich ihrerseits die Fahrzeuge von den Dieben
verschafften oder diese im Auftrag der Diebe absetzten, und der
Angeklagte sich der Hehlerei in der Form der Absatzhilfe oder Beihilfe
zu den Hehlereitaten der Bande schuldig gemacht hat (vgl. dazu BGH
NStZ-RR 1999, 208).
Soweit es die Mitwirkung des Angeklagten an der Zulassung des Audi A6
auf den Mitangeklagten L. betrifft, lassen die Urteilsgründe
zudem offen, ob die Haupttat zu dem Zeitpunkt der Zusage dieser
Hilfeleistung bereits beendet war (vgl. BGH StraFo 2006, 340), so dass
insoweit eine Strafbarkeit nur wegen Begünstigung in Betracht
käme (vgl. BGH NStZ-RR 1999, 208; NStZ 2003, 32, 33).
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c) Rechtsfehlerhaft ist auch die Beurteilung der Konkurrenzen. Wenn der
Gehilfe mit einer einzigen Unterstützungshandlung zu mehreren
Haupttaten eines anderen Hilfe leistet, liegt nur eine Beihilfe im
Sinne des § 52 StGB vor. Demgegenüber ist Tatmehrheit
nach § 53 StGB anzunehmen, wenn durch mehrere Hilfeleistungen
mehrere Taten unterstützt werden (vgl. BGH NStZ 2000, 83;
Tröndle/Fischer StGB 53. Aufl. Vor § 52 Rn. 11). Auf
Grundlage der
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bisherigen Feststellungen käme daher nur die Annahme dreier
rechtlich selbständiger Taten in Betracht.
Tepperwien Maatz Athing Ernemann Sost-Scheible |