BGH,
Beschl. v. 2.7.2004 - 2 StR 174/04
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 174/04
vom
2. Juli 2004
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Mordes u. a.
- 2 -
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 2. Juli 2004
gemäß § 206 a Abs. 1,
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des
Landgerichts Darmstadt vom 20. November 2003 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit die Angeklagten wegen
gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden sind;
im Umfang
der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und
die notwendigen Auslagen der Angeklagten der Staatskasse
zur Last;
b) das vorgenannte Urteil dahin geändert, daß der
Angeklagte
G. wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe
verurteilt ist und der Angeklagte Gi. wegen Mordes
unter Auflösung der Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil
des Amtsgerichts Offenbach/Main vom 2. August 2002 und
Einbeziehung der dortigen Einzelfreiheitsstrafen zu einer lebenslangen
Freiheitsstrafe als Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt
ist.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
3. Die Angeklagten haben die übrigen Kosten ihrer Rechtsmittel
zu tragen.
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Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Mordes und wegen
gefährlicher
Körperverletzung zu lebenslanger Freiheitsstrafe als
Gesamtfreiheitsstrafe
verurteilt, den Angeklagten Gi. unter Einbeziehung der
Einzelfreiheitsstrafen
aus dem Urteil des Amtsgerichts Offenbach/Main vom 2. August
2002. Die Revisionen der Angeklagten führen zur Einstellung
des Verfahrens
wegen gefährlicher Körperverletzung; im
übrigen sind sie aus den Gründen der
Antragsschriften des Generalbundesanwalts vom 3. Mai 2004
unbegründet im
Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die gefährliche Körperverletzung zum Nachteil des
später getöteten
C. ist in der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen
Anklage
nicht erwähnt. Die Anklage enthält lediglich den
Tatvorwurf der Tötung
"aus bislang unbekannten Gründen" und gibt hierfür
einen Tatzeitraum an. Beide
Taten sind nach den Feststellungen sachlich-rechtlich
selbständig. Auch
eine prozessuale Tatidentität (vgl. Meyer-Goßner
StPO 47. Aufl. § 264 Rdn. 6)
besteht nicht. Die sich über mehrere Tage erstreckenden
Mißhandlungen bilden
mit dem durch die Anklage bezeichneten geschichtlichen Vorkommnis der
Tötung nach der Auffassung des Lebens keinen einheitlichen
Vorgang. Da
Nachtragsanklage nicht erhoben worden ist, fehlt es insoweit an der
Prozeßvoraussetzung
der Anklage. Dieser Mangel ist durch den rechtlichen Hinweis
der Strafkammer nicht geheilt worden (vgl. BGHR StPO § 200
Abs. 1 S. 1 - Tat
1, 8). Dies nötigt zur Einstellung des Verfahrens hinsichtlich
des Vorwurfs der
gefährlichen Körperverletzung.
2. Die Einstellung hat die Änderung des Schuldspruchs und den
Wegfall
der für die gefährliche Körperverletzung
verhängten Einzelstrafen bei beiden
Angeklagten zur Folge. Die lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes
hinge-
4 -
gen wird von dem Rechtsfehler nicht berührt; insofern bleibt
auch der Gesamtstrafenausspruch
bei dem Angeklagten Gi. im Ergebnis bestehen.
In Verdeckungsabsicht handelt, wer verhindern will, daß eine
andere
Straftat oder ihr Täter bekannt wird oder wer die Aufdeckung
erschweren will.
Die andere Straftat muß sich objektiv und im subjektiven
Tatbestand als ein
Verbrechen oder Vergehen darstellen. Ob sie überhaupt
verfolgbar ist, ist hingegen
ohne Bedeutung (Jähnke in LK 11. Aufl. § 211 Rdn. 14,
19). So hindert
auch eine vorläufige Einstellung des Verfahrens wegen der
Vortat gemäß §
154 StPO nicht eine Verurteilung wegen eines Verdeckungsmordes (vgl. BGH
bei Holtz, MDR 1983, 622). Der Tatrichter muß in
prozeßordnungsmäßiger
Weise aufklären, ob die Voraussetzungen des Mordmerkmals
vorliegen. Daß
die Vortat angeklagt ist und zu einer Verurteilung führt, ist
hingegen nicht Voraussetzung
der Verurteilung wegen Verdeckungsmordes.
Das Landgericht hat hier aufgrund nicht zu beanstandender
Beweiswürdigung
bejaht, daß die Angeklagten gehandelt haben, um vorangegangene
Mißhandlungen des Tatopfers, die den Tatbestand des
§ 224 Abs. 1 Nr. 4
StGB erfüllten, zu verdecken. Es war berechtigt und
verpflichtet, diese Feststellungen
zu treffen, auch wenn die Anklage keine Angaben zu Art und Weise der
Tötung und dem Motiv der Angeklagten enthielt, weil beides zu
jenem Zeitpunkt
nicht bekannt war und sich erst im Verlauf der Hauptverhandlung
herausgestellt
hat. Eine Anklage wegen Körperverletzung setzten die
Feststellungen
zur Vorgeschichte der Tat aber nicht voraus.
- 5 -
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 473 Abs. 1 StPO.
Die
Rechtsmittel der Angeklagten richteten sich in erster Linie erfolglos
gegen die
Verurteilung wegen Mordes. Die Schuldspruchänderung ist daher
nicht als
Teilerfolg im Sinne von § 473 Abs. 4 StPO zu werten.
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