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BGH, Beschluss vom 20. April 2005 - 1 StR 123/05


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 20.4.2005 - 1 StR 123/05
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 123/05
vom
20.04.2005
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls u.a.
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20.04.2005 gemäß
§ 154 Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1a Satz 1 und 2 StPO beschlossen:
1. Auf Antrag des Generalbundesanwalts wird das Verfahren eingestellt,
soweit der Angeklagte im Fall II. A. 3. der Urteilsgründe
verurteilt worden ist (Diebstahl eines Pkw-Zündschlüssels
am 1. Mai 2004 gegen 12.00 Uhr in R. ; § 154 Abs. 2
StPO); insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die dem
Angeklagten erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse
zur Last.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Traunstein vom 20. Dezember 2004 dahin abgeändert,
daß der Angeklagte wegen
a) Diebstahls in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne
Fahrerlaubnis und Urkundenfälschung,
b) vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit
Urkundenfälschung,
c) Diebstahls in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne
Fahrerlaubnis, Urkundenfälschung und fahrlässiger Körperverletzung
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt wird.
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3. Die weitergehende Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete
Urteil wird als unbegründet verworfen.
4. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines
Rechtsmittels zu tragen, jedoch wird die Gebühr um ein Viertel
ermäßigt (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).
Gründe:
Die Verfahrenseinstellung nach § 154 Abs. 2 StPO hinsichtlich des Falles
II. A. 3. der Urteilsgründe hat die ausgesprochene Schuldspruchänderung
zur Folge. Die für diesen Fall verhängte Einzelstrafe entfällt. Gleichwohl können
die für die übrigen Fälle in Ansatz gebrachten Einzelstrafen bestehen bleiben;
der Senat vermag die Gesamtfreiheitsstrafe selbst neu festzusetzen.
1. Über den Wegfall der Einzelstrafe im Fall II. A. 3. der Urteilsgründe
hinaus begegnen auch die Einzelstrafen in den Fällen II. A. 1. und 4. rechtlichen
Bedenken deshalb, weil das Landgericht die Verwirklichung von Regelbeispielen
im Sinne des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 StGB angenommen
hat. Auch dies zwingt im Ergebnis nicht zur Aufhebung des Strafausspruchs.
Der Generalbundesanwalt hat hierzu zutreffend ausgeführt:
"a) In beiden Fällen" (Fälle 2. A. 1. und 4.) "belegen die Urteilsfeststellungen
nicht, dass der Angeklagte mit einem 'falschen Schlüssel' in
die Fahrzeuge eingedrungen ist. Bei den verwendeten Schlüsseln
handelte es sich um echte Schlüssel, die den Berechtigten abhan-
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den gekommen waren. Ein echter Schlüssel wird durch seinen bestimmungswidrigen
Gebrauch durch Dritte erst dann zu einem falschen
Schlüssel im Sinne des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB, wenn
der Berechtigte dem Schlüssel die Bestimmung zur ordnungsgemäßen
Öffnung des Raumes entzogen hat. Dies ist in der Regel nur der
Fall, wenn er zum Zeitpunkt der Verwendung des Schlüssels durch
den Täter das Abhandenkommen des Schlüssels bereits bemerkt
hatte (BGHR StGB § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Schlüssel, falscher 2;
BGHSt 21, 189; LK-Ruß StGB 11. Aufl., § 243 Rdn. 13; Schmitz in
Münchener Kommentar zum StGB § 243 Rdn. 27). Aus den auf UA
S. 12 f. getroffenen Feststellungen ergibt sich, dass dies bezüglich
des Schlüssels des Ford Sierra (Fall II. A. 1.) nicht der Fall war. Hinsichtlich
des Schlüssels des Volvo (Fälle II. A. 3., 4.) fehlt es an
Feststellungen hierzu.
b) In beiden Fällen erfüllt die Vorgehensweise des Angeklagten auch
nicht das Regelbeispiel des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StGB. Danach
ist Voraussetzung, daß die Sache durch eine (andere) Schutzvorrichtung
gegen Wegnahme besonders gesichert ist. Daran fehlt es,
wenn die Vorrichtung die Wegnahme nicht wesentlich erschwert.
Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Schlüssel im Schloss
steckt, daneben liegt oder sonst leicht erreichbar ist (vgl. Schmitz
aaO § 243 Rdn. 35; Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl., § 243 Rdn. 16).
Der Umstand, dass in beiden Fällen eine gestreckte Tatbegehung
vorliegt, ändert an dieser rechtlichen Wertung nichts.
Indes erscheint die Annahme unbenannter schwerer Fälle des Diebstahls
außerhalb der Regelbeispiele deshalb gerechtfertigt, weil der
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Angeklagte die Fahrzeuge mit 'richtigen', aber heimlich entwendeten
bzw. unterschlagenen Schlüsseln entwendet hat (Tröndle/Fischer,
StGB 52. Aufl. § 243 Rdn. 23), er zudem im Verlauf von etwa zwölf
Jahren vor den - nicht einmal sechs Wochen nach der letzten Haftentlassung
begonnenen - verfahrensgegenständlichen Taten elf
Jahre wegen einschlägiger Delikte inhaftiert war (UA S. 31) und die
Tat unter II. A. 4., für die das Landgericht die Einsatzstrafe von zwei
Jahren Freiheitsstrafe festgesetzt hat, durch ein hohes Maß an krimineller
Energie geprägt war (UA S. 31, 33). Die hierwegen verhängten
Einzelstrafen erscheinen deshalb angemessen (§ 354 Abs.
1a Satz 1 StPO)."
2. Wegen des Wegfalls der Einzelstrafe von sechs Monaten für die Tat
im Falle II. A. 3. der Urteilsgründe, derentwegen der Senat das Verfahren eingestellt
hat, kann die Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten
nicht bestehen bleiben. Der Senat vermag indessen die Gesamtfreiheitsstrafe
selbst auf drei Jahre herabzusetzen (§ 354 Abs. 1a Satz 2 StPO). Dabei hat er
die entfallene Einzelstrafe in vollem Umfang von der vom Landgericht ausgesprochenen
Gesamtfreiheitsstrafe in Abzug gebracht. Der Senat erachtet eine
Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren angesichts der Tatumstände und des
Gewichts der Taten gerade auch im Blick auf Umstände und Vorgehen im Falle
II. A. 3. der Urteilsgründe für angemessen.
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3. Im übrigen hat die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund
der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten
ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Bundesrichter Dr. Wahl ist
wegen Urlaubs gehindert zu
unterschreiben.
Nack Nack Boetticher
Schluckebier Elf



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