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BGH, Beschluss vom 20. Juni 2002 - 4 StR 371/01


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 20.6.2002 - 4 StR 371/01
4 StR 371/01
StVG § 21 Abs. 1 Satz 1, FeV § 28 Abs. 4 Nr. 3
Der Inhaber einer in einem EU- oder EWR-Staat erworbenen Fahrerlaubnis mit Wohnsitz im Inland, dem die deutsche Fahrerlaubnis von einem Gericht rechtskräftig entzogen worden war und der nach dem 31. Dezember 1998 im Inland ein Kraftfahrzeug führt, macht sich nach § 21 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV strafbar, und zwar auch dann, wenn er aufgrund der ausländischen Fahrerlaubnis vor dem 1. Januar 1999 im Inland (wieder) Kraftfahrzeuge führen durfte.
BGH, Beschluß vom 20. Juni 2002 - - Oberlandesgericht
Karlsruhe
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
20. Juni 2002
in der Strafsache gegen
wegen fahrlässiger Körperverletzung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Tepperwien, die Richter am Bundesgerichtshof Maatz und Dr. Kuckein, die Richterin am Bundesgerichtshof Solin-Stojanovic und den Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann am 20. Juni 2002 beschlossen:
Der Inhaber einer in einem EU- oder EWR-Staat erworbenen Fahrerlaubnis mit Wohnsitz im Inland, dem die deutsche Fahrerlaubnis von einem Gericht rechtskräftig entzogen worden war und der nach dem 31. Dezember 1998 im Inland ein Kraftfahrzeug führt, macht sich nach § 21 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV strafbar, und zwar auch dann, wenn er aufgrund der ausländischen Fahrerlaubnis vor dem 1. Januar 1999 im Inland (wieder) Kraftfahrzeuge führen durfte.
Gründe:
I.
1. Das Amtsgericht Heidelberg hat den Angeklagten wegen fahrlässiger Körperverletzung in Tateinheit mit fahrlässigem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe verurteilt und eine Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis angeordnet. Auf die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Heidelberg den Schuldspruch dahin abgeändert, daß er nur der fahrlässigen Körperverletzung schuldig sei, und auf eine geringere Geldstrafe erkannt.
Nach den Feststellungen des Berufungsurteils führte der Angeklagte, der zur Tatzeit seinen Wohnsitz im Inland hatte, am 28. Juni 1999 im öffentlichen Straßenverkehr einen Personenkraftwagen und fuhr infolge von Unachtsamkeit auf ein verkehrsbedingt haltendes Kraftfahrzeug auf, dessen Fahrerin durch den Aufprall verletzt wurde. Am Tattag war der Angeklagte nicht im Besitz einer deutschen Fahrerlaubnis. Diese war ihm seit 1987 mehrfach, zuletzt am 21. Oktober 1992 durch das Amtsgericht Schwetzingen unter Anordnung einer Sperrfrist für die Neuerteilung bis zum 27. November 1993, entzogen worden. Seinen Antrag auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis hatte er im Jahre 1994 zurückgenommen, nachdem das eingeholte medizinisch-psychologische Gutachten negativ ausgefallen war. Der Angeklagte besaß aber eine spanische Fahrerlaubnis, die er während eines von 1995 bis Ende 1996 dauernden Spanienaufenthalts erworben hatte. Eine isolierte Sperrfrist, die das Amtsgericht Heidelberg mit Strafbefehl vom 9. Oktober 1997 wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis verhängt hatte, war im Oktober 1998 abgelaufen.
Das Landgericht ist der Ansicht, der Angeklagte habe nach Ablauf der Sperrfrist am Tattage aufgrund seiner spanischen Fahrerlaubnis berechtigt am öffentlichen Straßenverkehr teilgenommen.
Gegen das Berufungsurteil hat die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt und eine tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis erstrebt.
2. Das mit der Revision befaßte Oberlandesgericht Karlsruhe beabsichtigt, das Rechtsmittel zu verwerfen. Zur Begründung führt es aus: Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 der am 1. Januar 1999 in Kraft getretenen Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung, FeV) vom 18. August 1998 (BGBl I 2214) sei der Angeklagte aufgrund seiner spanischen Fahrerlaubnis berechtigt gewesen, im Inland ein Kraftfahrzeug zu führen. Die Ausnahmevorschrift des § 28 Abs. 4 Satz 3 FeV, wonach die Berechtigung aufgrund der ausländischen Fahrerlaubnis unter anderem nicht für Personen gilt, denen die Fahrerlaubnis im Inland rechtskräftig von einem Gericht entzogen worden ist, sei nicht auf solche Entziehungen anzuwenden, die bereits vor dem 1. Januar 1999 "erledigt" gewesen seien. Daher sei die zu diesem Zeitpunkt vorhandene Berechtigung, mit der ausländischen Fahrerlaubnis nach Ablauf einer gerichtlich angeordneten Sperrfrist wieder am öffentlichen Straßenverkehr im Inland teilzunehmen, nicht im Hinblick auf eine früher erfolgte Entziehung der deutschen Fahrerlaubnis erloschen.
An der beabsichtigten Entscheidung sieht sich das Oberlandesgericht Karlsruhe durch den Beschluß des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 19. Juli 2000 - Ss 25/2000 (28/00) - gehindert. Darin wird entscheidungserheblich die Auffassung vertreten, § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV gelte für Inhaber einer gültigen EU/EWR-Fahrerlaubnis, denen die deutsche Fahrerlaubnis im Inland rechtskräftig von einem Gericht entzogen worden ist, auch dann, wenn die ausländische Fahrerlaubnis vor dem Inkrafttreten der FeV und nach Ablauf der Sperre für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis erworben wurde.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat deshalb die Sache (durch Beschluß vom 19. Juli 2001, NStZ-RR 2000, 86) gemäß § 121 Abs. 2 GVG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung folgender Rechtsfrage vorgelegt:
"Macht sich der Inhaber einer in einem EU-Staat erworbenen Fahrerlaubnis nach §§ 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG i.V.m. 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV strafbar, wenn er seine ausländische Fahrerlaubnis vor dem Inkrafttreten der FeV am 01.01.1999 erworben hat, nachdem ihm zuvor seine deutsche Fahrerlaubnis in einem Strafverfahren durch rechtskräftiges Urteil entzogen worden war?"
3. Der Generalbundesanwalt hat sich im Ergebnis der Rechtsauffassung des Saarländischen Oberlandesgerichts angeschlossen und beantragt zu beschließen:
"Der Inhaber einer im Ausland erworbenen Fahrerlaubnis macht sich als Führer eines Kraftfahrzeugs im Inland nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG i.V.m. § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV strafbar, wenn er seine ausländische Fahrerlaubnis vor dem 1. Januar 1999 erworben hat, nachdem ihm zuvor seine deutsche Fahrerlaubnis in einem Strafverfahren durch rechtskräftiges Urteil entzogen worden war."
II.
Die Vorlegung ist gemäß § 121 Abs. 2 GVG zulässig.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe kann über die Revision der Staatsanwaltschaft nicht wie beabsichtigt entscheiden, ohne von der Rechtsansicht des Saarländischen Oberlandesgerichts abzuweichen. Obwohl in § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV nicht zwischen dem Entzug einer inländischen und einer ausländischen Fahrerlaubnis unterschieden wird, hat das Oberlandesgericht Karlsruhe die Vorlegungsfrage mit Recht allein mit Blick auf die Entziehung einer inländischen Fahrerlaubnis gestellt, denn für Fälle, in denen eine Entziehung einer ausländischen Fahrerlaubnis nach §§ 69, 69 b StGB in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung erfolgt war, welche nur die Wirkung eines zeitlich begrenzten Fahrverbots hatte, kann der Anwendungsbereich des § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV anders als bei der Entziehung einer im Inland erteilten Fahrerlaubnis zu beurteilen sein (vgl. dazu OLG Köln NZV 2001, 225; VG Bremen, Beschluß vom 31. März 1999 - 5 V 452/99 = DAR 1999, 377 - Leitsatz -; vgl. auch Hentschel NZV 2001, 193, 195).
Die Vorlegungsfrage ist jedoch zu eng gestellt, denn sie erfaßt nach ihrem Wortlaut die Frage der Strafbarkeit nur für eine bestimmte zeitliche Reihenfolge von (früherer) Entziehung der deutschen und (späterem) Erwerb der ausländischen Fahrerlaubnis, auf die es nach den einschlägigen Bestimmungen des Fahrerlaubnisrechts nicht ankommt. Sie bedarf auch der Präzisierung, weil sie nicht erkennen läßt, daß es dem vorlegenden Oberlandesgericht in erster Linie um die Klärung geht, ob § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV auch für "Altfälle" gilt, in denen eine Fahrberechtigung aufgrund der ausländischen Fahrerlaubnis wegen Fristablaufs der Sperre (§ 69 a StGB) vor dem 1. Januar 1999 wieder bestanden hat.
Der Senat faßt deshalb die Vorlegungsfrage insgesamt wie folgt neu:
Macht sich der Inhaber einer in einem EU- oder EWR-Staat erworbenen Fahrerlaubnis mit Wohnsitz im Inland, dem die deutsche Fahrerlaubnis von einem Gericht rechtskräftig entzogen worden war und der nach dem 31. Dezember 1998 im Inland ein Kraftfahrzeug führt, auch dann nach § 21 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV strafbar, wenn er aufgrund der ausländischen Fahrerlaubnis vor dem 1. Januar 1999 im Inland (wieder) Kraftfahrzeuge führen durfte?
III.
Der Senat beantwortet die Vorlegungsfrage wie aus der Beschlußformel ersichtlich.
1. Seit dem 1. Januar 1999 richtet sich die Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen in der Bundesrepublik Deutschland für den Inhaber einer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erteilten Fahrerlaubnis (EU/EWR-Fahrerlaubnis), der seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat, nach der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnisverordnung, FeV) vom 18. August 1998 (BGBl I 2214). Nach § 28 Abs. 1 FeV darf er im Umfang seiner sich aus der ausländischen Fahrerlaubnis ergebenden Berechtigung zeitlich unbegrenzt im Inland Kraftfahrzeuge führen, vorbehaltlich der in § 28 Abs. 2 bis 4 FeV vorgesehenen Einschränkungen. So besteht nach § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV keine Fahrberechtigung im Inland für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben.
2. Die Erstreckung von § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV auch auf Fälle der vorliegenden Art (im folgenden Altfälle), in denen der Inhaber einer vor dem 1. Januar 1999 in einem EU oder EWR-Staat erworbenen Fahrerlaubnis, der seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat, von seiner ausländischen Fahrerlaubnis vor Inkrafttreten der Fahrerlaubnisverordnung Gebrauch machen durfte, weil ihm zwar die inländische Fahrerlaubnis durch ein Gericht entzogen, eine Sperrfrist jedoch nicht (mehr) lief, entspricht dem Wortlaut der Norm.
Insbesondere trägt sie aber der Zielsetzung des Verordnungsgebers, eine möglichst weitgehende Angleichung der Rechtsverhältnisse in Bezug auf inländische und ausländische Fahrerlaubnisse zu erreichen (BRDrucks. 443/98 S. 283), Rechnung. Dies wird nicht nur daran deutlich, daß § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV sich in das Regelungsgefüge einpaßt, zu dem auch die zeitgleich mit der FeV in Kraft getretene Neufassung des § 69 b Abs. 1 StGB durch das Gesetz zur Änderung des StVG und anderer Gesetze vom 24. April 1998 (BGBl I 747) gehört, nach der die Entziehung einer ausländischen Fahrerlaubnis entgegen der bisherigen Gesetzeslage nicht mehr nur eine fahrverbotsähnliche Wirkung, sondern - wie beim Entzug einer inländischen Fahrerlaubnis - das Erlöschen des Rechts zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland zur Folge hat. Das Bestreben des Normgebers nach einer kontinuierlichen schrittweisen Harmonisierung der Befugnisse von Inhabern inländischer und ausländischer Fahrerlaubnisse unter Fortführung und Erweiterung bereits bestehender Anpassungsvorschriften ergibt sich vor allem aus der Entstehungsgeschichte des § 28 Abs. 4 FeV:
Für die Inhaber ausländischer Fahrerlaubnisse galt bis zum 30. Juni 1996 allein die Verordnung über Internationalen Kraftfahrzeugverkehr (IntVO). Gemäß § 4 Abs. 2 b IntVO in der bis zum 14. Februar 1996 geltenden Fassung durften Inhaber ausländischer Fahrerlaubnisse im Inland keine Kraftfahrzeuge führen, solange ihnen die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen war oder ihnen aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden durfte. Mit Wirkung vom 15. Februar 1996 wurde § 4 Abs. 2 IntVO dahin ergänzt, daß Inhaber ausländischer Fahrerlaubnisse unter anderem auch dann keine Kraftfahrzeuge führen dürfen, wenn ihnen im Inland von einer Verwaltungsbehörde die Fahrerlaubnis sofort vollziehbar oder bestandskräftig entzogen oder ihnen die Erteilung einer Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist (§ 4 Abs. 2 c IntVO, eingefügt durch Art. 4 Nr. 1 der 22. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 14. Februar 1996, BGBl I S. 216).
Diese Einschränkungstatbestände wurden in die EU/EWR-Führerscheinverordnung vom 19. Juni 1996 übernommen. Diese Verordnung galt vom 1. Juli 1996 bis 31. Dezember 1998 als lex specialis für Inhaber einer gültigen Fahrerlaubnis aus einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, die ihren ständigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatten.
Mit Wirkung vom 1. Januar 1999 trat die Fahrerlaubnisverordnung vom 18. August 1998 in Kraft. Sie ersetzte u.a. die EU/EWR-Führerscheinverordnung und faßte die bislang geltenden Einschränkungstatbestände in § 28 Abs. 4 FeV neu. Der Entziehung der Fahrerlaubnis durch die Verwaltungsbehörde wurde nunmehr die gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis gleichgestellt. Anders als bisher ist der Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis nach Ablauf einer vom Gericht verhängten Sperrfrist im Inland nicht wieder automatisch fahrberechtigt (vgl. hierzu VkBl. 1998, 1049, 1055).
Die angestrebte Harmonisierung bliebe aber unvollständig, wollte man von der Regelung des § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV den Personenkreis ausnehmen, der trotz gerichtlicher Entziehung seiner deutschen Fahrerlaubnis infolge unterbliebener oder abgelaufener Sperrfrist vor Inkrafttreten der Fahrerlaubnisverordnung von seiner EU/EWR-Fahrerlaubnis wieder Gebrauch machen durfte. Dies erscheint weder sachgerecht noch ist ersichtlich, daß der Verordnungsgeber dem Interesse des betroffenen Personenkreises am Bestand der Fahrberechtigung im Inland den Vorrang einräumen und eine Abschwächung der Wirkung seiner Harmonisierungsbestrebungen in Kauf nehmen wollte. Letzteres ergibt sich insbesondere daraus, daß solche Altfälle nicht ausdrücklich vom Anwendungsbereich des § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV ausgenommen worden sind. Bei einem ausschließlich in die Zukunft gerichteten Anwendungsbereich von § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV hätte sich eine Übergangsregelung aber schon deshalb aufgedrängt, weil sich mit der oben beschriebenen Änderung von § 4 Abs. 2 IntVO zum 15. Februar 1996 für Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis, denen die Fahrerlaubnis durch eine Verwaltungsbehörde vor dem 1. Februar 1996 entzogen war, eine vergleichbare Fragestellung ergeben hatte, die von der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung im Sinne einer Erstreckung der Neufassung des Gesetzes auch auf Altfälle gelöst worden war (vgl. OLG Zweibrücken VRS 93, 195, 197; OVG Bremen NJW 1998, 3731; VG München DAR 1997, 457, 458).
3. Einer solchen Auslegung des § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV steht das Recht der Europäischen Gemeinschaften nicht entgegen. Das Führerscheinrecht der Europäischen Gemeinschaften läßt es vielmehr ausdrücklich zu, Personen die Anerkennung der in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Fahrerlaubnis zu versagen, wenn gegen den Betreffenden zuvor nach den innerstaatlichen Vorschriften Maßnahmen über Einschränkung, Aussetzung, Entzug oder Aufhebung der Fahrerlaubnis angewandt worden sind (Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften über den Führerschein vom 29. Juli 1991 - 91/439/EWG, ABl EG Nr.L 237, S. 1, 5; vgl. auch EuGH DAR 1996, 193, 194; OVG Bremen NJW 1998, 3731; OVG des Saarlandes ZfS 1998, 239). Das europäische Recht ist durch die EU/EWR-FührerscheinVO, an deren Stelle mit Wirkung vom 1. Januar 1999 die FeV getreten ist, in nationales Recht umgesetzt worden.
4. Bedenken aus verfassungsrechtlicher Sicht bestehen ebenfalls nicht. Zwar kann die an Wortlaut und Zweck der Vorschrift orientierte Auslegung des § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV dazu führen, daß einem Angeklagten, der vor Inkrafttreten der Vorschrift nach Ablauf der Sperrfrist mit seiner ausländischen Fahrerlaubnis berechtigt am öffentlichen Straßenverkehr teilgenommen hat, diese Rechtsposition wieder genommen wird. Darin ist jedoch kein Verstoß gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip und den daraus folgenden Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes abgeleitete allgemeine Rückwirkungsverbot zu sehen. Es handelt sich lediglich um einen Fall tatbestandlicher Rückanknüpfung ("unechte" Rückwirkung), da die Rechtsfolgen erst nach Inkrafttreten der Verordnung eintreten, der Tatbestand aber an einen in der Vergangenheit liegenden Sachverhalt anknüpft (vgl. BVerfGE 72, 200, 242). Eine solche Regelung ist jedenfalls dann unbedenklich, wenn das mit der Neuregelung verfolgte Anliegen das Interesse des Betroffenen am Erhalt seiner Rechtsposition überwiegt (vgl. BVerfGE 97, 67, 79 f.). Dies ist hier angesichts der angestrebten Harmonisierung des Fahrerlaubnisrechts im Bereich der Europäischen Gemeinschaften gegeben.
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