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BGH, Beschluss vom 21. August 2003 - 3 StR 251/03


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 21.8.2003 - 3 StR 251/03
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 251/03
vom
21.08.2003
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern u. a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 21.
August 2003 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Duisburg vom 5. März 2003 im Maßregelausspruch mit
den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Unterbringung
des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung angeordnet
worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels,
an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs eines
Kindes und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von drei Jahren verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung
angeordnet; außerdem hat es gegen ihn eine unbefristete
Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis verhängt. Mit seiner Revision rügt
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der Angeklagte die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel
hat hinsichtlich des Maßregelausspruchs zum Teil Erfolg.
Die auf § 66 Abs. 1 StGB gestützte Anordnung der Sicherungsverwahrung
hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Vorliegen der formellen Voraussetzungen
nach Nummer 1 dieser Vorschrift ist in den Urteilsgründen nicht
ausreichend belegt; den Feststellungen läßt sich nicht entnehmen, daß der
Angeklagte vor der verfahrensgegenständlichen Tat schon zweimal wegen vorsätzlicher
Straftaten jeweils zu einer Einzelfreiheitsstrafe von mindestens einem
Jahr verurteilt worden ist.
Die mit Urteil des Landgerichts Würzburg vom 15. März 1990 ausgesprochene
Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren gilt trotz der darin enthaltenen
vier Einzelfreiheitsstrafen von zwei bis vier Jahren nur als eine einzige
Verurteilung (§ 66 Abs. 4 Satz 1 StGB). Die erforderliche zweite Vorverurteilung
zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr kann auch dem Urteil
des Amtsgerichts Siegen vom 5. November 1982 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von einem Jahr und acht Monaten nicht entnommen werden. Denn die
Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe erfüllt nur dann die Voraussetzungen
des § 66 Abs. 1 Nr. 1 StGB, wenn sie eine Einzelfreiheitsstrafe von mindestens
einem Jahr Freiheitsstrafe enthält (st. Rspr., vgl. BGHSt 34, 321). Die
diesem Urteil zugrundeliegenden Einzelstrafen werden jedoch im angefochtenen
Urteil nicht mitgeteilt. Angesichts der geringen Höhe der Gesamtstrafe für
sechs verschiedene Straftaten kann auch nicht ohne weiteres davon ausgegangen
werden, daß zumindest eine der sechs Einzelstrafen das geforderte
Strafmaß erreicht hat.
Die Maßregel kann auch nicht, wie der Generalbundesanwalt erwogen
hat, gestützt auf § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB aufrechterhalten werden. Zwar hat
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das Landgericht die hierfür maßgeblichen Voraussetzungen ohne Rechtsfehler
als erfüllt angesehen; die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach dieser
Vorschrift steht aber im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters (BGHR StGB
§ 66 Abs. 3 Begründung 1). Daher müssen die Urteilsgründe erkennen lassen,
daß und aus welchen Gründen der Tatrichter von seiner Entscheidungsbefugnis
in einer bestimmten Weise Gebrauch gemacht hat (vgl. BGHR StGB § 66
Abs. 2 Ermessensentscheidung 4 und 5). Daran fehlt es hier: Das Landgericht
hat die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung ausdrücklich
auf die vorrangige Vorschrift des § 66 Abs. 1 StGB gestützt, wonach
die Anordnung der Maßregel bei Vorliegen der formellen und materiellen Voraussetzungen
zwingend ist. Das Revisionsgericht kann die fehlende Ermessensentscheidung
nicht ersetzen; sie ist dem neuen Tatrichter vorbehalten.
- 5 -
Im übrigen hat die Überprüfung des Urteils auf die Revisionsrechtfertigung
hin keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
RiBGH Pfister ist durch
Urlaub an der Unterschrift
gehindert.
Winkler Miebach Winkler
RiBGH Becker ist durch Urlaub
an der Unterschrift gehindert.
von Lienen Winkler



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