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BGH, Beschluss vom 21. Januar 2009 - 1 StR 727/08


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 21.1.2009 - 1 StR 727/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 727/08
vom
21. Januar 2009
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gewerbs- und bandenmäßiger Geldfälschung u.a.
- 2 -
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Januar 2009 beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten L. und P. wird das Urteil des Landgerichts München I vom 6. August 2008, soweit es diese Angeklagten betrifft, gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen II. 2 und II. 3 der Urteilsgründe sowie
b) in den Aussprüchen über die Gesamtstrafen.
2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen insoweit keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
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Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen versuchter Beteiligung an gewerbs- und bandenmäßiger Geldfälschung (Fall II. 1 der Urteilsgründe) und gewerbs- und bandenmäßiger Geldfälschung in zwei Fällen (Fälle II. 2 und 3 der Urteilsgründe) zu Gesamtfreiheitsstrafen von vier Jahren und neun Monaten bzw. fünf Jahren verurteilt. Zudem hat es hinsichtlich eines sichergestellten 500-Euro-Scheins den Verfall und in Höhe von 4.500 Euro den Verfall von Wertersatz angeordnet sowie sichergestelltes Falschgeld eingezogen. Die auf Verfahrensrügen und näher ausgeführte Sachrügen gestützten Revisionen der Angeklagten haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
1
I.
Nach den Urteilsfeststellungen versuchten die Angeklagten in einem Fall (Fall II. 1 der Urteilsgründe) erfolglos, sich Falschgeld im Nennwert von 500.000 Euro zu verschaffen, um es mit Gewinn zu veräußern. In zwei weiteren Fällen (Fälle II. 2 und 3 der Urteilsgründe) verkauften sie zuvor beschafftes Falschgeld jeweils an Vertrauenspersonen der Polizei.
2
II.
Die Revisionen der Angeklagten sind aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts zum Schuldspruch insgesamt und zum Strafausspruch im Fall II. 1 der Urteilsgründe unbegründet im Sinne von § 349
3
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Abs. 2 StPO. Dagegen haben die auf die fehlerhafte Ablehnung von Beweisanträgen auf die Vernehmung des Zeugen K. gestützten Verfahrensrügen zum Strafausspruch in den Fällen II. 2 und II. 3 der Urteilsgründe und hieraus folgend auch zum Gesamtstrafausspruch Erfolg; im Fall II. 3 der Urteilsgründe greifen zur Strafzumessung im Hinblick auf das von der Strafkammer nicht näher gewürdigte Verhalten der eingesetzten Vertrauenspersonen (VP) auch die Sachrügen durch. Hierzu hat der Generalbundesanwalt ausgeführt:
„Zu a) Fall II. 3 (Tatzeitpunkt: 19. Oktober 2007)
Nach den Urteilsfeststellungen sind die Angeklagten L. und P. von den beiden VP vor der Tat ´erheblich unter Druck gesetzt und bedroht worden und es wurde ihnen mitgeteilt, man würde die serbische Mafia auf sie hetzen, sollten sie aus dem Geschäft aussteigen´ (UA S. 12).
Der Angeklagte L. hat sich in der Hauptverhandlung dahingehend eingelassen, er - L. - und P. seien am 6. Oktober 2007, nachdem sie gegenüber den VP M. und B. angedeutet hätten, dass sie ´aussteigen´ wollten, von diesen massiv bedroht worden mit den Sätzen wie: ´Wenn die Sache nicht über die Bühne geht, hetzen wir die Mafia aus Belgrad auf euch bzw. eure Familie´. M. und B. hätten weiteres Falschgeld gefordert. Aus Angst vor Repressalien hätten sie - L. und P. - sich entschlossen, weiter zu machen (UA S. 15). Hierauf bezog sich die vom Landgericht zugesagte Wahrunterstellung (Bd. II Bl. 767 d.A.).
Das Landgericht hat die insoweit gegen die Angeklagten L. und P. verhängten Einzelfreiheitsstrafen - zugleich Einsatzstrafen - von jeweils vier Jahren dem Strafrahmen des § 146 Abs. 2 StPO entnommen. Zugunsten beider Angeklagten hat es u.a. (´desweiteren´, ´schließlich´) berücksichtigt, dass die Tat unter polizeilicher Mitwirkung von Vertrauenspersonen begangen worden ist (UA S. 23 - L. , S. 26 - P. ).
Dies hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Zwar lag zunächst keine Tatprovokation seitens der VP vor; vielmehr waren die beiden Angeklagten von sich aus an die VP mit dem Angebot herangetreten, ein Falschgeldgeschäft zu tätigen. Indes trat eine Zäsur ein, als die beiden Angeklagten erklärten, keine Geschäfte mehr tätigen zu
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wollen. Wurden sie, was das Landgericht als wahr unterstellt, von den VP unter zumindest konkludenter Drohung mit Gefahr für Leib und Leben - mithin durch eine strafbare Handlung - dazu genötigt, das weitere Falschgeldgeschäft vom 19. Oktober 2007 durchzuführen, bei dem ihre Festnahme erfolgte, lag ein Verhalten der VP vor, welches mit rechtsstaatlichen Prinzipien nicht vereinbar ist. Feststellungen dahin, dass die Polizei mit einem Fehlverhalten der VP nicht rechnen konnte (vgl. BGHSt 45, 321, 336; 47, 44, 48), enthält das Urteil nicht, obwohl der Zeuge R. als V-Mann-Führer in der Hauptverhandlung vernommen wurde (UA S. 20). Ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK liegt somit jedenfalls nahe.
Das Landgericht wird die Sache daher nach Maßgabe der Grundsätze der Entscheidungen BGHSt 45, 321; 47, 44 zu prüfen haben.
Zu b) Fall II. 2 (Tat vom 4. Oktober 2007)
Zutreffend machen die Beschwerdeführer geltend, dass die Begründung, mit welcher das Landgericht den Beweisantrag auf Vernehmung des Zeugen K. (VP) zum Beweis der Tatsache, dass sie bereits am 29. September 2007 in Memmingen gegenüber den VP geäußert hatten, aussteigen zu wollen und daraufhin im Sinne des der Wahrunterstellung zugrundeliegenden Geschehens bedroht worden seien, ´zurückgewiesen hat´, rechtsfehlerhaft ist. Da der benannte Zeuge die unter Beweis gestellten Tatsachen selbst wahrgenommen bzw. die Bedrohungen selbst bzw. im Zusammenwirken mit der weiteren VP ausgesprochen haben soll, war er kein völlig ungeeignetes Beweismittel im Sinne des § 244 Abs. 3 StPO.
Der Sache nach hat das Landgericht darauf abgestellt, dass die behaupteten Tatsachen den Einlassungen der Angeklagten L. und P. widersprächen, die zum Treffen am 29. September 2007 ´einzig und allein die Bedrohung durch die VPs schildern, nach dem sie diesen von den Lieferschwierigkeiten des Falschgeldes berichtet hatten´. Ein ´ins Blaue´ gestellter Antrag lag nicht vor. Zwar muss einem Beweisbegehren nicht oder nur nach Maßgabe der Aufklärungspflicht nachgegangen werden, wenn die Beweisbehauptung ohne jeden tatsächlichen Anhaltspunkt und ohne begründete Vermutung für ihre Richtigkeit auf Geratewohl ins Blaue hinein aufgestellt wurde, so dass es sich in Wahrheit nur um einen nicht ernstlich gemeinten, zum Schein gestellten Beweisantrag handelt (vgl. BGH NStZ 2003, 497; StV 2002, 233 m.w.N.). So liegt der Fall hier nicht,
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zumal das Landgericht als wahr unterstellt hat, dass sich das unter Beweis gestellte Geschehen - wenn auch erst zu einem späteren Zeitpunkt - tatsächlich abgespielt hat.“
Dem schließt sich der Senat an.
4
RiBGH Dr. Graf ist
erkrankt und deshalb
an der Unterschrift
gehindert.
Nack Wahl Nack
Jäger Sander



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