BGH,
Beschl. v. 21.10.2008 - 1 StR 536/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 536/08
vom
21. Oktober 2008
in dem Sicherungsverfahren
gegen
- 2 -
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Oktober 2008
beschlossen:
Die Revision des Beschuldigten gegen das Urteil des Landgerichts
Traunstein vom 11. April 2008 wird als unbegründet verworfen,
da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der
Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des
Beschuldigten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die
dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen
Auslagen zu tragen.
Ergänzend zu den Ausführungen in der Antragsschrift
des Generalbundesanwalts vom 23. September 2008 bemerkt der Senat:
1. Soweit die Verteidiger Rechtsanwalt Prof. Dr. F. und
Rechtsanwältin C. offenbar die Rüge eines
Verstoßes gegen Art. 6 EMRK wie folgt begründen (RB
S. 29): "Des weiteren ist die 'Antragsschrift im Sicherungsverfahren
gemäß § 413 StPO' weder bei der Zustellung
des schriftlichen Exemplars (§ 201 Abs. 1 StPO) noch bei der
Verlesung des Anklagesatzes nicht ordnungsgemäß
übersetzt gewesen (BGH StV 1993, 2 = BGHR StPO § 243
Abs. 3 Anklagesatz 1)", ist diese Behauptung ausweislich der Sachakten
(SA II S. 413, 422) offensichtlich wahrheitswidrig (hinsichtlich der
doppelten Verneinung geht der Senat von einem Schreibversehen aus).
- 3 -
Ebenso falsch ist die weitere nachfolgende Behauptung (RB S. 29): "Ein
Dolmetscher war an keinem Tag der Hauptverhandlung anwesend. Das ergibt
sich aus den Protokollen". Das Protokoll des 1. Verhandlungstages nennt
als gegenwärtige Personen u.a.: D. … als
Dolmetscherin für die türkische Sprache! Auch die
Hauptverhandlungsprotokolle der nächsten Verhandlungstage
enthalten entsprechende Anwesenheitsvermerke.
2. Hinsichtlich der weiteren Rüge der Verteidigung, das
Gericht hätte "nicht verwertbare Passagen" aus dem Gutachten
des Sachverständigen A. seiner Entscheidung zugrunde gelegt,
weil dieser in seinem Gutachten Angaben des Angeklagten sowie
Erkenntnisse aus den Krankenakten zugrunde gelegt habe, hinsichtlich
derer der Angeklagte sein ursprünglich gegebenes
Einverständnis widerrufen und einer Verwertung widersprochen
habe, liegt kein Verstoß gegen § 53 Abs. 1 Nr. 3
StPO und mithin auch keine wie auch immer geartete Straftat des
Sachverständigen nach § 203 StGB vor; denn die
Befragungen und Untersuchungen dienten der Vorbereitung eines
Gutachtens über den psychischen Zustand des Angeklagten.
Unabhängig davon, ob das erklärte
Einverständnis in diesem Fall vor oder während der
Erstattung des Gutachtens überhaupt noch wirksam widerrufen
werden kann, wird jedenfalls für das im Auftrag des Gerichts
oder der Ermittlungsbehörden erstattete Gutachten die sonst
erforderliche Zustimmung zur Preisgabe von Geheimnissen durch die
- 4 -
damit einhergehende gesetzliche Duldungspflicht ersetzt, weil hier das
staatliche Interesse an der Aufklärung des Sachverhalts
vorgeht (BGH NStZ 2002, 214, 215; BeckOK-StPO/Huber § 53 StPO
Rdn. 18).
Nack Kolz Elf
Graf Jäger |