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BGH, Beschluss vom 22. Januar 2004 - 5 StR 415/03


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 22.1.2004 - 5 StR 415/03
5 StR 415/03
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
22.01.2004
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Betruges u.a.
- 2 -
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22.01.2004
beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Dresden vom 7. März 2003 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO aufgehoben
a) und nach § 260 Abs. 3 StPO eingestellt, soweit
die Angeklagten wegen Betrugs in zwei Fällen
(II B 1 lit. a) und b) der Urteilsgründe) verurteilt
worden sind; die Staatskasse trägt die hierfür angefallenen
Kosten des Verfahrens und die notwendigen
Auslagen der Angeklagten;
b) hinsichtlich des Angeklagten W auch im übrigen,
soweit er verurteilt wurde;
c) hinsichtlich des Angeklagten B weiterhin im
Gesamtstrafenausspruch.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten B
wird nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
3. In den unter 1. b) und c) genannten Fällen wird die Sache
zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die verbleibenden Kosten der Rechtsmittel, an
eine andere Strafkammer zurückverwiesen.
- 3 -
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten B wegen Betrugs in
vier Fällen, versuchten Betrugs, Verletzung der Buchführungspflicht in
zwei Fällen, fahrlässigen Bankrotts in zwei Fällen sowie Untreue zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Den
Mitangeklagten W hat es des Betrugs in vier Fällen, versuchten Betrugs
sowie der Verletzung der Buchführungspflicht in zwei Fällen schuldig gesprochen
und mit einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren belegt, deren Vollstreckung
zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Rechtsmittel haben in dem
aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
1. Hinsichtlich der Betrugshandlungen vom 6. Februar 1996 und vom
20. Juni 1996 (B 1 lit. a) und b) der Urteilsgründe) hat der Generalbundesanwalt
in seiner Antragsschrift folgendes ausgeführt:
„Die Taten II B 1 a und II B 1 b (UA S. 28, 29) sind verjährt. Die
fünf Jahre betragende Verjährungsfrist (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 i.V.m. § 263
Abs. 1 StGB) beginnt nach § 78a StGB, sobald die Tat beendet
ist. Beendet im Sinne dieser Vorschrift ist der Betrug mit Erhalt
des angestrebten rechtswidrigen Vermögensvorteils und
Abschluß der Tat im Ganzen (vgl. LK-Tiedemann, StGB, 11. Aufl.,
§ 263 Rdn. 273, 337; LK-Jähnke, StGB, 11. Aufl., § 78a Rdn. 3, 5).
Entsteht der Schaden erst durch verschiedene Ereignisse und
vergrößert er sich durch sie nach und nach, dann ist der Zeitpunkt des
letzten Ereignisses für die Beendigung maßgebend (vgl. BGHSt 27,
342, 343; BGHSt 46, 159, 166/167; BGH NStE Nr. 4 zu § 78a StGB;
BGH wistra 2001, 339; BGH NStZ 2000, 85; OLG Koblenz
MDR 1993, 70; OLG Karlsruhe wistra 1995, 154). Legt man diese Erwägungen
zugrunde, wäre die Tat mit dem letzten Zahlungseingang
im Juni 1997 (UA S. 29 - Tat II B 1 d) beendet mit der Folge, daß der
Lauf der Verjährung durch den Erlaß des Durchsuchungsbeschlusses
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des Amtsgerichts Dresden vom 9. Oktober 2001 (Bd. I Bl. 179 ff.) unterbrochen
wäre. Dafür würde sprechen, daß die Summe des insgesamt
zu gewährenden Geldbetrages bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses
feststand (UA S. 22). Jedoch ergibt sich aus den Feststellungen
nicht, daß der Angeklagte bereits bei Abschluß der Darlehensverträge
(UA S. 22) den Vorsatz hatte, die einzelnen Darlehensbeträge
allein durch Täuschung zu erlangen (vgl. BGH wistra 1992,
253, 254/255; BGH NJW 1994, 2966, 2967; OLG Stuttgart MDR 1970,
64). Vielmehr spricht der Umstand, daß für das Erlangen eines jeden
Geldbetrages jeweils eine Täuschung durch Vorlage einer entsprechenden
Bautenstandsbescheinigung erfolgen mußte, entscheidend
dafür, daß jede einzelne Anforderung eine Tat darstellt. Daher ist auf
den jeweiligen Eingang des überwiesenen Geldbetrages (hier: Februar
und Juni 1996 - UA S. 28, 29) abzustellen. Das hat zur Folge, daß die
Taten II B 1 a und II B 1 b zum Zeitpunkt des Erlasses des Durchsuchungsbeschlusses
des Amtsgerichts Dresden vom 9. Oktober 2001
(Bd. I Bl. 179 ff.) bereits verjährt waren. Sie sind einzustellen. Eine
Aufklärung dahin gehend, daß das Tatgericht Betrugsvorsatz bereits
zum Zeitpunkt des Abschlusses der Darlehensverträge (UA S. 22)
feststellen wird, ist auf Grund des Zeitablaufs fern liegend.“
Diesen Ausführungen tritt der Senat bei. Dies führt beim Angeklagten
B zugleich zur Aufhebung der Gesamtstrafe.
2. Hinsichtlich des Angeklagten W kann das Urteil auch im übrigen
keinen Bestand haben.
a) Soweit der Angeklagte W in weiteren Fällen des Betrugs bzw.
versuchten Betrugs verurteilt wurde, ist im Urteil nicht hinreichend belegt, ob
und inwieweit der Angeklagte jeweils Kenntnis von den unrichtigen Bautenstandsanzeigen
hatte. Das Landgericht ist hier von einem Vorsatz des Angeklagten
W ausgegangen, weil dieser aus Gesprächen mit dem Mitange-
5 -
klagten B und aus der fehlenden Rechnungslegung gegebenenfalls beauftragter
Bauunternehmer hiervon gewußt habe. Dieser nicht näher erläuterte
Passus läßt offen, wie sich dem Tatrichter der Inhalt der Gespräche erschlossen
hat. Es ist nicht erkennbar, ob einer der beiden Angeklagten, deren
Aussagen im übrigen allenfalls bruchstückhaft mitgeteilt werden (vgl.
BGH NStZ-RR 1997, 172; Meyer-Goßner StPO 46. Aufl. § 267 Rdn. 12), dies
in der Hauptverhandlung angegeben hat oder ob es sich hierbei um eine
Schlußfolgerung des Landgerichts handelt. Ein entsprechender Schluß wäre
hier jedenfalls schon deshalb erläuterungsbedürftig gewesen, weil der Angeklagte
B den von ihm eingesetzten (formellen) Geschäftsführern keinen
Handlungsspielraum einräumte und sie eher „in Form einer Sekretärin“
(UA S. 18) einsetzte, also die Geschäftsvorfälle mit ihnen nicht eingehend
erörterte. Gleichermaßen hat er auch die Rechnungsunterlagen bei sich verwahrt,
so daß es ebenfalls zweifelhaft erscheint, inwieweit der Mitangeklagte
W sich ein klares Bild von den Bauaktivitäten des Unternehmens hätte
machen können.
b) Durchgreifende rechtliche Bedenken bestehen auch dagegen, daß
das Landgericht den Angeklagten W wegen Verletzung der Buchführungspflichten
(§ 283b Abs. 1 Nr. 3 lit. b StGB) in zwei Fällen verurteilt hat.
Insoweit hätte es der Erörterung bedurft, ob der Angeklagte W überhaupt
aus tatsächlichen Gründen in der Lage war, diese Pflichten zu erfüllen.
Wäre der Angeklagte nämlich tatsächlich gar nicht in der Lage gewesen, seinen
Buchführungspflichten zu genügen, ließe dies den Tatbestand des
§ 283b Abs. 1 Nr. 3 lit. b StGB entfallen (BGH NStZ 2000, 206 f.).
Hier könnten schon deshalb Zweifel bestehen, weil der Angeklagte
B die Buchhaltungsunterlagen bei sich verwahrte und somit möglicherweise
für den Angeklagten W überhaupt kein Zugriff bestand. Weiterhin
hätte erörtert werden müssen, inwieweit der Angeklagte W nach seinen
Fähigkeiten zu einer solchen Buchführung überhaupt in der Lage gewesen
wäre und ob gegebenenfalls das ersichtlich überschuldete Unternehmen
- 6 -
über die notwendigen Finanzmittel verfügt hätte, die Bilanzierung durch einen
Steuerberater zu finanzieren.
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Gerhardt Raum



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