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BGH, Beschluss vom 22. September 2003 - 3 StR 321/03


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 22.9.2003 - 3 StR 321/03
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 321/03
vom
22.9.2003
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a.;
hier: Revision des Angeklagten K.
- 2 -
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 22.09.2003
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das Urteil des
Landgerichts Wuppertal vom 12. Juni 2003
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte K.
und der Mitangeklagte G. jeweils der Einfuhr von Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge in 18 Fällen, davon in
17 Fällen in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge und in einem Fall in Tateinheit
mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln schuldig sind;
b) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit
beim Angeklagten K. eine Entscheidung zur Frage der
Unterbringung in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels,
an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
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Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 18 Fällen, in zwei Fällen in Tateinheit
mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, in 16 Fällen
in Tateinheit mit Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge unter Freisprechung im übrigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei
Jahren und neun Monaten verurteilt. Ferner wurde der Verfall von Wertersatz
in Höhe von 15.000 Euro und die Einziehung mehrerer Mobiltelefone angeordnet.
Hiergegen wendet sich die auf die Beanstandung der Verletzung sachlichen
Rechts gestützte Revision des Angeklagten, die in dem aus der Beschlußformel
ersichtlichen Umfang Erfolg hat.
I. 1. Das Rechtsmittel führt zur Abänderung des Schuldspruchs.
a) Nach den Urteilsfeststellungen ist der Angeklagte K. nicht nur in
den beiden Fällen, in denen er die Beschaffungsfahrten in die Niederlande
gemeinsam mit dem Mitangeklagten G. unternahm, sondern auch in den
weiteren 16 Fällen, in denen er G. als Kurier einsetzte, als Mittäter der
Einfuhrhandlungen anzusehen. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift
vom 25.08.2003 zutreffend ausgeführt:
"Mittäter ist auch derjenige, der Betäubungsmittel von anderen
Personen über die deutsche Hoheitsgrenze bringen lässt. Voraussetzung
hierfür ist, dass der Täter mit Täterwillen einen die Tatbestandsverwirklichung
fördernden Beitrag leistet. Dies erfordert die
Beteiligung an der Tatherrschaft oder wenigstens den Willen zur
Tatherrschaft, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich
auch von seinem Willen abhängen. Wesentliche Anhaltspunkte
für eine Mittäterschaft sind der Grad des eigenen Interesses
am Erfolg der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherr-
4 -
schaft (BGH NStZ 1990, 130 m. w. N.). Nach diesen Grundsätzen
war der Angeklagte zweifelsfrei Mittäter der Einfuhr der Betäubungsmittel.
Die Taten erfolgten ausschließlich in seinem Interesse.
Er bestimmte den Zeitpunkt der Taten und die Menge der einzuführenden
Betäubungsmittel, finanzierte den Einkauf und stellte
das Schmuggelfahrzeug zur Verfügung. Ferner erkundigte er sich
jeweils nach dem problemlosen Verlauf der Einfuhrfahrten. § 265
StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, da sich der
Angeklagte ersichtlich nicht anders hätte verteidigen können."
b) Ferner kann, wie der Generalbundesanwalt im einzelnen zutreffend
ausgeführt hat, der Schuldspruch keinen Bestand haben, soweit der Angeklagte
K. im Fall der Einfuhr von 200 g Cannabis wegen Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen ist. Denn die
für das Handeltreiben nach Abzug der zum Eigenverbrauch bestimmten Mengen
verbleibende Restmenge von rund 80 g mit einem Wirkstoffgehalt von 4 %
erreicht den Grenzwert der nicht geringen Menge nicht, so daß lediglich der zu
§ 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG in Tateinheit stehende Tatbestand des § 29 Abs. 1
Nr. 1 BtMG erfüllt ist. Die in diesem Fall verhängte Einzelstrafe von zwei Jahren
Freiheitsstrafe bleibt von der Änderung des Schuldspruchs unberührt, weil
es beim Strafrahmen des § 30 Abs. 1 BtMG verbleibt.
2. Schließlich hält das angefochtene Urteil sachlich-rechtlicher Prüfung
nicht stand, soweit das Landgericht eine Entscheidung über die Frage der Unterbringung
des Beschwerdeführers in einer Entziehungsanstalt unterlassen
hat. In seiner Zuschrift hat der Generalbundesanwalt hierzu ausgeführt:
"Die Prüfung, ob diese Maßregel anzuordnen ist, drängte sich nach
den Urteilsfeststellungen auf, weil der Angeklagte seit langen Jahren
drogenabhängig ist (UA S. 6) und seine Taten auf seine Drogenabhängigkeit
zurückzuführen sind (UA S. 22). Der Angeklagte
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ist gewillt, seine langjährige Drogenabhängigkeit zu bekämpfen
(UA S. 6). Bei dieser Sachlage hätte das Landgericht mit Hilfe eines
Sachverständigen (§ 246 a StPO) prüfen und entscheiden
müssen, ob die Voraussetzungen für eine Unterbringung des Angeklagten
in einer Entziehungsanstalt gegeben sind. Die Frage der
Unterbringung nach § 64 StGB bedarf daher der Prüfung und Entscheidung
durch einen neuen Tatrichter. Dem steht nicht entgegen,
dass allein der Angeklagte Revision eingelegt hat (§ 358 Abs. 2
Satz 2 StPO; BGHSt 37, 5). Die Teilaufhebung berührt den Strafausspruch
nicht, da auszuschließen ist, dass das Landgericht bei
Anordnung der Maßregel eine geringere Strafe verhängt hätte."
Dem tritt der Senat bei.
II. Die Schuldspruchänderung war, soweit der Angeklagte K. im Fall
der Einfuhr von 200 g Cannabis zu Unrecht wegen tateinheitlichen Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht wegen tateinheitlichen
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt worden ist, nach § 357
StPO auf den Mitangeklagten G. zu erstrecken.
Tolksdorf Miebach Pfister
Becker Hubert



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