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BGH, Beschluss vom 24. November 2009 - 4 StR 524/09


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 24.11.2009 - 4 StR 524/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 524/09
vom
24. November 2009
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an Jugendliche u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 24. November 2009 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 14. Mai 2009 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Angeklagte wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an Jugendliche in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, wegen versuchten Bestimmens von Jugendlichen mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben in Tateinheit mit räuberischer Erpressung, wegen versuchter räuberischer Erpressung in Tateinheit mit versuchter Nötigung und mit unerlaubtem Führen einer Schreckschusspistole sowie wegen Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt wird.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an Jugendliche in Tateinheit mit unerlaubtem gewerbsmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, wegen versuchten Bestimmens von Jugendlichen mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben in Tateinheit mit räuberischer Erpressung, wegen versuchter räuberischer Erpressung in
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Tateinheit mit Nötigung und mit unerlaubtem Führen einer Schreckschusspistole sowie wegen Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit der nicht näher ausgeführten Sachrüge. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
I.
1. Soweit das Landgericht den Angeklagten in Fall II. 7 der Urteilsgründe tateinheitlich auch wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt hat, tragen die dazu getroffenen Feststellungen die Annahme eines besonders schweren Falles in Gestalt des gewerbsmäßigen Handels im Sinne des § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG nicht.
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a) Dabei kann dahinstehen, ob das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit hier schon deshalb entfällt, weil die verkaufsfertig in Tüten verpackten Marihuana-Portionen von lediglich einer Marihuana-Pflanze stammten, die der Angeklagte zuvor in seinen Besitz gebracht und abgeerntet hatte, oder ob es für die Annahme wiederholter Tatbegehung ausreicht, dass der Angeklagte beabsichtigte, diese Pflanze mehrfach abzuernten (zur fehlenden Gewerbsmäßigkeit bei einem Erwerbsvorgang vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 1 Gewerbsmäßig 3 sowie jüngst BGH, Beschluss vom 1. September 2009 - 3 StR 601/08 [Inverkehrbringen von in einem Akt erlangtem Falschgeld]).
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b) Jedenfalls fehlt es an Feststellungen, die belegen, dass der Angeklagte die Vorstellung hatte, sich eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang zu verschaffen (vgl. dazu nur BGHSt 19, 63, 76; BGHR BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 1 Gewerbsmäßig 5; Franke/Wienroeder BtMG 3. Aufl. § 29 Rn. 222).
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Dem Angeklagten stand nur eine Marihuana-Pflanze zur Verfügung, von der er nur verhältnismäßig wenige Marihuana-Portionen gewonnen hatte. Zudem war das Rauschgift, wie er durch Beschwerden seiner Abnehmer wusste, von sehr schlechter Qualität (Wirkstoffgehalt von 0,05 bis 0,06 %). Zwar genügen für die Annahme von Gewerbsmäßigkeit auch laufend erwartete Nebeneinnahmen, soweit sie von einigem Gewicht sind. Nur geringfügige Entgelte reichen indessen nicht aus. Angesichts der hier durch Menge und Qualität der Betäubungsmittel von vornherein eingeschränkten Gewinnaussichten fehlt es an einer tragfähigen Grundlage für die Annahme der Strafkammer, der Angeklagte habe sich eine Einnahmequelle von einigem Umfang verschaffen wollen.
2. Die in Fall II. 9 der Urteilsgründe erfolgte tateinheitliche Verurteilung wegen (vollendeter) Nötigung wird von den Feststellungen nicht getragen.
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a) Besteht das abgenötigte Verhalten - wie im vorliegenden Fall - in einem Unterlassen, kann Vollendung zum einen dann eintreten, wenn das Opfer die Handlung infolge des Zwangs ganz unterlässt (Fischer StGB 56. Aufl. § 240 Rn. 55a). So liegt der Fall hier nicht, da der Geschädigte D. , dem gegenüber der Angeklagte aus Anlass der Eintreibung einer unberechtigten Forderung geäußert hatte, er werde ihn "in den Kopf schießen, wenn er die Polizei rufen würde", bei der Polizei wegen dieses Vorfalls Anzeige erstattete. Vollendete Nötigung kann zum anderen auch dann gegeben sein, wenn das Tatopfer die Erstattung einer Strafanzeige nur vorübergehend unterlässt, mag es auch fest entschlossen sein, die Anzeige nach Wegfall des Zwangs nachzuholen (Träger/Altvater in LK, 11. Aufl. § 240 Rn. 66; Fischer aaO). Auch dafür geben die im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen keinen Anhalt, da der Geschädigte die Strafanzeige noch am selben Tage erstattete. Daher ist lediglich der Versuch einer Nötigung gegeben (§ 240 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 StGB).
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II.
Der Senat hat den Schuldspruch in Fall II. 9 der Urteilsgründe entsprechend abgeändert. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der geständige Angeklagte gegen diesen Vorwurf nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. Die Schuldspruchänderung lässt hier den Strafausspruch unberührt. Da das Landgericht die Strafe rechtsfehlerfrei dem - gemäß § 249 Abs. 2 StGB und gemäß §§ 23 Abs. 2, 22, 49 Abs. 1 StGB gemilderten - Strafrahmen der räuberischen Erpressung entnommen hat, kann der Senat ausschließen, dass das Landgericht bei Annahme einer tateinheitlich verwirklichten versuchten Nötigung eine geringere Einzelstrafe ausgesprochen hätte. In Fall II. 7 der Urteilsgründe hat das Landgericht trotz - fehlerhafter - Annahme eines Regelbeispiels im Sinne des § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG einen besonders schweren Fall des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verneint.
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III.
Eine Erstreckung der Schuldspruchänderung in Fall II. 9 auf den nicht revidierenden Mitangeklagten B. gemäß § 357 Satz 1 StPO kommt nicht in Betracht, da dieser insoweit lediglich wegen gemeinschaftlicher versuchter räuberischer Erpressung zum Nachteil des Geschädigten D. verurteilt worden ist.
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IV.
Im Hinblick auf den nur geringfügigen Teilerfolg der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten und Auslagen seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).
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Tepperwien RiBGH Athing ist infolge Solin-Stojanović
Urlaubs gehindert zu
unterschreiben
Tepperwien
Ernemann Franke



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