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BGH, Beschluss vom 25. April 2001 - 1 StR 130/01


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 25.4.2001 - 1 StR 130/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 130/01
vom
25. April 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Körperverletzung
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. April 2001 beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten M. wird das Urteil
des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 18. August 2000, soweit es
ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung zu einer
Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die Vollstreckung
der Freiheitsstrafe hat es zur Bewährung ausgesetzt. Gegen dieses Urteil wendet
sich der Angeklagte mit der auf die Sachbeschwerde gestützten Revision.
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Dem Angeklagten lag zur Last, er sei während eines gemeinsam mit
dem Mitangeklagten S. durchgeführten Einsatzes als Rettungssanitäter
nicht eingeschritten, als der Mitangeklagte den Geschädigten B.
durch einen Fußtritt sowie mehrere Faustschläge in den Bauch so verletzte,
daß dieser später im Krankenhaus an Einrissen im Dünndarm verstarb. Damit
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habe er sich der Körperverletzung durch Unterlassen schuldig gemacht; die
Todesfolge wurde ihm nicht zugerechnet.
Die Strafkammer hat zum Tatablauf folgendes festgestellt:
Die Angeklagten S. und M. zogen, nachdem sie mit ihrem
Rettungsfahrzeug am Einsatzort eingetroffen waren, den auf dem Boden sitzenden,
angetrunkenen Geschädigten B. , der nicht allein aufstehen konnte,
hoch und verbrachten ihn in grober Art und Weise in das Innere des Rettungswagens.
Dort wollten sie B. , der sich weigerte, ins Krankenhaus gefahren zu
werden, auf den im Rettungswagen befindlichen Transportstuhl setzen. Dabei
titulierte der Angeklagte S. Herrn B. mit den Worten “besoffene Sau”,
weshalb dieser mit der Faust nach ihm schlug und ihn an der Lippe traf, die
aufplatzte und blutete. Daraufhin versetzte S. dem Geschädigten B.
eine Ohrfeige, wobei dessen Brille herabfiel und dieser sich eine Abschürfung
am Nasenrücken zuzog.
Der Angeklagte M. , der das Geschehen beobachtet hatte, griff nicht
ein, sondern begab sich zum Funkgerät im Inneren des Patientenraums und
forderte per Funk bei der Rettungsleitstelle eine Polizeistreife mit den Worten
“der schlägt uns hier und meinen Kollegen bißchen blutig und so” an. Währenddessen
versetzte der Angeklagte S. dem Geschädigten B. mindestens
einen Fußtritt sowie mehrere Faustschläge in den Bauch. Auch hierbei
griff der Angeklagte M. nicht ein und hinderte den Angeklagten S.
nicht an dessen (weiteren) Schlägen.
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2. Nach den bisher getroffenen Feststellungen begegnet die Verurteilung
des Angeklagten M. wegen Körperverletzung durch Unterlassen nach
§§ 223, 13 StGB durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) Rechtsfehlerfrei ist allerdings die Annahme des Landgerichts, beide
Angeklagten hätten als Rettungssanitäter gegenüber dem Geschädigten B.
eine Garantenstellung gehabt. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift
zutreffend ausgeführt hat, entstand mit dem Ergreifen ihrer Schutzaufgabe
als Rettungssanitäter für beide Angeklagte ein Obhutsverhältnis gegenüber
dem Betroffenen, das wesentlich von der Pflicht bestimmt war, diesen vor
weiteren gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu bewahren. Entstehungsgrund
der Garantenstellung war die tatsächliche Übernahme der Gewähr für das
Rechtsgut Gesundheit (Tröndle/Fischer StGB 50. Aufl. § 13 Rdn. 9). Dies galt
für den Angeklagten M. auch für den Schutz des Geschädigten vor Schlägen
des Angeklagten S. während der gemeinsamen Ausübung der Rettungsmaßnahmen.
b) Trotzdem kann das Urteil keinen Bestand haben, weil die Urteilsgründe
nicht belegen, daß das Unterlassen des Angeklagten für den Eintritt der
Körperverletzung im zweiten Teilakt ursächlich war. Nach ständiger Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofes kann eine pflichtwidrige Unterlassung dem
Angeklagten grundsätzlich nur dann angelastet werden, wenn der strafrechtlich
relevante Erfolg bei pflichtgemäßem Handeln mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit verhindert worden wäre (BGH NJW 2000, 2754, 2757
m.w.Nachw.). Die Strafkammer führt hierzu lediglich aus, der Angeklagte habe
die Auseinandersetzung beobachtet, aber dennoch nicht eingegriffen. Die Urteilsgründe
setzen sich aber nicht damit auseinander, ob der Angeklagte
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M. nach der ersten Ohrfeige mit weiteren Schlägen des Mitangeklagten
S. rechnen mußte und diese verhindern konnte, während er mit der Leitstelle
telefonierte.
Zu diesen Darlegungen im Urteil bestand Anlaß. Nach den ersten Auseinandersetzungen
zwischen dem Angeklagten S. und dem angetrunkenen
Geschädigten B. , der sich nicht nur weigerte, ins Krankenhaus gefahren
zu werden, sondern selbst nach dem Angeklagten S. schlug, konnte
es der Angeklagte M. auch als seine Pflicht ansehen, zur Beendigung des
Streits die Polizei zu rufen. Dabei hätte erörtert werden müssen, wie die räumlichen
Verhältnisse und die Wahrnehmungsmöglichkeiten waren und ob er
durch den Funksprechverkehr abgelenkt war. Dafür könnte sprechen, daß es in
den Urteilsgründen heißt, “er griff nicht ein, obwohl es ihm möglich gewesen
wäre, sondern begab sich zum Funkgerät im Inneren des Patientenraums und
forderte per Funk bei der Rettungsleitstelle eine Polizeistreife an”.
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