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BGH, Beschluss vom 25. November 2008 - 5 StR 491/08


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 25.11.2008 - 5 StR 491/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 25. November 2008
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes u. a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. November 2008
beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 11. April 2008 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen, soweit es die Tat vom 31. Juli 2007 (Fall 1 der Urteilsgründe) zum Gegenstand hat, und im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen - im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit begangenen - (besonders) schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und vorsätzlichem unerlaubtem Führen einer Waffe (Fall 1) sowie wegen unerlaubten Besitzes von Munition (Fall 2) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat hinsichtlich des Falls 1 der Urteilsgründe (Tat vom 31. Juli 2007) und damit auch hinsichtlich der Gesamtstrafe mit der Sachrüge Erfolg. Im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet.
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I.
1. Das Landgericht hat hinsichtlich der Tat vom 31. Juli 2007 folgende Feststellungen getroffen:
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Der 43-jährige Angeklagte, bei dem eine deutliche intellektuelle Einschränkung (IQ zwischen 58 bis 63) und Hinweise auf eine organisch bedingte Hirnleistungsschwäche bestehen, beschloss spätestens im Juli 2007, den „Reiseshop P. “ zu überfallen. Aufgrund einer früheren eigenen Tätigkeit in dem Geschäft und seiner seit mehreren Jahren bestehenden Freundschaft mit dem Geschädigten, einem dort angestellten Verkäufer, wusste er, dass die Tageseinnahmen in einem Tresor im Büroraum des Geschäfts aufbewahrt werden und sich vor allem gegen Ende des Monats in der Regel dort eine größere Geldmenge befindet. Er sprach den ihm bekannten gesondert verfolgten Y. an. Mit der wahrheitswidrigen Behauptung, dass der Geschädigte ihm Geld schulde, fragte er Y. , ob dieser mit seinen Bekannten bereit wäre, ihm gegen eine Belohnung von 500 € bei der Erlangung des Geldes behilflich zu sein. Tatsächlich schuldete er selbst dem Geschädigten 3.700 €. Einige Wochen vor der Tat hatte er ihn erfolglos gebeten, ihm weitere 8.000 € zu leihen. Nachdem sich Y. und der bei dem Gespräch anwesende, ebenfalls gesondert verfolgte A. zur Durchführung der Tat bereit erklärt hatten, übergab der Angeklagte ihnen ein Elektroschockgerät und einen Teleskopschlagstock. Dabei rechnete er damit, dass diese Waffen auch gegen den Geschädigten eingesetzt werden würden. Darüber hinaus wies er beide an, bei der Tat Gesichtsmasken und Latexhandschuhe zu tragen, die er ihnen ebenfalls übergab. Das Angebot, ihnen auch eine „scharfe“ Waffe mitzugeben, lehnte Y. ab. Bei einem weiteren Treffen übergab der Angeklagte dem Y. allerdings eine ungeladene Gaspistole. Y. und A. brachen anschließend mit weiteren Begleitern zum „Reiseshop P. “ auf, gaben auf dem Weg dorthin den Tatplan jedoch zunächst auf.
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Bei einem Treffen am Folgetag ließen sich Y. und A. schließlich doch vom Angeklagten zur Durchführung des Überfalls überreden. Dabei schlug der Angeklagte vor, dass er sich ebenfalls „wie zufällig“ in dem Geschäft aufhalten und als scheinbares Opfer beruhigend auf den Geschädigten einwirken könne, um diesen leichter zur Herausgabe des Geldes zu bewegen. Dem stimmten die gesondert Verfolgten zu. Bei einem weiteren Treffen kurz vor der durchzuführenden Tat erklärte der Angeklagte jedoch, dass er doch nicht mit im Laden anwesend sein werde, ihnen aber zwei „Begleiter“ mitschicke. Eine genaue Absprache über die Rollenverteilung vor Ort wurde nicht getroffen. Auf dem Weg zum „Reiseshop P. “ kam der ebenfalls gesondert verfolgte K. dazu. Y. teilte die am Vortag vom Angeklagten erhaltenen Gegenstände zwischen sich, A. und K. auf.
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Beim nächtlichen Erstürmen des Ladens, das von einer Überwachungskamera im Geschäft gefilmt wurde, schlug K. sofort mit dem Teleskopschlagstock in Richtung des Kopfes des Geschädigten, den er jedoch lediglich an der Schulter traf, und zerrte ihn gemeinsam mit A. in den hinteren Verkaufsbereich; beide schlugen gemeinsam auf den Geschädigten ein, wobei auch das eingeschaltete Elektroschockgerät zur Bedrohung des Opfers zum Einsatz kam. Y. bedrohte mit der ungeladenen Gaspistole die Ehefrau des Geschädigten und zwang sie, die Kasse zu öffnen, aus der er Bargeld und Telefonkarten entnahm. In dem Tresor, dessen Schlüssel und Geheimzahl der Geschädigte unter dem Eindruck der Schläge und Drohungen herausgegeben hatte, fanden sie entgegen ihrer Erwartung lediglich einen Geldbetrag in Höhe von ca. 1.000 €.
Während es A. gelang, das Geschäft zu verlassen, ohne von den nur wenige Sekunden später eintreffenden Polizeibeamten bemerkt zu werden, wurde K. beim Verlassen des Geschäfts festgenommen. Y. , der dies gesehen und zunächst versucht hatte, sich zu verstecken, ließ sich ebenfalls noch am Tatort widerstandslos festnehmen. A. wur-
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de am selben Tag festgenommen, nachdem K. und Y. seinen Namen in ihrer verantwortlichen Vernehmung preisgegeben hatten.
2. Wegen dieser Tat sind die gesondert verfolgten Y. , A. und K. - nach Abtrennung des Verfahrens gegen den Angeklagten - am 13. Februar 2008 wegen (besonders) schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und vorsätzlichem unerlaubtem Führen einer Waffe zu Jugendstrafen von vier Jahren bzw. drei Jahren und acht Monaten verurteilt worden. Die Kammer hat der Verurteilung einen den Feststellungen im hiesigen Verfahren identischen Sachverhalt zugrunde gelegt. Das Urteil ist nach Verwerfung der Revisionen von Y. und A. durch den Senat mit Beschluss vom 4. September 2008 (5 StR 363/08) rechtskräftig.
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3. Den Angeklagten sieht die Kammer angesichts des Gewichts seiner Tatbeiträge und seines Interesses an einem Taterfolg als Mittäter. Darüber hinaus wertet sie im Rahmen der Strafzumessung als „erheblich strafschärfend“, dass die vom Angeklagten ausgehende Tatplanung ein hohes Maß an krimineller Energie erkennen lasse, insbesondere vor dem Hintergrund, dass er den drei gesondert Verfolgten zahlreiche Waffen und Werkzeuge für die Tatbegehung übergeben habe und daher mit der besonders brutalen Tatausführung zu rechnen gewesen sei.
II.
1. Die den Feststellungen des Urteils zu Umfang und Gewicht des Tatbeitrags des Angeklagten zugrunde liegende Beweiswürdigung hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2 und Überzeugungsbildung 33).
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Der Bundesgerichtshof hat wiederholt entschieden, dass ein für den Angeklagten ungünstiger Sachverhalt nicht festgestellt werden darf, wenn
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Umstände vorliegen oder auch nur als nicht widerlegbar zugunsten des Angeklagten angenommen werden müssen, die bei objektiver Betrachtung zu vernünftigen Zweifeln an der Zuverlässigkeit der den Angeklagten belastenden Beweismittel führen. Vernünftige Zweifel können besonders dann auftreten, wenn ein Angeklagter allein oder überwiegend durch Angaben eines Mitangeklagten belastet wird, zumal wenn es nahe liegt, dass der Mitangeklagte sich durch die den anderen belastende Aussage selbst entlasten will (vgl. hierzu BGHR StPO § 261 Mitangeklagte 1 und Zeuge 5; BGH StV 1990, 533; 1991, 452). Ein solcher Fall liegt hier ungeachtet der Tatsache vor, dass der Angeklagte von seinen drei früheren Mitangeklagten belastet wird.
a) Der Angeklagte hat seine Beteiligung in der Planungsphase des Überfalls nicht grundsätzlich in Abrede gestellt, jedoch behauptet, er sei von den gesondert Verfolgten Y. und A. darauf angesprochen worden, dass sie einen Überfall auf das Geschäft verüben wollten und seine Hilfe benötigten. Er habe Y. erzählt, dass sich im Büro im Tresor die Tagesumsätze befänden. Zunächst sei ihm gesagt worden, dass er im Laden dabei sein und so tun könne, als werde er von den Tätern auch geschlagen. Das habe er aber abgelehnt. Dann sei er gefragt worden, ob er bei der Tat „Schmiere stehen“ wolle. Das habe er zwar zunächst zugesagt, jedoch später - nachdem er darüber nachgedacht habe - abgesagt. Y. habe ihn dann am Abend vor der Tat zunächst noch zu überreden versucht; nachdem er immer noch nicht auf das Ansinnen eingegangen sei, sei ihm dann versichert worden, dass der Überfall nicht durchgeführt werde.
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Das Landgericht hält diese Einlassung des Angeklagten „schon für sich gesehen für nicht sehr schlüssig und widersprüchlich“ (UA S. 15). So sei überhaupt kein Motiv für die gesondert Verfolgten erkennbar, über die Information über das Büro und den Tresor hinaus von dem Angeklagten noch ein „Schmierestehen“ zu verlangen, wobei zudem völlig unklar geblieben sei, wie dabei eine Kommunikation hätte stattfinden sollen. Mit dem auf der Hand liegenden Motiv, die eigene Tatbegehung abzusichern, setzt sich das ange-
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fochtene Urteil ebensowenig auseinander wie mit der Möglichkeit einer Kommunikation über Handy. Dass alle Beteiligten in der Tatsituation auf ein Handy zugreifen konnten, wird aus den weiteren Darstellungen des Urteils zum Nachtatverhalten des Angeklagten (siehe unten unter g) deutlich.
b) Die Feststellungen des angefochtenen Urteils zum beherrschenden Gewicht der Beiträge des Angeklagten bei der Planung der Tat stützen sich im Wesentlichen auf die Einlassungen der gesondert Verfolgten in dem gegen sie selbst geführten Strafverfahren. Diese hätten „schlüssig, weitestgehend übereinstimmend und sich ergänzend“ die Handlungsabläufe im Zeitraum unmittelbar vor der Tat entsprechend der getroffenen Feststellungen geschildert (UA S. 16). Für sie sei kein Motiv erkennbar, den Angeklagten zu Unrecht zu belasten. Insbesondere sei ein solches nicht für den Angeklagten K. ersichtlich, von dem der Angeklagte in seiner Einlassung behauptet habe, von seiner Mitwirkung an der Tat gar nichts gewusst zu haben. Das naheliegende Motiv, die eigene - aufgrund der erdrückenden Beweislage nicht zu leugnende - Tatbeteiligung in einem milderen Licht und sich selbst als vom Angeklagten zur Tat „Verführte“ oder gar „Gezwungene“ erscheinen zu lassen, wird im angefochtenen Urteil nicht erörtert. Nicht nachvollziehbar ist auch, weshalb insbesondere K. hierfür kein Motiv gehabt haben sollte. Eine Auseinandersetzung mit dem Motiv der Selbstentlastung hätte sich gerade auch deshalb aufgedrängt, weil die früheren Mitbeschuldigten zur Überzeugung des Landgerichts bei ihrer polizeilichen Vernehmung versucht haben, „ihre Tat in einem etwas milderen Licht zu schildern“ (UA S. 16).
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Darüber hinaus drängen sich Zweifel an der Schlüssigkeit des aufgrund der Einlassungen der gesondert Verfolgten festgestellten Sachverhalts auf: So erscheint es nicht ohne weiteres nachvollziehbar, dass diese, obgleich sie alleine die gesamte „Last“ und das Risiko der unmittelbaren Tatbegehung trugen, sich lediglich mit einer Belohnung von 500 € begnügen sollten. Nicht erkennbar wird auch, welche Rolle bei der Tatbegehung die beiden vom Angeklagten „mitgeschickten“ Begleiter spielten.
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c) Die früheren Mitangeklagten haben sich im Rahmen der Hauptverhandlung in dem gegen sie gerichteten Verfahren durch die Verlesung von schriftlichen Erklärungen über ihre Verteidiger eingelassen. Diesen Einlassungen kommt nur ein begrenzter Beweiswert zum Nachteil Dritter zu, zumal die früheren Mitbeschuldigten nicht der Wahrheitspflicht von Zeugen unterlagen. Selbst wenn ihre Einlassungen in der Hauptverhandlung weitestgehend übereinstimmten und sich ergänzten, ist dies von eingeschränktem Beweiswert, da angesichts des fortgeschrittenen Stadiums des Verfahrens Möglichkeiten zur Abstimmung der Einlassungen bestanden. Insoweit wären zumindest der genaue Inhalt und der Zeitpunkt der Einlassungen zu beleuchten gewesen, zu denen das angefochtene Urteil jedoch keine näheren Angaben macht. Ebenso wäre es im Rahmen der Beweiswürdigung zu bewerten gewesen, falls die Einlassungen allein durch die Verlesung von schriftlichen Erklärungen erfolgten.
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d) Der frühere Mitbeschuldigte A. hat bei seiner Vernehmung als Zeuge im vorliegenden Verfahren - angesichts seiner damals noch nicht rechtskräftigen Verurteilung - von seinem Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO Gebrauch gemacht (UA S. 20). Das angefochtene Urteil setzt sich indes nicht damit auseinander, inwieweit aus dieser Auskunftsverweigerung Schlüsse zugunsten des Angeklagten gezogen werden können. Denn da die Kammer der Verurteilung des A. bereits dessen Einlassung zugrunde gelegt hatte, hätte dieser im Revisionsverfahren - zumal angesichts einer nur von ihm selbst, also ausschließlich zu seinen Gunsten eingelegten Revision - keine Nachteile zu befürchten gehabt, wenn er als Zeuge gleichgerichtete Angaben gemacht hätte. Ob die früheren Mitbeschuldigten Y. und K. im Verfahren gegen den Angeklagten zeugenschaftlich vernommen wurden, teilt das angefochtene Urteil nicht mit.
e) Dass Y. und K. , die bereits kurz nach ihrer Festnahme den ihnen nur unter seinem Spitznamen „ B. “ bekannten Angeklagten als ihren „Auftraggeber“ bezeichneten, sich unmittelbar vor oder nach
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ihrer Festnahme untereinander abgesprochen haben könnten, schließt das Landgericht aufgrund nachvollziehbarer Erwägungen aus, da beide keine Möglichkeiten gehabt hätten, miteinander zu kommunizieren. In diesem Zusammenhang würdigt es auch die - als glaubhaft beurteilte - Aussage der Zeugin An. , dass A. ihr kurz vor seiner Festnahme von der Tat erzählt und ebenfalls den Angeklagten als Auftraggeber bezeichnet habe. Die übereinstimmende Bezeichnung des Angeklagten als „Auftraggeber“ durch alle drei Mitverfolgten kurz nach der Tat ist indes so unkonkret und wenig originell, dass sie auch auf einer spontanen - vom Bestreben um die „Entschuldigung“ der eigenen Tatbeteiligung getragenen - Übereinstimmung der Angaben beruhen kann. Angesichts der Beteiligung des Angeklagten in der Planungsphase der Tat lag es für die gesondert Verfolgten nicht fern, ihm zur eigenen Entlastung einen größeren Tatbeitrag als tatsächlich geleistet zuzuschreiben. Mit dieser Möglichkeit setzt sich das Urteil nicht auseinander. Es begegnet insoweit durchgreifenden Bedenken, dass die Urteilsgründe eine geschlossene Darstellung der Angaben der früheren Mitangeklagten und ihrer Entwicklung im Verfahren vermissen lassen. Als Anknüpfungspunkte für die Würdigung, es handele sich um schlüssige, weitestgehend übereinstimmende und sich ergänzende Schilderungen des Vorgeschehens der Tat, werden nur dürftige Bestandteile der Einlassungen mitgeteilt. Ausmaß und Wert der Übereinstimmungen lassen sich deswegen nicht nachvollziehbar beurteilen.
Hinzu kommt, dass die Angaben der früheren Mitangeklagten A. und K. zur Rolle des Angeklagten bei der Tatplanung im Hinblick darauf zu hinterfragen waren, inwieweit ihre Angaben überhaupt auf eigener Wahrnehmung beruhten. Denn nach den Feststellungen fand das erste Gespräch zur Tatplanung auf Deutsch unmittelbar nur zwischen dem Angeklagten und Y. statt, der dem anwesenden A. anschließend auf tschetschenisch darüber berichtete (UA S. 8). K. war bei diesem Gespräch nicht anwesend. Ihm berichtete Y. erst kurz vor einem weiteren Treffen der Beteiligten am Abend vor der Tat „in knappen Worten auf
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deutsch, worum es gehen wird“. Welche der festgestellten Tatsachen A. und K. aufgrund eigener Wahrnehmung und nicht lediglich aufgrund von Informationen des Y. geschildert haben, bleibt unklar.
f) Die Aussage des Zeugen S. , die das angefochtene Urteil als zusätzlich belastend für den Angeklagten wertet, gibt zu Umfang und Gewicht seines Tatbeitrags nichts her. Danach habe der Angeklagte ihm gesagt, dass er einen Überfall geplant und „Scheiße“ gebaut habe. Dass er an der Planung des Überfalls beteiligt war, hat der Angeklagte indes selbst nicht bestritten.
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g) Zum Nachtatverhalten des Angeklagten hat das Landgericht aufgrund rechtsfehlerfreier Beweiswürdigung festgestellt, dass er noch in der Tatnacht unmittelbar nach der Tat versucht habe, Y. auf dessen Handy anzurufen, und dass er der Freundin Y. s, der Zeugin A. , 50 € für einen Anwalt übergeben habe. Die vom Angeklagten hierzu gegebene Schilderung, er habe auf Veranlassung der An. und des A. angerufen und der Zeugin das Geld für den Anwalt auf deren Verlangen gegeben, hält die Kammer für widerlegt. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Landgericht erkennt, dass das Angebot des Angeklagten an die Zeugin An. nicht unmittelbar auf seine Beteiligung an der Tat hindeutet, sich aber ohne weiteres damit vereinbaren lässt; ein solches Verhalten erscheine dagegen „im Falle seiner Unschuld“ nicht plausibel. Diese Würdigung behält nicht im Auge, dass der Angeklagte eine Beteiligung an der Planung der Tat im Grundsatz eingeräumt hat, also keine Frage von „Schuld oder Unschuld“ des Angeklagten zu entscheiden ist. In der Aussage der Zeugin An. , A. habe ihr erzählt, dass der Angeklagte sie - die gesondert Verfolgten - „verarscht“ und seine „Aufgabe nicht erfüllt“ hätte, weswegen sie aufgeflogen seien (UA S. 20), deutet sich die Möglichkeit eines Geschehensablaufs an, der das Nachtatverhalten des Angeklagten weitgehend unabhängig von Art und Ausmaß seiner Tatbeteili-
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gung erklären würde. Mit dieser Möglichkeit setzt sich das Urteil nicht auseinander.
h) Die Beschäftigung des angefochtenen Urteils mit der kritischen Frage, ob dem Angeklagten „die Tat“ auch unter Berücksichtigung seiner Minderbegabung zuzutrauen sei, greift zu kurz. Hier wird lediglich darauf abgestellt, dass die Tat so, wie sie letztlich durchgeführt wurde, keine besonders hohe Denkleistung erfordere (UA S. 22). Nach den Feststellungen leistete der Angeklagte in der Planungsphase jedoch erhebliche organisatorische Beiträge, indem er die gesondert Verfolgten mit mehreren verschiedenen Waffen versorgte, ihnen sogar eine „scharfe“ Waffe anbot und ihnen bei der Tatbegehung Begleiter „mitschickte“. Die dem Angeklagten zugeschriebene Idee, selbst als scheinbares Opfer vor Ort anwesend zu sein, um beruhigend auf den Geschädigten einzuwirken, erfordert überdies eine gewisse Intelligenzleistung. Die Frage, ob der Angeklagte zum Entwickeln einer solchen Idee geistig in der Lage war, stellt das angefochtene Urteil nicht.
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2. Soweit der Angeklagte wegen unerlaubten Führens einer Waffe verurteilt wurde, weist der Senat darauf hin, dass es hierbei auf die Ausübung der tatsächlichen Gewalt ankommt. Der Täter muss die Möglichkeit haben, nach eigenem Willen auf die Waffe einzuwirken oder über sie zu verfügen (Steindorf, Waffenrecht 8. Aufl. § 1 WaffG Rdn. 46; Runkel in Hinze Waffenrecht § 1 WaffG Rdn. 160). Das Führen muss eigenhändig verwirklicht werden; es findet keine Zurechnung des Führens an Tatbeteiligte statt, die selbst keine Zugriffsmöglichkeit haben (BGH NStZ 1997, 604, 605).
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3. Schließlich weist der Senat darauf hin, dass im angefochtenen Urteil § 250 Abs. 2 Nr. 3b StGB versehentlich mitbenannt wurde.
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Basdorf Raum Schaal
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