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BGH, Beschluss vom 29. Januar 2002 - 4 StR 529/01


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 29.1.2002 - 4 StR 529/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 529/01
vom
29. Januar 2002
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 29. Januar 2002 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Limburg a. d. Lahn vom 21. August 2001
mit den Feststellungen aufgehoben
a) im Strafausspruch,
b) soweit die Unterbringung des Angeklagten in einem
psychiatrischen Krankenhaus angeordnet worden
ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des
Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des
Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in
zwei Fällen jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Körperverletzung
in zwei Fällen und fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Jugendstrafe
von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es die
Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet
sowie auf Maßregeln gemäß §§ 69, 69 a StGB erkannt. Die hiergegen
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gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen
Rechts rügt, hat den aus der Beschlußformel ersichtlichen Erfolg.
Die Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch und zum Maßregelausspruch
nach §§ 69, 69 a StGB keinen Rechtsfehler zum Nachteil des
Angeklagten ergeben. Der Strafausspruch sowie die Anordnung der Unterbringung
in einem psychiatrischen Krankenhaus können hingegen nicht bestehen
bleiben. Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom
27. November 2001 ausgeführt:
"Wird aus Anlass der Straftat eines Jugendlichen oder Heranwachsenden
dessen Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus angeordnet, so wird gemäß § 5 Abs. 3
(i.V.m. § 105 Abs. 1) JGG von Jugendstrafe abgesehen, wenn
die Maßregelanordnung die Ahndung durch Jugendstrafe
entbehrlich macht. Diese spezifisch jugendstrafrechtliche Vorschrift
ermöglicht es, dem Gedanken der Einspurigkeit freiheitsentziehender
Maßnahmen im Jugendstrafrecht Rechnung
zu tragen (vgl. BGHSt 39, 92, 95 m.w.N.). Eine entsprechende
Prüfung und Entscheidung ist dem angefochtenen
Urteil nicht zu entnehmen. Das gilt umso mehr, als die Jugendkammer
die Strafhöhe mit der Notwendigkeit der erzieherischen
Einwirkung und der Trennung des Angeklagten von
seinem ihn negativ beeinflussenden Umfeld begründet (UA
S. 27). Eine Einwirkung und Trennung erfolgt aber auch durch
die vom Gesetz in ihrer Dauer nicht begrenzte Unterbringung
gemäß § 63 StGB. Dieser Rechtsfehler führt zur Aufhebung
des Ausspruchs über die Jugendstrafe (vgl. BGHR JGG § 5
Abs. 3 Absehen 1 und 2; Beschluß vom 23. Juli 1993 - 2 StR
364/93)."
Dem tritt der Senat bei. Er hebt angesichts des Sachzusammenhangs
zwischen Jugendstrafe und Unterbringung (vgl. BGHR JGG § 5 Abs. 3 Abse-
4 -
hen 1) auch den - für sich gesehen - rechtsfehlerfrei begründeten Ausspruch
über die Unterbringung nach § 63 StGB auf. Dies entspricht im Ergebnis auch
dem Antrag des Generalbundesanwalts, der die Aufhebung des Urteils im
Strafausspruch “mit den Feststellungen” beantragt hat. Davon umfaßt sind indes
auch die Feststellungen, die sich auf die Frage der erheblich verminderten
Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) des Angeklagten beziehen (vgl. Kuckein in KK
4. Aufl. § 353 Rdn. 30 a.E.), die gleichzeitig die Grundlage für den Maßregelausspruch
bilden.
Tepperwien Maatz Athing
Ernemann Sost-Scheible



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