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BGH, Beschluss vom 29. September 1999 - 3 StR 359/99


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 29.9.1999 - 3 StR 359/99
3 StR 359/99
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 359/99
vom
29. September 1999
in der Strafsache gegen
wegen Anstiftung zur besonders schweren Brandstiftung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu Ziffer 2 auf dessen Antrag - am 29. September 1999 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 1. April 1999 mit den Feststellungen aufgehoben, jedoch bleiben die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen und zur subjektiven Tatseite aufrecht erhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Anstiftung zur besonders schweren Brandstiftung gemäß § 26, § 306 b Abs. 2 Nr. 2 StGB n.F. sowie wegen versuchter Anstiftung zur schweren Brandstiftung (§ 30 Abs. 1, § 306 Abs. 1 Nr. 2 StGB a.F.) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen wendet er sich mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat zum überwiegenden Teil Erfolg.
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts betrieb der Angeklagte seit März 1997 in einem von ihm gepachteten Ladenlokal in O. den "Onur Market", ein Einzelhandelsgeschäft mit orientalischen Lebensmitteln, Geschenk- und Haushaltsartikeln. Nach außen hin war zwar sein Bekannter M. Inhaber der Gewerbeerlaubnis. In Wahrheit war dieser jedoch im wesentlichen nur der Geldgeber und hatte mit dem Geschäftsbetrieb kaum etwas zu tun. Als die Geschäftsentwicklung Anfang 1998 immer ungünstiger verlief und der Angeklagte sich darüber klar wurde, daß er durch den Betrieb des "Onur Market" mit jedem weiteren Tag nur Geld verlieren würde, entschloß er sich, das Ladenlokal, das im Erdgeschoß eines zweieinhalbgeschossigen, im übrigen als Wohnhaus mit mehreren Mietwohnungen genutzten Gebäudes gelegen ist, in Brand zu setzen bzw. anzünden zu lassen, um auf diese Weise den lediglich Verlust bringenden Geschäftsbetrieb loszuwerden. Bei der Feuerversicherungsgesellschaft, mit der er auf den Namen des vorgeblichen Geschäftsinhabers M. in dessen Vollmacht eine Inventar- und Betriebsunterbrechungsversicherung mit einer Gesamtversicherungssumme in Höhe von 90.000 DM abgeschlossen hatte, wollte er dann den Schaden - zu Unrecht, wie er wußte - geltend machen. In der Zeit von Januar bis Anfang Februar 1998 führte der Angeklagte zur Verwirklichung seines Plans mehrere Gespräche mit H. , einem ihm bekannten Kriminellen, und dessen Bekannten Z. , um sie dazu zu bringen, das Ladenlokal in Brand zu setzen. Die Verhandlungen waren soweit gediehen, daß der Angeklagte schon Details der Tatausführung vorgegeben hatte. Ehe er eine endgültige Einigung über die Höhe der Entlohnung erzielen konnte, wurde
H. wegen anderer Straftaten in Untersuchungshaft genommen. Nachdem die Brandlegung durch die zunächst Angesprochenen an der Verhaftung H. s gescheitert war, beschloß der Angeklagte, sein ersichtlich bis dahin nicht aufgegebenes Vorhaben von einem anderen in die Tat umsetzen zu lassen. Es gelang ihm auch, an einem nicht näher festgestellten Zeitpunkt zwischen März 1998 und dem 14. April 1998 eine bisher nicht ermittelte Person für die Durchführung seines Plans zu gewinnen. Am 14. April 1998 wurde der Brand zwischen 1.00 Uhr und 1.30 Uhr gelegt. Der unbekannte Täter, der sein Vorgehen mit dem Angeklagten abgestimmt und von diesem einen Schlüssel zum Ladenlokal erhalten hatte, zündete die Ladenvorräte unter Verwendung eines Gemischs aus Benzin, Öl und Lösungsmittel als Brandbeschleuniger an verschiedenen Stellen an. Durch das mit einer sehr starken Rauch- und Ruß-
entwicklung verbundene Feuer wurden die Geschäftsräume so stark beschädigt, daß sie auf nicht absehbare Zeit nicht mehr genutzt werden konnten. Obwohl sich das Feuer nicht auf den bewohnten Bauteil ausdehnte, war eine Gefährdung der Hausbewohner, wie dem Angeklagten von Anfang an bewußt, nicht von vornherein auszuschließen; eine Mieterin erlitt denn auch eine Rauchvergiftung. Der Angeklagte hielt die eingetretenen Schadensfolgen
- ebenso wie ein Übergreifen des Feuers auf die bewohnten Obergeschosse - zumindest für möglich und nahm sie schon bei Beginn seiner Verhandlungen mit H. und Z. auch billigend in Kauf. Die Versicherung, gegenüber der der Schaden geltend gemacht wurde, zahlte die Versicherungssumme entgegen der Erwartung des Angeklagten nicht aus.
II. 1. Die Verurteilung wegen Anstiftung zur besonders schweren Brandstiftung (§ 26, § 306 b Abs. 2 Nr. 2 StGB n.F.) hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand, weil die Begehung der Anstiftungshandlung bereits unter der Geltung der durch das Sechste Gesetz zur Reform des Strafrechts (6. StrRG) vom 26. Januar 1998 (BGBl I 164) mit Wirkung vom 1. April 1998 neu eingeführten Strafvorschrift des § 306 b Abs. 2 Nr. 2 StGB nicht sicher festgestellt ist und die Anwendung dieses im konkreten Fall gegenüber dem alten Recht nicht milderen, sondern schärferen Tatbestands bei früherer Begehung auch nicht nach § 2 Abs. 3 StGB in Betracht kommt.
a) Das Landgericht hat an sich zu Recht angenommen, daß der Angeklagte dadurch, daß er den unbekannt gebliebenen Täter zur Brandlegung veranlaßte, die Voraussetzungen der Anstiftung zur besonders schweren Brandstiftung nach neuem Recht verwirklichte.
Während nach altem Recht der Straftatbestand der mit Mindestfreiheitsstrafe von zehn Jahren bedrohten besonders schweren Brandstiftung (§ 307 StGB a.F.) neben offensichtlich nicht in Betracht kommenden Tatbestandsalternativen voraussetzte, daß der Täter in der Absicht handelte, die Tat zur Begehung im einzelnen aufgeführter Delikte (Mord, Raub, räuberischer Diebstahl und räuberische Erpressung) auszunutzen, auf den festgestellten Sachverhalt somit nicht anwendbar war, ist der Qualifikationstatbestand der besonders schweren Brandstiftung nach neuem Recht bei gleichzeitiger Ermäßigung der Mindestfreiheitsstrafe auf fünf Jahre in der hier interessierenden Tatbestandsalternative weiter gefaßt: Es genügt, daß der Täter in den Fällen des § 306 a StGB (schwere Brandstiftung) in der Absicht handelt, eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken. Die Brandlegung, zu der der Angeklagte angestiftet hat, erfüllt den Grundtatbestand des § 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB. Der unbekannte Täter hat ein nach seiner baulichen Beschaffenheit einheitliches Gebäude, das zum Teil auch der Wohnung von Menschen diente, durch die Brandlegung teilweise zerstört. Auch nach neuem Recht reicht es nach dem Schutzzweck der Norm zur Deliktsvollendung bei gemischt genutzten Gebäuden aus, daß der Brand nur den gewerblichen Teil erfaßt und - wie hier - nicht auszuschließen war, daß das Feuer auf den Wohnbereich übergreifen kann (vgl. Fischer in Tröndle/Fischer StGB 49. Aufl. § 306 a Rdn. 5; Kühl in Lackner/Kühl StGB 23. Aufl. § 306 a Rdn. 2; zum alten Recht vgl. BGHSt 34, 115, 117 f.; BGH NStZ 1985, 455; BGH, Beschl. vom 9. August 1995 - 1 StR 282/95). Auch das subjektive Qualifikationsmerkmal nach § 306 b Abs. 2 Nr. 2 StGB ist erfüllt. Der Angeklagte handelte in der Absicht, eine andere Straftat zu ermöglichen, nämlich den Betrug zum Nachteil der Versicherung. Auch wenn nicht der Angeklagte, sondern M. formal Versicherungsnehmer war und dieser an der Brandlegung nicht nachweislich beteiligt war, war ein Anspruch auf die Versicherungssumme, wie dem Angeklagten zumindest im Sinne einer laienhaften Parallelwertung bewußt war, jedenfalls nach den Grundsätzen der versicherungsrechtlichen Repräsentantenhaftung (vgl. BGH NJW 1976, 2271 m.Nachw.) ausgeschlossen.
Der Betrug gegenüber der Versicherung, der ermöglicht werden sollte, stellt eine "andere Straftat" im Sinne des § 306 b Abs. 2 Nr. 2 StGB dar. Anders als nach altem Recht (vgl. BGHSt 38, 309; 40, 251) besteht nach der deutlichen Herabsetzung der Mindeststrafe für besonders schwere Brandstiftung kein Anlaß und angesichts des klaren, mit dem anderer Strafbestimmungen (§ 211, § 315 Abs. 3 StGB) übereinstimmenden neuen Gesetzeswortlauts auch keine Möglichkeit für eine restriktive, an den Grundsätzen früherer Rechtsprechung zu § 307 StGB a.F. anknüpfende Auslegung in dem Sinn, daß die Straftat, die durch den Brand vorbereitet werden soll, nach der Vorstellung des Täters gerade durch die akute, gemeingefährliche Brandsituation begünstigt sein müsse. Dies hat der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in seinem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil vom 23. September 1999 - 4 StR 700/98 - in Abweichung von einer im Schrifttum verbreiteten Meinung mit überzeugenden Gründen dargelegt. Der Senat schließt sich dieser Auffassung an.
Nicht ausdrücklich festgestellt ist zwar, daß auch der unbekannte Haupttäter beabsichtigte, die betrügerische Geltendmachung des Brandschadens zu ermöglichen. Darauf kommt es für die Strafbarkeit des Angeklagten jedoch nicht entscheidend an. Die Absicht, eine andere Straftat zu ermöglichen, ist nicht tatbezogen, sondern täterbezogen (vgl. BGHSt 23, 39, 40 zum entsprechenden Fall der Verdeckungsabsicht bei Mord; Kühl in Lackner/Kühl StGB 23. Aufl. § 28 Rdn. 9 und § 211 Rdn. 16; a.A. Tröndle in Tröndle/Fischer StGB 49. Aufl. § 211 Rdn. 14 mit Nachweisen zum Meinungsstand) und stellt ein strafschärfendes besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB dar, das die erschwerte Bestrafung des seine Voraussetzungen erfüllenden Teilnehmers auch dann zuläßt, wenn es beim Haupttäter - was aber nach Sachlage hier ohnehin fernliegt - nicht gegeben ist (vgl. Cramer in Schönke/Schröder StGB 25. Aufl. § 28 Rdn. 28).
b) Der demnach für den Bestand des Schuldspruchs nach § 30 Abs. 1, § 306 b Abs. 2 Nr. 2 StGB wesentliche Begehungszeitpunkt der Anstiftungshandlung bestimmt sich auf der Grundlage der Regelungen in § 2 Abs. 1 und 2 und § 8 StGB nach dem Zeitpunkt der Teilnahmehandlung als solcher und nicht nach dem der hier zweifelsfrei unter der Geltung des neuen Rechts begangenen Haupttat (vgl. BGH NStZ 1994, 482 f.; Gribbohm in LK 11. Aufl. § 8 Rdn. 14 f.; Eser in Schönke/Schröder StGB 25. Aufl. § 8 Rdn. 5; Lemke in AK-StGB § 8 Rdn. 11; Hoyer in SK-StGB 26. Lfg. § 8 Rdn. 5; a.A. ohne nähere Begründung: Tröndle in Tröndle/Fischer StGB 49. Aufl. § 8 Rdn. 5). Eine Ausrichtung an der Haupttat, die das Landgericht ersichtlich zugrunde gelegt hat, steht nicht in Einklang mit dem Grundgedanken in § 8 StGB, wonach die Zeit des Handelns und nicht die Zeit eines etwaigen Erfolgseintritts maßgebend ist; sie widerstreitet zudem dem Gebot gesetzlicher Bestimmtheit der Strafbarkeit und dem Rückwirkungsverbot (Gribbohm aaO Rdn. 2 und 14). Auf die Anstiftungshandlung des Angeklagten könnte das am 1. April 1998 in Kraft getretene, für ihn ungünstigere neue Recht somit nur angewendet werden, wenn sie als solche erst nach diesem Zeitpunkt tatsächlich abgeschlossen und damit im Sinne von § 2 Abs. 2 StGB beendet war. Dies hat das Landgericht indes nicht festgestellt, sondern die Anstiftungshandlung zeitlich nur insoweit eingeordnet, als es von einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen März und dem 14. April 1998, dem Tag der Haupttat, ausgegangen ist. Selbst wenn man die im Urteil erwähnte Übergabe des Ladenschlüssels an den Täter als Teil der noch nicht abgeschlossenen Beendigungsphase des Anstiftungshandelns zugrunde legt, läßt sich entgegen der vom Generalbundesanwalt in seinem Verwerfungsantrag vertretenen Auffassung nach den Gesamtumständen des Falles nicht der sichere Schluß ziehen, daß die Anstiftungshandlung erst nach Inkrafttreten des neuen Rechts abgeschlossen war. Zwar hat das Landgericht den genauen Zeitpunkt des Anstiftungshandelns als nicht mehr bestimmbar bezeichnet. Dies ist jedoch ersichtlich in der unzutreffenden Vorstellung geschehen, eine genaue zeitliche Einordnung sei rechtlich unerheblich. Der Senat hält es für möglich, daß aufgrund neuer, von zutreffenden rechtlichen Vorgaben ausgehender tatrichterlicher Prüfung genauer festgestellt werden kann, ob die Anstiftungshandlung erst nach dem Inkrafttreten des neuen Rechts beendet war.
2. Die Verurteilung wegen versuchter Anstiftung zur schweren Brandstiftung (§ 30 Abs. 1, § 306 Abs. 1 Nr. 2 StGB a.F.) kann ebenfalls nicht bestehen bleiben, weil der erfolglose Versuch, H. und Z.
zur Brandlegung zu bestimmen, bei Beachtung der zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigenden Sachverhaltsmöglichkeiten in der rechtlichen Beurteilung aus Konkurrenzgründen hinter der - vollendeten - Anstiftung zur (u.U. besonders) schweren Brandstiftung zurücktritt.
Das Landgericht hat sich für die rechtliche Wertung als zwei in Tatmehrheit zueinander stehenden Taten auf das Urteil des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 5. Mai 1998 - 1 StR 635/96 (= NJW 1998, 2684) gestützt. In jener Entscheidung, die in erster Linie die Frage des Strafklageverbrauchs im Falle eines Täters betraf, der wegen versuchter Anstiftung zum Mord rechtskräftig verurteilt worden war, der jedoch, wie sich erst nachträglich herausstellte, hinsichtlich desselben Opfers zusätzlich eine - dieses Mal erfolgreichere - Anstiftung zum Mordversuch begangen hatte, hat der 1. Strafsenat nicht nur einen Strafklageverbrauch verneint und die versuchte Anstiftung zum Mord sowie die Anstiftung zum Mordversuch als zwei materiellrechtlich und verfahrensrechtlich selbständige Taten beurteilt. Darüber hinaus hat er entschieden, daß in den Fällen, in denen der Anstifter durch verschiedene Anstiftungshandlungen jeweils weitere Personen in das Tatgeschehen verstrickt, die Tatbegehung jedoch nie selbst versucht hat, die versuchte Anstiftung zu einem Verbrechen gegenüber der Anstiftung zum Verbrechensversuch nicht, wie bisher in der Rechtsprechung und in Teilen des Schrifttums angenommen (vgl. BGHR StGB § 30 I 1 Konkurrenzen 1 und 2), subsidiär ist. Ob gleiches auch für den anfänglichen Anstiftungsversuch des an der späteren Tat als Mittäter Beteiligten gilt, hat der 1. Strafsenat hingegen letztlich ausdrücklich offengelassen, zugleich aber die Annahme von Subsidiarität in solchen Fällen wegen des grundsätzlichen Vorrangs der Täterschaft vor Beteiligungsversuchen als nicht fernliegend bezeichnet. Für einen Fall der letztgenannten Art, der, wie noch darzulegen ist, auch hier in Betracht kommt, hat der Senat in seinem Urteil vom 15. Mai 1992 - 3 StR 419/91 (= NJW 1992, 2903, 2905, in BGHSt 38, 291 insoweit nicht abgedruckt) im Anschluß an die Entscheidung des 2. Strafsenats in BGHSt 8, 38 die Ansicht vertreten, daß eine versuchte Anstiftung (auch) dann subsidiär ist, wenn der Auffordernde selbst als Täter oder Mittäter das Verbrechen begeht, zu dem er einen anderen vergeblich zu bestimmen versucht hatte. Daran hat der Senat auch in dem der Entscheidung des 1. Strafsenats in NJW 1998, 2684 vorausgegangenen Anfrageverfahren nach § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG mit näherer Begründung ausdrücklich festgehalten (Senatsbeschluß vom 27. Februar 1998 - 3 ARs 14/97). Diese Rechtsmeinung aufzugeben, sieht der Senat auch für den vorliegenden Fall keine überzeugenden Gründe. Sie ist für die Entscheidung des vorliegenden Falls deshalb erheblich, weil das Landgericht der Sache nach eine mittäterschaftliche Beteiligung an der (besonders) schweren Brandstiftung am 14. April 1998 nach den konkreten Umständen als möglich angesehen und eine Anstiftung lediglich zugunsten des Angeklagten angenommen hat ("Zu dieser Tat hat der Angeklagte zumindest angestiftet." UA S. 86). So hat es die Kammer insbesondere offengelassen, ob der Angeklagte, wie von einem Zeugen vom Hörensagen bekundet, bei der Tatausführung in der unmittelbaren Nähe des Tatorts anwesend war und Aufpasserdienste leistete (UA S. 62/63). Wird aber diese Sachverhaltsmöglichkeit zugrundegelegt, müßte der Angeklagte angesichts der Interessenlage und seiner konkreten Einflußmöglichkeiten als Mittäter an der Brandstiftung und nicht bloß als Anstifter beurteilt werden. Richtig ist zwar, daß der Angeklagte, soweit es die Tat vom 14. April 1998 angeht, wegen der vorhandenen Unsicherheiten nicht selbst als Mittäter verurteilt werden konnte, sondern daß dem Schuldspruch nach dem zumindest entsprechend anwendbaren Grundsatz in dubio pro reo (vgl. BGHSt 23, 203; 31, 136) nur die Möglichkeit der Anstiftung zugrundezulegen war. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist jedoch anerkannt, daß der Zweifelssatz bei der Beurteilung eines Falls mehrfach und unter Umständen in jeweils gegenläufigem Sinn, insbesondere bei der Entscheidung von Konkurrenzfragen, angewendet werden muß (vgl. BGHR StGB § 52 in dubio pro reo 1 und 2). Das Landgericht hätte demnach, soweit es die Frage der zusätzlichen und selbständigen Strafbarkeit wegen versuchter Anstiftung anbelangt, nach dem Grundsatz "im Zweifel für den Angeklagten" davon ausgehen müssen, daß der Angeklagte an der späteren Brandstiftung als Mittäter beteiligt war. Dann aber ist die versuchte Anstiftung als mindere Beteiligungsform subsidiär. Dem steht nicht entgegen, daß in sonstigen Fällen der formellen, aber auch der stillschweigenden oder sachgegebenen Subsidiarität der Grundsatz gilt, daß das subsidiäre Delikt nur dann verdrängt wird, wenn der vorrangige Straftatbestand tatsächlich anwendbar ist (vgl. Rissing-van Saan in LK 11. Aufl. Rdn. 112 vor § 52 m.Nachw.). Anders als in den sonstigen Fällen der Subsidiarität, für die dieser Grundsatz entwickelt worden ist, geht es in vorliegender Sache nicht darum, daß ein Täter straffrei ausginge, wenn der subsidiäre Deliktstatbestand deshalb nicht anwendbar wäre, weil der vorrangige Straftatbestand nur möglicherweise verwirklicht ist. Vielmehr ist hier zu entscheiden, ob der Angeklagte mit der versuchten Anstiftung zusätzliches und selbständig zu ahndendes Unrecht begangen hat, obwohl eine Sachverhaltsmöglichkeit gegeben ist, die die Bewertung als eigenständiges, zu der in jedem Fall gegebenen Strafbarkeit des Angeklagten hinzutretendes weiteres Unrecht ausschließt. In einem solchen Fall verlangt der Zweifelssatz seinem Sinn nach, daß die Sachverhaltsmöglichkeit mittäterschaftlicher Beteiligung an der Brandstiftung bei der Frage der Konkurrenzen zugunsten des Angeklagten berücksichtigt wird.
3. Die nach alledem gebotene Aufhebung des gesamten Schuldspruchs (mithin auch des gesamten Strafausspruchs) läßt die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen und zur subjektiven Tatseite unberührt. Diese können daher aufrechterhalten bleiben. Sie sind von den aufgezeigten sachlich-rechtlichen Mängeln nicht beeinflußt. Die ihnen zugrundeliegende Beweiswürdigung weist keine Rechtsfehler auf. Die insoweit erhobenen Revisionsangriffe sind offensichtlich unbegründet.
Soweit das Landgericht keine eindeutigen und sicheren Feststellungen getroffen hat (zur genauen zeitlichen Einordnung der Anstiftungshandlung und zu dem für die Abgrenzung von Anstiftung und Mittäterschaft an der Tat vom 14. April 1998 wesentlichen Sachverhalt - mögliche Aufpasserdienste des Angeklagten am Tatort), sind ergänzende, die bisher vorhandenen tatsächlichen Unsicherheiten ausräumende Feststellungen, soweit aufgrund neuer tatrichterlicher Prüfung möglich, zulässig und geboten.
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