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BGH, Beschluss vom 3. März 2009 - 3 StR 52/09


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 3.3.2009 - 3 StR 52/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 52/09
vom
3. März 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 3. März 2009 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 1. Oktober 2008 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt. Der Angeklagte wendet sich mit der Sachrüge gegen seine Verurteilung. Sein Rechtsmittel hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1
Zutreffend hat der Generalbundesanwalt angeführt:
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" Das Urteil kann jedoch keinen Bestand haben, soweit eine Entscheidung zur Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist. Die getroffenen Feststellungen zum
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langjährigen Drogenkonsum des Angeklagten drängten zu der Prüfung, ob die Voraussetzungen einer Unterbringung nach § 64 StGB gegeben sind. Der 1978 geborene und zweifach einschlägig vorbestrafte Angeklagte konsumiert nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils etwa seit seinem zwölften Lebensjahr 'Gras' und seit dem Jahr 2003 auch Kokain. Als Kokainkonsument stand er 'bei Begehung der Taten nicht ausschließbar unter Beschaffungsdruck' sowie unter 'einem gewissen Druck zur Geldbeschaffung'. Zudem musste er in der Haft substituiert werden. All dies legt nahe, dass die abgeurteilten Taten auf einen Hang des Angeklagten zurückgehen, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Das Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 21 StGB schließt die Annahme eines Hanges im Sinne des § 64 StGB nicht aus (Fischer StGB 56. Auflage § 64 Rdnr. 7).
Der Teilaufhebung des Urteils steht nicht entgegen, dass § 64 StGB durch das Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBI I 1327) von einer Muss- in eine Sollvorschrift umgestaltet worden ist. Dies macht die Prüfung des § 64 StGB durch den Tatrichter nicht entbehrlich. Dieser muss vielmehr das Ermessen tatsächlich ausüben und die Ermessensentscheidung für das Revisionsgericht nachprüfbar machen (BGH NStZ-RR 2008, 73 f.; BGH Beschl. vom 17. Juli 2008, 3 StR 248/08). Im Übrigen sind nach den Feststellungen keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass hier ein Ausnahmefall vorliegt, in dem der Tatrichter nach seinem Ermessen von der Unterbringung absehen könnte (vgl. Fischer a.a.O. Rdnr. 23a). Ob die von der Revision angeführte weitgehende Sprachunkundigkeit des Angeklagten (RB S. 2) einen solchen Ausnahmefall begründen oder bereits der Annahme einer konkreten Erfolgsaussicht im Sinne des § 64 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen kann (Fischer a.a.O. Rdnr. 24), ist mangels entsprechender Feststellungen im Urteil durch das Revisionsgericht nicht nachprüfbar.
Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (BGHSt 37, 5). Der Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen."
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Der Senat schließt aus, dass der Tatrichter bei Anordnung der Unterbringung auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte. Ergänzend bemerkt er zu der dem Tatrichter durch die gesetzliche Neuregelung eingeräumten Möglichkeit, von einer Unterbringung in Ausnahmefällen abzusehen, dass nach der Regierungsbegründung zum Gesetzesentwurf gerade bei ausreisepflichtigen Ausländern die Möglichkeit eröffnet werden soll, von einer Unterbringung nach § 64 StGB dann Abstand zu nehmen, wenn erhebliche sprachliche Verständigungsprobleme anzuerkennen und eine erfolgversprechende Therapie aufgrund der unzulänglichen Kommunikationsgrundlage mit dem Therapeuten kaum vorstellbar wäre (BTDrucks. 16/5137 S. 10).
3
Becker Miebach Pfister
Sost-Scheible Hubert



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