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BGH, Beschluss vom 30. Januar 2007 - 4 StR 535/06


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 30.1.2007 - 4 StR 535/06
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 535/06
vom
30.1.2007
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführerin am 30.01.2007 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Rostock vom 19. Juli 2006, soweit es die Angeklagte betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben, soweit die Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nicht angeordnet worden ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung und Totschlags zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich die Angeklagte mit ihrer Revision, mit der sie die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuld- und zum Strafausspruch keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Allerdings beanstandet die Revision im
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Ansatz zu Recht die auf die Ausführungen des rechtsmedizinischen Sachverständigen gestützte Berechnung der Tatzeitblutalkoholkonzentrationen der Angeklagten (UA 23/24). Denn zur Widerlegung der Angaben der Angeklagten zu ihren maximalen Trinkmengen hätte das Landgericht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Kontrollberechnung auf der Grundlage eben dieser maximal in Betracht kommenden Trinkmengen mit den für die Angeklagte günstigsten Abbauwerten vornehmen müssen (st. Rspr.; vgl. BGHR StGB § 20 Blutalkoholkonzentration 19 und § 21 Blutalkoholkonzentration 1, 7 und 8). Es genügte demgegenüber nicht, dass das Landgericht eine Kontrollberechnung lediglich auf der Grundlage der minimalen Trinkmengen vornahm. Auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil indes nicht, da das Landgericht für beide Taten eine alkoholbedingt erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit der Angeklagten im Sinne des § 21 StGB bejaht und eine vollständige Aufhebung der Steuerungsfähigkeit (§ 20 StGB) der erheblich alkoholtoleranten Angeklagten sachverständig beraten ausgeschlossen hat.
2. Dagegen hat das angefochtene Urteil keinen Bestand, soweit das Landgericht davon abgesehen hat, die Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) anzuordnen.
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Die Schwurgerichtskammer ist den gehörten Sachverständigen darin gefolgt, dass die Angeklagte eine ausgeprägte Alkoholabhängigkeit mit erheblicher Alkoholtoleranz und Entzugserscheinungen aufweise. Auch die verfahrensgegenständlichen Taten beging die Angeklagte im Zustand erheblicher Al-koholisierung. Obwohl die Angeklagte sich vor einigen Jahren freiwillig einer stationären Alkoholtherapie unterzogen hatte, kurz nach deren Beendigung jedoch wieder rückfällig geworden war, meint das Landgericht - auch darin den Sachverständigen folgend -, dass bei ihr in Folge ihrer Krankheitseinsicht nun-
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mehr von der "Wahrscheinlichkeit eines Behandlungserfolges" auszugehen sei. Gleichwohl ist das Landgericht der Empfehlung der Sachverständigen, die sich aus therapeutischer Sicht für eine Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt ausgesprochen haben, nicht gefolgt, weil bei Begehung der Straftaten ein "einmaliges Bedingungsgefüge" vorgelegen habe, dessen erneutes Auftreten unwahrscheinlich sei. Diese Bewertung, mit der die Schwurgerichtskammer einen symptomatischen Zusammenhang zwischen dem Hang der Angeklagten zum Alkoholmissbrauch und den Taten, zumindest aber eine Gefährlichkeitsprognose verneint, ist schon nach den zum Tatgeschehen getroffenen Feststellungen nicht ohne Weiteres nachvollziehbar, zumal die Sachverständigen der Angeklagten allgemein bescheinigen, sie sei unter Alkohol zunehmend reizbarer. Zudem hätte es in diesem Zusammenhang einer näheren Auseinandersetzung mit den Tatgeschehen bedurft, die Gegenstand der früheren Verurteilungen wegen gefährlicher Körperverletzung aus den Jahren 1998 und 1999 waren. Sollte auch seinerzeit eine Alkoholisierung der Angeklagten mitursächlich gewesen sein, könnte schon deshalb der Annahme, die jetzt abgeurteilten Gewalttaten seien Ausfluss eines "einmaligen Bedingungsgefüges", der Boden entzogen sein.
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Die Frage einer Unterbringung nach § 64 StGB bedarf daher erneuter Verhandlung und Entscheidung. Dass nur die Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (st. Rspr.; BGHSt 37, 5).
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Tepperwien Maatz Solin-Stojanović
Ernemann Sost-Scheible



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