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BGH, Beschluss vom 30. März 2004 - 4 StR 35/04


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 30.3.2004 - 4 StR 35/04
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 35/04
vom
30.03.2004
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen versuchten schweren Raubes u. a.
- 2 -
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 30.03.2004 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Hagen vom 13. Mai 2003, auch soweit es den Mitangeklagten
Y. betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Jugendkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten und den früheren Mitangeklagten
Y. jeweils des räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer in Tateinheit mit versuchtem
schweren Raub und mit gefährlicher Körperverletzung für schuldig
befunden und die Angeklagten jeweils zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren
und sechs Monaten, den Mitangeklagten Y. , der keine Revision eingelegt
hat, zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren mit Strafaussetzung zur Bewährung
verurteilt; außerdem hat es gegen diesen eine Maßregel nach §§ 69, 69 a
StGB angeordnet. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren
Revisionen, mit denen sie die Verletzung materiellen Rechts rügen; der Angeklagte
D. beanstandet darüber hinaus das Verfahren.
Die Rechtsmittel haben mit den Sachrügen Erfolg; sie führen - gemäß
§ 357 StPO auch hinsichtlich des Mitangeklagten Y. - zur Aufhebung des
Urteils, weil die Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen räuberischen
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Angriffs auf Kraftfahrer (§ 316 a StGB) nach den Maßstäben der geänderten
Rechtsprechung des Senats keinen Bestand hat. Damit unterliegen auch die
Verurteilungen wegen der tateinheitlich begangenen Taten der Aufhebung,
obwohl diese für sich gesehen rechtlich nicht zu beanstanden sind (vgl. BGHR
StPO § 353 Aufhebung 1).
Nach den Feststellungen des Landgerichts überfielen die Angeklagten
den Taxifahrer in der Absicht, ihn zu berauben, während dieser entsprechend
ihrer Weisung in Unterbrechung der Fahrt an einem einsamen Ort kurz anhielt.
Dazu, ob zu diesem Zeitpunkt der Motor des Kraftfahrzeugs noch lief, verhält
sich das Urteil nicht.
Wie der Senat in seinem Urteil vom 20. November 2003 - 4 StR 150/03
(= StV 2004, 137 f., zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt) im einzelnen dargelegt
hat, erachtet er eine enger als bisher am Schutzzweck und den einzelnen
Tatbestandsmerkmalen des § 316 a StGB orientierte Auslegung für geboten.
Danach setzt der Tatbestand des § 316 a StGB nach seinem Wortlaut eine
zeitliche Verknüpfung zwischen tauglichem Tatopfer und tatbestandsmäßiger
Angriffshandlung dergestalt voraus, daß im Tatzeitpunkt, d. h. bei Verüben des
Angriffs, das Tatopfer (noch) "Führer" oder "Mitfahrer" eines Kraftfahrzeugs ist.
Daran könnte es hier fehlen: Denn "Führer" eines Kraftfahrzeugs im Sinne des
§ 316 a StGB ist nur, wer das Fahrzeug in Bewegung zu setzen beginnt, es in
Bewegung hält oder allgemein mit dem Betrieb des Fahrzeugs und/oder der
Bewältigung von Verkehrsvorgängen beschäftigt ist. Das ist regelmäßig nicht
mehr der Fall, wenn das Fahrzeug aus anderen als verkehrsbedingten Gründen
anhält und der Fahrer den Motor ausstellt.
Ob der hier geschädigte Taxifahrer bei Verüben des Angriffs in dem genannten
Sinne Führer seines (nicht verkehrsbedingt haltenden) Fahrzeugs war,
- 4 -
er - bei noch laufendem Fahrzeugmotor - in einer Weise mit der Beherrschung
seines Kraftfahrzeugs und/oder mit der Bewältigung von Verkehrsvorgängen
beschäftigt war, daß er gerade deshalb leichter Opfer eines räuberischen Angriffs
war, und ob die Angeklagten die möglicherweise hierin liegenden "besonderen
Verhältnisse des Straßenverkehrs" für ihre Taten ausgenutzt haben
(vgl. hierzu auch die Senatsbeschlüsse vom 27. November 2003 - 4 StR
311/03 und 4 StR 338/03), läßt sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen.
Entsprechende Feststellungen müssen daher nachgeholt werden.
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat noch auf folgendes hin:
Falls die nunmehr entscheidende Jugendkammer das Vorliegen der
Tatbestandsvoraussetzungen des § 316 a StGB nach der geänderten Rechtsprechung
des Senats nicht mehr bejahen könnte, ist sie nicht gehindert, bei
der Bemessung der Strafen wegen versuchten schweren Raubes in Tateinheit
mit gefährlicher Körperverletzung strafschärfend zu werten, daß sich die Tat
gegen
- 5 -
einen Taxifahrer während der Ausübung seines auch im Interesse der Allgemeinheit
liegenden Berufs richtete und die Angeklagten ihr Opfer planmäßig an
einen Ort lockten, wo für es Hilfe nicht zu erwarten war.
VRi'inBGH Dr. Tepperwien ist Maatz Kuckein
urlaubsbedingt ortsabwesend
und deshalb verhindert zu
unterschreiben.
Maatz



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