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BGH, Beschluss vom 4. März 2009 - 2 StR 37/09


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 4.3.2009 - 2 StR 37/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 37/09
vom
4. März 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Raubes u. a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 4. März 2009 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 13. Oktober 2008 im Ausspruch über die Gesamtstrafe und im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Raubs, gewerbsmäßiger Hehlerei in 30 Fällen und Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Seine Revision führt zur Aufhebung in dem in der Beschlussformel bezeichneten Umfang; im Übrigen ist sie unbegründet.
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1. Der Schuldspruch ist rechtsfehlerfrei. Auch die vom Landgericht festgesetzten Einzelstrafen begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Dagegen hält die Gesamtstrafenbildung rechtlicher Überprüfung nicht stand.
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Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte heroinabhängig sei und sämtliche abgeurteilte Taten auf Grund dieser Abhängigkeit und wegen des erheblichen Suchtdrucks zu den jeweiligen Tatzeiten im Zustand erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit begangen habe. Die Zumessung der Gesamtstrafe von drei Jahren hat der Tatrichter damit begründet, eine Freiheitsstrafe dieser Höhe "ermöglich(e) es (dem Angeklagten) unter Anrechnung der erlittenen Untersuchungshaft, nach Ablauf einer überschaubaren Zeitspanne zur Behandlung seiner Betäubungsmittelabhängigkeit (…) eine stationäre Drogenentwöhnungstherapie im Sinne von § 35 BtMG anzutreten, die er nach seiner Entlassung auch anstrebt" (UA S. 32). Das Landgericht werde zu gegebener Zeit die Zustimmung gemäß § 35 BtMG erteilen. Von der Anordnung einer Maßregel gemäß § 64 StGB hat das Landgericht abgesehen, weil der Angeklagte erklärt habe, er sei nicht gewillt, an einer solchen Therapie mitzuwirken, "sondern bevorzuge eine Therapie in einer im Sinne von § 35 BtMG anerkannten Einrichtung" (UA S. 32).
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Damit hat das Landgericht zum Ausdruck gebracht, dass es die Höhe der Gesamtstrafe wesentlich auch nach Maßgabe der (formellen) Voraussetzungen des § 35 Abs. 3 Nr. 2 BtMG bemessen hat. Das ist rechtsfehlerhaft, denn bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 64 StGB ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs diese Maßregel anzuordnen; hiervon darf nicht im Hinblick auf § 35 BtMG abgesehen werden (BGH NStZ-RR 2003, 12; BGH StraFo 2004, 359; BGH StV 2008, 405, 406; vgl. auch Fischer StGB 56. Aufl. § 64 Rdn. 26 m.w.N.).
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Dass das Landgericht hier, wie sich aus der zitierten Begründung ergibt, im Hinblick auf § 35 Abs. 3 Nr. 2 BtMG keine höhere Gesamtstrafe festgesetzt hat, lässt weder eine Beschwer des Angeklagten entfallen noch schließt es das Beruhen des Urteils auf dem Rechtsfehler aus. Es ist nicht auszuschließen,
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dass die Gesamtstrafe noch niedriger ausgefallen wäre, wenn die Beschwer durch die zutreffend festzusetzende Maßregel gemäß § 64 StGB vom Tatrichter in den Blick genommen worden wäre.
2. Das Urteil war auch hinsichtlich der Nichtanwendung des § 64 StGB aufzuheben. Die Erklärung der Revision, die Nichtanwendung werde vom Rechtsmittelangriff ausgenommen, steht dem nicht entgegen. Die - grundsätzlich zulässige - Beschränkung der Revision ist hier unwirksam, weil die (fehlerhafte) Entscheidung über die Nichtanwendung von § 64 StGB und die rechtsfehlerhafte Gesamtstrafenbildung nach den Urteilsgründen in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen; das Landgericht hat den Rechtsfolgenausspruch insoweit ausdrücklich als Einheit behandelt, so dass eine Auftrennung in Straf- und Maßregelausspruch hier nicht möglich ist.
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Die Nichtanwendung von § 64 StGB mit Rücksicht auf § 35 BtMG war aus den genannten Gründen rechtsfehlerhaft.
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Rissing-van Saan Rothfuß Fischer
Appl Schmitt



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