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BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2009 - 3 StR 373/09


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 6.10.2009 - 3 StR 373/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 373/09
vom
6. Oktober 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 6. Oktober 2009 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten S. wird das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 18. Mai 2009, soweit es ihn betrifft, dahin abgeändert, dass er wegen Betruges in sechs rechtlich zusammentreffenden Fällen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt wird; hiervon gilt ein Monat Freiheitsstrafe als vollstreckt.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Betruges in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und ausgesprochen, dass hiervon ein Monat Freiheitsstrafe "als Entschädigung für eine überlange Verfahrensdauer" als vollstreckt gilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision beanstandet der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt auf die Sachrüge zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Änderung des Schuld- und Strafausspruchs; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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Nach den Feststellungen gründeten der Angeklagte und der Mitangeklagte F. die -GmbH (im Folgenden: GmbH) zum An- und Verkauf von Lastkraftwagen und Nutzfahrzeugen. Als Geschäftsführer wurde der Zeuge K. eingesetzt. Die konkrete Abwicklung der Geschäfte sollte dem Angeklagten F. und dessen Mittelsmännern obliegen. Der Angeklagte veranlasste zwei seiner ehemaligen Angestellten, in der GmbH auf 400 €-Basis Büroarbeiten zu verrichten. Anlässlich der Gründung der GmbH begleitete der Angeklagte den Zeugen K. zu mehreren Terminen. Im Übrigen sorgte er lediglich für die Anmietung eines Firmenwagens und erschien gelegentlich in dem Unternehmen, um Kaffee zu trinken und die von ihm angeworbenen Angestellten "bei der Stange zu halten". Bereits wenige Tage nach Gründung der GmbH stellten der Angeklagte und der Mitangeklagte F. fest, dass ein regulärer Betrieb nicht möglich war; sie einigten sich deshalb darauf, einen betrügerischen Handel mit nicht vorhandenen LKWs zu betreiben. In Ausführung dieses Vorhabens wurden in der Folgezeit Kontakte mit potentiellen Erwerbern aufgenommen und sechs Kaufverträge abgeschlossen. Den Käufern wurde vorgespiegelt, das betreffende Fahrzeug sei vorhanden und lieferbar. Der Angeklagte beteiligte sich an diesen einzelnen Aktivitäten nicht. Nach Vertragsschluss überwiesen die Geschädigten den Kaufpreis vollständig oder teilweise auf das Geschäftskonto der GmbH. Unmittelbar nach Zahlungseingang wurde das Geld jeweils von dem Zeugen K. im Beisein des Angeklagten abgehoben und dem Mitangeklagten F. bzw. dessen Mittelsmännern in bar übergeben; der Angeklagte erhielt eine "Provision" in Höhe von mindestens 30.000 €; der Gesamtschaden belief sich auf etwa 140.000 €.
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1. Auf der Grundlage dieser Feststellungen hat das Landgericht den Angeklagten mit Blick auf sein erhebliches Tatinteresse und das Gewicht seiner die Tatbestandsverwirklichung fördernden Beiträge zwar zu Recht als Mittäter angesehen (vgl. BGHR StGB § 263 Täterschaft 1, 2, 3); jedoch hält seine Würdigung rechtlicher Prüfung nicht stand, der Angeklagte habe sechs zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit stehende Straftaten begangen.
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Sind an einer Deliktsserie mehrere Personen als Mittäter, mittelbare Täter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt, so ist die Frage, ob die einzelnen Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, für jeden Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden; maßgeblich ist dabei der Umfang seines Tatbeitrages bzw. seiner Tatbeiträge. Erfüllt ein Mittäter hinsichtlich aller oder einzelner Taten der Serie sämtliche Tatbestandsmerkmale in eigener Person oder leistet er für alle oder einige Einzeltaten zumindest einen individuellen, nur je diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten - soweit nicht natürliche Handlungseinheit vorliegt - als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Allein die organisatorische Einbindung des Täters in ein betrügerisches Geschäftsunternehmen ist nicht geeignet, diese Einzeldelikte der Tatserie rechtlich zu einer Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen. Erbringt er dagegen im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktsserie Tatbeiträge, durch die alle oder je mehrere Einzeldelikte seiner Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden, so sind ihm die je gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ob die übrigen Beteiligten die einzelnen Delikte gegebenenfalls tatmehrheitlich begangen haben, ist demgegenüber ohne Bedeutung (st. Rspr.; vgl. etwa BGH wistra 2001, 336; NJW 2004, 2840, 2841 m. w. N).
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Nach diesen Maßstäben belegen die Feststellungen nur eine materiell-rechtliche Tat des Angeklagten (§ 52 StGB); denn seine Tätigkeit erschöpfte sich darin, an dem Aufbau und dem allgemeinen Betrieb der GmbH mitzuwirken, indem er den Zeugen K. als Geschäftsführer gewann, diesen bei der Gründung der GmbH unterstützte sowie Büropersonal für das Unternehmen anwarb und bei dessen Tätigkeit motivierte. Ein konkreter Tatbeitrag zu den einzelnen betrügerischen Verkäufen der LKWs lässt sich demgegenüber den Feststellungen nicht entnehmen. Ein solcher kann auch nicht darin gesehen werden, dass der Angeklagte den Zeugen K. beim Abheben der auf dem Firmenkonto der GmbH eingegangenen Gelder und bei der Weitergabe derselben an den Mitangeklagten F. bzw. dessen Mittelsmänner begleitete. Zu diesen Zeitpunkten hatten die Geschädigten durch die Überweisung der jeweiligen Beträge bereits einen endgültigen Vermögensverlust erlitten; der Betrug zu ihrem Nachteil war somit beendet.
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2. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte gegen den Vorwurf tateinheitlicher Tatbegehung nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. Der Senat hat in der Entscheidungsformel das Konkurrenzverhältnis der gleichartigen Tateinheit im Sinne des § 52 StGB kenntlich gemacht und deshalb angegeben, wie oft der Tatbestand verwirklicht wurde (vgl. Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 260 Rdn. 26).
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3. Mit der Annahme von Tateinheit entfallen die von der Strafkammer festgesetzten Einzelstrafen. Der Senat kann jedoch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die Gesamtstrafe als Einzelstrafe bestehen lassen. Die geänderte konkurrenzrechtliche Bewertung lässt den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat hier unberührt. Das Landgericht hat die von ihm auf ein
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Jahr und neun Monate festgesetzte Einsatzstrafe sowie die übrigen Einzelstrafen bei der Bildung der Gesamtstrafe straff zusammengezogen. Es ist deshalb auszuschließen, dass die Strafkammer bei Annahme von Tateinheit statt Tatmehrheit auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte.
4. Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels gibt keinen Anlass, den Angeklagten von den Kosten des Verfahrens und seinen Auslagen auch nur teilweise zu entlasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
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Becker Pfister von Lienen
Schäfer Mayer



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