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BGH, Beschluss vom 6. September 2007 - 4 StR 318/07


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 6.9.2007 - 4 StR 318/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 318/07
vom
6.9.2007
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 6.9.2007 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten V. wird das Urteil des Landgerichts Dessau vom 16. März 2007, soweit es ihn betrifft,
a) im Strafausspruch,
b) soweit eine Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist,
mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung mehrerer früherer Urteile zu einer Einheitsjugendstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision.
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Die Nachprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Zum Rechtsfolgenausspruch hat das Rechtsmittel jedoch auf die Sachrüge Erfolg.
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1. Die Begründung, mit welcher das Landgericht die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) abgelehnt hat, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
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Nach den Feststellungen konsumiert der Angeklagte seit seinem 13. Lebensjahr täglich Alkohol und Drogen. Anfangs nahm er Haschisch und zusätzlich bis zu 20 Ecstasy-Tabletten täglich ein, stieg später auf Kokain und nach seiner letzten Haftentlassung im August 2005 auf "Crystal", ein Methamphetamin, um. Bis zur Tat am 16. August 2006 teilte er täglich mit seiner Partnerin drei Gramm dieses Betäubungsmittels. Auch während des Vollzugs von Strafhaft und der Untersuchungshaft im vorliegenden Verfahren setzte der Angeklagte seinen Drogenkonsum fort. Das Landgericht hat - dem Sachverständigen folgend - beim Angeklagten ein ausgeprägtes Abhängigkeitssyndrom bezüglich Methamphetamin festgestellt. Einer Behandlung seiner Drogensucht hat er sich bislang nicht unterzogen. Die Tat beging der mehrfach einschlägig vorbestrafte Angeklagte, um sich an seinem Betäubungsmittellieferanten zu rächen, weil dieser ihm tags zuvor "Crystal" von schlechter Qualität verkauft hatte. Die bei dem Raub erbeuteten Drogen konsumierte der Angeklagte anschließend gemeinsam mit seinen Mittätern.
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Entgegen dem Gutachten des Sachverständigen hat das Landgericht die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgelehnt, da eine hinreichend konkrete Aussicht auf einen Behandlungserfolg nicht bestehe. Der Angeklagte habe sich bislang noch nie bemüht, von seiner Drogensucht loszu-
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kommen, sondern sogar während seiner Inhaftierung regelmäßig Drogen und Alkohol konsumiert. Vor diesem Hintergrund erscheine die von ihm geäußerte Therapiebereitschaft nicht glaubhaft.
Diese Begründung trägt das Absehen von einer Maßregelanordnung nach § 64 StGB nicht.
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Der Hinweis auf das Fehlen eines ernsthaften Therapiewillens lässt au-ßer Acht, dass dieser Umstand die Unterbringung nach § 64 StGB nicht ohne Weiteres hindert. Zwar kann mangelnde Therapiemotivation ein Indiz dafür sein, dass eine Entwöhnungsbehandlung keine Erfolgschance bietet. Ob aber vom Mangel einer ernsthaften Therapiebereitschaft auf das Fehlen einer hinreichend konkreten Erfolgsaussicht geschlossen werden kann, lässt sich nur auf Grund einer Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeit und aller insoweit maßgeblicher Umstände beurteilen. Denn Ziel einer Behandlung im Maßregelvollzug kann es gerade sein, die Therapiebereitschaft beim Angeklagten überhaupt erst zu wecken (vgl. BGH NStZ-RR 1997, 34).
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An dieser Rechtsprechung ist auch nach der Neufassung des § 64 StGB durch das Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (in Kraft getreten am 20. Juli 2007; BGBl I S. 1327) festzuhalten, da auch weiterhin die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht vom Therapiewillen des Betroffenen abhängen soll (BTDrucks. 16/1110 S. 13).
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Den Anforderungen an die gebotene Gesamtwürdigung im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit eines Therapieerfolgs wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Das Landgericht hat bereits nicht bedacht, dass der Fortsetzung des
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Konsums von Betäubungsmitteln im geschlossenen Rahmen des Strafvollzugs für eine fehlende Behandlungsbereitschaft nur eine eingeschränkte Aussagekraft zukommt. Dieses Verhalten kann vielmehr ebenso gut - wenn nicht sogar näher liegend - Ausdruck des Schweregrads der Suchterkrankung des Angeklagten sein. Mit dieser Möglichkeit hat sich das Landgericht nicht auseinandergesetzt. Darüber hinaus hat es bei seiner Wertung gänzlich außer Acht gelassen, dass der Angeklagte bislang noch keine Entziehungs- und/oder Entwöhnungsbehandlungen durchlaufen hat. Gerade dieser Umstand spricht aber, worauf auch der Sachverständige hingewiesen hat, in besonderer Weise für eine therapeutische Erreichbarkeit des noch sehr jungen Angeklagten.
2. Die aufgezeigten Erörterungsmängel machen eine erneute Prüfung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt - nunmehr auf der Grundlage der §§ 64, 67 StGB n.F. - erforderlich. Rein vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass trotz der Ausgestaltung des § 64 StGB n.F. als Ermessensvorschrift ein Absehen von einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt bei Vorliegen der Anordnungsvoraussetzungen nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht kommen soll (vgl. BTDrucks. 16/5137 S. 1 und 10; 16/1344 S. 12 f.). Ein solcher dürfte hier eher nicht vorliegen.
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Die Aufhebung der Entscheidung über die Maßregelanordnung zieht mit Blick auf § 5 Abs. 3 JGG die Aufhebung des für sich genommen rechtsfehlerfreien Strafausspruchs nach sich. Sollte der neue Tatrichter eine Unterbrigungsanordnung nach § 64 StGB n.F. treffen, wird zu prüfen sein, ob - was indes eher fern liegen dürfte - nach § 5 Abs. 3 JGG von der Verhängung von Jugendstrafe abzusehen ist.
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Maatz Kuckein Athing
Ernemann Sost-Scheible



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