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BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2000 - 4 StR 485/00


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 7.12.2000 - 4 StR 485/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 485/00
vom
7. Dezember 2000
in der Strafsache gegen
wegen Betruges u.a.
hier: Revision der Verfallsbeteiligten Jacoba B.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführerin am 7. Dezember 2000 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision der Verfallsbeteiligten Jacoba B. wird das Urteil des Landgerichts Rostock vom 31. Mai 2000 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit gegen sie der Verfall eines Geldbetrages in Höhe von 215.015,70 DM angeordnet worden ist.
2. Insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Ehemann der Verfallsbeteiligten, den Angeklagten Leo B. , unter anderem wegen Untreue in 47 Fällen unter Einbeziehung von Strafen aus einer früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Das Urteil ist insoweit rechtskräftig. Gleichzeitig hat es gegen die Verfallsbeteiligte den Verfall eines Geldbetrages in Höhe von 215.015,70 DM angeordnet. Mit ihrer Revision, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt, wendet sich die Verfallsbeteiligte gegen die Verfallsanordnung. Das zulässige (vgl. BGH NStZ 1995, 248) Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg.
1. Nach den Feststellungen war der Ehemann der Verfallsbeteiligten Geschäftsführer der Bo. GmbH. Im Jahr 1993 nahm er von einem Geschäftskonto der Gesellschaft die vom Landgericht als Untreuehandlungen bewerteten Entnahmen und Überweisungen vor, die teilweise der Erfüllung von Verbindlichkeiten für ein privates Bauvorhaben auf einem Grundstück in Daskow dienten, das zu diesem Zeitpunkt im hälftigen Miteigentum der Verfallsbeteiligten und des gemeinsamen Sohnes Alexander B. stand. Als Alexander B. später verstarb, erwarb die Verfallsbeteiligte im Wege der Erbfolge auch dessen Miteigentumsanteil.
Das Landgericht ist davon ausgegangen, daß aus den Untreuetaten des Angeklagten ein Betrag von insgesamt 430.031,41 DM dem Bauvorhaben auf dem Grundstück der Verfallsbeteiligten und ihres Sohnes zugeflossen ist; es hat daher gegen die Verfallsbeteiligte in Höhe der Hälfte dieses Betrages
(= 215.015,70 DM) den Verfall angeordnet.
2. Die Verfallsanordnung kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil - was das Landgericht nicht geprüft hat - in Betracht kommt, daß der Ausschlußtatbestand des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB gegeben ist.
a) Gemäß § 73 Abs. 3 StGB kann die Anordnung des Verfalls nach den Absätzen 1 und 2 dieser Bestimmung zwar auch gegen einen Dritten angeordnet werden, wenn der Täter für ihn gehandelt hat und der Dritte dadurch etwas erlangt hat. Von dieser Vorschrift werden nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich auch die Fälle erfaßt, in denen der Täter jedenfalls faktisch im Interesse des Dritten handelt und diesem die Tatvorteile unmittelbar zukommen läßt (vgl. BGHSt 45, 235, 244 ff. mit krit. Anm. Katholnigg JR 2000, 513).
b) Die Haftung des Dritten besteht jedoch nur nach Maßgabe des § 73 Abs. 1 und 2 StGB. Dies bedeutet, daß die Anordnung des Verfalls gegen den Dritten gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ausgeschlossen ist, soweit dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch gegen den Dritten erwachsen ist, dessen Erfüllung ihm (dem Dritten) den Wert des aus der Tat Erlangten wieder entziehen würde (vgl. hierzu auch BGH aaO S. 248/249; Katholnigg aaO S. 515). Das hat das Landgericht nicht bedacht, obwohl das Bestehen derartiger Ansprüche hier durchaus nahe liegt: Verletzter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 ist die Bo. GmbH, zu deren Nachteil der Angeklagte die Untreuehandlungen begangen hat. Als Ansprüche der GmbH gegen die Verfallsbeteiligte kommen in erster Linie solche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (vgl. BGHZ 47, 370) oder aber aus ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 812 ff. BGB) in Betracht, wobei bereicherungsrechtlichen Ansprüchen nicht ohne weiteres die Regelung des § 814 BGB entgegenstehen würde (vgl. BGH WM 1968, 1201). Hierbei kommt es nur auf die rechtliche Existenz des Anspruchs, nicht auf seine Geltendmachung an (vgl. Tröndle/Fischer StGB 49. Aufl. § 73 Rdn. 4 m.w.N.). Ob und in welcher Höhe ein Anspruch der Bo. GmbH gegen die Verfallsbeteiligte besteht, kann der Senat jedoch nicht selbst entscheiden, da das Urteil sich zu den näheren Umständen der treuwidrigen Überweisungen des Angeklagten zugunsten des Bauvorhabens in Daskow nicht verhält.
3. Die Verfallsentscheidung könnte darüber hinaus auch der Höhe nach keinen Bestand haben.
a) Das Landgericht ist im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, daß ein Verfall nur in Höhe der Hälfte der Entnahmen zugunsten des Bauvorhabens in Daskow in Betracht kommt, da die Verfallsbeteiligte zum Zeitpunkt der Zahlungen auch nur hälftige Miteigentümerin des betroffenen Grundstücks war. Der Verfall kann nämlich gegenüber dem Dritten nur angeordnet werden, soweit der Täter "für ihn" gehandelt hat und ihm "dadurch" (unmittelbar) etwas zugeflossen ist (vgl. hierzu BGHSt 45, 237 ff.; Tröndle/Fischer aaO § 73 Rdn. 13). Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn der Dritte - wie hier - den Vorteil unabhängig von der Tat aufgrund eines für sich gesehen unbemakelten Erwerbsvorganges - nämlich im Wege der Erbfolge - erlangt (vgl. auch BGH aaO S. 247), und zwar zudem nicht vom Täter oder einem Teilnehmer an der Tat, sondern von jemandem, der seinerseits als "Dritter" im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB anzusehen ist.
b) Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen können jedoch nur die Entnahmen bezüglich der Taten zu den Ziffern 3, 8, 9, 10, 11, 14, 23, 24, 32, 38 und 39 der Anklage in Gesamthöhe von 206.776,61 DM dem Bauvorhaben in Daskow zugeordnet werden. Soweit das Landgericht darüber hinaus bei der Bemessung der Höhe des Verfalls auch die Taten zu Ziffer 28 (Überweisung von 173.000.- DM auf ein Privatkonto des Angeklagten) und zu Ziffer 42 (Einlösung eines Wechsels in Höhe von 50.254,80 DM) mit berücksichtigt hat, belegen - wie die Revision zu Recht rügt - die Urteilsfeststellungen einen solchen Zusammenhang nicht. Ihnen kann auch nicht entnommen werden, daß der Verfallsbeteiligten diese Beträge auf andere Weise zugeflossen sind.
4. Die Anordnung des Verfalls bedarf daher der erneuten Verhandlung und Entscheidung. Der neue Tatrichter wird, falls er die Voraussetzungen des Verfalls gemäß §§ 73 Abs. 3, 73 a StGB für gegeben erachtet, auch zu prüfen haben, ob dessen Anordnung für die Verfallsbeteiligte eine unbillige Härte im Sinne des § 73 c StGB wäre (vgl. hierzu BGH wistra 1999, 464).
Meyer-Goßner Maatz Kuckein
Solin-Stojanovic Ernemann



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