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BGH, Beschluss vom 8. Januar 2002 - 3 StR 489/01


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 8.1.2002 - 3 StR 489/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 489/01
vom
8. Januar 2002
in der Strafsache gegen
alias:
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 8. Januar 2002 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten B. wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 4. September 2001, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch zu Fall II 2 der Urteilsgründe dahin abgeändert, daß der Angeklagte der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist,
b) im Einzelstrafausspruch zu Fall II 2 der Urteilsgründe und im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in fünf Fällen und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.
Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten B. gegen dieses Urteil hat in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg, im übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Im Fall II 2 der Urteilsgründe hält die Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln rechtlicher Überprüfung nicht stand.
a) Nach den Feststellungen wohnte der Angeklagte zusammen mit einem gewissen, nicht identifizierten F. in H. in der G. straße 47. Im Beisein des Angeklagten B. übergab F. dort Mitte Februar 2001 den Schwestern D. 90 Gramm Kokain. Sie sollten die Drogen in die Schweiz zu einem Abnehmer in Genf transportieren, dort den Erlös entgegennehmen und diesen nach ihrer Rückkehr an F. überbringen. Vor Ablieferung des Kaufpreises durch die Schwestern D. entschoß sich F. , die Wohnung in der G. straße 47 zu verlassen. Er bat den Angeklagten B. , das Geld für den bereits durchgeführten Transport von 90 Gramm Kokain in Empfang zu nehmen und den Schwestern D. weitere, bereits in der Wohnung vorhandene und versteckte 250 Gramm Kokain für einen neuerlichen Transport in die Schweiz auszuhändigen. Der Angeklagte B. erklärte sich damit einverstanden, während der Abwesenheit des F. dessen Kokaingeschäfte mit den Schwestern D. selbständig und in eigener Verantwortung weiterzuführen. F. informierte eine der Schwestern D. telefonisch dahin, daß sie den Kaufpreis für die 90 Gramm Kokain nach H. bringen und dem Angeklagten B. aushändigen solle, der ihr auch das Kokain für den nächsten Transport in die Schweiz übergeben werde. Absprachegemäß wurde Anfang März 2001 auch von den Schwestern D. und dem Angeklagten B. verfahren.
b) Entgegen der Auffassung des Landgerichts tragen diese Feststellungen die Annahme nicht, daß der Angeklagte B. hinsichtlich der 90 Gramm Kokain als Mittäter und nicht nur als Gehilfe des F. gehandelt hat.
Die Frage, ob die Beteiligung an einem unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln als Mittäterschaft oder Beihilfe zu werten ist, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen über die Abgrenzung zwischen diesen Beteiligungsformen. Wesentliche Anhaltspunkte für diese Beurteilung können sein der Grad des eigenen Interesses am Erfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft, so daß Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Beteiligten abhängt (st.Rspr., vgl. BGH NStZ 2000, 482, 483). Das Tatbestandsmerkmal des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln setzt für die Annahme von Mittäterschaft weiter voraus, daß der Mitwirkende eigennützig handelt. Täterschaft ist nur bei einer solchen für die Tatverwirklichung des unerlaubten Handeltreibens erforderlichen Willensrichtung möglich. Es genügt nicht, daß er nur den Eigennutz eines anderen mit seinem Tatbeitrag unterstützen will (BGHSt 34, 124, 125 f.). Ferner deutet eine ganz untergeordnete Tätigkeit schon objektiv darauf hin, daß der Beteiligte nur Gehilfe ist (BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 39 und 56). Das hat das Landgericht nicht ausreichend bedacht.
Daß der Angeklagte B. irgendwelche finanziellen Vorteile aus dem von F. mit den Schwestern D. durchgeführten Transport und Verkauf der 90 Gramm Kokain haben sollte oder sich zumindest solche erhoffte, ist nicht festgestellt. Die Beteiligung des Angeklagten an der Abwicklung dieses Geschäfts erschöpfte sich zudem in der Entgegennahme des von den Schwestern D. auf Anweisung des F. an ihn ausgehändigten Kaufpreises und damit in einer untergeordneten Tätigkeit im Rahmen des im übrigen allein von F. in Zusammenarbeit mit den Schwestern D. durchgeführten Kokaintransports und -verkaufs. Schon diese Umstände sprechen maßgeblich gegen die Annahme von Mittäterschaft. Soweit das Landgericht darauf abgestellt hat, daß der Angeklagte B. mit F. eine arbeitsteilige Vorgehensweise vereinbart und bereits den Erlös aus dem Verkauf der 90 Gramm Kokain in seiner Eigenschaft als während der Abwesenheit des F. zuständiger Geschäftspartner der Schwestern D. in Empfang genommen hat, vermag dies zwar die Annahme der Mittäterschaft für die folgenden Geschäfte zu stützen. An der tatsächlichen Bewertungsgrundlage der in der Endphase der Tat erfolgten Beteiligung des Angeklagten beim Verkauf der 90 Gramm Kokain ändert dieser Umstand jedoch nichts Wesentliches. Diese kann nach den getroffenen Feststellungen vielmehr lediglich als Beihilfe zum Handeltreiben des F. gewertet werden.
Der Senat hat den Schuldspruch im Fall II 2 der Urteilsgründe selbst abgeändert, da weitere, die Annahme von Mittäterschaft ermöglichende Feststellungen nicht zu erwarten sind. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, weil ausgeschlossen werden kann, daß der weitgehend geständige Angeklagte sich hiergegen anders als bisher verteidigt hätte.
Die Abänderung des Schuldspruchs im Fall II 2 führt zur Aufhebung der für diesen Fall verhängten, an sich maßvollen Einzelstrafe und des Gesamtstrafenausspruchs. Der Senat kann nicht ausschließen, daß der Tatrichter, wenn er von dem zwingenden Strafmilderungsgrund des § 27 StGB ausgegangen wäre, eine noch mildere Strafe verhängt hätte.
2. Im übrigen geben die Urteilsgründe, insbesondere die Darstellung der Tat II 4 dem Senat Anlaß zu dem Hinweis, daß die Urteilsgründe nach § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben müssen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Das setzt voraus, daß das Urteil eine zusammenhängende, zeitliche und gedanklich geordnete Darstellung des Sachverhalts zur äußeren und inneren Tatseite enthält, von dem der Tatrichter bei der rechtlichen Würdigung ausgeht (Kroschel/Meyer-Goßner, Die Urteile in Strafsachen, 26. Aufl. S. 74 ff.). Dabei ist auf unwesentliche Nebendinge, wie z.B. hier die wahllose Wiedergabe von überwachten Telefongesprächen, die mit den abgeurteilten Taten in keinem erkennbaren Zusammenhang stehen und deren Inhalt auch sonst vom Tatrichter als Beleg seiner Überzeugungsbildung nicht benötigt wurde, zu verzichten. Derartige überflüssige Ausführungen machen die Darstellung im Urteil unübersichtlich und ungenau und begründen die Gefahr sachlich-rechtlicher Mängel, die den Bestand des Urteils gefährden können, weil unklar bleibt, in welchem erwiesenen Sachverhalt der Tatrichter die gesetzlichen Merkmale der abgeurteilten Tat konkret erblickt hat. Es empfiehlt sich deshalb, vor Abfassung der Urteilsgründe den erhobenen Beweisstoff zu sichten, zu ordnen und dahin zu überprüfen, welche tatsächlichen Umstände für den objektiven und subjektiven Tatbestand von Bedeutung sind und nur diejenigen Beweisergebnisse heranzuziehen und im Urteil wiederzugeben, die für die Überzeugungsbildung nach dem Ergebnis der Beratung wesentlich waren (vgl. BGH NStZ-RR 1999, 272 m.w.N.).
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