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BGH, Beschluss vom 8. Juni 2004 - 4 StR 150/04


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 8.6.2004 - 4 StR 150/04
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 150/04
vom
8.06.2004
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u. a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 8.06.2004 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Leipzig vom 11. November 2003, soweit es den Angeklagten
Sch. betrifft,
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte des
Diebstahls in drei Fällen, der gefährlichen Körperverletzung,
der schweren räuberischen Erpressung, der Hehlerei sowie
des Diebstahls mit Waffen in Tateinheit mit Widerstand gegen
Vollstreckungsbeamte und unerlaubter Ausübung der
tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe schuldig ist,
b) im Ausspruch über die in den Fällen B 8 und 10 der Urteilsgründe
verhängten Einzelstrafen und im Gesamtstrafenausspruch
aufgehoben,
c) im Ausspruch über die Einziehung des Schreckschußrevolvers
Umarex, Modell Champion, Waffen-Nr. 454110, mit den
Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels,
an eine andere - allgemeine - Strafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
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Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten des Diebstahls in drei Fällen, des
Diebstahls mit Waffen, der gefährlichen Körperverletzung, der schweren räuberischen
Erpressung, der Hehlerei sowie der versuchten Nötigung in Tateinheit
mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und mit "Verstoß gegen das
Kriegswaffenkontrollgesetz" für schuldig befunden und ihn unter Einbeziehung
der Freiheitsstrafe aus einer früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von sieben Jahren und drei Monaten verurteilt. Im übrigen hat es ihn
freigesprochen. Ferner hat das Landgericht mehrere Waffen eingezogen. Gegen
dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die allgemeine
Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlußformel
ersichtlichen Teilerfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349
Abs. 2 StPO.
1. Die Revision führt in den Fällen B 8 und 10 der Urteilsgründe zur Änderung
des Schuldspruchs, weil das Landgericht das Konkurrenzverhältnis in
diesen Fällen rechtlich fehlerhaft beurteilt hat. Die Annahme des Landgerichts,
der Diebstahl mit Waffen (Fall B 8 der Urteilsgründe) stehe zu der vom Landgericht
als versuchte Nötigung in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstrekkungsbeamte
und "Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz" gewerteten
Tat (Fall B 10 der Urteilsgründe) in Tatmehrheit, hält der rechtlichen Nachprüfung
nicht stand. Das Landgericht hat nicht bedacht, daß der Angeklagte bei
der Entwendung des Pkw VW Golf am 18. April 2002 gegen 23.10 Uhr die
funktionstüchtige Handgranate und den Schreckschußrevolver Umarex, Modell
Champion, bei sich führte und er sich anschließend nach Verfolgung durch die
Polizei seiner Festnahme durch Bedrohung der Polizeibeamten mit der Hand-
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granate, deren Splint er bereits herausgezogen hatte, widersetzte. Bei dieser
Sachlage verbindet das Dauerdelikt der unbefugten Ausübung der tatsächlichen
Gewalt über die Handgranate (§ 22 a Abs. 1 Nr. 6 KWKG) beide Handlungen
zu rechtlich einer Tat (st. Rspr.; vgl. BGH NStZ 1989, 20; Steindorf,
Waffenrecht 7. Aufl. WaffG § 53 Rdn. 42 f.). Daß das Landgericht im Fall B 8
das tateinheitlich erfüllte Verbrechen nach § 22 a KWKG nicht ausgeurteilt hat,
steht dem nicht entgegen (vgl. BGH aaO).
Davon abgesehen, bedarf der Schuldspruch im Fall B 10 der Urteilsgründe
auch deshalb der Änderung, weil § 113 StGB gegenüber § 240 StGB
lex specialis ist und deshalb die Verurteilung wegen versuchter Nötigung entfallen
muß (vgl. BGHR StGB § 113 Konkurrenzen 3).
Die Schuldspruchänderung hat die Aufhebung der in den Fällen B 8 und
10 der Urteilsgründe verhängten Einzelfreiheitsstrafen von zwei bzw. drei Jahren
zur Folge. Der neue Tatrichter wird insoweit nunmehr eine neue einheitliche
Einzelstrafe festzusetzen haben; dabei ist er durch das Verschlechterungsverbot
nur gehindert, eine die Summe aus den bisherigen Einzelstrafen
übersteigende neue Einzelstrafe zu verhängen (BGHR StPO § 358 Abs. 2
Nachteil 12). Die Aufhebung der beiden Einzelstrafen zieht hier die Aufhebung
des - an sich nicht zu beanstandenden - Gesamtstrafenausspruchs nach sich.
Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es insoweit indes nicht.
2. Auch der Ausspruch über die Einziehung, soweit dieser den Schreckschußrevolver
Umarex, Modell Champion, Waffen-Nr. 454110 betrifft, kann
nicht bestehen bleiben. Insoweit verweist der Senat auf die Ausführungen in
der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 15. April 2004. Der neue
Tatrichter wird - soweit dies noch möglich ist - ergänzende Feststellungen zum
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Ladezustand des Schreckschußrevolvers bei der Tatbegehung im Fall B 8 der
Urteilsgründe zu treffen haben.
3. Der Senat verweist die Sache an eine allgemeine Strafkammer des
Landgerichts zurück, nachdem sich das Verfahren nur noch gegen den erwachsenen
Angeklagten richtet.
Tepperwien Maatz Kuckein
Solin-Stojanovi Ernemann



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