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BGH, Beschluss vom 8. November 2000 - 3 StR 123/00


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 8.11.2000 - 3 StR 123/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 123/00
vom
8. November 2000
in der Strafsache gegen
wegen Untreue u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwaltes, zu Ziffern 1. a) und 2. auf dessen Antrag, am 8. November 2000 gemäß § 154 Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird
a) das Verfahren in den Fällen 5, 6, 10 bis 13, 15 bis 18, 20 bis 25, 32 und 48 bis 50 der Anklage vorläufig eingestellt;
im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 4. November 1999 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
aa) soweit der Angeklagte im Anklagefall 46 (Konto St. wegen Untreue verurteilt wurde;
bb) im Gesamtstrafenausspruch.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die (verbleibenden) Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in 42 Fällen und wegen Urkundenfälschung in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts, wobei die Verfahrensrüge nicht ausgeführt und daher unzulässig ist (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
1. In den Fällen 5, 6, 10 bis 13, 15 bis 18, 20 bis 25, 32 sowie 48 bis 50 der Anklage stellt der Senat das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwaltes gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig ein, weil in diesen Fällen die Verurteilung des Angeklagten wegen Untreue (§ 266 StGB) von den getroffenen Feststellungen nicht getragen wird.
a) In den Anklagefällen 5, 11, 12, 16, 17 und 23 (jeweils Konto E. ) sowie im Anklagefall 32 (Konto Sch. ) hatte der Angeklagte als Geschäftsstellenleiter der O. bank (O ) den Sollsaldo eines von ihm manipulierten Kontos dadurch erhöht, daß er von diesem Geldbeträge auf andere von ihm manipulierte Konten überwies und dadurch dort jeweils den Sollsaldo entsprechend verringerte. Den Feststellungen läßt sich nicht entnehmen, daß der O hierdurch ein - weiterer - Vermögensnachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB entstand, denn dem Geldabfluß auf dem einen Konto korrespondierte unmittelbar der Geldzufluß auf dem anderen. Eine derartige reine Umbuchung eines Sollsaldos ist grundsätzlich nicht nach § 266 Abs. 1 StGB strafbar (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 29; BGH NStZ 1995, 232).
Da zu dem Kontoinhaber E. bereits seit 1989 jede Geschäftsverbindung der O abgebrochen war, liegt auch eine Gefährdung seines Vermögens durch die Belastungen seines Kontos unter dem Gesichtspunkt fern, daß er aufgrund der vom Angeklagten manipulierten Kontounterlagen unberechtigten Forderungen der O ausgesetzt sein könnte. Der O -Kunde Sch.
war vom Angeklagten erfunden worden. Ein Vermögensschaden zum Nachteil dieses Kontoinhabers scheidet damit von vornherein aus.
b) In den Anklagefällen 6, 10, 13, 15, 18 und 20 hatte der Angeklagte jeweils von dem Konto E. Überweisungen auf die Konten L. und N. vorgenommen. Das Landgericht hat keine näheren Feststellungen dazu getroffen, ob es sich bei letztgenannten um vom Angeklagten manipulierte oder lediglich um sogenannte Mangelkonten handelte, die infolge mangelhafter Kontenbetreuung durch den Angeklagten ins Soll geraten waren (vgl. UA S. 7).
Handelte es sich um manipulierte Konten, so scheidet ein Vermögensnachteil der O allein durch Umbuchung des Sollsaldos aus (s. oben). Waren die Konten L. und N. Mangelkonten, so könnte durch die Gutschrift der einzelnen Überweisungsbeträge zwar eine konkrete Gefährdung des Vermögens der O dann eingetreten sein, wenn ihr infolge der Gutschrift das tatsächliche Fortbestehen entsprechender Forderungen auf Ausgleich des Sollsaldos gegen ihre Kunden L. und N. verschleiert wurde und sie deshalb diese Forderungen nicht mehr verfolgte. Dies würde indessen voraussetzen, daß diese Forderungen nicht bereits wirtschaftlich wertlos waren, es sich also nicht um sog. Abschreibungsfälle im Sinne von UA S. 7 handelte (vgl. BGH wistra 1986, 217, 218). Dazu hat das Landgericht jedoch keine Feststellungen getroffen.
Bezüglich einer eventuellen Untreue zum Nachteil des Kontoinhabers
E. gilt das unter a) Gesagte entsprechend.
c) In den Anklagefällen 48 bis 50 konnte durch die Überweisungen vom manipulierten Unter- auf das Hauptkonto des O -Kunden B. zur Erstattung von Überziehungszinsen ein Vermögensnachteil der O nur eintreten, wenn sie gegen B. einen Anspruch auf Zahlung von Überziehungszinsen hatte. Dies läßt sich den Feststellungen indessen nicht mit ausreichender Sicherheit entnehmen. Denn danach war B. ein Kredit ohne Limit zugesagt worden und das Landgericht legt nicht dar, daß diese Zusage unwirksam gewesen wäre. Bei unbegrenztem Kredit können jedoch keine Überziehungszinsen geschuldet sein.
Andererseits ist aber auch keine Untreue des Angeklagten zum Nachteil B. belegt, denn das angefochtene Urteil läßt auch die Möglichkeit offen, daß dieser wegen Überschreitung eines ihm wirksam gezogenen Kreditrahmens Überziehungszinsen schuldete. War dies der Fall, lag für ihn kein Vermögensnachteil darin, daß die entsprechenden Belastungen statt auf dem Haupt- auf dem Unterkonto gebucht waren.
Damit läßt sich nach den getroffenen Feststellungen aber auch nicht ausschließen, daß es sich bei den Überweisungen vom Konto E. auf das Unterkonto B. (Anklagefälle 21 und 24) um straflose reine Umbuchungen in dem unter a) dargestellten Sinne handelte.
d) Nach den Urteilsgründen ist auch nicht erkennbar, daß der O dadurch ein Vermögensnachteil entstanden ist, daß der Angeklagte von dem bisherigen, von ihm manipulierten Konto E. Guthabenbeträge auf das von ihm eigenmächtig auf diesen Namen neu eingerichtete Konto überwiesen hatte (Anklagefälle 22 und 25).
2. Aufgrund der Verfahrensbeschränkung entfällt die Verurteilung des Angeklagten wegen Untreue in 20 Fällen nebst den zugehörigen Einzelstrafen. Dies führt zur Aufhebung der Gesamtstrafe. Darüber hinaus ist auf die Sachrüge des Angeklagten allein seine Verurteilung wegen Untreue im Fall 46 der Anklage aufzuheben.
a) Zwar hat der Angeklagte in den Anklagefällen 2 (Konto V. ), 34 (Konto F. ), 36 (Konto Ha. ), 37 (Konto H. ) und 45 (Konto St. ) nach den Feststellungen ebenfalls nur zwischen von ihm manipulierten Konten bzw. von manipulierten Konten auf notleidende sog. Mangelkonten Überweisungen vorgenommen, so daß aus den oben unter 1. a) und b) dargelegten Gründen eine Untreue zum Nachteil der O ebenfalls nicht hinreichend belegt ist.
Dies gefährdet den Bestand des Schuldspruchs wegen Untreue in diesen Fällen indessen nicht. Denn der Angeklagte hat sich hier jedenfalls der Untreue zum Nachteil der tatsächlich existierenden und noch in Geschäftsbeziehungen zur O stehenden Bankkunden schuldig gemacht, von deren Konten er die Überweisungen vornahm. Mit den entsprechenden Belastungsbuchungen auf den Konten trat eine konkrete Gefährdung des Vermögens dieser Kunden ein. Denn da der Angeklagte alle erforderliche Konto- und Kreditunterlagen sowie die Überweisungsträger gefälscht hatte, erwuchs damit die Gefahr, daß die Kunden aufgrund dieser Urkunden von der O auf Ausgleich der Konten im Wege der "Darlehensrückzahlung" in Anspruch genommen würden, obwohl sie einen entsprechenden Kredit tatsächlich nicht in Anspruch genommen hatten.
Der Aufrechterhaltung der Schuldsprüche in diesen Fällen jeweils unter dem Gesichtspunkt der Untreue zum Nachteil der Bankkunden statt zum Nachteil der O steht § 265 Abs. 4 StPO nicht entgegen. Der geständige Angeklagte hätte sich gegenüber dieser abweichenden Beurteilung nicht anders als geschehen verteidigen können.
b) Die Verurteilung des Angeklagten wegen Untreue zum Nachteil der O im Fall 46 der Anklage (Konto St. ) kann dagegen keinen Bestand haben.
Nach den insoweit getroffenen Feststellungen hatte es der Angeklagte auf nicht eindeutig geklärte Weise erreicht, daß der Bankkunde St. einen Auftrag an die O über den Ankauf von 12.250 holländischer Gulden unterzeichnete, wofür im Gegenzug dessen Konto mit dem Gegenwert von 11.123 DM belastet wurde. Anschließend "manipulierte" der Angeklagte den Ankauf von 12.250 Gulden durch die O von einem tatsächlich nicht existierenden Kunden R. , auf dessen Namen der Angeklagte durch Fälschung der erforderlichen Unterlagen ein Konto errichtet hatte, das aufgrund mehrerer Abhebungen des Angeklagten im Soll stand. Diesem Konto wurde der Gegenwert der "angekauften" Gulden von 10.829 DM gutgeschrieben.
Damit ist eine Untreue des Angeklagten zum Nachteil der O nicht belegt, denn es läßt sich den Feststellungen nicht entnehmen, daß dieser durch das Vorgehen des Angeklagten ein Vermögensnachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB entstanden ist. Ein solcher konnte in Form einer Vermögensgefährdung nur dann eintreten, wenn die O verpflichtet war, die Belastung des Kontos St. über 11.123 DM für den Erwerb der Gulden rückgängig zu machen, so daß ihr der Gegenwert der 12.250 Gulden durch die manipulatorischen Kontobewegungen des Angeklagten ersatzlos verloren gehen konnte. Dies ist indessen nicht belegt. Da das Landgericht letztlich offen läßt, wie es zu der echten Unterschrift des Kunden St. auf dem Auftrag über den Ankauf der Gulden kam, steht nicht fest, daß der entsprechende Vertrag zwischen der O und dem Kunden etwa aufgrund betrügerischer Vorgehensweise des Angeklagten nicht wirksam (§ 138 BGB) oder zumindest in anfechtbarer Weise (§ 123 BGB) zustande gekommen ist und daher ein Anspruch des Kunden St. auf Rückgängigmachung der Kontobelastung (§ 812 BGB) in Betracht kommt.
Zwar deutet die vom Landgericht mitgeteilte Einlassung des Angeklagten darauf hin, daß er die Unterschrift des Kunden St. in betrügerischer Weise erlangt hat. Ob dies tatsächlich der Fall war, hat das Landgericht indessen nicht geklärt. Daher ist der Senat gehindert, den Schuldspruch in diesem Anklagepunkt abzuändern und den Angeklagten wegen Betruges zum Nachteil des O -Kunden St. zu verurteilen. Aus diesem Grunde bedarf es insoweit weiterer Feststellungen.
3. Im übrigen hat die Überprüfung des angefochtenen Urteils auf die Sachrüge keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Rissing-van Saan Miebach Winkler Pfister Becker



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