BGH,
Urt. v. 1.7.2008 - 1 StR 654/07
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 654/07
vom
1. Juli 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 1. Juli
2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack,
und der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Kolz,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Prof. Dr. Sander,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der
Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwältin
als Vertreterin des Nebenklägers J. Z. ,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenklägerin D. Z. ,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger
wird das Urteil des Landgerichts Memmingen vom 24. Juli 2007 mit den
Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten der Rechtsmittel, an eine als Schwurgericht
zuständige Strafkammer des Landgerichts Augsburg
zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf des Totschlags aus
tatsächlichen Gründen freigesprochen. Nach der
Anklage lag ihm zur Last, am 20. September 2006 auf die
Geschädigte A. Z. mit einem Zimmererhammer eingeschlagen und
ihr vier Messerstiche beigebracht zu haben. A. Z. verstarb an den
schweren Gewalteinwirkungen im Bereich des Kopfes. Das Landgericht
vermochte sich von der Täterschaft des Angeklagten nicht zu
überzeugen.
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Dagegen wenden sich die vom Generalbundesanwalt vertretene Revisi-on
der Staatsanwaltschaft und die Revisionen der Nebenkläger. Die
Rechtsmittel haben mit der Sachrüge Erfolg, da die dem
Freispruch zugrunde liegende
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Beweiswürdigung Mängel aufweist. Auf die von dem
Nebenkläger J. Z. erhobenen, als
Aufklärungsrügen zu verstehenden Beanstandungen kommt
es daher nicht an.
I.
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
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Am 20. September 2006 etwa zwischen 8.40 Uhr und 11.30 Uhr wurde die
41-jährige A. Z. im Flur des Erdgeschosses des von ihr und
ihrer Familie bewohnten Anwesens in K. getötet. Sie wurde
zuletzt gegen 8.40 Uhr gesehen. Gegen 11.30 Uhr fand man sie tot auf.
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Sie befand sich zum Tatzeitpunkt mit ihrer damals
eineinhalbjährigen Enkelin allein im Anwesen. Die
rückseitige Eingangs- und Kellertür waren zum
Zeitpunkt der Tat unversperrt. Im Haushalt der Familie war es - wie der
Angeklagte wusste - üblich, diese beiden Türen nicht
abzuschließen.
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Als sich A. Z. der Hintereingangstür näherte, wurde
sie durch einen Schlag mit einem Zimmererhammer ihres Ehemannes auf den
Hinterkopf zu Fall gebracht. Der am Boden liegenden Frau fügte
der Täter am Kopf mit der dornähnlich zulaufenden
Seite des Hammers fünf Lochbrüche zu. Mit der
stumpfen Endfläche versetzte er ihr eine Vielzahl weiterer
Schläge, so dass sich an ihrem Kopf insgesamt 52 voneinander
zu differenzierende Wunden ergaben. Um sicherzugehen, dass der Tod
tatsächlich eintritt, brachte der Täter seinem Opfer
zudem am Hals linksseitig eine fünf Zentimeter tiefe
Stichverletzung sowie im Bereich der vorderen linken Brust drei
Messerstiche bei. A. Z. verstarb an den schweren Gewalteinwirkungen im
Bereich des Kopfes.
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Bei der Tat hatte der Täter zur Vermeidung von Spuren gelbe
Haushaltshandschuhe verwendet. Der rechte Handschuh wurde in der
Waschküche des von Familie Z. bewohnten Anwesens liegen
gelassen. Dieser zurückgelassene Handschuh wies innen und
außen Blut des Opfers auf und war von dem Angeklagten zu
einem nicht näher bekannten Zeitpunkt getragen worden.
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2. Der gegen den Angeklagten sprechende Tatverdacht beruhte
insbesondere auf folgenden Erkenntnissen:
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a) An der Innenseite des bei der Tat getragenen und am Tatort
zurückgelassenen Handschuhs wurden zwei Spuren gesichert, die
ein DNA-Identifizierungsmuster aufweisen, das mit dem des Angeklagten
mit einer Wahrscheinlichkeit von 1:100 Milliarden
übereinstimmt. Die Zeugen und Nebenkläger D. und J.
Z. - Tochter und Ehemann des Opfers - hatten vor der Tat weder den
Angeklagten mit solchen Handschuhen im Haus noch derartige Handschuhe
in ihrem Haushalt gesehen. Weitere Fremdspuren anderer Personen waren
an dem zurückgelassenen Handschuh nicht vorhanden, obwohl bei
dem intensiven Gebrauch des Tatwerkzeugs wie vorliegend (massiver
Einsatz eines Hammers) mit größerer
Wahrscheinlichkeit Spuren verbleiben als bei einem bloßen
Kontaktieren.
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b) Als der Angeklagte von dem ermittelnden Polizeibeamten mit dem
festgestellten genetischen Fingerabdruck in dem Handschuh konfrontiert
wurde, äußerte er, jeder mache Fehler.
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c) Der verheiratete Angeklagte hatte mit D. Z. , der Tochter der
Getöteten, eine außereheliche Beziehung
geführt, aus der das im März 2005 geborene
Mädchen C. hervorgegangen ist. D. Z. hatte die Beziehung zu
ihm jedoch beendet. Dies konnte der Angeklagte bis zuletzt nicht
vollständig verwinden. Er versuchte stets, sie
zurückzugewinnen. Als D.
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Z. den Kontakt zu ihm abbrach, konnte der Angeklagte sie nur noch
über A. Z. erreichen, zu der er regen Handykontakt pflegte.
Dennoch war der Angeklagte weiterhin regelmäßig Gast
bei Familie Z. . Am Tag vor der Tat war es zwischen ihm und A. Z. zu
einer Meinungsverschiedenheit gekommen, nachdem diese einen vom
Angeklagten vorgespiegelten Hauskauf aufgedeckt und ihre tiefe
Enttäuschung darüber zum Ausdruck gebracht hatte. Sie
schickte ihm folgende SMS: "Ich glaub nichts mehr, sonst wärst
du hier". Der Angeklagte hatte insofern vorgegeben, zum gemeinsamen
Bewohnen der Familie Z. eine neue Unterkunft zu verschaffen. Damit
wollte er D. zurückgewinnen und an sich binden.
Außerdem hatte der Angeklagte einen Rechtsanwalt mit der
Geltendmachung eines Betrages in Höhe von 2.500,-- EUR gegen
A. Z. beauftragt. Am Abend vor der Tat löschte der Angeklagte
sämtliche auf seinem Handy gespeicherten SMS-Nachrichten der
A. Z. .
3. Das Landgericht hat sich gleichwohl nicht von der
Täterschaft des Angeklagten zu überzeugen vermocht.
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a) Hinsichtlich der festgestellten DNA-Spur erachtet die Kammer die
erst in der Hauptverhandlung erfolgte Einlassung des Angeklagten, er
habe den Handschuh im Frühjahr 2006 bei Streicharbeiten im
Haus der Familie Z. getragen und dort belassen, als "nicht zwingend
widerlegbar" (UA S. 33). Der Angeklagte sei aufgrund seiner engen
Beziehung zur Familie des Opfers als "berechtigter Spurenverursacher"
anzusehen. Der Tatsache, dass die Nebenkläger, die bei den
Streicharbeiten nicht anwesend waren, solche Handschuhe in der Zeit von
Frühjahr 2006 bis zur Tat im Haus nicht wahrgenommen haben,
obwohl J. Z. etwa eine Woche vor der Tat den Keller aufgeräumt
hatte, komme kein gesteigerter Beweiswert zu. Diese Tatsache lasse
nicht den "zwingenden Rückschluss" zu, der Angeklagte habe die
Handschuhe
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am Tattag mitgebracht und bei Begehung der Tat getragen. Eine vor der
Tat liegende Benutzung des vom Täter zurückgelassenen
Handschuhs durch den Angeklagten sei möglich. Die Untersuchung
des Handschuhs auf Rückstände von Farben habe zwar
ergeben, dass keine Spuren des beim Streichen verwendeten Lacks
vorhanden waren. Dennoch sei der "zwingende Schluss" dahingehend, dass
bei Verwendung der Handschuhe Lackspuren aufgebracht worden sein
müssen, nicht zu ziehen. Auch das Fehlen weiterer Fremdspuren
im Handschuh sei durchaus denkbar, auch wenn bei dem vorliegenden
Gebrauch ein Abrieb wahrscheinlich zu erwarten gewesen wäre.
Es sei denkbar, dass ein unbekannter Dritter die Handschuhe im Haus
gefunden und sie bei der Tatbegehung getragen habe, ohne
identifizierbare Spuren daran zu hinterlassen, oder weitere Handschuhe
in den Haushaltshandschuhen getragen habe. Auch aus dem Umstand, dass
der Angeklagte die entlastende Einlassung erst im Rahmen der
Hauptverhandlung abgegeben habe, können nach Ansicht der
Kammer keine Schlüsse gezogen werden.
b) Die Äußerung des Angeklagten anlässlich
der Konfrontation mit den am Handschuh festgestellten Spuren sei - so
die Kammer - "nicht zwingend" als Schuldeingeständnis zu
werten, sondern könne "genauso gut als flapsige, entnervte
Bemerkung in einer Stresssituation gesehen werden".
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c) Im Übrigen sei auch die situative und zeitliche
Möglichkeit der Tatbegehung durch den Angeklagten mit nicht
ausräumbaren Zweifeln behaftet. Aufgrund des Ergebnisses der
Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass der Angeklagte ein Telefonat
mit seiner Ehefrau um 9.24 Uhr aus der gemeinsamen Wohnung
geführt und sich um 10.55 Uhr in der Aral-Tankstelle in U.
eingefunden habe. Die von der Polizei gemessene Fahrzeit für
den Weg von der Wohnung des Angeklagten zum Tatort bei einer
Abfahrtszeit um 9.30 Uhr betrage 35 Minuten. Unter
Berücksichtigung der jeweiligen Fahrtstrecken ergebe sich
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ein Zeitfenster von 21 Minuten. Die Tatbegehung sowie damit verbundene
Abläufe (wie An- und Ablegen von Schutzkleidung, Holen des
Tatwerkzeugs, Wechseln der Schuhe, Verstecken von Tatkleidung und
Tatwerkzeug, Spurenbeseitigung) innerhalb dieser Zeit seien zwar
denkbar, aber nicht zwingend. Auch die Einlassung des Angeklagten, nach
der Datenspeicherung auf seinem PC habe er von 9.26 Uhr bis 10.21 Uhr
bei sich in der Wohnung CDs gebrannt, sei nicht zwingend zu widerlegen.
d) Letztlich begründeten der bisherige Werdegang des
Angeklagten und seine Persönlichkeitsstruktur zur
Überzeugung der Kammer erhebliche Zweifel an der
Täterschaft des Angeklagten. Für eine gesteigerte
Gewalttätigkeit des Angeklagten gebe es keine greifbaren
Anhaltspunkte. Auch ein starkes zur Tötung des Opfers
ausreichendes Motiv ergebe sich für den Angeklagten nicht. Der
gescheiterte Hauskauf liefere "kein zwingendes Motiv zur
Tötung". Im Rahmen der Meinungsverschiedenheit zwischen dem
Angeklagten und dem Opfer am Tag vor der Tat habe es keine "erhebliche
Zuspitzung" gegeben.
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II.
Die Beweiswürdigung hält sachlich-rechtlicher
Prüfung nicht stand.
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1. Spricht das Gericht einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an
seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist
dies durch das Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Die
Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Es kommt nicht
darauf an, ob das Revisionsgericht angefallene Erkenntnisse anders
gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte.
Daran ändert sich nicht einmal dann etwas, wenn eine vom
Tatrichter getroffene Feststellung "lebensfremd" erscheinen mag. Im
Strafprozess gibt es keinen Beweis des ersten Anscheins,
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der nicht auf der Gewissheit des Tatgerichts, sondern auf der
Wahrscheinlichkeit eines Geschehensablaufs beruht.
Demgegenüber ist eine Beweiswürdigung etwa dann
rechtsfehlerhaft, wenn sie schon von einem rechtlich unzutreffenden
Ansatz ausgeht (z.B. hinsichtlich des Umfangs und der Bedeutung des
Zweifelssatzes), wenn sie lückenhaft ist, namentlich
wesentliche Feststellungen nicht erörtert, wenn sie
widersprüchlich oder unklar ist, gegen Gesetze der Logik oder
gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder
wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit
überspannte Anforderungen gestellt werden (st. Rspr., vgl.
etwa Senat, Urt. vom 22. Mai 2007 - 1 StR 582/06; NJW 2005, 1727; BGHR
StPO § 261 Überzeugungsbildung 33, jew. m.w.N.).
2. Das Landgericht hat umfangreich die den Angeklagten belastenden
Indizien sowie die ihn entlastenden Umstände aufgelistet und
gewürdigt. Gleichwohl werden die Abwägungen den
vorstehenden Grundsätzen nicht gerecht. Zum einen legt die
Strafkammer entlastende Einlassungen des Angeklagten, für
deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit es keine Beweise gibt, den
Urteilsfeststellungen ohne weiteres als unwiderlegbar zugrunde
(nachfolgend Buchst. a). Zum anderen ist die Beweiswürdigung
auch lückenhaft, entbehrt einer erschöpfenden
Gesamtwürdigung (nachfolgend Buchst. b), stellt an die
Überzeugungsbildung überspannte Anforderungen
(nachfolgend Buchst. c) und verkennt die Bedeutung des Zweifelssatzes
(nachfolgend Buchst. d).
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a) Die Kammer hatte zu prüfen, ob die in dem sichergestellten
und bei der Tat getragenen Handschuh festgestellte DNA-Spur des
Angeklagten dessen Täterschaft belegt und ob der Angeklagte
zur Tatzeit am Tatort war. Dabei nahm sie Einlassungen des Angeklagten,
für die es keine objektiven Anhaltspunkte gibt, ohne weiteres
als unwiderlegbar hin:
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aa) Die Kammer erachtet die Angabe des Angeklagten, er habe den bei der
Tatbegehung getragenen Handschuh, an dem DNA-Material gesichert wurde,
das mit dem DNA-Identifizierungsmuster des Angeklagten
übereinstimmt, nicht am Tattag, sondern im Frühjahr
2006 bei Streicharbeiten getragen, als nicht zwingend widerlegbar.
Hinreichende Anhaltspunkte, die diese Einlassung stützen
würden, konnte das Gericht nicht feststellen. Weder befanden
sich an dem Handschuh Spuren des beim Streichen verwendeten Lacks. Noch
haben Zeugen den Angeklagten mit solchen Handschuhen oder
überhaupt solche Handschuhe im Haushalt der Familie Z.
gesehen. Außerdem konnten an dem Handschuh keine weiteren
Fremdspuren festgestellt werden, obwohl dies bei der konkreten Art und
Weise der Verwendung des Hammers zu erwarten gewesen wäre.
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Unter diesen Umständen ist das Tatgericht nicht gehalten, auch
entlastende Einlassungen des Angeklagten, für deren
Richtigkeit oder Unrichtigkeit es keine Beweise gibt, den
Urteilsfeststellungen ohne weiteres als unwiderlegbar zugrunde zu
legen. Der Tatrichter hat nach ständiger Rechtsprechung
vielmehr auf der Grundlage des gesamten Beweisergebnisses zu
entscheiden, ob derartige Angaben geeignet sind, seine
Überzeugungsbildung zu beeinflussen (vgl. BGHSt 34, 29, 34;
BGH NStZ 2002, 48; NJW 2007, 2274). Die vom Landgericht erwogene
Möglichkeit, der Täter habe im Haus der Familie Z.
die Haushaltshandschuhe, die vorher niemand gesehen hat, gefunden und
es dem Zufall überlassen, ob er solche findet, wenn er - wie
festgestellt - damit Spuren vermeiden wollte, ist eine bloße
denktheoretische Möglichkeit, die jeglicher
Anknüpfungspunkte entbehrt. Gleiches gilt für das
Tragen von Handschuhen in Handschuhen. Es ist weder im Hinblick auf den
Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten
Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen keine
zureichenden Anhaltspunkte erbracht sind (vgl. nur BVerfG, Beschl.
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vom 8. November 2006 - 2 BvR 1378/06; BGH NStZ-RR 2003, 371; NStZ 2004,
35, 36; NJW 2007, 2274).
bb) Die Einlassung des Angeklagten, er habe zur Tatzeit bei sich in der
Wohnung CDs gebrannt, so wie dies in seinem Computer protokolliert
worden sei, hat die Strafkammer als nicht zwingend widerlegbar
hingenommen. Sie hat - sachverständig beraten - festgestellt,
dass auf dem sichergestellten Computer des Angeklagten am Tattag
Brennvorgänge im Zeitraum von 9.26 Uhr bis 10.21 Uhr
aufgezeichnet wurden. Diese festgehaltenen Daten könnten indes
von einem Kundigen über die Basissoftware BIOS manipuliert
werden. Auf dem Computer würden derartige
Veränderungen nicht festgehalten, so dass sie nicht mehr
festgestellt werden könnten. Für den Angeklagten, der
nach seinen eigenen Angaben über gute Computerkenntnisse, auch
die Basissoftware BIOS betreffend, verfüge, stelle das
Umstellen der Zeitdaten zwar kein anspruchsvolles Problem dar, es sei
aber - so die Kammer - nicht belegt, dass der Angeklagte
tatsächlich so vorgegangen sei. Eine denkbare Manipulation sei
nicht nachweisbar.
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Das Landgericht war auch hier nicht gehalten, diese Einlassung als
unwiderlegbar hinzunehmen. Zureichende Anhaltspunkte dafür,
dass die auf dem Computer gespeicherten Zeitdaten richtig sind, gibt es
nicht. Diese rühren allein vom Angeklagten her und unterlagen
nur seinem Einfluss. Eine Manipulation dieser Daten war für
den Angeklagten, der über die dazu erforderlichen
Fähigkeiten verfügt, möglich, ohne dass dies
später nachvollzogen werden könnte.
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b) Die Beweiswürdigung weist zudem Lücken auf. Zwar
können und müssen die Gründe auch eines
freisprechenden Urteils nicht jeden irgendwie beweiserheblichen Umstand
ausdrücklich würdigen. Das Maß der
gebotenen Darlegung hängt vielmehr von der jeweiligen
Beweislage und insoweit von den
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Umständen des Einzelfalles ab. Dieser kann so beschaffen sein,
dass sich die Erörterung bestimmter einzelner
Beweisumstände erübrigt. Um einen solchen Fall
handelt es sich hier aber nicht. Das Tatgericht hat auf Freispruch
erkannt, obwohl erhebliche Belastungsindizien vorlagen. Bei einer
solchen Sachlage muss es in seine Beweiswürdigung und deren
Darlegung alle wesentlichen für und gegen den Angeklagten
sprechenden Umstände und Erwägungen einbeziehen und
in einer Gesamtwürdigung betrachten (vgl. Senat, Urt. vom 22.
Mai 2007 - 1 StR 582/06; BGH NStZ-RR 2002, 338 m.w.N.). Dem wird das
angefochtene Urteil trotz der umfangreichen Beweiserwägungen
nicht gerecht:
aa) Die Urteilsgründe lassen zum einen eine umfassende
Würdigung der Einlassung des Angeklagten vermissen. Die Kammer
führt aus, aus der Tatsache, dass der Angeklagte seine
entlastende Einlassung hinsichtlich des Tragens des Handschuhs erst im
Rahmen der Hauptverhandlung abgegeben habe, ließen sich
bereits deshalb keine Schlüsse ziehen, da er aus seiner Sicht
nachvollziehbar angegeben habe, kein Vertrauen in die Ermittlungen der
Polizei mehr gehabt und deshalb erst vor Gericht hierzu Angaben gemacht
zu haben (UA S. 29). Das Urteil teilt insoweit aus den
früheren Einlassungen des Angeklagten lediglich die
Äußerung mit, "jeder mache Fehler". Angesichts der
besonderen Fallkonstellation im Hinblick auf die sichergestellten
DNA-Spuren wäre es aber erforderlich gewesen, darzulegen, ob
und gegebenenfalls welche Erklärungen er im
Ermittlungsverfahren darüber hinaus dazu abgegeben hat. Ein
Wechsel der Einlassung im Laufe des Verfahrens kann ein Indiz
für die Unrichtigkeit der Einlassung in der Hauptverhandlung
sein und ihre Bedeutung für die Beweiswürdigung
verringern oder unter Umständen ganz entfallen lassen (BGHR
StPO § 261 Einlassung 6). Auch sind die Einlassungen nicht
einzeln abzuhandeln, wie hier geschehen, sondern
gegenüberzustellen und in eine umfassende Würdigung
des gesamten Aussageverhaltens einzubeziehen.
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bb) Des Weiteren lässt die Beweiswürdigung, soweit
die Kammer die situative und zeitliche Möglichkeit der
Tatbegehung durch den Angeklagten mit nicht ausräumbaren
Zweifeln behaftet sieht, eine Auseinandersetzung mit der nahe liegenden
Frage vermissen, ob nicht eine Begehung der Tat unmittelbar nach dem
Verlassen der gemeinsamen Wohnung durch seine Ehefrau gegen 7.50 Uhr
und vor dem mit ihr um 9.24 Uhr geführten Telefonat erfolgt
sein kann. Für dieses Zeitfenster erörtert die Kammer
lediglich eine mögliche Manipulation der Brennzeiten, nicht
aber die Tatbegehung, obwohl die von der Polizei für eine
Abfahrt um 9.30 Uhr gemessene Fahrdauer von der Wohnung des Angeklagten
zum Tatort dies zuließe und sich möglicherweise
für eine frühere Fahrt zum Tatort eine abweichende
Fahrdauer ergibt.
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cc) Zum anderen ist den Urteilsfeststellungen nicht zu entnehmen, dass
das Landgericht im vorliegenden Fall tatsächlich eine
erschöpfende Gesamtwürdigung aller Indizien
vorgenommen, also nicht nur die einzelnen Beweisergebnisse isoliert
gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtabwägung
eingestellt hat. Die Kammer reiht in den Urteilsgründen (UA S.
61/62) "zusammenfassend" lediglich die vorher abgehandelten Indizien
einzeln aneinander und teilt nochmals ihre Zweifel bezogen auf jedes
einzelne dieser Indizien mit. Die vorgenommene formelhafte "Gesamtschau
des Beweisergebnisses" lässt nicht erkennen, inwieweit sie
alle oder mehrere Indizien im Zusammenhang gewürdigt hat. Dies
wäre indes erforderlich gewesen. Denn einzelne
Belastungsindizien, die für sich genommen zum Beweis der
Täterschaft nicht ausreichen, können doch in ihrer
Gesamtheit die für eine Verurteilung notwendige
Überzeugung des Tatrichters begründen. Deshalb bedarf
es einer Gesamtabwägung unter Gewichtung der einzelnen
Indizien (st. Rspr., vgl. nur BGHR StPO § 261
Beweiswürdigung, unzureichende 1; BGH, Urt. vom 29. August
2007 - 2 StR 284/07 m.w.N.).
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c) Außerdem ist zu besorgen, dass die Strafkammer
überspannte Anforderungen an die für eine
Verurteilung erforderliche Überzeugungsbildung gestellt hat.
Voraussetzung für die Überzeugung des Tatrichters von
einem bestimmten Sachverhalt ist nicht eine absolute, das Gegenteil
oder andere Möglichkeiten denknotwendig - oder wie es das
Landgericht formuliert "zwingend" - ausschließende
Gewissheit. Vielmehr genügt ein nach der Lebenserfahrung
ausreichendes Maß an Sicherheit, das vernünftige
Zweifel nicht aufkommen lässt. Der Tatrichter ist also nicht
gehindert, an sich mögliche, wenn auch nicht zwingende
Folgerungen aus bestimmten Tatsachen zu ziehen, wenn diese
tragfähig sind (st. Rspr., vgl. nur BGH NStZ-RR 2004, 238).
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aa) Im Hinblick darauf begegnet bereits die Formulierung des
Landgerichts rechtlichen Bedenken, wonach die Kammer "nicht den
zwingenden Schluss ziehen" (UA S. 34) könne, dass aufgrund der
DNA-Spuren des Angeklagten in dem sichergestellten Handschuh dieser den
Handschuh auch bei Tatbegehung getragen haben müsse. Die
Wortwahl zeigt, dass sich die Strafkammer nicht bewusst war, dass aus
einer Indiztatsache auch zu Ungunsten des Angeklagten
Schlüsse, die nicht zwingend, sondern nur möglich
sind, gezogen werden können. Gleiches gilt für die
Ausführungen der Kammer, nach denen sich aus dem Umstand, dass
die Zeugen D. und J. Z. weder den Angeklagten mit Haushaltshandschuhen
noch einen derartigen Haushaltshandschuh überhaupt in ihrem
Haushalt gesehen haben, "kein zwingender Rückschluss" (UA S.
30) dahingehend ziehen lasse, der Angeklagte habe die Handschuhe am
Tattag mitgebracht und bei Begehung der Tat getragen. Ebenso
verhält es sich mit dem festgestellten Fehlen von Spuren des
beim Streichen verwendeten Lacks an dem sichergestellten Handschuh.
Auch hier führt die Kammer aus, der "zwingende Schluss
dahingehend" (UA S. 33), dass bei der Verwendung der Handschuhe
Lackspuren aufgebracht worden sein müssten, sei nicht zu
ziehen.
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Da das Landgericht auch im Hinblick auf andere Beweisumstände
an sich mögliche Schlüsse als "nicht zwingend"
bewertet (vgl. UA S. 41, 46) und in dem gescheiterten Hauskauf "kein
zwingendes Motiv zur Tötung" sieht (UA S. 52), steht zu
besorgen, dass es die Anforderungen an die Überzeugungsbildung
zu hoch angesetzt haben könnte.
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bb) Gleiches gilt für die Beurteilung der Gesamtheit der
Indizien. Das Landgericht hat im Rahmen der von ihm vorgenommenen
"Gesamtschau des Beweisergebnisses" ausgeführt, es
könne nach seiner Überzeugung "keine jegliche Zweifel
zum Schweigen bringende Sicherheit von der Täterschaft des
Angeklagten erzielen" (UA S. 62). Dadurch hat es den Grundsatz der
freien Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft angewandt:
Für die Beantwortung der Schuldfrage kommt es allein darauf
an, ob der Tatrichter die Überzeugung von einem bestimmten
Sachverhalt erlangen kann oder nicht. Der Begriff der
Überzeugung schließt die Möglichkeit eines
anderen, auch gegenteiligen Sachverhalts nicht aus; vielmehr
gehört es gerade zum Wesen der Überzeugung, dass sie
sehr häufig objektiv möglichen Zweifel ausgesetzt
bleibt (BGH NStZ-RR 2004, 238, 240).
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d) Schließlich hat die Kammer nicht hinreichend bedacht, dass
der Zweifelssatz nicht schon auf das einzelne Indiz, sondern erst bei
der abschließenden Überzeugungsbildung aufgrund der
gesamten Beweislage anzuwenden ist. Bereits vor der Gesamtschau aller
Beweise hat das Landgericht bei der Prüfung der
Täterschaft des Angeklagten Beweisanzeichen - wie etwa den
Werdegang und die Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten (UA
S. 52) oder die Frage der situativen und zeitlichen
Möglichkeit der Tatbegehung (UA S. 38, 41, 44) - jeweils
einzeln unter Zugrundelegung des Zweifelssatzes als nicht
überzeugend erachtet.
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Der Grundsatz "in dubio pro reo" ist jedoch keine Beweis-, sondern eine
Entscheidungsregel, die das Gericht erst dann zu befolgen hat, wenn es
nach abgeschlossener Beweiswürdigung nicht die volle
Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten zu
gewinnen vermag. Auf einzelne Elemente der Beweiswürdigung ist
er grundsätzlich nicht anzuwenden (Senat, Urt. vom 22. Mai
2007 - 1 StR 582/06). Keinesfalls gilt er für entlastende
Indiztatsachen (st. Rspr., vgl. nur BGHR StPO § 261
Beweiswürdigung 24 m.w.N.).
34
III.
Die Sache bedarf daher erneuter Verhandlung und Entscheidung. Der Senat
hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, sie
gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1, 2. Alt. StPO an
ein anderes Landgericht zurückzuverweisen.
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Da die Revisionen zur Aufhebung des Urteils führen, ist die
mit der Revisionseinlegung der Staatsanwaltschaft erhobene sofortige
Beschwerde gegen die an den Freispruch anknüpfende
Entscheidung über die Entschädigung des Angeklagten
für erlittene Strafverfolgungsmaßnahmen
gegenstandslos.
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Nack Kolz Elf
Graf Sander |