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BGH, Urteil vom 10. Oktober 2002 - 4 StR 233/02


Entscheidungstext  
 
BGH, Urt. v. 10.10.2002 - 4 StR 233/02
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 233/02
vom
10. Oktober 2002
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
- 2 -
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Oktober
2002, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Athing,
Dr. Ernemann,
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten H. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten W. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
- 3 -
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil
des Landgerichts Frankenthal vom 15. Februar 2002,
soweit es den Angeklagten H. betrifft, im Ausspruch
über den Verfall mit den Feststellungen aufgehoben. In
diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels,
an eine andere Strafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
2. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das vorbezeichnete
Urteil, soweit es den Angeklagten W. betrifft,
wird verworfen. Insoweit trägt die Staatskasse die
Kosten des Rechtsmittels und die hierdurch dem Angeklagten
erwachsenen notwendigen Auslagen.
3. Die Revision des Angeklagten H. gegen das vorbezeichnete
Urteil wird verworfen.
Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Von Rechts wegen
- 4 -
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten H. wegen unerlaubten Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 36 Fällen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und bei diesem Angeklagten
einen Betrag in Höhe von 30.000 Euro für verfallen erklärt, gegen den Angeklagten W. hat das Landgericht wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge in acht Fällen unter Freisprechung im
übrigen auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten erkannt und bei ihm einen Betrag in Höhe von 13.000 Euro für verfallen erklärt. Gegen dieses Urteil wenden sich der Angeklagte H. und die Staatsanwaltschaft
mit ihren Revisionen, mit denen sie die Verletzung sachlichen Rechts rügen.
Der Angeklagte H. stellt das angefochtene Urteil insgesamt zur Überprüfung
durch das Revisionsgericht. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihren zu
Ungunsten beider Angeklagten eingelegten Rechtsmittel die Höhe der Verfallsbeträge.
Die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft haben den aus der Urteilsformel
ersichtlichen Teilerfolg; die Revision des Angeklagten H. ist unbegründet.
I.
Revision der Staatsanwaltschaft
1. Verfallanordnung betreffend den Angeklagten H.
Die Erwägungen, mit denen das Landgericht den den Angeklagten
H. betreffenden Verfallsbetrag auf 30.000 Euro beschränkt und nach § 73 c - 5 -
Abs. 1 StGB von einem weiter gehenden Verfall abgesehen hat, halten der
rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Zutreffend ist das Landgericht allerdings zunächst davon ausgegangen,
daß aufgrund des nach § 73 Abs. 1 StGB geltenden Bruttoprinzips der
gesamte Verkaufserlös aus den Betäubungsmittelgeschäften für verfallen zu
erklären ist (vgl. BGH NStZ 1994, 123). Von dem hiernach errechneten Gesamtbetrag
in Höhe von 164.200 DM (entsprechend 83.954 Euro) hat das Landgericht sodann - rechtsfehlerfrei (vgl. BGHR StGB § 73 c Wert 2) - uneinbringliche
Außenstände in Höhe von 10.000 DM sowie weitere 25.000 DM für den
Wert der Gegenstände, auf die der Angeklagte (ohne Berücksichtigung des
Pkw) verzichtet hat, abgezogen und ist, da die Gewinne aus den Drogengeschäften
verbraucht sind und der Angeklagte über keine weiteren Geldmittel
verfügt, mithin der Verfall des Verkaufserlöses unmöglich geworden ist, für die
Anordnung des Wertersatzverfalls nach § 73 a StGB von einem maßgeblichen
Betrag von 129.200 DM (entsprechend 66.059 Euro) ausgegangen. Dies weist für sich keinen Rechtsfehler auf (vgl. BGHR StGB § 73 c Wert 2); die Beschwerdeführerin
erhebt insoweit auch keine Einwendungen.
b) Dagegen kann die Entscheidung, mit der das Landgericht gestützt auf
die Ermessensvorschrift des § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB lediglich einen
Betrag in Höhe von 30.000 Euro als Wertersatz für verfallen erklärt hat, nicht bestehen bleiben. aa) Allerdings hat der Senat keine grundlegenden Bedenken dagegen,
daß das Landgericht im Rahmen der Ermessensentscheidung "nicht vollständig
außer Betracht" gelassen hat, "daß die errechnete Höhe des Verfallsbetrages
- 6 -
letztlich auch auf die umfassende Aufklärungs- und Geständnisbereitschaft des
Angeklagten zurückgeht, indem er seinen Tatbeitrag vollständig aufgedeckt
und letztlich auch Taten eingeräumt hat, die ihm ohne sein Zutun nicht hätten
nachgewiesen werden können" (UA 23). Da, wie das Landgericht zu Recht
ausführt, "im Hinblick auf das anzuwendende Bruttoprinzip jede gestandene
Einzeltat direkten Bezug zu der jeweiligen Höhe des Verfallsbetrages gewinnt"
(UA 23), könnte der generelle Ausschluß der Berücksichtigung dieses Umstandes
im Rahmen der Ermessensentscheidung in maßgeblicher Weise einer Geständnisbereitschaft
von Betäubungsmittelstraftätern und damit einer im öffentlichen
Interesse liegenden effektiven Aufklärung einschlägiger Straftaten entgegenwirken
(vgl. auch BGHSt 38, 23, 26). Ebenso durfte das Landgericht darauf
abstellen, die Resozialisierung des Angeklagten nicht durch zu hohe finanzielle
Belastungen zu gefährden (BGHR StGB § 73 c Härte 4 und 6; BGH NStZ
2001, 42).
bb) Die Verfallanordnung hält gleichwohl rechtlicher Prüfung nicht stand,
weil die Grundlagen für die Ermessensentscheidung nicht genügend dargetan
sind.
Zu Recht hat das Landgericht allerdings die Anwendungsvoraussetzungen
des § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB angenommen. Diese Vorschrift eröffnet
dem Tatrichter die Möglichkeit, nach pflichtgemäßem Ermessen ganz oder
teilweise vom Verfall abzusehen, wenn und soweit „der Wert des Erlangten zur
Zeit der Anordnung in dem Vermögen des Betroffenen nicht mehr vorhanden
ist“. Das ist hier der Fall. Denn die Feststellungen belegen, daß der Angeklagte
außer den Gegenständen, auf die er verzichtet hat, und dem bei der Bemessung
des Verfallsbetrages berücksichtigten Schätzwert des Pkw von 30.000,-
- 7 -
DM „über keine weiteren Geldmittel oder Vermögen verfügt“ und „etwaige weitere
Gewinne aus den Drogengeschäften ... verbraucht“ sind (UA 22). Ohne
Erfolg wendet sich die Beschwerdeführerin insbesondere dagegen, daß das
Landgericht den von dem Angeklagten im Wege der Erbschaft nach dem Tod
seiner Großmutter 1997 erlangten - nach den Feststellungen hälftigen - Miteigentumsanteil
an dem von ihm und seiner Mutter bewohnten Anwesen mit der
Erwägung außer Ansatz gelassen hat, dieser Eigentumsanteil des Angeklagten
stehe "in keinem Zusammenhang mit seinen hier zu behandelnden Taten und
stell(e) dementsprechend nicht dem Gesetzeswortlaut folgend 'etwas aus der
Tat Erlangtes' dar" (UA 23).
Zwar kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob das vorhandene Vermögen
einen konkreten oder unmittelbaren Bezug zu den Straftaten hat; ebensowenig
hängt die Anordnung des Verfalls davon ab, ob der Angeklagte die
vorhandenen Vermögenswerte unmittelbar mit Drogengeldern erworben hat
oder ob er mit Drogengeldern andere Aufwendungen bestritten und erst mit
den so eingesparten Mitteln das noch vorhandene Vermögen gebildet hat
(BGHR StGB § 73 c Wert 2 = wistra 2000, 298). Deshalb scheidet nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Ermessensentscheidung nach §
73 c Abs. 1 Satz 2 StGB aus, solange und soweit der Angeklagte über Vermögen
verfügt, das wertmäßig nicht hinter dem „verfallbaren“ Betrag zurückbleibt
(BGHR aaO). Diese Rechtsprechung ist aber nicht dahin zu verstehen, daß auf
den „Wert“ des vorhandenen Vermögens als solchen abzustellen sei, ohne daß
seine Herkunft noch von Bedeutung wäre. Wie der Bundesgerichtshof in der
zitierten Entscheidung dazu näher ausgeführt hat, liegt es in diesen Fällen nur
„nahe“ (vgl. auch Tröndle/Fischer StGB 50. Aufl. § 73 c Rdn. 4: in der Regel),
daß der Wert des Erlangten im Vermögen des Angeklagten noch vorhanden
- 8 -
ist. Doch ist das nicht mehr als eine widerlegbare Vermutung, die in Fällen
greifen kann, in denen etwa im Zusammenhang mit Grundeigentum das aus
Straftaten erlangte Geld zur Entschuldung des noch vorhandenen Grundstücks
verwendet wurde (vgl. BGHSt 38, 23, 25; BGHR aaO). So verhält es sich jedoch
- wie der Generalbundesanwalt zu Recht meint - nicht, wenn, wie hier,
zweifelsfrei feststeht, daß der fragliche Vermögenswert ohne jeden denkbaren
Zusammenhang mit den abgeurteilten Straftaten (hier mehrere Jahre vor deren
Begehung und zudem im Wege der Erbfolge) erworben wurde. Ist der „Wert
des Erlangten“, d.h. der Wert des dem Täter anfangs zugeflossenen Vermögensvorteils
(Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 c Rdn. 10) verbraucht, so ist der
„Wert“ nicht deshalb im Vermögen „vorhanden“, weil der Täter über weiteres
Vermögen verfügt. Eine andere Auslegung des § 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB
stünde auch im Widerspruch zum Wortlaut der Vorschrift, der gerade nicht auf
den „Wert“ des Vermögens, sondern auf den „Wert des Erlangten“ in dem
Vermögen abstellt.
Eine effektive Gewinnabschöpfung über die Verfallvorschriften wird dadurch
nicht in Frage gestellt. Denn vorhandenes Vermögen behält, auch wenn
es in keiner denkbaren Beziehung zum - nicht mehr vorhandenen - „Wert des
Erlangten“ steht und deshalb die Anwendbarkeit des § 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB
nicht hindert, seine Bedeutung im Rahmen der nach billigem Ermessen zu
treffenden Entscheidung (BGHSt aaO). Ob überhaupt und bejahendenfalls in
welchem Umfang von der Anordnung des an sich verfallbaren Betrages abzusehen
gerechtfertigt oder geboten sein kann, läßt sich sachgerecht nur unter
Berücksichtigung der Auswirkungen dieser Maßnahme auf den Angeklagten
entscheiden. Dazu gehören in erster Linie die wirtschaftlichen Folgen, wobei
ein Absehen von der Verfallanordnung umso weniger in Betracht kommen wird,
- 9 -
je weniger den Angeklagten die Anordnung gemessen an seinem Vermögen
belastet.
cc) Deshalb hätte das Landgericht hier zunächst den Nettowert des
Wohngrundstücks feststellen und davon ausgehend den Wert des Miteigentumsanteils
des Angeklagten als vorhandenes Vermögen berücksichtigen müssen.
Da es daran fehlt, kann die auf den Betrag von 30.000 ( )+*-, .
Verfallanordnung schon deshalb keinen Bestand haben. Daran ändert nichts,
daß das Landgericht seine Entscheidung - ersichtlich hilfsweise - auch auf § 73
c Abs. 1 Satz 1 StGB gestützt hat. Lediglich mittelbare Auswirkungen der Maßnahme
auf Dritte, etwa mit dem Täter zusammenlebende Familienangehörige
wie hier die Mutter des Angeklagten, finden dabei schon nach dem Wortlaut
des § 73 c StGB nur insoweit Berücksichtigung, als sie sich „für den Betroffenen“
selbst als Härte darstellen. Auch darüber kann erst befunden werden,
wenn der Wert des vorhandenen Vermögens feststeht.
c) Unter diesen Umständen kommt es nicht mehr darauf an, daß der
Ausspruch über die Verfallanordnung auch deshalb nicht bestehen bleiben
kann, weil das Landgericht nicht erkennbar gemacht hat, auf welcher konkreten
Berechnungsgrundlage es zu dem festgesetzten Verfallsbetrag gelangt ist. Daß
"die Kammer unter Berücksichtigung des Schätzwertes des Pkw Audi A 8 sowie
unter nochmaliger Berücksichtigung des Resozialisierungsgedankens einen
Verfallsbetrag in Höhe von 30.000 Euro für angemessen erachtet" hat (UA 25), genügt den Anforderungen an die Darlegung nicht (vgl. BGH NStZ-RR 2000,
365).
- 10 -
d) Über die Festsetzung des Verfallsbetrages gegen den Angeklagten
H. ist deshalb neu zu befinden. Soweit dabei das Landegericht den Betrag
"unter Berücksichtigung des Schätzwertes des Pkw Audi A 8“ bemessen, von
einer Einziehung des Pkw selbst aber abgesehen hat, mag - wie die Beschwerdeführerin
meint - letztere Entscheidung rechtsfehlerhaft sein, weil der
Pkw Tatmittel war, als solches gemäß § 74 Abs. 1 StGB der Einziehung unterlag
und die Eintragung der Mutter des Angeklagten als Halterin im Kfz-Brief
nichts darüber aussagt, daß ihm nicht auch das Eigentum an dem Fahrzeug
zusteht (vgl. BGHR BGB § 932 Abs. 2 Erwerb, gutgläubiger 1, 3, 6, 7). Doch
hat sich dies weder zugunsten noch zulasten des Angeklagten auf die Bemessung
des Verfallsbetrages ausgewirkt, weil das Landgericht den Schätzwert
des Pkw zutreffend dem vorhandenen Wert des Erlangten zugerechnet hat.
2. Verfallanordnung betreffend den Angeklagten W.
Die Anordnung, mit der das Landgericht gegen den Angeklagten W.
einen Betrag in Höhe von 13.000 Euro als Wertersatz für verfallen erklärt hat, hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand. Die Bemessung des Verfallsbetrages
deckt keinen den Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler auf. Insoweit
verweist der Senat auf die Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts
vom 3. Juli 2002.
Die Erwägungen des Landgerichts weisen allerdings - was der Senat
nach § 301 StPO zu beachten hat - einen Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten
W. insofern aus, als das Landgericht bei der Feststellung des Bruttoerlöses
auch den Wert der weiteren von dem Angeklagten H. im Keller bei
dem Angeklagten W. eingelagerten Haschisch-Mengen "(im Gesamtwert
- 11 -
von insgesamt 26.400 DM)" berücksichtigt hat. Insoweit hatte der Angeklagte
nicht einen Erlös, sondern lediglich die Betäubungsmittel selbst erlangt. Diese
unterliegen als Beziehungsgegenstände aber nicht dem Verfall, sondern nur
der Einziehung nach § 33 Abs. 2 BtMG (BGHR BtMG § 33 Beziehungsgegenstand
1). Damit scheidet auch die ersatzweise Anordnung des Wertersatzverfalls
nach § 73 a StGB aus, die nur anstelle des Verfalls in Betracht kommt (vgl.
BGHSt 33, 233; BGH StV 2002, 260; BGHR StGB § 73 a Anwendungsbereich
1). Auch wenn danach das Landgericht seiner Entscheidung einen zu hohen
Ausgangsbetrag zugrundegelegt hat (66.400 DM anstatt 40.000 DM), schließt
der Senat jedoch aus, daß dies die Festsetzung des Verfallsbetrages im Ergebnis
zu Ungunsten des Angeklagten W. beeinflußt hat. Denn das Landgericht
hat gerade nicht den von ihm errechneten Bruttoerlös „abgeschöpft“
und ist mit dem Betrag von 13.000 Euro auch noch wesentlich unterhalb der an sich anzusetzenden 40.000 DM geblieben, indem es sich - was den Angeklagten
nicht beschwert - in erster Linie von "Resozialisierungsgründen" hat leiten
lassen, damit der Angeklagte "nach Verbüßung seiner Freiheitsstrafe ... nicht
mit einer immensen Verfallsschuld belastet ist".
II.
Revision des Angeklagten H.
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der allgemeinen Sachrüge hat
weder zum Schuld- noch zum Strafausspruch einen den Angeklagten beschwerenden
Rechtsfehler ergeben. Näherer Ausführungen bedarf nur folgendes:
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Die Annahme von Tatmehrheit in den Fällen II A 34 bis 36 der Urteilsgründe
durch das Landgericht ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Angeklagte
H. hatte die durch drei selbständige Erwerbsgeschäfte bezogenen
Haschischmengen im Keller bei dem Mitangeklagten W. „gebunkert“, um
Lieferengpässe zu vermeiden. Lediglich eine „Teilmenge von 418,8 g Haschisch“
ist davon „offensichtlich“ in den Verkauf gelangt; der Großteil, nämlich
12.581,2 g, wurde dagegen sichergestellt. Der in dem „Keller-Depot“ verwirklichte
gleichzeitige Besitz der aus den drei Liefervorgängen stammenden BtMMengen
ist als solcher - und zwar unbeschadet der unter den Strafsenaten des
Bundesgerichtshofs noch nicht abschließend geklärten Konkurrenzfrage zur
sog. „Silotheorie“ (vgl. nur BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 3, 9, 10) -
nicht geeignet, mehrere selbständige Taten des Handeltreibens zu einer Bewertungseinheit
zu verbinden (vgl. BGH NStZ 2000, 431). Anders verhält es
sich nur, wenn aus einem einheitlichen, aus mehreren Einkäufen gebildeten
Depot gleichzeitig aus mehreren Vorräten verkauft wird (BGHR aaO Bewertungseinheit
18). Die bloße Möglichkeit, daß es sich so verhält, genügt dafür
jedoch nicht (std. Rspr.; BGHR aaO Bewertungseinheit 5, 20).
Auch der Strafausspruch hält der rechtlichen Prüfung stand. Das Landgericht
hat die Einzelstrafen jeweils dem gemäß § 31 BtMG i.V.m. § 49 Abs. 2
StGB gemilderten Strafrahmen des § 29 a Abs. 1 BtMG entnommen; das Vorliegen
minder schwerer Fälle des § 29 a Abs. 2 StGB hat es verneint. Dabei hat
das Landgericht sowohl bei der Strafrahmenwahl als auch bei der Strafbemessung
im engeren Sinne maßgeblich zu Lasten des Angeklagten gewertet, daß
er "nicht etwa als letztes Glied der Kette für Endverbraucher und damit an einen
von ihm überschaubaren Empfängerkreis abgab, sondern er vielmehr auf
höherem Niveau auf Zwischenhändlerebene tätig wurde und damit keinen Ein-
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fluß darauf hatte, in wessen Hände das Rauschgift letztlich gelangte". Dies beanstandet
die Revision im Ergebnis vergeblich. Daß das Landgericht die Tätigkeit
des Angeklagten "auf der Zwischenhändlerebene" - zumal im Vergleich mit
dem Angeklagten W. , bei dem dies nicht der Fall war - als strafschärfend
gewertet hat, weil in dieser Einbindung in das hierarchisch gegliederte Vertriebssystem
ein gesteigertes Maß an krimineller Energie zum Ausdruck
kommt, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Hinsichtlich der Erwägung, der
Angeklagte habe "damit keinen Einfluß darauf (gehabt), in wessen Hände das
Rauschgift letztlich gelangte", weist der Beschwerdeführer zwar zutreffend darauf
hin, daß es eher zum Regelbild des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge gehört, daß der Betäubungsmittelhändler entweder
nicht weiß, wer der Endverbraucher ist, oder er sich darüber zumindest keine
Gedanken macht. Doch versteht der Senat diese Erwägung hier nur als weitere
Umschreibung der Gefährlichkeit der Tätigkeit auf der „Zwischenhändlerebene“
und damit des Schuldgehalts der Taten dieses Angeklagten.
Tepperwien Maatz Athing
Ernemann Sost-Scheible
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
StGB § 73 c Abs. 1



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