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BGH, Urteil vom 11. September 2003 - 5 StR 524/02


Entscheidungstext  
 
BGH, Urt. v. 11.9.2003 - 5 StR 524/02
5 StR 524/02
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom
11.09.2003
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Untreue u.a.
- 2 -
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 9. und 11.09.2003, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt . L ,
Rechtsanwalt H
als Verteidiger des Angeklagten La ,
Rechtsanwalt V ,
Rechtsanwalt J
als Verteidiger des Angeklagten . Vo ,
Rechtsanwalt . K
als Verteidiger des Angeklagten Ha ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
- 3 -
am 11.09.2003 für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten
La und . Vo gegen das Urteil des Landgerichts
Berlin vom 27. Juli 2001 werden verworfen.
Die Kosten der Revisionen der Staatsanwaltschaft und die
hierdurch den Angeklagten entstandenen notwendigen
Auslagen trägt die Staatskasse.
Die Angeklagten La und . Vo tragen die Kosten
ihrer Rechtsmittel.
- Von Rechts wegen -
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten La wegen Untreue in
sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und den Angeklagten
. Vo wegen Untreue in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von zwei Jahren, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat, verurteilt.
Von weiteren Vorwürfen der Untreue hat es beide Angeklagte sowie
den Mitangeklagten Ha freigesprochen. Die auf Verfahrens- und
Sachrügen gestützten Revisionen der Angeklagten La und . Vo
haben keinen Erfolg. Die ebenfalls auf Verfahrens- und Sachrügen gestützten,
zuungunsten aller Angeklagten eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft,
die vom Generalbundesanwalt vertreten werden, sind gleichfalls
unbegründet.
- 4 -
I.
Nach den Feststellungen des Landgerichts veräußerte die Treuhandanstalt
(im folgenden: THA) am 27. Februar 1991 zu einem Preis von
2 Mio. DM die W -Gesellschaft mit beschränkter Haftung im
Aufbau mit Sitz in Berlin (im folgenden: W ) an die Schweizer Aktiengesellschaft
C AG, hinter der als Partner die Angeklagten La und
. Vo sowie die gesondert Verfolgten R , Hae und Ke
standen. Infolge verschiedener Transaktionen, an denen die genannten
Partner auf Seiten der W in den Jahren 1991 bis 1993 in unterschiedlicher
Weise beteiligt waren, kam es zu erheblichen Geldabflüssen aus dem Vermögen
der W . Im Sommer 1993 wurde die W zahlungsunfähig, am
26. August 1995 wurde ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens gestellt.
II.
Im einzelnen hat das Landgericht folgende Feststellungen und rechtliche
Wertungen getroffen:
1. Im ersten Fall hat das Landgericht davon abgesehen, die Angeklagten
La und . Vo wegen Betruges zu verurteilen, sie jedoch wegen
Untreue schuldig gesprochen.
a) Die Anklage hatte den Angeklagten La und . Vo zur Last
gelegt, beim Erwerb der W gegenüber der THA einen Betrug begangen zu
haben. Diese sollen zusammen mit ihren Partnern von Anfang an den Plan
gehabt haben, die W mit dem Ziel der wirtschaftlichen Aushöhlung zu erwerben
und sich deren Vermögen zuzueignen. Zu diesem Zweck sollen die
Angeklagten in ihrer Funktion als Geschäftsführer der W im Rahmen der
Erstellung der vorläufigen Bilanz zum 31. Dezember 1990 dafür gesorgt haben,
daß die darin ausgewiesenen Immobilienwerte zu niedrig und die Verlu-
5 -
ste für das Jahr 1990 zu hoch angesetzt worden seien. Während der gesondert
Verfolgte R und die beiden Angeklagten unentdeckt im Hintergrund
geblieben seien, sollen die gesondert Verfolgten Hae und Ke
anschließend im Namen der C AG unter dem Vorwand, die W
zum Zweck der Fortführung erwerben zu wollen, an die THA herangetreten
sein und ein Kaufangebot bezüglich der W abgegeben haben, mit dem die
hinter der C AG stehenden Partner die THA zugleich durch wahrheitswidrige
Angaben über die Finanzkraft und das bei der AG vorhandene
„know how“ im Hinblick auf deren Fortführungsfähigkeit getäuscht haben
sollen. Der spätere Kaufpreis in Höhe von 2 Mio. DM, der von der THA im
wesentlichen auf der Grundlage der von den Angeklagten manipulierten Bilanz
ermittelt worden sein soll, habe somit um ein Vielfaches unter dem tatsächlichen
Wert der W in Höhe von mindestens 70 Mio. DM gelegen. Infolgedessen
habe die THA einen Schaden in Höhe von mindestens
68 Mio. DM erlitten.
Die Strafkammer hat einen gemeinsamen Plan der Angeklagten und
ihrer Partner zur Aushöhlung der W nicht feststellen können. Auch hat sie
sich nicht davon überzeugt, daß die Partner über ihre Fortführungsabsicht
getäuscht haben. Schließlich hat der Tatrichter auch einen Vermögensschaden
der THA nicht festzustellen vermocht.
b) Der Untreue sind die Angeklagten La und . Vo schuldig
gesprochen, weil sie am 25. Februar 1991 als Geschäftsführer der W die
S K (im folgenden: SKA), Niederlassung Berlin, beauftragten,
ein unwiderrufliches Zahlungsversprechen in Höhe von
2,4 Mio. DM zu Gunsten der P H AG herauszulegen. Dieses Darlehen
sollte von der P H AG der C AG zur Verfügung gestellt
werden, damit diese in die Lage versetzt würde, von der THA die W käuflich
zu erwerben. Eine pflichtwidrig herbeigeführte Vermögensgefährdung der
W hat die Strafkammer darin gesehen, daß die W bei einem Scheitern
der Vertragsverhandlungen weder eine Auszahlung des Darlehens hätte ver-
6 -
hindern können noch über Sicherheiten oder Titel verfügt hätte, um von der
ansonsten vermögenslosen P H AG das Geld später zurückerlangen
zu können.
2. Im zweiten und dritten Fall hat die Strafkammer die Angeklagten
La und . Vo wegen Untreue zum Nachteil der W verurteilt, weil
sie im Dezember 1990 als Geschäftsführer der W die Pflicht, deren Vermögensinteressen
wahrzunehmen, mißbraucht haben. Sie haben zunächst
pflichtwidrig einen Beratungsvertrag mit der C AG geschlossen, aufgrund
dessen die W verpflichtet wurde, 250.000 SFR für angebliche Beratungsleistungen
an die C ohne konkreten Leistungsnachweis nach
Rechnungslegung zu entrichten. Weiterhin haben sie pflichtwidrig für die
W eine um 208.000 SFR überteuerte EDV-Anlage gekauft, wobei die Kapitalentnahme
noch vor dem Erwerb der W durch die Angeklagten erfolgt
ist.
3. In den Fällen vier bis acht hat das Landgericht die Angeklagten
La und . Vo vom Vorwurf der Untreue - und zusätzlich im Fall acht
den Angeklagten Ha vom Vorwurf der Beihilfe hierzu - freigesprochen.
Es hat in den finanziellen Transaktionen, die nach dem Erwerb der
W durch die C AG vorgenommen wurden, jeweils eine - verdeckte
- Kapitalentnahme gesehen, die im Einverständnis aller Gesellschafter
der W erfolgt ist.
Untreue zum Nachteil der W hat das Landgericht verneint, weil eine
unmittelbare Beeinträchtigung des durch § 30 Abs. 1 GmbHG geschützten
Stammkapitals zum Zeitpunkt der Entnahme der Gelder im Hinblick auf die
übrigen Vermögenswerte der W nicht vorgelegen habe und die Partner,
die nicht in der Absicht handelten, die W auszuhöhlen, somit berechtigt
gewesen seien, sich für ihre Managertätigkeit aus dem Vermögen der W
entlohnen zu lassen. Nach den getroffenen Feststellungen waren bis zum
März 1992 von den Partnern etwa 63 Mio. DM ohne realen Gegenwert aus
- 7 -
dem Vermögen der W entnommen worden. Auch die Liquidität der W
war zu keinem Zeitpunkt gefährdet, da diese Entnahmen jederzeit durch den
Wert der Immobilien der W , der zu diesem Zeitpunkt mindestens
100 Mio. DM betrug, gedeckt waren. Außerdem verfügte die W ausweislich
ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1991 noch über ein Barvermögen in Höhe
von 92 Mio. DM.
4. Der gesondert Verfolgte R , für den die Angeklagten weiterhin
als Geschäftsführer der W bzw. anderer Firmen tätig waren, hatte bis
dahin noch an seinem Plan festgehalten, die P -Gruppe an die Spitze der
deutschen Kraftwerksanlagenbauer zu führen. Jedoch trat ein Sinneswandel
ein, als ein früherer DDR-Außenhandelsbetrieb, bei dem die THA Gesellschafterin
war, gegenüber der W eine Forderung in Höhe von ca.
127 Mio. DM gerichtlich geltend machte. R faßte nunmehr den Plan,
sich das noch vorhandene Vermögen der W ohne Rücksicht auf deren
Fortbestand zuzueignen. Dazu bediente er sich der insoweit ahnungslosen
Angeklagten, die von ihm schon seit geraumer Zeit nicht mehr in wesentliche
Entscheidungsvorgänge einbezogen worden waren, dieses jedoch im Hinblick
auf ihren weiteren Verbleib im Unternehmen und die damit verbundenen
Einkünfte ohne Widerspruch geschehen ließen.
Soweit die Angeklagten La und . Vo im Fall neun (Fall 10
der Anklage) und der Angeklagte La in den Fällen zehn (Fall 9 der Anklage)
und elf der Untreue schuldig gesprochen worden sind, hat das Landgericht
jeweils den Treubruchstatbestand als erfüllt angesehen, weil die Angeklagten
die ihnen als Geschäftsführern obliegende Kontrollpflicht aus
Gleichgültigkeit vernachlässigt und den Schadenseintritt - bedingt vorsätzlich
handelnd - zugelassen haben.
a) Im neunten Fall hat der Angeklagte La für die W mit Vertrag
vom 3. Juni 1992 eine Forderung von der C AG zu einem Preis
von 60 Mio. DM erworben. Der der Forderung zugrundeliegende Schadens-
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ersatzanspruch bestand in Wahrheit nicht. Er sollte sich aus einer unvollständigen
Bilanzierung der THA beim Verkauf der W an die C AG
ergeben haben. Ein Teil des Kaufpreises wurde von der W durch Überweisung
beglichen.
Der Angeklagte . Vo hat zusammen mit dem Angeklagten La
für die W mit Vertrag vom 16. Juli 1992 eine Verrechnungsvereinbarung
mit der P R GmbH getroffen. Aufgrund dieser Vereinbarung
wurde eine fällige Forderung der W in Höhe von 34 Mio. DM, die sich aus
Grundstücksverkäufen an die P R GmbH ergab, mit dem Anspruch
auf Zahlung des Restkaufpreises aus dem Vertrag vom 3. Juni 1992 zu zahlenden
Kaufpreises verrechnet; diesen Anspruch hatte die C AG
ebenfalls am 16. Juli 1992 an die P R GmbH abgetreten.
b) Im zehnten Fall hat der Angeklagte L am oder unmittelbar
vor dem 3. Juni 1992 für die W einen nicht bestehenden Schadensersatzanspruch
von der C AG zu einem Preis von 18 Mio. DM erworben.
Der Angeklagte . Vo ist von dem Vorwurf, sich an dieser Tat beteiligt
zu haben, freigesprochen worden. Er war zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung
vorübergehend nicht mehr Geschäftsführer der W .
c) Im elften Fall hat der Angeklagte La am 3. Juni 1992 einen
notariellen Vertrag zur Veräußerung der Immobilie Wallstraße 9-13 in Berlin-
Mitte zum Preis von 63,9 Mio. DM, der mindestens 36,1 Mio. DM unter dem
tatsächlichen Verkehrswert der Immobilie lag, unterzeichnet. Zu einer Veräußerung
kam es zwar aufgrund dieses Vertrages nicht, weil er unter der aufschiebenden
Bedingung einer Genehmigung durch die We stand, die
von dieser später verweigert wurde. Das Landgericht hat jedoch für die Dauer
des Schwebezustandes einen Vermögensschaden in der Gestalt einer
konkreten Gefährdung des Vermögens der W angenommen, da die W
keinen Einfluß auf den Eintritt der Bedingung hatte.
- 9 -
5. Im zwölften Fall hat das Landgericht den Angeklagten Ha
von dem Vorwurf freigesprochen, Beihilfe zu einer Untreue der gesondert
Verfolgten R und . Sc geleistet zu haben. Der Vater des Angeklagten
Ha hatte ein Steuerhinterziehungsmodell entwickelt, bei
dem durch Täuschung der Finanzbehörden die W Steuern verkürzen
konnte und zugleich ihren Gesellschaftern Kapitalentnahmen ermöglicht
wurden. Die W zeichnete im Rahmen dieses Modells im Mai 1993 eine
Beteiligung als „stiller Kommanditist“ an der . Ra KG in Höhe von
50 Mio. DM. Anschließend wurden 21 Mio. DM aus dem Vermögen der W
bei der KG eingezahlt und von dort 18,5 Mio. DM an den gesondert Verfolgten
R weitergeleitet. Der Angeklagte Ha unterstützte die beabsichtigte
Steuerhinterziehung „durch die Erledigung von Korrespondenzen,
die Fertigung von Entwürfen für Schreiben und Verträge sowie die Kontrolle
von Vereinbarungsinhalten“ (UA S. 155).
Die Strafkammer hat zwar eine Untreue gegenüber der W bejaht,
weil deren Zahlungsunfähigkeit durch die Entnahme der 21 Mio. DM herbeigeführt
wurde. Sie hat jedoch einen Beihilfevorsatz des Angeklagten
Ha verneint, weil nach seiner Vorstellung die wirtschaftliche Situation
der W so gestaltet war, daß eine Vermögensgefährdung nicht eintreten
würde. Hinsichtlich der vom Angeklagten Ha in seinen Vorsatz aufgenommenen
Haupttat einer Steuerhinterziehung vermochte das Landgericht
nicht festzustellen, daß diese über das Vorbereitungsstadium hinausgelangt
ist.
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III.
Revision des Angeklagten . Vo
1. Zum ersten Fall (unwiderrufliches Zahlungsversprechen):
Die Revision beanstandet zu Unrecht die Ablehnung des Beweisantrags
auf Vernehmung des Zeugen Hu , eines Filialleiters der SKA.
a) Die Rüge scheitert bereits an § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Im Revisionsvorbringen
wird wiederholt auf Urkunden Bezug genommen (z.B. auf die
Vorstandsvorlage der THA vom 20. Februar 1991 im Schriftsatz vom
17. April 2001, S. 3 und auf die dem Zeugen Hu in dessen Vernehmung
vom 2. Juli 1999 vorgelegte Anlage), ohne daß diese mitgeteilt werden.
b) Im übrigen wäre die Rüge auch unbegründet. Angaben des Zeugen
zu Darlehensverhandlungen mit der P AG i.G. mit ihm bekannten Verantwortlichen
der Firma C AG hat die Strafkammer rechtsfehlerfrei als
aus tatsächlichen Gründen bedeutungslos bewertet. Das Landgericht geht
davon aus, daß die Angeklagten sich bei dem Kreditauftrag der W der
Möglichkeit begeben haben, zugunsten der W verbindliche Absprachen
über Zweck und Verwendung des Darlehens zu begründen. Ob - worauf die
Revision abhebt - eine entsprechende Bindung zwischen dem Darlehensgeber
SKA und dem Darlehensnehmer C AG bestand, ist damit für die
Annahme einer Vermögensgefährdung zum Nachteil der W ohne Relevanz.
Auch brauchten aus den Beweistatsachen keine für den Angeklagten
günstigen Rückschlüsse auf einen fehlenden Vorsatz gezogen zu werden.
Der Angeklagte hat die Verschlechterung der Rechtsposition der W vorsätzlich
herbeigeführt. Zudem hätte er auch nicht - wie die Revision meint -
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aufgrund seiner früheren Stellung als Gesellschafter der C eine Abänderung
der Auszahlungsbedingungen blockieren können. Seine C
-Aktien hatte er bereits vorher an die P H AG weiterveräußert.
Keiner der Aktionärsbindungsverträge sah vor, daß abgesehen von bestimmten
Angelegenheiten - wozu die Verwendung von Darlehen nicht gehörte
- Einstimmigkeit bestehen mußte. Die Angeklagten La und
. Vo hätten deshalb hinsichtlich der Verwendung des von der SKA ausgezahlten
Darlehens von den anderen Gesellschaftern der P H AG
überstimmt werden können.
2. Zum zweiten Fall (Abschluß eines Beratungsvertrages):
Die Verurteilung des Angeklagten . Vo wegen Untreue hält sachlich-
rechtlicher Nachprüfung stand. Die Revision wendet sich gegen die Annahme
des Landgerichts, durch den Vertragsschluß sei ein Vermögensschaden
in Form einer Vermögensgefährdung eingetreten. Sie trägt vor, nach der
vertraglichen Ausgestaltung hätten konkrete Beratungsleistungen erbracht
werden müssen. Hätte es an solchen gefehlt, hätte der W zumindest ein
Zurückbehaltungsrecht zugestanden, so daß von einer Gefährdung keine
Rede sein könne.
a) Der Tatrichter konnte entgegen der Auffassung der Revision
Schlüsse daraus ziehen, daß die C AG im März 1991, obwohl Beratungsleistungen
nicht erbracht worden waren, einen Betrag von
556.000 SFR geltend machte, der auch überwiesen wurde. Insoweit hat das
Landgericht zwar von einer Verurteilung abgesehen, weil zu diesem Zeitpunkt
die W bereits von den Angeklagten und ihren Partnern übernommen
war und sich die Zahlung als zulässige, nämlich das Stammkapital der
Gesellschaft nicht beeinträchtigende, verdeckte Gewinnentnahme darstellte.
Jedoch durfte rechtsfehlerfrei aus diesem Ablauf und der Vereinbarung einer
Pauschalvergütung angenommen werden, daß aufgrund des abgeschlosse-
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nen Vertrags die Zahlungen von der W ohne konkreten Leistungsnachweis
zu entrichten waren.
b) Auch rechtfertigen die Feststellungen zu diesem Fall die Annahme
einer vollendeten Nachteilszufügung. Für die Vollendung der Untreue kann
schon eine schadensgleiche Vermögensgefährdung ausreichen (vgl. Tröndle/
Fischer, StGB 51. Aufl. § 263 Rdn. 94, § 266 Rdn. 61). Nach den getroffenen
Feststellungen waren die beiden Angeklagten die Geschäftsführer der
W . Sie und ihre Partner wollten durch Abschluß eines Scheinvertrags mit
der zwischengeschalteten C AG sicherstellen, daß ihnen die nicht
unerheblichen Kosten für die Vorbereitung des Erwerbs der W auch bei
einem Scheitern der Übernahme von der W ersetzt werden. Der Vertragsschluß
zielte somit auf die Geltendmachung ungerechtfertigter Ansprüche
Dritter. Bei dem gegebenen kollusiven Zusammenwirken der Geschäftsführer
der GmbH mit dem Vertragspartner konnte der Tatrichter aufgrund der Umstände
dieses Einzelfalls davon ausgehen, daß mit einer ungerechtfertigten
Inanspruchnahme der Gesellschaft fest zu rechnen war. Die Annahme einer
bereits eingetretenen Gefährdung des Vermögens der GmbH ist daher nicht
zu beanstanden.
3. Zum dritten Fall (Bestellung einer überteuerten EDV-Anlage):
Die Verurteilung der Angeklagten La und . Vo begegnet
keinen durchgreifenden sachlich-rechtlichen Einwänden. Die Revision des
Angeklagten . Vo beanstandet, das Landgericht habe bei der Beweiswürdigung
gegen den Zweifelssatz verstoßen. Die Einlassung des Angeklagten
- infolge eines erweiterten Lieferumfangs sei der Betrag von
208.000 SFR aufgezehrt worden und damit der Wert der gelieferten Anlage
nicht hinter dem dafür entrichteten Kaufpreis zurückgeblieben - hätte nicht
als widerlegt angesehen werden können, weil nach den Urteilsfeststellungen
„etwa Mitte 1991 ... mehrere Lieferungen von PC-Anlagen erfolgten, deren
Inhalt und Umfang sich in der Hauptverhandlung nicht mehr klären ließ“.
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Die tatrichterliche Beweiswürdigung ist rechtsfehlerfrei. Der Tatrichter
war nicht gehindert, unter Berücksichtigung von Anlaß und rascher Durchführung
des Geschäfts die Einlassung des Angeklagten als widerlegt anzusehen.
Die Angeklagten hatten im Partnerschaftsvertrag vom 23. November
1990 vereinbart, sich durch den überteuerten Kauf 208.000 SFR zu verschaffen,
die zur Gründung der P H AG verwendet werden sollten.
Die EDV-Anlage wurde am 28. Dezember 1990 bestellt, die Rechnung wurde
unter dem 31. Dezember 1990 ausgestellt und der gesamte Rechnungsbetrag
wurde am 18. Januar 1991 vom Konto der W eingezogen. Der Schluß
des Tatrichters, die etwa ein halbes Jahr später erfolgte, nicht näher aufklärbare
Lieferung von PC-Anlagen habe den Betrag von 208.000 SFR nicht
aufgezehrt, ist danach möglich und aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden
(vgl. zur Unanwendbarkeit des Zweifelssatzes auf Indiztatsachen BGH
NStZ 2001, 609). Dabei konnte auch berücksichtigt werden, daß „die Partner
bei den Vorbereitungen für den Erwerb der WBB nichts dem Zufall überlassen
wollten“ und es dem Tatrichter „kaum nachvollziehbar (erschien), daß sie
auf diese Weise auf das von ihnen benötigte Geld verzichtet haben sollten“
(UA S. 76).
4. Zum neunten Fall (Verrechnungsvereinbarung):
a) Die Rüge, das Landgericht habe unter Verstoß gegen § 244 Abs. 3
Satz 2 StPO zugesagte Wahrunterstellungen bzw. das angenommene Erwiesensein
von Tatsachen nicht eingehalten, greift nicht durch. Die Verteidigung
hatte beantragt, mehrere Berater des gesondert Verfolgten R
als Zeugen zu vernehmen, die im einzelnen bekunden sollten, sie seien von
einer Berechtigung eines Zahlungsanspruchs der C gegen die THA
ausgegangen. Die Rüge ist unbegründet. Das Landgericht hat nicht zugesagt
oder als erwiesen angesehen, daß entsprechende Zahlungsansprüche tatsächlich
bestanden haben. Die Zusagen bezogen sich nur auf das Faktum
der Wahrnehmung der Zeugen und deren Einschätzung. Es bedurfte hier
keiner ausdrücklichen Erörterung der Indiztatsachen in den Urteilsgründen.
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Das Landgericht hat sich bei der Beweiswürdigung unter anderem auf die
detaillierten Angaben des Zeugen . Sc gestützt, dem - anders als den
benannten Zeugen - das gesamte vorherige Geschehen bekannt war. Zudem
hatte der Angeklagte an den Kapitalentnahmen mitgewirkt, die bis zum
März 1992 zu einem Abfluß von ca. 63 Mio. DM geführt hatten. Diese waren
im wesentlichen auf Veranlassung des gesondert Verfolgten R unter
Zuhilfenahme vorgeschobener Vertragskonstruktionen, Falschbuchungen
und Täuschungshandlungen erfolgt. Der Angeklagte mußte hiernach, zumal
er von der gegen die W erhobenen Klage auf Zahlung von 127 Mio. DM
wußte, argwöhnisch sein, daß auf Betreiben des gesondert Verfolgten R
weitere Kapitalentnahmen erfolgen, die keinen realen Hintergrund haben
und zu einer Existenzgefährdung der W führen würden.
b) Auch ist ein Verstoß gegen § 261 StPO hier nicht gegeben.
Soweit die Revision geltend macht, das Gericht habe sich im Urteil in
Widerspruch zu erhobenen Urkundenbeweisen gesetzt, geht der Senat davon
aus, daß das Landgericht die sachlich-rechtlich fehlerfreie Beweiswürdigung
aufgrund einer Gesamtschau der in der Hauptverhandlung erhobenen
Beweise gewonnen hat und daß sich etwaige Widersprüche zwischen dem
Inhalt der Urkunden einerseits und Feststellungen und Bekundungen des
Zeugen . Sc andererseits im Rahmen von dessen Vernehmung aufgelöst
haben (vgl. BGHR StPO § 261 Inbegriff der Verhandlung 28; BGH,
Beschl. vom 24. April 1996 - 5 StR 727/95; Schäfer StV 1995, 147, 157).
Im übrigen trifft die Annahme der Revision, der vom Tatrichter angenommene
Übergang von Zahlungsansprüchen von der C AG auf die
P R GmbH sei rechtlich nicht wirksam gewesen, weil die C
AG diese Ansprüche bereits vor der Verrechnungsvereinbarung anderweit
abgetreten habe, nicht zu. Aus dem Zusammenhang der Urteilsfeststellungen
ergibt sich, daß lediglich ein Teilbetrag anderweit transferiert wurde (vgl.
UA S. 36).
- 15 -
Auch soweit die Revision geltend macht, der Tatrichter habe Beweisstoff
nicht richtig erfaßt und eine Vertragsurkunde falsch ausgelegt, kann die
Revision keinen Erfolg haben (vgl. Meyer-Goßner, StPO 46. Aufl. § 261
Rdn. 38a, § 337 Rdn. 32 m. w. N.). Der eindeutige Wortlaut der Urkunde
wurde nicht verkannt. In der Sache ist die tatrichterliche Auslegung möglich
und sachlich-rechtlich nicht zu beanstanden.
Soweit sich die Revision gegen die Feststellungen zum Vorsatz des
Angeklagten wendet und dabei auf mehrere zivilgerichtliche Urteile abstellt,
wird nicht erkennbar, daß die Urteilsurkunden Gegenstand der Hauptverhandlung
waren. Selbst wenn im übrigen mit der Revision davon auszugehen
wäre, daß aus Sicht des Angeklagten nicht von vornherein auszuschließen
war, die Forderung erfolgreich geltend zu machen, war es wirtschaftlich unsinnig,
im Hinblick auf diese vage Aussicht die etwaige Forderung ohne beträchtlichen
Risikoabschlag zu erwerben.
5. Zur Strafzumessung:
Die Verfahrensrüge, mit der die Revision beanstandet, der Tatrichter
habe dadurch gegen § 261 StPO verstoßen, daß er in der Hauptverhandlung
eingeführte Urkunden über Bemühungen des Angeklagten um Schadenswiedergutmachung
im Rahmen der Strafzumessung unberücksichtigt gelassen
habe, dringt nicht durch.
Die Rüge ist jedenfalls unbegründet. Die Tatsache, daß das Landgericht
auf dieses Verhalten im Urteil nicht ausdrücklich eingegangen ist, bedeutet
nicht, daß das Landgericht es übersehen hätte. Daraus ist lediglich zu
folgern, daß es diesem Umstand - ohne daß dies rechtlichen Bedenken begegnet
- für die Strafzumessung keine bestimmende Bedeutung im Sinne
von § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO beigemessen hat. Das weist keinen Rechtsfehler
auf. Aus dem Revisionsvorbringen ist ersichtlich, daß im vorliegenden
Strafverfahren mehrere Bankguthaben des Angeklagten beschlagnahmt
- 16 -
worden waren. Er hatte daraufhin „sicherungshalber für eventuelle ... Ansprüche“
und „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ Vergleiche abgeschlossen,
um die Beschlagnahmen aufzuheben. Hierin mußte kein maßgeblicher,
unbedingt erörterungsbedürftiger strafmildernder Umstand gesehen
werden. Vor allem aber stehen die vom Angeklagten angebotenen
Summen in keinerlei Verhältnis zu dem von ihm mitverursachten Gesamtschaden.
6. Die weiteren erhobenen Verfahrensrügen scheitern an § 344 Abs. 2
Satz 2 StPO. Die Sachrüge ist auch im übrigen unbegründet.
IV.
Revision des Angeklagten La
1. Die Verfahrensrügen haben aus den zur Revision des Angeklagten
. Vo genannten Gründen keinen Erfolg. Die Rüge zur Ablehnung des
Beweisantrags auf Vernehmung des Zeugen Kä scheitert aus denselben
Gründen wie die Rüge zur Ablehnung des Beweisantrags auf Vernehmung
des Zeugen Hu im ersten Fall.
2. Auch die sachlich-rechtlichen Einwendungen haben aus den zuvor
genannten Gründen keinen Erfolg. Der Erörterung bedarf nur folgendes:
Der zum elften Fall erhobene materiell-rechtliche Einwand, wegen der
noch ausstehenden Zustimmung der We zum Veräußerungsvertrag sei
noch keine schadensgleiche Vermögensgefährdung und damit kein Vermögensschaden
eingetreten, geht fehl. Ebenso wie im Fall 2 ist auch hier eine
Vermögensgefährdung zu bejahen. Entscheidend ist, daß die W - worauf
der Tatrichter zu Recht abhebt - auf das weitere Schicksal des für sie wirtschaftlich
nachteiligen Vertrages „keinen Einfluß mehr hatte“ (UA S. 96). Der
Angeklagte hat die W durch seine Unterschrift unwiderruflich zur Veräuße-
17 -
rung verpflichtet. Eine Anfechtung des Vertrags, wenn sie überhaupt möglich
gewesen wäre, hätte nicht ohne Schwierigkeiten realisiert werden können
(vgl. Cramer in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 263 Rdn. 131). Ob es
aufgrund des notariellen Vertrags zu einem Eigentumsübergang kam, hing
allein vom Verhalten eines Dritten - der We - ab. Damit ist die W bewußt
in der Situation der Gefährdung des Stammkapitals der naheliegenden
Gefahr ausgesetzt worden, das Grundstück zu verlieren, ohne im Gegenzug
einen auch nur annähernd dem wirklichen Wert der Immobilie entsprechenden
Kaufpreis zu erhalten.
V.
Revisionen der Staatsanwaltschaft
1. Die Verfahrensrügen haben keinen Erfolg. Sie sind unzulässig
(§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
2. Zum ersten Fall (unwiderrufliches Zahlungsversprechen und Betrug)
hält die Beweiswürdigung materiell-rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis
noch stand. Mit ihren Einwendungen dagegen deckt die Revision keinen
Rechtsfehler auf.
a) Entgegen der Auffassung der Revision enthält die Beweiswürdigung
zum Verneinen eines bei Abschluß des Kaufvertrags bestehenden Plans zur
Aushöhlung der W und zum Bejahen der Absicht zum Fortführen der
W keine Widersprüche.
Der Einwand, es habe sich bei der „W -neu“ mit lediglich 50 Arbeitnehmern
um eine „Kleinstfirma“ gehandelt, die nicht in der Lage gewesen
wäre, ein führendes Unternehmen im Kraftwerksanlagenbau zu werden, zeigt
schon deshalb keinen Widerspruch oder einen Verstoß gegen Erfahrungssätze
auf, weil die „W -neu“ nur Teil eines Konzerns war, der - für das
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Revisionsgericht jedenfalls nicht ausschließbar - als Gesamtheit dieses Ziel
hätte erreichen können.
Auch der Umstand, daß die P R GmbH, an die im elften Fall
das Grundstück Wallstraße veräußert wurde, bereits im Juni 1991 gegründet
worden ist, steht in keinem Widerspruch zu der Annahme des Landgerichts,
der gesondert Verfolgte R habe sich erst im März/April 1992 zu dieser
Transaktion entschlossen. Nach den vom Landgericht festgestellten Plänen
der Partner sollten die Immobilien auch nach einer Übertragung auf die
P H AG - als Konzernmutter der sogenannten P -Gruppe - weiterhin
im Konzernverbund bleiben (UA S. 137). Die Annahme, daß der Plan,
die Grundstücke weit unter Wert zu veräußern, um sie schließlich mit großem
Gewinn aus dem Konzernverbund auszugliedern, erst später gefaßt worden
ist, begegnet deshalb keinen rechtlichen Bedenken.
Gleiches gilt auch im Hinblick auf die im September 1991 erfolgte
Gründung der Liechtensteiner Firmengruppe. Damit sollten zwar Kapitalentnahmen
aus der W verschleiert werden, indes beschränkte sich dies auf
die von jedem Partner von Anfang an erstrebten 5 Mio. SFR; einen zwingenden
Schluß dahingehend, daß die Partner sich von Anfang an das gesamte
Vermögen der W einverleiben wollten, brauchte der Tatrichter daraus
nicht zu ziehen.
b) Die Beweiswürdigung läßt letztlich auch insoweit keinen durchgreifenden
Rechtsfehler erkennen, als trotz einer bejahten Täuschung der Angeklagten
über „die Fähigkeit der C AG ... , die W in wirtschaftlich
sinnvoller Weise fortzuführen“ (UA S. 64), ein Vorsatz der Angeklagten verneint
worden ist, die THA „über die Fortführungsfähigkeit der dahinterstehenden
Personen zu täuschen“ (UA S. 66). Der Tatrichter hat nicht auszuschließen
vermocht, daß die Angeklagten davon ausgingen, daß sie und die übrigen
Partner zur Fortführung des Unternehmens in der Lage seien. Bei seiner
Schlußfolgerung hat er zum einen darauf abgehoben, daß die Angeklagten
- 19 -
seit vielen Jahren in führenden Positionen bei der W tätig waren, über eine
genaue Kenntnis des Unternehmens verfügten und gute Kontakte zu den
Kunden auf dem zukünftigen Absatzmarkt besaßen. Zum anderen hat er berücksichtigt,
daß der gesondert Verfolgte R über umfassende Branchenkenntnisse
verfügte. Zudem war die finanzielle Situation der W so
gestaltet, daß weder eine dauerhafte Anbindung an die C AG noch
größere Investitionen des Erwerbers zwingend erforderlich erschienen. Hiernach
konnte berücksichtigt werden, daß die Angeklagten und ihre Partner
fortsetzungswillig waren und als zur Fortsetzung des Unternehmens befähigte
Personen hinter der C AG standen.
c) Weiterhin haben die Angriffe gegen die vom Landgericht gezogene
Schlußfolgerung, der THA sei durch die Veräußerung der W kein Vermögensschaden
entstanden, aus revisionsrechtlicher Sicht keinen Erfolg.
Das gilt zunächst für die Annahme des Tatrichters, der Kaufpreis in
Höhe von 2 Mio. DM habe dem Wert der W zum Zeitpunkt der Veräußerung
entsprochen. Die Strafkammer ist insoweit den Angaben der auf Seiten
der THA mit der Privatisierung der W befaßten Zeugen gefolgt, wonach
sich die Ermittlung des Kaufpreises eines DDR-Unternehmens bei Überführung
in die Marktwirtschaft schwierig gestaltet und man schließlich bei der
W den Unternehmenswert nach dem bei der Fortführung von Unternehmen
maßgeblichen Ertragswertverfahren bestimmt habe. Dem Einwand der
Revision, der Unternehmenswert hätte durch eine Verbindung von Substanzund
Ertragswert ermittelt werden müssen und insoweit wären weitergehendere
Feststellungen und Darlegungen in den Urteilsgründen erforderlich gewesen,
ist nicht zu folgen. Zur Bestimmung des Wertes eines Unternehmens
sind im Strafverfahren grundsätzlich die anerkannten Bewertungsmaßstäbe
heranzuziehen, die für den Beschuldigten am günstigsten sind. Nur so kann
wegen der im Zivilrecht bestehenden Bewertungsunsicherheiten und ungeklärten
Bewertungsmaßstäbe dem Grundsatz „in dubio pro reo" Rechnung
getragen werden (vgl. Stree/Heine in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl.
- 20 -
§ 283 Rdn. 51; Tiedemann in Scholz, GmbHG 8. Aufl. § 84 Rdn. 47; Schaal
in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG 4. Aufl. § 84 Rdn. 38). Hiernach
durfte sich der Tatrichter zur Wertermittlung der W auf die genannten Zeugen
stützen. Die insoweit maßgeblichen Berechnungsgrundlagen und Bilanzen
sind im Urteil noch ausreichend dargestellt.
Aber auch der Umstand, daß seinerzeit für die THA die Erhaltung von
Arbeitsplätzen eine der wesentlichen Vorgaben war, die Angeklagten sowie
ihre Partner aber bereits vor Vertragsschluß einen erheblichen Stellenabbau
vorgesehen hatten, zwang den Tatrichter nicht zur Annahme eines Vermögensschadens.
Zwar kann bei Verträgen, bei denen mit einem wirtschaftlichen
Austauschgeschäft die Erreichung eines sozialen Zwecks gekoppelt ist,
ein Schaden gegeben sein, wenn dieser soziale Sinn verfehlt wird. Es kann
aber nicht jeder auf Täuschung beruhende Motivirrtum die Strafbarkeit begründen
(vgl. BGH NJW 1992, 2167; 1995, 539; Cramer in Schönke/
Schröder aaO § 263 Rdn. 105). Maßgeblich ist, daß der Abschluß des
Geschäfts entscheidend durch den sozialen Zweck bestimmt war, dieser jedoch
verfehlt worden ist. Eine derartige Zweckbestimmung ist dem notariellen
Kaufvertrag vom 27. Februar 1991 jedoch nicht zu entnehmen. Vielmehr
heißt es in dessen Präambel lediglich, die „Käuferin geht davon aus, daß bei
der gegenwärtigen unveränderten Wirtschaftslage bei W ca. 750 Arbeitsplätze
... sichergestellt werden können.“ Unter Punkt 9 des Vertrags ist weiterhin
vereinbart worden: „W beschäftigt zum Übernahmestichtag
ca. 1225 Mitarbeiter, von denen gegenwärtig 364 gekündigt sind und weiteren
168 gemäß Sozialplan zu kündigen ist. Die Käuferin verpflichtet sich, das
Unternehmen in einem nach Auftragslage und Mitarbeiterzahl angemessenem
Umfang langfristig fortzuführen.“ In dem Revisionsbericht Nr. 45/95 der
Bundesanstalt für Vereinigungsbedingte Sonderaufgaben, der in der Hauptverhandlung
verlesen wurde und den die Revision vorgelegt hat, werden
unter Punkt 7 unter anderem folgende Defizite festgestellt: „Die Arbeitsplatzund
Investitionszusagen sind nicht verbindlich garantiert und pönalisiert.“
Hiernach konnte der Tatrichter „ganz außergewöhnliche Schutzklauseln, die
- 21 -
... die Arbeitnehmer vor einer Betriebseinstellung oder einem starken Abbau
des Arbeitnehmerbestandes ... schützen sollten“ und wie sie der Entscheidung
des Bundesgerichtshofs vom 10. Juli 1996 (BGHR StGB § 266 Abs. 1
Nachteil 37) zugrunde lagen, verneinen und annehmen, daß „der Vertragstext
nicht zwingend den Schluß“ zulasse, es sei „der THA gerade auf die Erhaltung
der Arbeitsplätze um jeden Preis“ angekommen.
3. Zum vierten bis achten Fall (verdeckte Kapitalentnahmen) wendet
sich die Revision mit der Sachrüge gegen die Auffassung der Strafkammer,
der objektive Tatbestand der Untreue sei mangels eines Vermögensnachteils
bei der W nicht gegeben und - hilfsweise - sei den Angeklagten ein vorsätzliches
Handeln nicht nachzuweisen. Die Beanstandungen haben keinen
Erfolg.
a) Die Gesellschafter einer GmbH sind nach der gesetzlichen Konzeption
grundsätzlich frei, über das Gesellschaftsvermögen zu verfügen. Nach
der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu einer im Einverständnis
aller Gesellschafter erfolgten verdeckten Kapitalentnahme dürfen
die Gesellschafter jedoch über das Gesellschaftsvermögen dann nicht verfügen,
wenn dadurch eine konkrete Existenzgefährdung für die Gesellschaft
entsteht. Eine solche Existenzgefährdung liegt jedenfalls vor, wenn das nach
§ 30 GmbHG geschützte Stammkapital der GmbH angegriffen wird (vgl.
BGHSt 35, 333, 336 ff.; BGHZ 142, 92, 95; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil
37, 45). Sie ist aber auch bejaht worden für Verfügungen über das Gesellschaftsvermögen,
die zwar das Stammkapital noch nicht unmittelbar beeinträchtigen,
jedoch durch Entzug der Produktionsanlagen oder Gefährdung
der Liquidität zu einer unmittelbaren Existenzgefährdung der GmbH führen
(vgl. BGHSt 35, 333, 337; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 37 m. w. N.).
Bei Anwendung dieses Maßstabs hat das Landgericht einen Vermögensnachteil
der W rechtsfehlerfrei ausgeschlossen.
- 22 -
Die Beanstandung, die Feststellungen der Strafkammer zur Begründung
ihrer Auffassung, das Stammkapital sei zu den Zeitpunkten der jeweiligen
Entnahmen rechnerisch nicht angegriffen gewesen, seien lückenhaft,
bleibt erfolglos. Die Gesamtschau der Feststellungen ergibt, daß die Auffassung
des Landgerichts im Ergebnis rechtsfehlerfrei begründet ist. Bei einem
Stammkapital von 4 Mio. DM (UA S. 5) wies die Eröffnungsbilanz zum 1. Juli
1990 ein Eigenkapital einschließlich Sonderrücklagen in Höhe von
47,8 Mio. DM auf (UA S. 57). Die Grundstücke waren in der Bilanz mit
38,1 Mio. DM aktiviert, während sich ihr tatsächlicher Wert auf das Vier- bis
Fünffache belief (UA S. 57, 58). Die Strafkammer hat nachvollziehbar dargelegt,
daß es bis zum März 1992 zu Entnahmen in Höhe von 63 Mio. DM
gekommen ist (UA S. 143, 144). Selbst unter Berücksichtigung der angefallenen
laufenden Verluste ist damit der entnahmefähige Betrag nicht ausgeschöpft
worden.
Der Senat entnimmt dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe,
daß auch sonst keine Existenzgefährdung, etwa durch Gefährdung der Liquidität,
eingetreten ist.
b) Die Verneinung eines Untreuevorsatzes ist ausreichend begründet
worden. Im Hinblick darauf, daß den Angeklagten La und . Vo angesichts
des Alleinführungsanspruchs des gesondert Verfolgten R
nähere Einblicke in die eigentlichen Geschäftsabläufe zunehmend verwehrt
(vgl. UA S. 12, 22, 78) und sie in wesentliche Entscheidungsvorgänge nicht
mehr einbezogen wurden (UA S. 33), brauchte der äußere Tathergang nicht
noch weiter aufgeklärt zu werden.
c) Der Senat besorgt auch nicht, der Tatrichter könne bei seiner Beweiswürdigung
die Indizwirkung der Fälle eins bis drei übersehen haben. Der
hierdurch verursachte Vermögensnachteil verliert angesichts der ursprünglichen
Wirtschaftskraft der W an Gewicht. Ebenso kann ausgeschlossen
werden, das Landgericht habe seine eigene Feststellung, daß innerhalb von
- 23 -
dreizehn Monaten der W 63 Mio. DM entzogen worden sind (UA S. 31),
übersehen.
4. Zum achten und zwölften Fall werden hinsichtlich des Angeklagten
Ha gegen die Verneinung des Untreuevorsatzes keine konkreten Beanstandungen
erhoben.
Weiterer Ausführungen zum Vorwurf einer Beihilfe zur Steuerhinterziehung
bedurfte es nicht, da das Landgericht insoweit keine Haupttat feststellen
konnte. Die Staatsanwaltschaft hat mit der Anklageschrift keinen
Sachverhalt unterbreitet, der dem Landgericht Anlaß zu umfangreicheren
Darstellungen zu einer Steuerhinterziehung hätte geben müssen. Sie hat
auch insoweit keine Verurteilung beantragt. Deshalb hätte die Beschwerdeführerin,
wenn sie im Urteil zu diesem Komplex Feststellungen vermißt, eine
Aufklärungsrüge erheben müssen.
5. Die Strafzumessung begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.
Auch im übrigen zeigt die Sachrüge keinen Fehler auf.
Harms Häger Basdorf
Gerhardt Schaal



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