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BGH, Urteil vom 12. August 2003 - 1 StR 127/03


Entscheidungstext  
 
BGH, Urt. v. 12.8.2003 - 1 StR 127/03
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 127/03
vom
12.8.2003
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
12.08.2003, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack,
die Richter am Bundesgerichtshof
Schluckebier,
Dr. Kolz,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Ravensburg vom 17. Januar 2003 wird verworfen.
Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit dem
Ausüben der tatsächlichen Gewalt über eine Selbstladekurzwaffe sowie wegen
unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge in 13 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs
Monaten verurteilt. 25.000,-
Außerdem wurde dem Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen unter Festsetzung
einer Sperrfrist für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis von einem
Jahr und drei Monaten. Der umfassend eingelegten und mit der Sachrüge begründeten
Revision des Angeklagten bleibt der Erfolg versagt. Insbesondere
ist die Verfallsanordnung rechtlich nicht zu beanstanden.
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I.
Nach den Feststellungen des Landgerichts übernahm der Angeklagte im
mittäterschaftlichen Zusammenwirken mit verschiedenen Lieferanten von Dezember
1999 bis April 2002 13 mal Haschisch, um dieses "anschließend in
eigenverantwortlicher Weise" - zehnmal unter Benutzung eines Personenkraftwagens
als Versteck und Transportfahrzeug - an die Abnehmer auszuliefern.
Gegenstand dieser Handelsgeschäfte waren jeweils Mengen im Bereich
von 700 g bis zu 11 kg, insgesamt 52,2 kg - mit einem Wirkstoffgehalt
von 1,6 % bis 13,1 % THC -, wovon 2,646 kg nicht mehr ausgeliefert werden
konnten, da sie am 16. April 2002 beim Angeklagten sichergestellt wurden.
Dem Angeklagten fiel auch die Aufgabe zu, sich die Erlöse aus dem Rauschgifthandel
von den Abnehmern aushändigen zu lassen und an die Lieferanten
des Haschisch weiterzuleiten. Der erzielte Verkaufspreis betrug mindestens
3.000,-- DM pro Kilo, insgesamt - bei zumindest 49 kg ausgeliefertem Haschisch
- also wenigstens 147.000,-- DM. Der Angeklagte erhielt für seinen
Tatbeitrag je nach Menge des Rauschgifts jeweils 500,-- bis 1.500,-- DM, bei
Verteilung einer Charge an verschiedene Abnehmer auch mehr.
Zum anderen handelte der Angeklagte im April 2000 auf eigene Rechnung
mit Betäubungsmitteln und hielt dazu am 16. April 2002 in F.
in seiner Wohnung 58 g Heroin (HHCL-Gehalt: 6,3 g), 60 g Kokain (CHCLGehalt:
42 g) sowie 41 g Haschisch (THC-Gehalt: 12 %) und in einer von ihm
genutzten Garage weitere 300 g Haschisch (gleicher Qualität) zum Verkauf
bereit. In der Garage verwahrte der Angeklagte - ohne über eine Waffenbesitzkarte
zu verfügen - bewußt in Griffweite zum Rauschgiftversteck eine
funktionsfähige Selbstladepistole und 167 Schuß passender Munition.
- 5 -
II.
Schuld- und Strafausspruch sowie die Entziehung der Fahrerlaubnis
sind rechtsfehlerfrei. Insbesondere tragen die Feststellungen die Verurteilung
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln sowie die Einstufung
des Angeklagten als Mittäter in den "Kurierfällen".
Auch die Verfallsanordnung hält rechtlicher Überprüfung stand. Zu
Recht hat die Strafkammer - ausgehend vom sogenannten Bruttoprinzip (vgl.
BGH NStZ 1994, 123; BGH NJW 2002, 3339 [3340] m.w.N; umfassend zum
Verfall: Podolsky/Brenner, Vermögensabschöpfung im Strafverfahren,
S. 13 ff.) - nicht nur die Entlohnung des Angeklagten als Kurier, sondern auch
die von ihm von den Abnehmern der Rauschmittel übernommenen Erlöse bei
ihm grundsätzlich uneingeschränkt den Vorschriften über den Verfall (§ 73
StGB) beziehungsweise den Verfall des Wertersatzes (§ 73 a StGB) unterworfen,
auch wenn er diese Beträge später absprachegemäß an seine Hintermänner
abzuliefern hatte und auch ablieferte. Der einem für eine "Rauschgiftorganisation"
tätigen Betäubungsmittelkurier ausgehändigte Kaufpreis unterliegt
in voller Höhe dem Verfall (BGHSt 36, 251), unabhängig von den zivilrechtlichen
Besitz- und Eigentumsverhältnissen zwischen den Tatbeteiligten
(BGHSt 36, 251 [253 f.]; Weber BtMG 2. Aufl. § 33 Rdn. 44 f.; des Hinweises
des Landgerichts auf § 73 Abs. 3 StGB, der die Möglichkeit der Verfallsanordnung
gegen nicht tatbeteiligte Drittbegünstigte eröffnet - vgl. BGHSt 45,
235 ff. -, die dann am Verfahren aber auch hätten beteiligt werden müssen,
bedurfte es daher nicht.) Denn beim Erlangen i.S.v. § 73 Abs. 1 StGB handelt
es sich um einen tatsächlichen Vorgang. Erlangt ist - unabhängig von der
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Wirksamkeit des zugrundeliegenden Grund- und Verfügungsgeschäfts -
schon dann "etwas", wenn dem Täter aus der Tat in irgendeiner Phase des
Tatablaufs (BGH NStZ 1994, 123 [124]) auf irgendeine Weise unmittelbar etwas
wirtschaftlich meßbar zugute kommt (vgl. Schmidt in Leipziger Kommentar
zum StGB, 11. Aufl. § 73 Rdn. 19; Eser in Schönke/Schröder StGB
26. Aufl. § 73 Rdn. 11). Mit dem Erhalt des Geldes, mit dessen Besitz, hatte
der Angeklagte, sofern er nicht überhaupt Eigentümer geworden ist, jedenfalls
die tatsächliche Möglichkeit, darüber zu verfügen, wenn auch nur vorübergehend.
Dies stellt einen dem jeweiligen Geldbetrag entsprechenden Wert dar
(vgl. BGHSt 36, 251 [254]), den der Angeklagte unmittelbar aus der Tat erlangt
hatte. Die Weitergabe der vereinnahmten Beträge vom Angeklagten an
andere Tatbeteiligte - unerlaubt, da dies Teil des verbotenen Handeltreibens
ist - kann im Rahmen der Härteregelung gemäß § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt.
StGB Berücksichtigung finden (zu den Voraussetzungen umfassender Haftung
von Mittätern am Betäubungsmittelhandel als Gesamtschuldner bei Verfall
des Wertersatzes vgl. BGH NStZ 2003, 198 [199]; vgl. aber auch Schmidt
in Leipziger Kommentar StGB 11. Aufl. § 73 Rdn. 72). Die Strafkammer hat
die Härteregelung des § 73 c Abs. 1 StGB erkennbar geprüft.
Nack Schluckebier Kolz
Hebenstreit Elf



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