BGH,
Urt. v. 22.5.2007 - 1 StR 582/06
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 582/06
vom
22.05.2007
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u.a.
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
22.05.2007, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Boetticher,
Dr. Kolz,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin und
Rechtsanwältin
als Verteidigerinnen,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenkläger H. C. , E. C. und
M. W. ,
Rechtsanwalt
als Vertreter des Nebenklägers T. M. ,
die Nebenklägerin M. W. persönlich,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger
wird das Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 21. April 2006 mit den
Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten der Rechtsmittel, an eine Schwurgerichtskammer
des Landgerichts Stuttgart zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf des Mordes und des
zweifachen Mordversuchs freigesprochen. Nach der Anklage lag ihm zur
Last, am 7. Oktober 2004 die Sparkassenfiliale in S. ausgeraubt und
dabei eine Sparkassenkundin erschossen und deren Ehemann sowie einen
Sparkassenangestellten lebensgefährlich verletzt zu haben. Von
seiner Täterschaft konnte sich das Landgericht nicht
überzeugen.
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Mit ihren Revisionen rügen die Staatsanwaltschaft und die
Nebenkläger die Verletzung materiellen und formellen Rechts.
Die Rechtsmittel, die vom Generalbundesanwalt vertreten werden, haben
mit der Sachrüge Erfolg, da die dem Freispruch zugrunde
liegende Beweiswürdigung Rechtsmängel aufweist. Auf
die Verfahrensrügen kommt es nicht mehr an.
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I.
1. Das Landgericht hat festgestellt:
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Am 7. Oktober 2004 versah in der Sparkassenfiliale S. der Bankkaufmann
T. M. den Dienst. Während der von 12.00 Uhr bis 14.00 Uhr
dauernden Mittagspause nahm T. M. eine Verabredung in N. mit Kollegen
anderer Filialen wahr. Zwischen 13.46 Uhr und spätestens 13.54
Uhr kehrte er in die Filiale S. zurück. Unter nicht
näher geklärten Umständen wurde er dort vor
13.56 Uhr von einem unmaskierten und mit einer Pistole bewaffneten Mann
gezwungen, im Kassenraum den Banktresor zu öffnen und
Geldscheine sowie Münzgeld im Werte von 33.514 €
herauszugeben. Anschließend musste sich T. M. in dem
benachbarten Beratungsraum hinknien und erhielt von dem Täter
mit einem stumpfkantigen Gegenstand bis zu zwölf wuchtige
Schläge auf den Kopf, die zu einem lebensgefährlichen
Schädel-Hirn-Trauma mit einer handtellergroßen
Trümmerfraktur des Schädeldachs und zu
Trümmerfrakturen im Bereich der Augenhöhlen sowie
Kontasionen des Hirngewebes führten.
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Um 13.55 Uhr betraten die Eheleute C. die Sparkassenfiliale, um ein
Bankgeschäft zu erledigen. Vom Kundenschalterraum aus
hörten sie Stöhngeräusche, ohne jemand zu
sehen. Mit den Worten "Schnell raus, hier stimmt was nicht" zog H. C.
seine Ehefrau in den Windfang und wollte mit ihr die Bank verlassen.
Noch bevor sie die Eingangstür erreicht hatten, kam ein Mann
aus dem Beratungsraum und drängte sie mit vorgehaltener
Pistole zurück in den Kundenschalterraum. Er drückte
den Zeugen H. C. bäuchlings über die
Sitzfläche eines Stuhles, setzte die Pistole im Nacken des
Zeugen an und drückte ab. Das Projektil drang im linken
Nackenbereich ein und trat unterhalb des linken Unterkiefers wieder
aus. Nunmehr richtete der Täter die Waffe
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gegen G. C. und gab von vorn zwei Schüsse auf deren Kopf ab
mit der Folge, dass G. C. innerhalb weniger Sekunden verstarb. Der
Täter flüchtete mit der Beute. Die Verletzungen des
T. M. und des H. C. waren lebensgefährlich. Beide
überlebten nach Notoperationen, wobei T. M. bis zum 16.
Oktober 2004 in ein künstliches Koma versetzt wurde.
2. Auf den Angeklagten fiel der Tatverdacht insbesondere aufgrund
folgender Erkenntnisse:
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a) Die beiden die Tat überlebenden Geschädigten T. M.
und H. C. haben den Angeklagten als Täter bezeichnet.
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b) Der Angeklagte fuhr im Tatzeitraum mit seinem Kraftfahrzeug in der
Nähe des Tatorts.
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c) Der Angeklagte befand sich in finanziellen Schwierigkeiten. Am
Nachmittag des Tattages zahlte er bei der Volksbankfiliale S. 10.000
€ ein, darunter 14 Scheine im Wert von je 500 € - die
Tatbeute enthielt 15 Scheine in diesem Wert. Am folgenden Tag zahlte
seine Lebensgefährtin dort weitere 4.600 € ein. Bei
Durchsuchungen seines Anwesens wurden ca. 20.000 €
sichergestellt.
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d) Im Kniekehlenbereich des Fahrersitzes des von dem Angeklagten
benutzten Fahrzeugs wurde eine Blutantragung gesichert, deren
molekulargenetische Untersuchung ein DNA-Teilmuster ergab, welches mit
einem Häufigkeitswert von 1:10.130 mit den Merkmalen des
Geschädigten M. übereinstimmt.
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e) In einem alten Steinbruch von S. wurde im weiteren Verlauf des
Tattages ein Feuer entzündet, das eine starke schwarze
Rauchsäule entfaltete. Im Brandschutt dieser Feuerstelle
wurden Adressaufkleber des Angeklag-
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ten, diesem zuzuordnende Rundhölzer und - etwa 13 Monate nach
diesem Brand - eine Kautschukmischung aus einem Produkt des
französischen Stiefelherstellers Le Chameau sichergestellt.
Der Angeklagte hatte zweimal ein paar Gummistiefel dieser Marke gekauft
und trug am Tattag Stiefel. Zwei am Tatort gesicherte
Schuhabdruckfragmente wurden von einem Gummistiefel der Marke Le
Chameau verursacht.
3. Das Landgericht hat sich gleichwohl von der Täterschaft des
Angeklagten nicht zu überzeugen vermocht.
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Hinsichtlich des Zeugen M. bestünden wegen der erheblichen
Verletzungen im Gehirnbereich Bedenken an der
Aussagetüchtigkeit. Der Zeuge C. habe unmittelbar nach der Tat
gegenüber verschiedenen Zeugen lediglich
geäußert, der Täter habe dem Angeklagten
ähnlich gesehen. Die finanzielle Situation des Angeklagten sei
nicht ganz aussichtslos gewesen. Hinsichtlich der Blutspur im Fahrzeug
des Angeklagten liege das Analyseergebnis im Bereich der unteren
Nachweisgrenze; insbesondere sei nicht nachvollziehbar, dass angesichts
des äußerst blutigen Geschehens in der Sparkasse in
dem nichtgereinigten Fahrzeug des Angeklagten keine weiteren Blutspuren
gefunden wurden. Es bestünden aus zeitlichen Gründen
erhebliche Zweifel daran, dass es dem Angeklagten überhaupt
möglich war, das Feuer in dem Steinbruch zu
entzünden. Darüber hinaus lasse sich nicht
feststellen, dass die im Brandschutt gefundenen Gegenstände
auch tatsächlich aus dem Brand des Tattages stammen.
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Im Übrigen bestünden ernsthafte Zweifel daran, dass
es dem Angeklagten in zeitlicher Hinsicht möglich war, die Tat
zu begehen. Die Kammer hält die Angabe des Zeugen B.
für glaubhaft, er habe den Angeklagten um genau 13.54 Uhr mit
seinem Fahrzeug ca. 100 Meter von der Sparkasse entfernt in die
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H. straße einbiegen und ortsauswärts fahren sehen.
Da die Eheleute C. die Sparkasse um 13.55 Uhr betreten hätten,
hätte um 13.54 Uhr - auch wenn die Tat zum Nachteil des Zeugen
M. in nicht mehr als eineinhalb Minuten begangen werden konnte - der
Täter sich bereits in der Sparkasse befinden müssen.
Schließlich gebe es Hinweise auf andere Täter. Die
Zeugin G. habe gegen 12.30 Uhr, als T. M. die Sparkasse bereits
verlassen gehabt und der Angeklagte sich noch zuhause befunden
hätte, eine männliche Stimme aus dem Bankinneren
gehört. Im Tatzeitraum habe vor der Sparkasse ein
dunkelfarbenes Fahrzeug gestanden, das keinem der in der
Hauptverhandlung gehörten Zeugen zugeordnet werden konnte.
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II.
Die Beweiswürdigung hält rechtlicher Prüfung
nicht stand.
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1. Spricht das Gericht einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an
seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist
dies durch das Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Es kommt
nicht darauf an, ob das Revisionsgericht angefallene Erkenntnisse
anders gewürdigt oder Zweifel überwunden
hätte. Daran ändert sich nicht einmal dann etwas,
wenn eine vom Tatrichter getroffene Feststellung "lebensfremd"
erscheinen mag. Es gibt im Strafprozess keinen Beweis des ersten
Anscheins, der nicht auf der Gewissheit des Richters, sondern auf der
Wahrscheinlichkeit eines Geschehensablaufs beruht.
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Demgegenüber ist eine Beweiswürdigung etwa dann
rechtsfehlerhaft, wenn sie schon von einem rechtlich unzutreffenden
Ansatz ausgeht, z.B. hinsichtlich des Umfangs und der Bedeutung des
Zweifelssatzes, wenn sie lückenhaft ist, namentlich
wesentliche Feststellungen nicht erörtert, wenn sie wider-
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sprüchlich oder unklar ist, gegen Gesetze der Logik oder
gesicherte Verfahrenssätze verstößt oder
wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit
überspannte Anforderungen gestellt sind (st. Rspr., vgl. etwa
BGH NJW 2005, 1727; BGH NStZ-RR 2003, 371; BGHR StPO § 261
Überzeugungsbildung 33, jew. m.w.N.).
2. Das Landgericht hat umfänglich und detailliert eine
Vielzahl den Angeklagten belastender Indizien sowie die ihn
entlastenden Umstände aufgelistet und gewürdigt. Die
Abwägungen werden gleichwohl den vorstehenden
Grundsätzen in mehrfacher Hinsicht nicht gerecht. Die
Strafkammer hat bei der Gesamtwürdigung wichtige belastende
Indizien nicht hinreichend einbezogen, denen sie für sich
gesehen keinen "zwingenden" Beweiswert beigemessen hat (Buchst. a). Sie
sieht erhebliche konkrete Verdachtsmomente aufgrund nicht
tragfähiger Hypothesen und bloß denktheoretischer
Möglichkeiten als entwertet an (Buchst. b). Einzelne
belastende Beweisanzeichen hat sie überhaupt nicht
erörtert (Buchst. c). Schließlich liegen
Erörterungsmängel hinsichtlich entlastender
Beweismittel vor (Buchst. d).
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a) Die Strafkammer hatte zu prüfen, ob die beiden die Tat
überlebenden Opfer, H. C. und T. M. den Angeklagten
überzeugungskräftig als Täter identifiziert
haben. Sie kam - sachverständig beraten - jeweils zu dem
Ergebnis, dass sie wegen verbleibender Zweifel nicht feststellen
könne, die Zeugen hätten den Angeklagten "sicher" als
Täter erkannt. Sie hat damit zwei wesentliche Beweisanzeichen
für die Täteridentifikation einzeln unter
Zugrundelegung des Zweifelssatzes als letztlich nicht
überzeugend erachtet. Der Zweifelssatz, der eine
Entscheidungs- und keine Beweisregel ist, darf jedoch nicht auf
einzelne Indiztatsachen angewendet werden, sondern kann erst bei der
Gesamtbetrachtung zum Tragen kommen (vgl. BGH NStZ 2001, 609 m.w.N.).
Es ist deshalb zu besorgen, dass die Kammer nicht hinreichend be-
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dacht hat, dass diese wichtigen Indizien, auch wenn sie sie - einzeln
für sich betrachtet - nicht zum Nachweis der
Täterschaft für ausreichend zu erachten vermochte,
doch mit ihrem verbleibenden erheblichen Beweiswert in der Gesamtheit
aller belastenden Indizien dem Gericht die entsprechende
Überzeugung vermitteln könnten (st. Rspr., vgl. BGHR
StPO § 261 Beweiswürdigung 2, 20 m.w.N.). Gerade
angesichts der Häufung und gegenseitigen Durchdringung der den
Angeklagten belastenden Umstände erscheint es
möglich, dass die Kammer bei einer sachgerechten Gesamtschau
die Überzeugung von der Täterschaft gewonnen
hätte. Der formelhafte Hinweis, nach einer "Auseinandersetzung
mit allen für den Tathergang wesentlichen Umständen
und Indizien" verblieben vernünftige Zweifel an der
Täterschaft des Angeklagten, vermag die gebotene
Gesamtwürdigung unter Gewichtung der einzelnen Beweise nicht
zu ersetzen (vgl. BGH NStZ 1998, 475).
b) Das Landgericht lässt der molekulargenetisch untersuchten
Blutspur aus dem Fahrzeug des Angeklagten insbesondere deshalb
"allenfalls Indizwirkung" zukommen, weil weder an den
Kleidungsstücken des Angeklagten noch in seinem Fahrzeug
weitere entsprechende Blutspuren festgestellt wurden. Die Kammer stellt
ihre Erwägung unter den Vorbehalt, dass die betroffenen
Kleidungsstücke des Angeklagten gewaschen oder beseitigt
worden sein könnten. Entgegen ihrer Ankündigung (UA
S. 97) ist sie auf diesen Vorbehalt aber nicht mehr eingegangen. Der
Senat kann daher aufgrund dieser Lücke der
Urteilsfeststellungen nicht prüfen, ob diese von der
Strafkammer selbst als wesentlich angesehene Möglichkeit mit
rechtsfehlerfreier Begründung ausgeschlossen wurde. Im
Übrigen ändert die Tatsache, dass keine weiteren
Blutspuren festgestellt wurden, grundsätzlich nichts an dem
Beweiswert der tatsächlich gefundenen Spur mit ihrem
molekulargenetisch festgestellten Aussagewert.
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Weiterhin hat das Landgericht den Beweiswert des nach der Tat in einem
Steinbruch abgebrannten Feuers in Frage gestellt, weil aus zeitlichen
Gründen erhebliche Zweifel daran bestünden, dass es
dem Angeklagten möglich gewesen sein könnte, das
Feuer zu entzünden. Die Kammer hat sich jedoch bei dieser eher
nachrangigen Frage den Blick dafür verstellt, dass in dem
Brandschutt tatsächlich sowohl Reste von Gegenständen
des Angeklagten als auch Reste eines Jagdgummistiefels der Marke Le
Chameau gefunden wurden. Nimmt man hinzu, dass der Angeklagte zweimal
ein Paar dieser wenig verbreiteten Stiefel erworben hatte, am Tattage
Stiefel trug und dass die am Tatort gefundenen Abdruckfragmente von
einem Stiefel der Marke Le Chameau stammen, wird auch hier deutlich,
dass gerade in der Kombination dieser einzelnen Fakten ein besonderer
Beweiswert liegt. Dem hat die Kammer nicht hinreichend Rechnung
getragen, indem sie isoliert auf die Einzelindizien abgestellt hat.
Wenn die Kammer im Übrigen angesichts des Umstandes, dass die
Stiefelreste erst 13 Monate nach der Tat an der Brandstelle gefunden
wurden, die Gefahr einer Manipulation durch Dritte in Rechnung stellt,
wird nicht erkennbar, warum es sich dabei um mehr als eine nur
theoretische Erwägung handeln könnte, die keinen
realen Anknüpfungspunkt hat. Die Kammer stellt selbst fest (UA
S. 166), dass der Stiefel verbrannt worden war, bevor die
Öffentlichkeit über die Bedeutung von Stiefeln der
Marke Le Chameau für das vorliegende Verfahren erfahren hatte.
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c) Die Beweiswürdigung weist zudem Lücken auf.
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Allerdings können und müssen die Gründe auch
eines freisprechenden Urteils nicht jeden irgendwie beweiserheblichen
Umstand ausdrücklich würdigen. Das Maß der
gebotenen Darlegung hängt von der jeweiligen Beweislage und
insoweit von den Umständen des Einzelfalles ab. Dieser kann so
beschaffen sein, dass sich die Erörterung bestimmter einzelner
Beweisumstände erüb-
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rigt. Um einen solchen Fall handelt es sich hier aber nicht. Das
Tatgericht hat vielmehr auf Freispruch erkannt, obwohl eine
Fülle erheblicher Belastungsindizien vorlag. Bei solcher
Sachlage muss es in seine Beweiswürdigung und deren Darlegung
alle wesentlichen für und gegen den Angeklagten sprechenden
Umstände und Erwägungen einbeziehen und in einer
Gesamtwürdigung betrachten (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 338
m.w.N.). Dem wird das angefochtene Urteil trotz der umfangreichen
Beweiserwägungen nicht gerecht:
Die Würdigung der Belastungsindizien erstreckt sich zum einen
nicht auf den Umstand, dass der Angeklagte nach mehreren mit Nachdruck
ausgesprochenen Mahnungen des Filialleiters der Volksbank selbst davon
ausging, bis spätestens zu dem von ihm als "Endtermin"
angesehenen 7. Oktober 2004 - dem Tattag - eine
größere Summe einzahlen zu müssen.
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Darüber hinaus ist nicht erkennbar in die
Beweiswürdigung einbezogen, dass die Tatbeute 15 Scheine im
Wert von je 500 € enthielt und der Angeklagte bei der
Volksbank 14 Scheine in diesem Wert eingezahlt hat. Der Angeklagte will
das eingezahlte Geld in nebenher durchgeführten
Schwarzgeldgeschäften - Verkauf von Wild und
Ausschlachtungsarbeiten auf einer staatlichen Liegenschaft - verdient
haben. Es erscheint nicht ohne weiteres plausibel, dass er aus diesen
Geschäften weit überwiegend allein 500-Euro-Scheine
erlangt hat.
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Nicht erörtert ist auch - gerade vor dem Hintergrund der von
der Strafkammer erörterten These, ein Fremder hätte
die Bank überfallen können -, dass es dem nicht
maskierten Täter darum ging, die in der Bank anwesenden
Personen zu töten, und er zu diesem Zweck sogar die Eheleute
C. vom Eingangsbereich zurück in den Kundenraum
drängte, um sie dort geradezu hinrichtungsartig zu
töten. Dies legt den erörterungsbedürftigen
Schluss sehr nahe, dass die
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Opfer den Täter gekannt haben und dieser von seiner
Identifizierung ausgehen musste, wenn sie am Leben blieben.
d) Von der Zuverlässigkeit der Aussage des Alibizeugen B. -
dem zentralen Entlastungsbeweismittel - hat sich das Landgericht in
einer für den Senat nicht nachprüfbaren Weise
vorschnell überzeugt. Daher hat es auch dessen Zeitangabe bei
der Abwägung mit den übrigen Beweisanzeichen
rechtsfehlerhaft als bereits feststehend behandelt.
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aa) Das Landgericht hält die Angabe des Zeugen B. für
glaubhaft, er habe den Angeklagten mit seinem Fahrzeug um exakt 13.54
Uhr gesehen, als dieser - aus der L. gasse kommend - nach rechts
stadtauswärts abgebogen sei. Die Zeitangabe habe der Zeuge
deshalb so präzise machen können, weil er dabei von
seinem Hofeingangsbereich aus auf die katholische Kirchturmuhr gesehen
habe, die er immer kontrolliere. Wäre diese Zeitangabe des
Zeugen auf die Minute genau zuverlässig, dann wäre es
- wie das Landgericht ausgehend von dieser Prämisse zu Recht
folgert - dem Angeklagten in der Tat zeitlich nicht möglich
gewesen, vor dem Eintreffen der Eheleute C. um 13.55 Uhr die Bank zu
betreten und es wäre auch ausgeschlossen, dass der Angeklagte
zu dem davor liegenden Zeitpunkt, als der Bankangestellte M. die Bank
betrat, schon an der Bank gewesen sein konnte.
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bb) Von dem Blick auf die Kirchturmuhr hat der Zeuge in der
Hauptverhandlung berichtet, jedoch ergibt sich aus dem Urteil nicht,
wie er sich dazu bei seinen polizeilichen Vernehmungen
geäußert hatte. Das Landgericht bewertet die
Aussageentstehung jedenfalls dahin, dass "keine gravierenden
Widersprüche hinsichtlich seiner Angaben in der
Hauptverhandlung und bei seinen polizeilichen Vernehmungen" vorhanden
seien.
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Ob diese Bewertung zutrifft, kann der Senat anhand der
Urteilsausführungen (vgl. UA S. 144 ff.) nicht
überprüfen: Bei seiner ersten Befragung am 8. Oktober
2004 (dem Tag nach der Tat) hatte der Zeuge offenbar nur bekundet, er
sei "kurz vor zwei" losgefahren; dass er den Angeklagten zuvor gesehen
habe, scheint er nicht erwähnt zu haben ("Ansonsten sei ihm im
Bereich der Sparkasse nichts aufgefallen."). Bei der zweiten
Vernehmung, am Vormittag des 9. Oktober 2004, berichtete er davon, den
Angeklagten "fünf bis sechs Minuten vor 14.00 Uhr" gesehen zu
haben. Bei seiner dritten Vernehmung, am Nachmittag dieses Tages,
präzisierte er den Zeitpunkt auf 13.54 Uhr. Unklar bleibt
danach, ob, wann und wie der Zeuge bei diesen polizeilichen
Vernehmungen seine Erinnerung mit dem Blick auf die Kirchturmuhr
begründet oder den Zeitpunkt, zu dem er den Angeklagten sah,
gar anderweitig rekonstruiert hat (etwa allein durch den mitgeteilten
Blick auf die Küchenuhr um 13.45 Uhr).
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cc) Bei der zentralen Bedeutung der Aussage des Entlastungszeugen B.
hätte die Aussageentstehung - offenbar von einer
zunächst vagen zu einer schließlich ganz
präzisen Zeitangabe - näherer Wiedergabe und
Erörterung bedurft. Es erscheint nämlich eher fern
liegend, dass der zeitnah zur Tat vernommene Zeuge eine derart markante
Besonderheit - wie den Kontrollblick auf die Kirchturmuhr -
zunächst nicht erwähnt, obwohl es schon bei der
ersten Befragung auf minutengenaue Zeitangaben angekommen war. Danach
kommt ernsthaft in Betracht, dass der Zeuge, der sich darauf festgelegt
hat, dass der Angeklagte nicht der Täter sein könne
(UA S. 147), sich nicht konkret an die Uhrzeit erinnert, sondern diesen
Zeitpunkt lediglich rekonstruiert hat.
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Wegen dieses Erörterungsmangels besorgt der Senat, dass das
Landgericht die - möglicherweise nur scheinbar
präzise - Zeitangabe des Zeugen B. allein aufgrund dessen
eigener Aussage, also vorschnell und damit rechtsfehlerhaft, als
feststehenden zeitlichen Fixpunkt im Beweisgebäude angesehen
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hat. Die Frage, ob die Zeitangabe des Zeugen B. zur
Überzeugung des Landgerichts zuverlässig war, durfte
vielmehr erst im Rahmen der abschließenden Gesamtschau mit
den übrigen Beweisanzeichen beantwortet werden. Wäre
dies geschehen, dann ist nicht auszuschließen, dass die
Alibibekundung des Zeugen B. als nicht hinreichend zuverlässig
eingestuft worden wäre. In diesem Fall wäre es dem
Angeklagten zeitlich doch möglich gewesen, die Tat zu begehen.
III.
Da diese sachlich-rechtlichen Mängel bereits zur Aufhebung
führen, kommt es auf die übrigen Beanstandungen der
Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger nicht an.
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IV.
Mit der Aufhebung des Urteils entfällt der an den Freispruch
anknüpfende Ausspruch über die Entschädigung
des Angeklagten für erlittene
Strafverfolgungsmaßnahmen, sodass die hiergegen erhobene
sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegenstandslos ist.
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V.
Die Sache muss somit neu verhandelt und entschieden werden. Der Senat
verweist sie gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1 (2.
Alt.) StPO an ein anderes Landgericht zurück.
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Nack Wahl Boetticher
Kolz Elf |