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BGH, Urteil vom 22. Oktober 2002 - 1 StR 169/02


Entscheidungstext  
 
BGH, Urt. v. 22.10.2002 - 1 StR 169/02
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 169/02
vom
22. Oktober 2002
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen Betruges u.a.
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
22. Oktober 2002, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Boetticher,
Dr. Kolz,
Hebenstreit,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts
Mannheim vom 18. Dezember 2001, soweit es den Angeklagten
S. betrifft, wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten entstandenen
notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht Mannheim hat den Angeklagten S. wegen Betruges
in acht Fällen, wegen bandenmäßigen Betruges in weiteren 42 Fällen sowie
wegen Kapitalanlagebetruges in Tateinheit mit versuchtem bandenmäßigen
Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten
verurteilt. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer auf eine Verfahrensrüge
und die Sachrüge gestützten, wirksam beschränkten Revision allein gegen
die Nichtanordnung des Verfalls von rund 3.975.490 DM. Das Rechtsmittel
hat keinen Erfolg.
1. Die Strafkammer hat zum Vorliegen der Voraussetzungen des Verfalls
folgende Feststellungen getroffen:
Der Angeklagte gab am 1. September 1997 seine Stelle als Niederlassungsleiter
einer Bank in Mannheim auf und wechselte zur Sch. /K. -
Gruppe. Der Mitangeklagte Sch. eröffnete dem Angeklagten spätestens
am 10. Februar 1998, daß die Firmengruppe im wesentlichen durch betrügerische
Leasingfinanzierungen am Leben erhalten würde. Seit diesem Zeitpunkt
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übernahm der Angeklagte eigenverantwortlich u.a. die Erläuterung der Bilanzen
der Sch. /K. -Gruppe und der angeschlossenen Unternehmen gegenüber
den Banken und Leasingfirmen. Dafür verlangte der Angeklagte für
seine dauerhafte Mitwirkung an den Straftaten die Zahlung eines Geldbetrages
in Höhe von rund 3,9 Millionen DM. Der Höhe dieses Betrages lag zugrunde,
daß sich der Angeklagte für den Fall der Entdeckung Einkünfte sichern wollte,
wie er sie aus seiner Tätigkeit bei der Bank bezogen hatte. Auf Veranlassung
des Mitangeklagten wurde der Betrag in der Zeit vom 1. April 1998 bis 22. Oktober
1999 in insgesamt vier Tranchen auf das auf ein auf den Namen E.
S. - der Mutter des Angeklagten - lautendes Konto bei einer Bank in
Zürich überwiesen (UA S. 48, 76). Verfügungsberechtigter und wirtschaftlicher
Inhaber des Kontos war der Angeklagte. Der Insolvenzverwalter der
Sch. /K. -Gruppe hat bereits Schadensersatzansprüche verschiedener
Finanzinstitute gegenüber dem Angeklagten angemeldet; dieser hat bereits auf
die Herausgabe der Gelder verzichtet.
2. Mit ihrer Verfahrensbeschwerde nach § 244 Abs. 2 StPO macht die
Beschwerdeführerin geltend, die Strafkammer habe es unterlassen, die Herkunft
der Gelder aufzuklären. Sie habe insbesondere der Frage nachgehen
müssen, "ob diese Gelder inkriminierten Ursprungs und aus den angeklagten
Straftaten erlangt wurden". Ein Ersuchen an die Polizei mit dem Auftrag weiterer
Aufklärung hätte ergeben, daß der Mitangeklagte Sch. dem Angeklagten
S. die Gelder über Dritte zukommen ließ und diese aus legalen
Geschäften der F. -Gruppe stammten und damit dem Verfall unterlägen.
Wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift ausgeführt hat, ist die
Verfahrensbeschwerde in nicht zulässiger Weise erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2
StPO). Eine Aufklärungsrüge ist nur dann begründet, wenn der Tatrichter es
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unterlassen hat, eine bestimmte Beweistatsache unter Benutzung eines bestimmten
Beweismittels aufzuklären, obwohl sich ihm die unterbliebene Beweiserhebung
hätte aufdrängen müssen. Eine zulässige Aufklärungsrüge setzt
deshalb u.a. voraus, daß ein bestimmtes Beweismittel und ein bestimmtes zu
erwartendes Beweisergebnis benannt werden (vgl. nur BGHR StPO § 344
Abs. 2 Satz 2 Aufklärungsrüge 6). Für die Behauptung, bei den an den Angeklagten
überwiesenen Geldern handele es sich um Zahlungen Dritter aus legalen
Geschäften mit dem Mitangeklagten Sch. , fehlt es an der Angabe
eines bestimmten Beweismittels, dessen Benutzung sich dem Gericht aufgrund
bestimmter und belegter Tatsachen hätte aufdrängen müssen. Ein Ersuchen an
die Polizei mit dem Auftrag, bestimmte Überprüfungen oder Ermittlungen erst
vorzunehmen, ist kein Beweismittel in diesem Sinne.
3. Die Nichtanordnung des Verfalls des Auszahlungsanspruchs hält
rechtlicher Überprüfung stand. Zu Recht hat die Kammer angenommen, daß
der Verfallsanordnung § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegen steht, weil der Vermögensvorteil
aus der Tat erlangt wurde und Gegenansprüche der Verletzten
bestehen. Dabei sind "aus der Tat" alle Vermögenswerte erlangt, die dem Täter
unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes selbst in irgendeiner
Phase des Tatablaufs zufließen (vgl. BGH NJW 2001, 693 = NStZ 2001, 155 =
StV 2001, 155), insbesondere also eine Beute. Um Vorteile "für die Tat" handelt
es sich demgegenüber, wenn Vermögenswerte dem Täter als Gegenleistung
für sein rechtswidriges Handeln gewährt werden, die nicht auf der Tatbestandsverwirklichung
selbst beruhen, etwa wenn ein Lohn für die Tatbegehung
gezahlt wird. Teilen Mittäter die Beute unter sich, hat daher jeder seinen Anteil
"aus der Tat" erlangt.
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Nach der Würdigung der Kammer stammten die auf dem Konto bei dem
Bankhaus B. eingezahlten Gelder in diesem Sinn "aus Taten" des Angeklagten.
Allerdings führt die Kammer wiederholt aus, der Betrag von 3,9 Millionen
DM sei dem Angeklagten von den anderen Tatbeteiligten "für seine Mitwirkung
an den Straftaten" gewährt worden (UA S. 48, 76). Wie sich aus dem Gesamtzusammenhang
der Urteilsgründe ergibt, meint die Kammer mit dieser
mißverständlichen Formulierung nicht, daß der Angeklagte Vermögensvorteile,
die nicht aus den vom Angeklagten begangenen rechtswidrigen Taten selbst
stammten, als Gegenleistung für seine Tatbeteiligung erhalten sollte. Vielmehr
will sie auf diese Weise zum Ausdruck bringen, daß dem Angeklagten von den
anderen Tatbeteiligten ein Anteil an der Beute aus den Taten, an denen er
beteiligt war (UA S. 98), eingeräumt wurde (so ausdrücklich UA S. 67).
Auch die Beweiswürdigung, aufgrund derer die Kammer zu der Feststellung
gelangt, die Gelder stammten aus den betrügerischen Geschäften der
Sch. /K. -Gruppe, an denen der Angeklagte beteiligt war, ist tragfähig.
Die Kammer stützt sich in diesem Zusammenhang darauf, daß die erste Zahlung
erst sieben Wochen, nachdem der Angeklagte sich als Mittäter an den
Betrugshandlungen beteiligt hatte, geleistet wurde (UA S. 76). Außerdem berücksichtigt
sie, daß im Unternehmen des Angeklagten Sch. nur in einem
geringen Umfang Gelder in den Verkehr gebracht wurden, die nicht in strafbarer
Weise erlangt wurden. Im Hinblick auf die erheblichen Summen, die einerseits
dem Angeklagten S. zuflossen und andererseits den geringen legal
erworbenen Mitteln sowie im Hinblick darauf, daß konkrete Anhaltspunkte dafür
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fehlten, daß die Gelder für den Angeklagten gerade aus solchen Geschäften
herrührten, durfte die Kammer zugunsten des Angeklagten annehmen, daß die
Gelder auf dem Schweizer Konto aus Taten stammten, an denen er beteiligt
war.
Schäfer Wahl Boetticher
Kolz Hebenstreit



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