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BGH, Urteil vom 23. August 2005 - 5 StR 195/05


Entscheidungstext  
 
BGH, Urt. v. 23.8.2005 - 5 StR 195/05
5 StR 195/05
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom
23.08.2005
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßiger Hehlerei
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 23. August
2005, an der teilgenommen haben:
Richter Basdorf als Vorsitzender,
Richter Häger,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
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für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten
gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 11. Oktober
2004 werden verworfen.
Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels. Die
Staatskasse trägt die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft
und die dem Angeklagten durch dieses Rechtsmittel
entstandenen notwendigen Auslagen.
- Von Rechts wegen -
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hehlerei
in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs
Monaten verurteilt. Hiergegen wenden sich der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft,
die ihre - vom Generalbundesanwalt nicht vertretene - Revision
auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat. Beide Rechtsmittel bleiben
ohne Erfolg.
I.
Nach den Feststellungen des Landgerichts kaufte der Angeklagte, ein
seit 1990 jedenfalls teilweise auch in der Nähe von Leipzig lebender niederländischer
Staatsangehöriger, gestohlene LKW von unbekannten Tätern auf.
Die LKW hatten insgesamt einen Zeitwert von etwa 320.000 DM. Der Angeklagte,
der in Grimma und Zschortau in zwei Hallen einen angemeldeten Ge-
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brauchtfahrzeug- und Schrotthandel betrieb, zerlegte die zwischen Juli 2000
und Juni 2001 im weiteren Umfeld von Leipzig entwendeten sechs LKW der
Marke Mercedes-Benz in Kenntnis ihrer deliktischen Herkunft, um sich durch
deren Verkauf eine zusätzliche Einnahmequelle zu erschließen.
II.
Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft sind unbegründet.
1. Die vom Angeklagten mit der Sachrüge begründete Revision bleibt
ohne Erfolg. Die umfassende Überprüfung des angefochtenen Urteils hat
keinen Rechtsfehler ergeben. Die Überführung des Angeklagten, der in der
Hauptverhandlung die Einlassung verweigert hat, beruht auf einer vollständigen,
rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung. Dass das Landgericht ihn als Beteiligten
der Vortat ausgeschlossen hat, steht hierzu nicht in einem den Angeklagten
belastenden Widerspruch. Schließlich brauchte das Landgericht
bei dem komplexen, in der Beweiswürdigung schwierigen Fall mit Auslandsbezug
nicht näher darzulegen, dass keine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung
im Sinne des Art. 6 Abs. 1 MRK vorlag.
2. Die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision der
Staatsanwaltschaft zeigt keinen Rechtsfehler auf.
a) Die strafmildernde Berücksichtigung der Ausländereigenschaft des
Angeklagten ist indes nicht frei von Bedenken. Der Ausländerstatus rechtfertigt
nur bei Vorliegen besonderer Umstände eine Strafmilderung. Solche Umstände
kommen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausnahmsweise
dann in Betracht, wenn der Angeklagte bei Vollzug einer Freiheitsstrafe
innerhalb der Haftanstalt erhebliche sprachliche Verständigungsschwierigkeiten
zu gewärtigen hat oder der Kontakt zu seiner Familie erheb-
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lich erschwert ist (BGHSt 43, 233, 234; BGHR StGB § 46 Abs. 2 Ausländer
2).
Beide Gesichtspunkte liegen hier nicht vor. Der Angeklagte hat zehn
Jahre lang zumindest teilweise in Deutschland gelebt und ist nach den Urteilsfeststellungen
der deutschen Sprache mächtig. Eine Erschwerung seiner
Kontakte zu seiner Familie wirkt schon deshalb nicht strafmildernd, weil hier
nahe liegt, dass der Angeklagte nach § 71 IRG die Freiheitsstrafe in den
Niederlanden verbüßen wird. Im vorliegenden Fall mag allenfalls eine Härte
für den Angeklagten darin zu sehen sein, dass bei einer Verbüßung der Freiheitsstrafe
in den Niederlanden der Kontakt zu seiner zehnjährigen Tochter
beeinträchtigt wäre, die in der Nähe von Leipzig lebt und die er bislang regelmäßig
besucht hat. In diesem Sinne dürfte das Landgericht auch die von
der Staatsanwaltschaft beanstandete Wendung gemeint haben. Im Übrigen
schließt der Senat - in Übereinstimmung mit dem Generalbundesanwalt -
aufgrund ihrer eher beiläufigen Erwähnung aus, dass die Ausländereigenschaft
für das Landgericht ein bestimmender Gesichtspunkt im Sinne des
§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO bei der Strafzumessung gewesen sein könnte.
b) Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht
nicht die über den reinen Sachwert der entwendeten LKW hinausgehenden
Schäden unberücksichtigt gelassen. Vielmehr hat es sämtliche Umstände
gewürdigt, die als verschuldete Auswirkungen der Tat im Sinne des
§ 46 Abs. 2 StGB strafschärfend herangezogen werden dürfen. So hat das
Landgericht Feststellungen getroffen über die bei den Geschädigten durch
die Entwendung der LKW verursachten Verdienstausfälle und die ihnen entgangenen
Aufträge. Dass es diesen Gesichtspunkt im Rahmen der konkreten
Strafzumessung nicht wiederholt hat, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
c) Die Bildung der Gesamtstrafe begegnet gleichfalls keinen Bedenken.
Das Landgericht durfte bei einem Gesamttatzeitraum von knapp einem
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Jahr und sechs Einzeltaten von einem engen zeitlichen Zusammenhang
ausgehen. Im Übrigen lassen die Erwägungen zur Gesamtstrafe keinen
Rechtsfehler erkennen.
Basdorf Häger Raum
Brause Schaal



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