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BGH, Urteil vom 23. Februar 2000 - 3 StR 583/99


Entscheidungstext  
 
BGH, Urt. v. 23.2.2000 - 3 StR 583/99
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 583/99
vom
23. Februar 2000
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 23. Februar
2000, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Kutzer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Rissing-van Saan,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Miebach,
Winkler,
von Lienen
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
in der Verhandlung,
Staatsanwältin bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das
Urteil des Landgerichts Krefeld vom 12. August 1999
im Ausspruch über den Verfall mit den zugehörigen
Feststellungen aufgehoben.
In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten
des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des
Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen, davon in
drei Fällen jeweils in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt,
sichergestelltes Rauschgift eingezogen und einen Geldbetrag von
10.000 DM für verfallen erklärt. Ferner hat es dem Angeklagten die Fahrerlaubnis
entzogen, seinen Führerschein eingezogen und die Verwaltungsbehörde
angewiesen, dem Angeklagten vor Ablauf von zwei Jahren keine neue
Fahrerlaubnis zu erteilen.
Die Staatsanwaltschaft rügt die Verletzung materiellen Rechts. Ihre Revision
ist - trotz mißverständlicher Formulierungen - wirksam auf die Verletzung
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der Vorschriften über den Verfall beschränkt. Die Beschwerdeführerin macht
geltend, über die aus den vier abgeurteilten Taten erlangten, für verfallen erklärten
10.000 DM hinaus hätte ein weiterer Betrag in Höhe von 8.000 DM für
verfallen erklärt werden müssen. Darüber hinaus wäre gemäß § 73 d StGB der
erweiterte Verfall eines Pkws bzw. des insoweit erzielten Verkaufserlöses in
Höhe von 20.700 DM anzuordnen gewesen. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
Das Landgericht hat die Anwendung des § 73 c StGB unzureichend begründet.
Es teilt nicht mit, ob es Satz 1 oder Satz 2 des Absatzes 1 dieser Vorschrift
angewendet hat. Die Urteilsausführungen tragen im übrigen weder die
eine noch die andere Alternative. Zu den Vermögensverhältnissen hat der
Tatrichter ausgeführt, der bis dahin arbeitslose Angeklagte verdiene ab Mai
1998 monatlich 2.500 DM. Seine Taten gingen weit über den Umfang hinaus,
der zur Finanzierung des eigenen Konsums erforderlich war, er habe eine "gewaltige
Menge" Rauschgift umgesetzt, ab Mitte 1998 erhebliche finanzielle
Mittel durch Drogengeschäfte erlangt und einen aufwendigen Lebensstil geführt.
Feststellungen darüber, welches Vermögen der Angeklagte im Zeitpunkt
seiner Verurteilung insgesamt besaß, was er tatsächlich aus den vier abgeurteilten
Taten oder aus weiteren rechtswidrigen Taten erlangt hatte und was
jeweils davon noch vorhanden war, hat der Tatrichter nicht getroffen. In den
Urteilsgründen wird zwar erwähnt, daß die Kammer es "in etwa bei dem Verfall
des bereits sichergestellten Geldes und weiterer Wertgegenstände belassen
und nur diese 10.000 DM für verfallen erklärt" (UA S. 13) hat. Diese Formulierungen
lassen indes offen, welcher Geldbetrag und welche Wertgegenstände
mit welchem Wert im einzelnen damit gemeint sind und wieso diese "in etwa"
10.000 DM ergeben.
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Sollte das Landgericht sich auf § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB ("unbillige
Härte") stützen, so wären die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht dargetan.
An sie sind jedenfalls dann, wenn der Wert des Erlangten noch im Vermögen
des Betroffenen vorhanden ist, hohe Anforderungen zu stellen. Die Situation
muß so sein, daß die Verfallserklärung "ungerecht" wäre, daß sie das
Übermaßverbot verletzen würde (vgl. BGH NStZ 1995, 495; Tröndle/Fischer,
StGB 49. Aufl. § 73 c Rdn. 2). Entscheidend ist, wie sich die Verfallsanordnung
konkret auf das Vermögen auswirkt (Senatsentscheidung BGHR StGB § 73 c
Härte 3).
Für den Fall, daß der Tatrichter § 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB anwenden
wollte, hätte er hier prüfen müssen, ob der Wert des Erlangten im Vermögen
des Angeklagten noch vorhanden war. Nur insoweit das zu verneinen war,
konnte die Verfallsanordnung nach dieser Vorschrift unterbleiben. Mit Sinn und
Zweck des Verfalls wäre nicht zu vereinbaren, die Verfallsanordnung nur deshalb
einzuschränken, um dem Verurteilten kriminell erworbene und noch vorhandene
Vermögenswerte zu erhalten (vgl. BGH NStZ 1995, 495).
Zu Recht beanstandet die Staatsanwaltschaft auch, daß angesichts der
im Urteil getroffenen Feststellungen zu dem weiteren Vermögen und zu weiteren
Wertgegenständen des Angeklagten und deren Herkunft der Tatrichter
nicht erkennbar geprüft hat, ob und inwieweit die Anwendung des § 73 d StGB
(erweiterter Verfall) in Betracht kommt.
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Im übrigen wird der neue Tatrichter die Grundlagen sowohl seiner
Schätzung nach § 73 b StGB als auch seiner Entscheidung nach § 73 c StGB
genauer als bisher festzustellen und darzulegen haben.
Kutzer Rissing-van Saan Miebach
Winkler von Lienen



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