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BGH, Urteil vom 8. April 2003 - 5 StR 448/02


Entscheidungstext  
 
BGH, Urt. v. 8.4.2003 - 5 StR 448/02
5 StR 448/02
StGB §§ 264, 266
1. Möglichkeit der "Haushaltsuntreue" auch bei zweckentsprechender Subventionsgewährung unter Verstoß gegen Vergaberichtlinien.
2. Subventionsbetrug durch gemeinnützigen Verein.
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 8. April 2003
in der Strafsache gegen
1.
2.
wegen Untreue u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat in der Sitzung vom 7. und 8. April 2003, an der teilgenommen haben: Vorsitzende Richterin Harms, Richter Basdorf, Richterin Dr. Gerhardt, Richter Dr. Brause, Richter Schaal als beisitzende Richter, Bundesanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt G , Rechtsanwalt V als Verteidiger des Angeklagten Z , Rechtsanwältin Dr. S als Verteidigerin des Angeklagten Dr. D , Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, am 8. April 2003 für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 22. Februar 2002 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit es die Angeklagten Z
und Dr. D betrifft.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
- Von Rechts wegen -
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten Z vom Vorwurf der Untreue in Tateinheit mit Betrug und den Angeklagten Dr. D vom Vorwurf der Untreue in Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug freigesprochen. Hiergegen wenden sich die Revisionen der Staatsanwaltschaft. Die Beschwerdeführerin rügt die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet das Verfahren. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg. Auf die Verfahrensrüge kommt es nicht an.
I.
1. Das Landgericht hat folgendes festgestellt: Im Rahmen der in Berlin stattfindenden "Internationalen Grünen Woche 1997" fand am 20. Januar 1997 eine Unterredung statt zwischen dem Angeklagten Z , damaliger Minister des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (MELF) im Land Brandenburg, dem Angeklagten Dr. D , der im MELF Leiter des für die Förderpolitik zuständigen Referates war, dem Zeugen R , damals Sachbearbeiter in dessen Referat, und den Vorstandsmitgliedern des Fördervereins D /M e.V. Si und De . Dabei wurde auch über die Möglichkeit der Förderung eines auf dem bäuerlichen Anwesen der Familie Z in Schöna/Kolpien betriebenen Projekts "Holzbackofen" gesprochen. Bei einer am 12. März 1997 abgehaltenen Vorstandssitzung des Fördervereins veranlaßte der Angeklagte Z die Vorstandsmitglieder Si und Sch , einen Formularantrag auf Gewährung einer Zuwendung des Landes Brandenburg nach der Richtlinie des MELF über die Gewährung von Zuwendungen für die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums vom 14. Oktober 1994 (ELR-Richtlinie) blanko, auch ohne Angabe von Zeit und Ort der Antragstellung, zu unterschreiben. Ziel des Antrags war die Unterstützung des Projekts "Holzbackofen". Sodann beauftragte der Angeklagte Z den Angeklagten
Dr. D , sich "vorrangig" der weiteren Bearbeitung des Förderantrags anzunehmen. In ständigem Kontakt mit dem Angeklagten Z
und dem Vereinsvorstand trug der Angeklagte Dr. D Unterlagen zusammen und genehmigte am 22. April 1997 den vorzeitigen Beginn der Maßnahme des Fördervereins. Das entsprechende Schreiben ließ er auf den 22. Januar 1997 zurückdatieren. Nach vollständiger Ausfüllung wurde der Förderantrag dem zuständigen Amt für Agrarordnung zugeleitet, wo er am 22. Mai 1997 einging. Als zu fördernde Maßnahme war die "Wiedereinrichtung und Betreibung einer traditionelldörflichen Holzbackstube mit integrierter Landschaftspflege" angegeben. Es wurde unter anderem beantragt, Umbauarbeiten der Firma T sowie den Erwerb und Einbau zweier Backöfen zu fördern. Das Antragsformular enthielt den Hinweis, daß mit dem zu fördernden Projekt noch nicht begonnen sein durfte. Die Rückdatierung des Förderantrags und der schriftlichen Genehmigung zum vorzeitigen Beginn der Maßnahme des Fördervereins erfolgte im Hinblick auf Nr. 1.3 der Verwaltungsvorschriften zu § 44 der Landeshaushaltsordnung (LHO) des Landes Brandenburg, wonach Zuwendungen nur für solche Projekte bewilligt werden dürfen, die noch nicht begonnen worden sind. Am 20. August 1997 wurde dem Verein nach Zustimmung durch Dr. D vom für die Förderung zuständigen Amt für Agrarordnung eine Zuwendung in Höhe von 488.768,00 DM gewährt.
2. Der Angeklagte Z hat sich zur Sache nicht eingelassen. Der Angeklagte Dr. D hat sich dahin eingelassen, er habe am 21. Januar 1997 auf Geheiß des Vereinsvorsitzenden S Ort und Datum auf dem Antragsformular eingetragen und am folgenden Tag, nachdem der Mitarbeiter R den Entwurf eines Genehmigungsschreibens zum vorzeitigen Beginn des Fördervorhabens entworfen habe, das Schreiben mit der Genehmigung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn unterschrieben. Diese Einlassung hat das Landgericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere aufgrund der Zeugenaussagen einer Sekretärin und einer Registratorin im MELF, für widerlegt erachtet.
Das Landgericht hat die Angeklagten gleichwohl aus tatsächlichen Gründen freigesprochen, weil es nicht auszuschließen vermochte, daß alsbald nach dem 21. Januar 1997 "der Angeklagte Dr. D ... den Vorgang mit dem Angeklagten Z erörterte, diesem signalisierte, daß er den Entwurf für richtig halte und einen vorzeitigen Beginn des Vorhabens mündlich genehmige" (UA S. 17). Bei einem solchen Ablauf liege es "dann auch nicht fern, daß der Angeklagte Z darüber alsbald den (verstorbenen) Vorsitzenden (des Vereins) unterrichtete" (UA S. 27). Das Verteidigungsverhalten insbesondere des Angeklagten Dr. D stünde "dem als nicht ausschließbare Möglichkeit hier zugrunde gelegten Geschehensablauf nicht entgegen"; der Angeklagte Dr. D "hielt vermutlich eine Änderung seines Verteidigungsvorbringens für schädlich und risikoreich" (UA S. 28).
Hilfsweise hat das Landgericht die Angeklagten in Ermangelung eines Vermögensschadens aus Rechtsgründen freigesprochen. Die rechtlichen Voraussetzungen eines Subventionsbetruges hat es ebenfalls verneint.
II.
Die für den Freispruch tragenden Erwägungen halten der sachlich-rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Spricht der Tatrichter den Angeklagten frei, weil er Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist das durch das Revisionsgericht hinzunehmen, denn die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Der Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt insoweit nur, ob dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt. Rechtlich zu beanstanden sind die Beweiserwägungen ferner dann, wenn sie erkennen lassen, daß das Gericht überspannte Anforderungen an die zur Verurteilung erforderliche Überzeugungsbildung gestellt und dabei nicht beachtet hat, daß eine absolute, das Gegenteil denknotwendig ausschließende und von niemandem anzweifelbare Gewißheit nicht erforderlich ist, vielmehr ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit genügt, das vernünftige und nicht bloß auf denktheoretische Möglichkeiten gegründete Zweifel nicht zuläßt (st. Rspr.; vgl. BGHSt 10, 208 f.; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 25, 33; BGH wistra 2002, 260, 261; Engelhardt in KK 4. Aufl. § 261 Rdn. 2 ff. m. w. N.).
Die Urteilsgründe müssen insbesondere erkennen lassen, daß die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Grundlage beruht und die vom Gericht gezogene Schlußfolgerung nicht etwa nur eine Annahme ist oder sich als bloße Vermutung erweist (BGH NStZ-RR 2002, 243). Der Tatrichter darf entlastende Angaben des Angeklagten, für deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit es keine Beweise gibt, nicht ohne weiteres als unwiderlegt hinnehmen. Er muß sich vielmehr auf der Grundlage des gesamten Beweisergebnisses entscheiden, ob diese Angaben geeignet sind, seine Überzeugungsbildung zu beeinflussen (vgl. BGHR StPO § 261 Einlassung 6; Engelhardt aaO § 261 Rdn. 28 m. w. N.). Der Zweifelssatz gebietet es nicht etwa, zugunsten des Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat (st. Rspr.; vgl. BGH NJW 1995, 2300; 2002, 1057, 1059; 2002, 2188, 2189). Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht.
a) Für die Erteilung der vom Landgericht angenommenen mündlichen Genehmigung enthalten die Urteilsgründe keine konkreten Anhaltspunkte. Sie ist nicht von der Einlassung des Angeklagten Dr. D erfaßt, der eine schriftliche Genehmigung vom 21. Januar 1997 behauptet hat. Eine solche ist aber nach der insoweit fehlerfrei gebildeten Überzeugung des Landgerichts gerade nicht erfolgt. Der Angeklagte hat die schriftliche Genehmigung unter Bezugnahme auf eine Anweisung des Ministers von seiner Sekretärin am 22. April 1997 auf den 21. Januar 1997 zurückdatieren lassen.
b) Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang selbst ausgeführt, das Erteilen einer mündlichen Genehmigung sei nach den getroffenen Feststellungen "außerordentlich ungewöhnlich und auch in der ministeriellen Praxis eine von der Regel abweichende Ausnahme gewesen" (UA S. 27). Noch ungewöhnlicher erscheint eine mündliche Genehmigung, weil ein Aktenvermerk hierüber nicht vorhanden ist, obwohl "die Angeklagten ... verpflichtet gewesen (wären), die erteilte Genehmigung durch Anlage eines Aktenvermerks aktenkundig zu machen" (UA S. 31).
Auffallend ist auch, daß die spätere schriftliche Genehmigung nicht nur rückdatiert ist, sondern darüber hinaus offenbare Unrichtigkeiten enthält. Es wird darin die Genehmigung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn mit einer Einsturzgefahr für das Backhaus gerechtfertigt (UA S. 18), wohingegen tatsächlich im Sommer 1996 der alte Backofen zu verfallen drohte (UA S. 10) und zwei neue Backöfen im nicht genutzten Teil des Schweinestalls eingebaut werden sollten; mit den entsprechenden Sanierungs- und Umbauarbeiten hatte die Firma T im November 1996 bereits begonnen (UA S. 12, 13).
Mit der Gesamtheit dieser Auffälligkeiten und Widersprüche setzt sich das Landgericht nicht hinreichend auseinander. Nachvollziehbare Gründe, weshalb von der an sich gebotenen Schriftform abgewichen worden sein soll, sind dem Urteil nicht zu entnehmen.
c) Die Erteilung einer Genehmigung setzt regelmäßig einen zuvor gestellten Antrag voraus, zumindest aber eine Absichtserklärung, sich eines entsprechenden Vorhabens anzunehmen. Die Genehmigung soll alsbald nach dem 21. Januar 1997 erteilt worden sein, die Vorstandsmitglieder des Vereins haben aber nach den Urteilsfeststellungen - auch insoweit entgegen der Einlassung des Angeklagten Dr. D - erst am 12. März 1997 den Förderantrag blanko unterschrieben. "Vorstellungen zu Einzelheiten bezüglich des Umfangs und der Anzahl der zuwendungsfähigen Fördergegenstände bestanden bei den Vorstandsmitgliedern zu diesem Zeitpunkt nicht" (UA S. 15). Daß die Vorstandsmitglieder Si und De bereits am 20. Januar 1997 eine entsprechende Willensbekundung für den Verein abgegeben und - bei der Bedeutung des Projekts für den Verein folgerichtig - im Vereinsvorstand zeitnah erörtert hätten, ergeben die Urteilsgründe nicht.
d) Gegenstand des Förderantrags waren unter anderem Umbauarbeiten der Firma T an dem für die Backstube bestimmten Gebäude. Mit den Arbeiten wurde am 29. November 1996 begonnen, nachdem ein entsprechendes Leistungsangebot an die Schö GbR, die den Hofbetrieb der Familie des Angeklagten Z bewirtschaftete und der die Tochter und der Bruder dieses Angeklagten angehörten, gerichtet worden war. Das Angebot wurde für die GbR am 9. Dezember 1996 schriftlich angenommen. Die der GbR am 27. Januar 1997 erteilte Abschlagsrechnung über ca. 27.000 DM wurde entsprechend der Aufforderung durch die GbR am 3. Februar 1997 erneut ausgestellt und an den Förderverein gerichtet, "dessen Vorstand bis dahin einen eigenen Auftrag an die Firma T nicht ausgesprochen hatte" (UA S. 13). Auf der Vorstandssitzung vom 12. März 1997 wurde beschlossen, die an den Förderverein gerichtete Rechnung zu bezahlen. "Den anwesenden Vorstandsmitgliedern war klar, daß der Förderverein mit dieser Entscheidung in die Rechtsposition des Vertragspartners für die durchgeführten Umbauarbeiten und in die Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Bauunternehmer T eintrat. Das war auch beabsichtigt" (UA S. 14). Das Urteil verhält sich nicht ausreichend dazu, aufgrund welcher Umstände für Arbeiten, die für einen anderen Auftraggeber, die Schö
GbR, teilweise sogar bereits ausgeführt waren, dem Förderverein überhaupt eine Genehmigung zu einem vorzeitigen Maßnahmebeginn hätte erteilt werden können.
e) Die Urteilsgründe setzen sich auch nicht näher mit der Frage auseinander, ob überhaupt schon im Vorfeld eines dann zunächst noch undetailliert und pauschal gestellten Förderantrags eine Zustimmung zur Ausnahme vom haushaltsrechtlichen Verbot des vorzeitigen Vorhabensbeginns erteilt werden kann oder ob nicht vielmehr bereits die Genehmigung des vorzeitigen Beginns konkretere Antragsunterlagen vorausgesetzt hätte (vgl. hierzu BayVGH BayVBl. 1996, 307). Ebenso wird nicht deutlich, ob einem Antrag, dem keine zivilrechtliche Grundlage für den Betrieb der Backöfen durch den Verein, etwa ein Pachtvertrag, zu entnehmen war, nach Maßgabe des Verwaltungsrechts überhaupt eine Zustimmung zur Ausnahme vom haushaltsrechtlichen Verbot des vorzeitigen Vorhabensbeginns hätte erteilt werden können.
2. Das Landgericht hat eine Strafbarkeit der Angeklagten nach §§ 263, 266 StGB darüber hinaus aus rechtlichen Gründen auch für den Fall verneint, daß eine Genehmigung zum vorzeitigen Beginn des Projekts erst am 22. April 1997 erteilt worden wäre. Dabei wird zutreffend erkannt, daß dann nach Nr. 1.3 VV zu § 44 LHO eine Zuwendung ohne Ausnahmegenehmigung nicht hätte bewilligt werden dürfen, weil nur solche Projekte gefördert werden dürfen, die noch nicht begonnen worden sind. Das Verhalten der Angeklagten hätte jedoch nicht zu einem Nachteil für den Haushalt des Landes Brandenburg geführt, weil die Geldmittel ihrem haushaltsrechtlich festgelegten Zweck entsprechend eingesetzt worden seien und die durch Einsatz der öffentlichen Mittel erzielte Gegenleistung gleichwertig gewesen sei.
a) Diese Erwägungen greifen zu kurz. Zwar begründet nicht jeder Verstoß gegen haushaltsrechtliche Vorschriften einen Vermögensnachteil (vgl. BGHSt 43, 293, 297; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 48 S. 6; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 266 Rdn. 44; Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl. § 266 Rdn. 64). Aber auch wenn der Mitteleinsatz - wie vom Landgericht hier angenommen - den vorgegebenen Zwecken entspricht und die durch Einsatz öffentlicher Mittel erzielte Gegenleistung gleichwertig ist, kann ein Vermögensnachteil und somit auch Haushaltsuntreue gegeben sein. Abgesehen von dem hier, soweit ersichtlich, nicht vorliegenden Fall, daß durch eine Haushaltsüberziehung eine wirtschaftlich gewichtige Kreditaufnahme erforderlich wird, kommt dies dann in Betracht, wenn die Dispositionsfähigkeit des Haushaltgesetzgebers in schwerwiegender Weise beeinträchtigt wird und er durch den Mittelaufwand insbesondere in seiner politischen Gestaltungsbefugnis beschnitten wird (BGH aaO). Die haushaltsrechtliche Regelung, grundsätzlich nur nicht begonnene Projekte durch Subventionen zu fördern, stützt die Gestaltungsfreiheit des öffentlichen Subventionsgebers. Dieser kann so bei der Vergabe von Haushaltsmitteln unbeeinflußt durch einen vorherigen, möglicherweise wirtschaftlich riskanten Einsatz von Mitteln durch den Subventionsantragsteller die Subventionswürdigkeit eines Projekts, insbesondere auch im Vergleich zu anderen förderungswürdigen Projekten und unter Berücksichtigung der Gesamtheit der zur Verfügung stehenden Fördermittel, sachlich prüfen.
Dem Grundsatz der Förderung lediglich nicht begonnener Projekte kommt daher nicht nur formelle, sondern auch materielle Bedeutung zu. Wer aber die (materiellen) Voraussetzungen für die Leistung einer Subvention nicht erfüllt, hat auf sie keinen Anspruch; wie nahe sein Handeln dem gesetzgeberischen Motiv sonst kommt, ist ohne Bedeutung. Wird die zuständige staatliche Stelle durch Täuschung veranlaßt, den in Wahrheit nicht bestehenden Anspruch zu erfüllen, so wird dadurch die Staatskasse in Höhe der unberechtigten Leistung geschädigt (vgl. BGHSt 19, 37, 44 f.; 31, 93, 95 f.; Tröndle/Fischer aaO § 263 Rdn. 81). Ein Vermögensnachteil könnte bei dieser Sachlage allenfalls dann verneint werden, wenn dem Förderverein fraglos eine Ausnahmegenehmigung zum vorherigen Beginn mit dem zu fördernden Projekt zu erteilen und ihm danach die Subventionsmittel zweifelsfrei zu gewähren gewesen wären. Bei dem hier festgestellten konkreten Vorlauf verstand sich solches aber nicht etwa von selbst; vielmehr hätte danach insbesondere die Erteilung der Ausnahmegenehmigung eher als fernliegend angesehen werden müssen.
b) Vorliegend kommt zudem eine Nachteilszufügung durch die Verringerung zweckgebundener Mittel ohne vollständige Zweckerreichung in Betracht (vgl. BGHSt 43, 293, 297 f.). Mit der gewährten Subvention sollte nach der zum Haushaltsvollzug erlassenen Verwaltungsvorschrift ein weiterer wirtschaftspolitischer Zweck verfolgt werden. Nur solche mit dem allgemeinen Subventionszweck übereinstimmende Vorhaben sollen gefördert werden, die der Subventionsempfänger noch nicht begonnen hat, um dadurch eine größtmögliche Nachfrage nach Wirtschaftsgütern zu erzielen. Dieser Zweck könnte verfehlt worden sein, weil der Angeklagte Z zwei neue Backöfen bereits als Spende für den Förderverein eingeworben hatte.
c) Schließlich ist ein Schaden bzw. Vermögensnachteil auch nicht etwa - wie die Verteidigung meint - deshalb zu verneinen, weil der Zuwendungsbescheid später nicht widerrufen worden ist. Für die Gewährung einer Subvention und ihre Zurückforderung können unterschiedliche Voraussetzungen gegeben sein. Die Zurückforderung kann aus ganz anderen legalen Motiven - hier etwa, weil entstandene Arbeitsplätze nicht gefährdet werden sollten (vgl. UA S. 21) - als aufgrund eines ursprünglich bestehenden Anspruchs auf Subventionsgewährung unterbleiben.
3. Letztlich ist auch die Erwägung des Landgerichts nicht tragfähig, eine Strafbarkeit wegen Subventionsbetrugs nach § 264 StGB komme nicht in Betracht, weil der Förderverein nicht als Betrieb oder Unternehmen angesehen werden könne. Unter Betrieb oder Unternehmen ist die nicht nur vorübergehende Zusammenfassung mehrerer Personen unter Einsatz von Sachmitteln in gewissem räumlichen Zusammenhang unter einer Leitung zur Erreichung eines bestimmten, nicht stets wirtschaftlichen Zweckes zu verstehen. Auf die rechtliche Form und die Absicht der Gewinnerzielung kommt es dabei nicht an (vgl. Tiedemann in LK 11. Aufl. § 264 Rdn. 38 f.; Tröndle/Fischer aaO § 264 Rdn. 11 und § 14 Rdn. 8). Auch ein eingetragener Verein wie der Förderverein D /M e.V. kann deshalb Betrieb oder Unternehmen sein.
Sofern der Förderverein das Projekt "Wiedereinrichtung und Betreibung einer traditionelldörflichen Holzbackstube mit integrierter Landschaftspflege" tatsächlich betrieben hat - wofür sprechen könnte, daß auf der Vorstandssitzung vom 12. März 1997 in den Vertrag mit dem Bauunternehmer T eingetreten wurde (UA S. 14) - ist eine Strafbarkeit nach § 264 StGB deshalb nicht von vornherein ausgeschlossen. Sollte dagegen der Förderverein überhaupt nicht beabsichtigt gehabt haben, das Projekt zu betreiben, sondern sollte dies mit einer Betreibergesellschaft der Familie Z
erfolgen - wofür sprechen könnte, daß der Angeklagte Z auf der Vorstandssitzung vom 11. September 1996 erklärte, die "GbR Z " werde das Projekt "Schaubäckerei und Waldpflege" übernehmen (UA S. 11) und daß Ehefrau und Tochter des Angeklagten noch im Jahre 1997 eine GmbH gründeten, die das Projekt übernahm (UA S. 20, 21) - kommt Strafbarkeit aus einem anderen Gesichtspunkt in Betracht. § 264 StGB kann auch anwendbar sein, wenn eine an sich nur für Betriebe und Unternehmen bestimmte Subvention im Einzelfall für ein fingiertes Unternehmen erschlichen wird (vgl. Tiedemann aaO § 264 Rdn. 44; Lenckner/Perron aaO § 264 Rdn. 21 m. w. N.).
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