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Eine Darstellung der BGH-Rechtsprechung in Strafsachen



 
§ 86a StGB
Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1. im Inland Kennzeichen einer der in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen verbreitet oder öffentlich, in einer Versammlung oder in von ihm verbreiteten Schriften (§ 11 Abs. 3) verwendet oder
2. Gegenstände, die derartige Kennzeichen darstellen oder enthalten, zur Verbreitung oder Verwendung im Inland oder Ausland in der in Nummer 1 bezeichneten Art und Weise herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt.

(2) Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Den in Satz 1 genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum verwechseln ähnlich sind.

(3) § 86 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.
 
Strafgesetzbuch, Stand: 24.8.2017

Leitsätze zu § 86a StGB


StGB § 86 a Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Satz 1 und 2, § 86 Abs. 1 Nr. 2 und 4

1. Der in eine andere Sprache übersetzte Leitspruch einer ehemaligen national-sozialistischen Organisation ist kein Kennzeichen, das der Originalparole im Sinne des § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB zum Verwechseln ähnlich ist.

2. Der Name einer Vereinigung oder Organisation nach § 86 Abs. 1 Nr. 2 und 4 StGB ist als solcher kein Kennzeichen im Sinne des § 86 a Abs. 2 Satz 1 StGB.

BGH, Urteil vom 13. August 2009 - 3 StR 228/09 - LG Gera

BGHSt 54, 61 - NJW 2010, 163


StGB § 86 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2, § 86 Abs. 1 Nr. 2

Der objektive Tatbestand des § 86 a Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 86 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist grundsätzlich erfüllt, wenn das von der verbotenen Volkssozialistischen Bewegung Deutschlands/Partei der Arbeit (VSBD/PdA) als Symbol benutzte stilisierte Keltenkreuz oder diesem zum Verwechseln ähnliche Kennzeichen (§ 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB) öffentlich verwendet werden. Eines zusätzlichen Hinweises auf die Organisation bedarf es nicht. Ein tatbestandliches Handeln scheidet aber dann aus, wenn sich aus den Gesamtumständen der Verwendung des Kennzeichens eindeutig ergibt, dass diese dem Schutzzweck des § 86 a Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht zuwider läuft.

BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2008 - 3 StR 164/08 - OLG Nürnberg

BGHSt 52, 364 - NStZ 2009, 384


StGB § 86 a Abs. 1

Der Gebrauch des Kennzeichens einer verfassungswidrigen Organisation in einer Darstellung, deren Inhalt in offenkundiger und eindeutiger Weise die Gegnerschaft zu der Organisation und die Bekämpfung ihrer Ideologie zum Ausdruck bringt, läuft dem Schutzzweck des § 86 a StGB ersichtlich nicht zuwider und wird daher vom Tatbestand der Vorschrift nicht erfasst.

BGH, Urteil vom 15. März 2007 - 3 StR 486/06 - LG Stuttgart

BGHSt 51, 244 - NJW 2007, 1602


StGB § 86 a Abs. 2 Satz 2

1. Zur Frage, wann ein verwendetes Kennzeichen einem Originalkennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation nach Änderungen und/oder Zusätzen zum Verwechseln ähnlich ist.

2. Die Verwendung eines Fantasiekennzeichens oder eines erheblich abgewandelten Kennzeichens, das dem Originalkennzeichen nicht zum Verwechseln ähnlich ist, wird auch dann nicht von § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB erfasst, wenn es den Anschein erweckt, es handele sich um ein Kennzeichen dieser Organisation.

3. Die Parole "Ruhm und Ehre der Waffen-SS" ist weder der Originalparole der Hitlerjugend noch derjenigen der Waffen-SS zum Verwechseln ähnlich.

BGH, Urteil vom 28. Juli 2005 - 3 StR 60/05 - Landgericht Karlsruhe

NJW 2005, 3223


StGB § 86 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 i. V. m. § 86 Abs. 1 Nr. 4

Für die Beurteilung, ob ein Kennzeichen "zum Verwechseln ähnlich" im Sinne des § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB ist, kommt es nicht darauf an, daß das Original einen gewissen Bekanntheitsgrad als Symbol einer verfassungswidrigen Organisation hat.

BGH, Beschluss vom 31. Juli 2002 - 3 StR 495/01 - KG Berlin

BGHSt 47, 354 - NJW 2002, 3186





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