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§
234 StGB
Menschenraub
(1) Wer sich einer anderen Person mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List bemächtigt, um sie in hilfloser Lage auszusetzen oder dem Dienst in einer militärischen oder militärähnlichen Einrichtung im Ausland zuzuführen, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft. (2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. |
Strafgesetzbuch, Stand: 24.8.2017
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§ 234 Abs. 1 StGB |
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10 |
Menschenraub (§ 234 StGB) setzt voraus, dass sich der Täter des Opfers bemächtigt, um es in hilfloser Lage auszusetzen, oder um es dem Dienst in einer militärischen oder militärähnlichen Einrichtung im Ausland zuzuführen. Beim Aussetzen in hilfloser Lage muss es dem Täter darauf ankommen, das Opfer in eine Lage zu bringen, in der es, zur Selbsthilfe unfähig, auf fremde Hilfe angewiesen und konkret an Leib oder Leben gefährdet ist (BGH, Beschl. v. 1.12.2000 - 2 StR 379/00 - NStZ 2001, 247; BGH, Beschl. v. 27.4.2010 - 1 StR 153/10; Sonnen in NK-StGB 3. Aufl. § 234 Rdn. 24 jew. m.w.N.). Unbeschadet der Frage nach der hinsichtlich der Leib- oder Lebensgefahr erforderlichen Vorsatzform (siehe nachstehend --> Rdn. 30), kann ein hierauf gerichteter Vorsatz der allein getroffenen Feststellung, die Ehefrau hätte nach der Verabredung unter Ausnutzung ihrer Hilflosigkeit an dem unbekannten Ort „gefügig„ gemacht werden sollen, nicht entnommen werden (vgl. BGH, Beschl. v. 27.4.2010 - 1 StR 153/10). | |
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30 |
Der subjektive Tatbestand des § 234 Abs. 1 StGB in der Tatbestandsalternative des Aussetzens in hilfloser Lage setzt voraus, dass der Täter bei der Tathandlung des Sichbemächtigens in der Absicht handelt, das Opfer in hilfloser Lage auszusetzen. Dem Täter muß es im Sinne zielgerichteten Wollens (Gribbohm in LK 11. Aufl. § 234 Rdn. 34; Eser in Schönke/Schröder, StGB 25. Aufl. § 234 Rdn. 6; Tröndle/Fischer, StGB 49. Aufl. § 234 Rdn. 4; Lackner/Kühl, StGB 23. Aufl. § 234 Rdn. 3) darauf ankommen, das Opfer in eine Lage zu bringen, in der es - zur Selbsthilfe unfähig - auf fremde Hilfe angewiesen und konkret an Leib oder Leben gefährdet ist (BGH, Beschl. v. 1.12.2000 - 2 StR 379/00 - NStZ 2001, 247; Gribbohm in LK 11. Aufl. § 234 Rdn. 41). | |
§ 234 Abs. 2 StGB |
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... (2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. |
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55 |
siehe hierzu: Zusammentreffen von Milderungsgründen, § 50 StGB | |
Strafzumessung |
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S.1 |
Strafrahmen § 234 Abs. 1 StGB:
1 Jahr
bis 10 Jahre Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB 3 Monate bis 7 Jahre 6 Monate Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB - doppelte Milderung - 1 Monat bis 5 Jahre 7 Monate 2 Wochen 1 Tag Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB - dreifache Milderung - 1 Monat bis 4 Jahre 2 Monate 2 Wochen 4 Tage Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 2 StGB 1 Monat bis 10 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe Strafrahmen § 234 Abs. 2 StGB: 6 Monate bis 5 Jahre Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB 1 Monat bis 3 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB - doppelte Milderung - 1 Monat bis 2 Jahre 9 Monate 3 Wochen 2 Tage Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB - dreifache Milderung - 1 Monat bis 2 Jahre 1 Monate 1 Woche 2 Tage Freiheitsstrafe ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 2 StGB 1 Monat bis 5 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe |
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Urteil |
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U.1 |
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U.1.2 |
Die
Bezeichnung der Tat in der Urteilsformel als minder schwerer Fall
entfällt, weil allein für die Strafzumessung von Bedeutung.
Der minder schwere Fall wird insoweit nur in der Normenkette der
angewendeten Vorschriften zum Ausdruck gebracht (vgl. BGHSt 27, 287,
289; 23, 254, 256; BGH, Beschl. v. 11.3.2008 - 3 StR 36/08; BGH,
Beschl. v. 4.9.2002 - 3 StR 192/02; BGH, Beschl. v. 22.7.2003 - 3 StR
243/03; BGH, Beschl. v. 13.8.2008 - 2 StR 332/08).![]() |
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Prozessuales |
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Z.1 |
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Z.1.1 |
Die Verjährungsfrist für Menschenraub beträgt zehn Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 StGB). Der Strafrahmen des § 234 Abs. 2 StGB betrifft minder schwere Fälle und ist für die Bestimmung der Verjährungsfrist ohne Bedeutung (§ 78 Abs. 4 StGB). | |
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Z.2 |
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Z.2.1 |
Das
Verbrechen des Menschenraubes stellt ferner eine Katalogtat nach
§ 100a Abs. 2 Nr. 1 i StPO dar, bei der unter den weiteren
Voraussetzungen der Vorschrift auch ohne Wissen der Betroffenen die
Telekommunikation überwacht und aufgezeichnet werden darf. siehe auch: Überwachung der Telekommunikation, § 100a StPO |
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Z.2.2 |
Begründen
bestimmte Tatsachen den Verdacht, dass jemand als Täter oder Teilnehmer 1. eine Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung, insbesondere eine in § 100a Abs. 2 StPO bezeichnete Straftat, begangen hat, in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht hat oder durch eine Straftat vorbereitet hat (§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO) oder 2. eine Straftat mittels Telekommunikation begangen hat (§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StPO), so dürfen nach § 100g Abs. 1 StPO auch ohne Wissen des Betroffenen Verkehrsdaten (§ 96 Abs. 1 TKG, § 113a TKG) erhoben werden, soweit dies für die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten erforderlich ist. Im Falle des (§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StPO) ist die Maßnahme nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos wäre und die Erhebung der Daten in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache steht. Die Erhebung von Standortdaten in Echtzeit ist nur im Falle des (§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO) zulässig. ![]() |
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Z.2.3 |
Nach
§ 100f Abs. 1 StPO darf auch ohne Wissen der Betroffenen
außerhalb von Wohnungen das nichtöffentlich gesprochene Wort
mit technischen Mitteln abgehört und aufgezeichnet werden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als
Täter oder Teilnehmer eine in § 100a Abs. 2 StPO bezeichnete,
auch im Einzelfall schwerwiegende Straftat begangen oder in
Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht
hat, und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des
Aufenthaltsortes eines Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder
wesentlich erschwert wäre. Dabei darf sich gemäß § 100f Abs. 2 StPO die Maßnahme nur gegen einen Beschuldigten richten. Gegen andere Personen darf die Maßnahme nur angeordnet werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie mit einem Beschuldigten in Verbindung stehen oder eine solche Verbindung hergestellt wird, die Maßnahme zur Erforschung des Sachverhalts oder zur Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Beschuldigten führen wird und dies auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Die Maßnahme darf nach § 100f Abs. 3 StPO auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden. Für das Verfahren gelten nach § 100f Abs. 4 StPO die §§ 100b Abs. 1, 4 Satz 1; 100d Abs. 2 StPO entsprechend. ![]() |
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Z.2.3.1 |
Den
Einsatz weiterer technischer Mittel (Herstellung von Bildaufnahmen,
Einsatz technischer Observationsmittel) sieht die Strafprozessordnung
in § 100h StPO unter den dort genannten Voraussetzungen vor.![]() |
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Z.2.4 |
Begründen
bestimmte Tatsachen den Verdacht, dass jemand als
Täter oder Teilnehmer eine Straftat von auch im Einzelfall
erheblicher Bedeutung, insbesondere eine in § 100a Abs. 2 StPO
bezeichnete Straftat, begangen hat, in Fällen, in denen der
Versuch strafbar ist, zu begehen versucht hat oder durch eine Straftat
vorbereitet hat, so dürfen durch technische Mittel 1. die Gerätenummer eines Mobilfunkendgerätes und die Kartennummer der darin verwendeten Karte sowie 2. der Standort eines Mobilfunkendgerätes ermittelt werden, soweit dies für die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten erforderlich ist (§ 100i Abs. 1 StPO). ![]() |
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Z.2.5 |
Verbrechen
nach § 234 StGB gehören zu den in § 100c Abs.
2 StPO genannten besonders schweren Straftaten (Katalogtaten), bei
denen unter den Voraussetzungen des § 100c Abs. 1 StPO die
akustische Wohnraumüberwachung angeordnet werden darf.![]() |
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Z.5 |
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Z.5.1 |
Der
durch eine rechtswidrige Tat nach § 234 StGB Verletzte kann
sich der erhobenen öffentlichen Klage oder dem Antrag im
Sicherungsverfahren mit der Nebenklage anschließen (§ 395
Abs. 1 Nr. 4 StPO). ![]() |
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Z.5.2 |
Dem
Nebenkläger ist nach § 397a Abs. 1 Nr. 3 StPO auf seinen
Antrag ein Rechtsanwalt als Beistand zu bestellen, wenn er durch ein
Verbrechen nach § 234 StGB verletzt ist, das bei ihm zu schweren
körperlichen oder seelischen Schäden geführt hat oder
voraussichtlich führen wird, oder durch eine rechtswidrige Tat nach § 234 StGB verletzt ist und er
bei Antragstellung das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder
seine Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen kann.![]() |
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Z.8 |
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Z.8.1 |
Auf § 234 StGB wird verwiesen in: § 5 Nr. 6a StGB ![]() § 46b StGB (über § 100a Abs. 2 StPO) ![]() § 126 StGB ![]() § 138 StGB ![]() § 100a StPO ![]() § 100c StPO ![]() § 395 StPO ![]() § 397a StPO ![]() |
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![]() Strafgesetzbuch - Besonderer Teil - 18. Abschnitt (Straftaten gegen die persönliche Freiheit) |
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