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§
126 StGB
Störung des öffentlichen Friedens
durch Androhung von Straftaten
(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, 1. einen der in § 125a Satz 2 Nr. 1 bis 4 bezeichneten Fälle des Landfriedensbruchs, 2. einen Mord (§ 211), Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder ein Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 des Völkerstrafgesetzbuches), 3. eine schwere Körperverletzung (§ 226), 4. eine Straftat gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 232 Absatz 3 Satz 2, des § 232a Absatz 3, 4 oder 5, des § 232b Absatz 3 oder 4, des § 233a Absatz 3 oder 4, jeweils soweit es sich um Verbrechen handelt, der §§ 234, 234a, 239a oder 239b, 5. einen Raub oder eine räuberische Erpressung (§§ 249 bis 251 oder 255), 6. ein gemeingefährliches Verbrechen in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 3, des § 309 Abs. 1 bis 4, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 3, des § 315b Abs. 3, des § 316a Abs. 1 oder 3, des § 316c Abs. 1 oder 3 oder des § 318 Abs. 3 oder 4 oder 7. ein gemeingefährliches Vergehen in den Fällen des § 309 Abs. 6, des § 311 Abs. 1, des § 316b Abs. 1, des § 317 Abs. 1 oder des § 318 Abs. 1 androht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wider besseres Wissen vortäuscht, die Verwirklichung einer der in Absatz 1 genannten rechtswidrigen Taten stehe bevor. |
Strafgesetzbuch, Stand: 24.8.2017
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§ 126 Abs. 1 StGB |
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5 |
Der
öffentliche Friede ist ein Zustand allgemeiner
Rechtssicherheit und das Bewusstsein der Bevölkerung davon;
gestört ist der öffentliche Friede, wenn eine allgemeine
Beunruhigung der Bevölkerung innerhalb der Bundesrepublik
Deutschland, mindestens aber einer nicht unerheblichen Personenzahl,
etwa einem Teil der Bevölkerung im Sinne des § 130 StGB
eintritt (vgl. BGH, Beschl. v. 30.11.2010 - 3 StR 428/10 - NStZ-RR
2011. 109; Fischer StGB 57. Aufl. § 126 Rdnr. 2 m.w.N). Für
den Tatbestand des § 126 StGB ist zwar der Eintritt einer
konkreten Gefahr nicht erforderlich, die jeweilige Handlung muss aber
bei genereller Betrachtung konkret zur Friedensstörung geeignet
sein (abstrakt-konkretes Gefährdungsdelikt, vgl. BGHSt 46, 212,
218 m.w.N.; BGH, Beschl. v. 30.11.2010 - 3 StR 428/10 - NStZ-RR 2011.
109). Den Tatbestand der Störung des öffentlichen Friedens erfüllt, wer eine der im Straftatenkatalog des § 126 Abs. 1 StGB aufgeführten Straftaten androht und dabei zum Ausdruck bringt, dass die Verwirklichung der angedrohten Tat in seinem Machtbereich liegt (BGH, Beschl. v. 19.5.2010 - 1 StR 148/10; MünchKommStGB/Schäfer § 126 Rdn. 11; S/S-Lenckner/Sternberg-Lieben § 126 Rdn. 5). |
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5.1 |
Das
Androhen muss jeweils zusätzlich in einer Weise
erfolgen, die zur Störung des öffentlichen Friedens
geeignet ist. Nach ständiger Rechtsprechung ist der
öffentliche Frieden dann gestört, wenn das Vertrauen der
Bevölkerung in die öffentliche
Rechtssicherheit erschüttert wird oder wenn potentielle
Täter durch Schaffung eines ‚psychischen
Klimas‘, in dem Taten wie die angedrohten begangen werden
können, aufgehetzt werden können (BGH, Urt. v. 9.8.1977 - 1
StR 74/77 - NJW 1978, 58, 59; BGH, Urt. v. 2.4.1987 - 4 StR 55/87 -
BGHSt 34,
329, 331; BGH, Beschl. v. 19.5.2010 - 1 StR 148/10; BGH, Beschl. v.
20.9.2010 - 4 StR 395/10 - NStZ-RR 2011, 78).
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5.2 |
Allerdings
muss eine solche Störung noch nicht eingetreten
sein; jedoch muss die Handlung zumindest konkret zur Störung
des öffentlichen Friedens geeignet gewesen sein (BGHSt 34,
329, 331 f.; BGH, Beschl. v. 20.9.2010 - 4 StR 395/10 - NStZ-RR 2011,
78). Dies ist regelmäßig dann anzunehmen,
wenn die entsprechende Ankündigung in der
Öffentlichkeit erfolgt
(BGH, Beschl. v. 20.9.2010 - 4 StR 395/10 - NStZ-RR 2011, 78;
MünchKommStGB/Schäfer § 126 Rdn. 31). Eine
Ankündigung gegenüber einem Einzelnen kann dann
genügen, wenn nach den konkreten Umständen damit zu
rechnen ist, dass der angekündigte Angriff einer breiten
Öffentlichkeit bekannt werden wird, entweder bei einer
Zusendung an die Medien oder an einen nicht näher
eingegrenzten Kreis von Personen, von deren Diskretion nicht auszugehen
ist (BGHSt 34, 329, 332); bei einer Mitteilung an Betroffene
könnte dies gelten, wenn man davon ausgehen könnte,
dass diese aus Sorge um Opfer oder aus Empörung über
die Drohung sich an die Öffentlichkeit wenden könnten
(BGH aaO; BGH, Beschl. v. 19.5.2010 - 1 StR 148/10; BGH, Beschl. v.
20.9.2010 - 4 StR 395/10 - NStZ-RR 2011, 78). Sind Adressaten der Drohungen staatliche Organe, wird regelmäßig damit zu rechnen sein, dass diese zwar Maßnahmen zur Vermeidung der angedrohten Taten ergreifen oder veranlassen, jedoch regelmäßig im Übrigen mit Diskretion vorgehen, einerseits um die Präventivmaßnahmen nicht zu gefährden (BGHSt aaO), andererseits um auch die Öffentlichkeit nicht ohne Weiteres zu beunruhigen (vgl. BGH, Beschl. v. 19.5.2010 - 1 StR 148/10, vgl. auch BGH, Beschl. v. 20.9.2010 - 4 StR 395/10 - NStZ-RR 2011, 78 betr. Zuleitung der Drohung an eine ehemalige Mitarbeiterin der Betreuungseinrichtung). Beispiel: Die Äußerungen des Angeklagten er werde 'eine große Schießerei machen', 'hier im Büro, auch im Sozialamt und in ganz Deutschland', beim nächsten Aufsuchen des Sozialamts werde er eine Pistole mitführen, und 'Ich bringe euch alle um' waren jeweils an Behördenmitarbeiter bzw. Polizeibeamte gerichtet und auf die im Sozialamt gerade stattgefundenen Auseinandersetzungen bezogen. Zu befürchtende Straftaten stellten sich daher als Ausdruck dieses Konfliktes dar, was bereits grundsätzlich gegen eine Anwendbarkeit von § 126 StGB spricht (vgl. BGH, Beschl. v. 30.11.2010 - 3 StR 428/10 - NStZ-RR 2011. 109; Rudolphi/Stein in SK-StGB § 126 Rdnr. 7). Zudem ist bei solchen berufstypischen und behördenbezogenen Auseinandersetzungen nicht davon auszugehen, dass die unmittelbaren Adressaten der Drohungen sich aus Sorge um potentielle Opfer oder aus Empörung an eine breite Öffentlichkeit wenden (vgl. BGHSt 34, 329, 332; BGH, Beschl. v. 30.11.2010 - 3 StR 428/10 - NStZ-RR 2011. 109). |
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10 |
Die Androhung einer Katalogstraftat ist begriffsnotwendig auf ein zukünftiges Ereignis bezogen (vgl. BGH, Beschl. v. 20.3.2014 - 3 StR 353/13). Dass deren Begehung unter eine Bedingung gestellt wird, steht nicht entgegen, da es ausreicht, dass der Täter vorgibt, Einfluss auf die Entscheidung zur Tatausführung zu haben (BGH, Urt. v. 2.4.1987 - 4 StR 55/87 - BGHSt 34, 329, 331; BGH, Beschl. v. 20.3.2014 - 3 StR 353/13). | |
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55 |
Eine
mit der Drohung vorgenommene Vortäuschung
gegenüber einer Behörde kann nach § 145d
Abs. 1 Nr. 2 StGB strafbar sein (vgl. BGH, Beschl. v. 19.5.2010 - 1 StR 148/10). Bedrohungen können § 241 StGB unterfallen (vgl. BGH,
Beschl. v. 30.11.2010 - 3 StR 428/10 - NStZ-RR 2011, 109).
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... (2) Ebenso wird bestraft, wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wider besseres Wissen vortäuscht, die Verwirklichung einer der in Absatz 1 genannten rechtswidrigen Taten stehe bevor. |
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75 |
Während die Androhung einer Katalogstraftat (Absatz 1) begriffsnotwendig auf ein zukünftiges Ereignis bezogen ist, kann die Täuschung über deren Bevorstehen (Absatz 2) auch darin liegen, dass diese bereits eingeleitet sei (vgl. BGH, Beschl. v. 20.3.2014 - 3 StR 353/13; OLG Frankfurt, Beschl. v. 24.4.2002 - 2 Ss 71/02 - NStZ-RR 2002, 209). Dass es dabei um eine eigene Tat des Täters geht, steht der Anwendbarkeit des § 126 Abs. 2 StGB nicht entgegen (BGH, Beschl. v. 20.3.2014 - 3 StR 353/13; MüKoStGB/Schäfer aaO, § 126 Rn. 18; SK-StGB/Stein/Rudolphi, 140. Lfg., § 126 Rn. 4, 5c; Schramm, NJW 2002, 419, 420; wohl auch BGH, Urt. v. 27.8.1998 - 4 StR 332/98 - NStZ-RR 1999, 266, 267; aA Fischer, StGB, 61. Aufl., § 126 Rn. 8). Zu verlangen ist in diesem Fall lediglich, dass der Täter zugleich vorspiegelt, dass die Tatvollendung nicht mehr von ihm beeinflussbar sei (BGH, Beschl. v. 20.3.2014 - 3 StR 353/13; OLG Frankfurt, Beschl. v. 24.4.2002 - 2 Ss 71/02 - NStZ-RR 2002, 209). | |
Strafzumessung |
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S.1 |
Strafrahmen § 126 Abs. 1 u. 2 StGB: 1 Monat bis 3 Jahre Freiheitsstrafe
oder Geldstrafe
von 5 bis 360 Tagessätzen ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB 1 Monat bis 2 Jahre 3 Monate Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 270 Tagessätzen ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB (doppelte Milderung) 1 Monat bis 1 Jahr 8 Monate 1 Woche Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 202 Tagessätzen ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB (dreifache Milderung) 1 Monat bis 1 Jahr 3 Monate 5 Tage Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 151 Tagessätzen ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 2 StGB 1 Monat bis 3 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von 5 bis zu 360 Tagessätzen |
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Prozessuales |
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Z.1 |
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Z.1.1 |
Die Verjährungsfrist für § 126 StGB beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). | |
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Z.8 |
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Z.8.1 |
In
§ 126 StGB wird verwiesen auf: § 125a StGB ![]() § 211 StGB ![]() § 212 StGB ![]() § 226 StGB ![]() § 232 StGB ![]() § 232a StGB § 232b StGB § 233a StGB § 234 StGB ![]() § 234a StGB ![]() § 239a StGB ![]() § 239b StGB ![]() § 249 StGB ![]() § 250 StGB ![]() § 251 StGB ![]() § 255 StGB ![]() § 306 StGB ![]() § 306a StGB ![]() § 306b StGB ![]() § 306c StGB ![]() § 307 StGB ![]() § 308 StGB ![]() § 309 StGB ![]() § 311 StGB ![]() § 313 StGB ![]() § 314 StGB ![]() § 315 StGB ![]() § 315b StGB ![]() § 316a StGB ![]() § 316b StGB ![]() § 316c StGB ![]() § 317 StGB ![]() § 318 StGB ![]() § 6 VStGB ![]() § 7 VStGB ![]() § 8 VStGB ![]() § 9 VStGB ![]() § 10 VStGB ![]() § 11 VStGB ![]() § 12 VStGB ![]() |
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Z.8.2 |
Die Vorschrift wurde mit Wirkung vom
15.10.2016 durch
das
Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung des Menschenhandels und zur
Änderung des Bundeszentralregistergesetzes sowie des Achten Buches
Sozialgesetzbuch vom 11. Oktober 2016 (BGBl. I S. 2226) geändert.
Zuvor hatte § 126 StGB folgenden Wortlaut: "§ 126 StGB Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten (1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, 1. einen der in § 125a Satz 2 Nr. 1 bis 4 bezeichneten Fälle des Landfriedensbruchs, 2. einen Mord (§ 211), Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder ein Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 des Völkerstrafgesetzbuches), 3. eine schwere Körperverletzung (§ 226), 4. eine Straftat gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 232 Abs. 3, 4 oder Abs. 5, des § 233 Abs. 3, jeweils soweit es sich um Verbrechen handelt, der §§ 234, 234a, 239a oder 239b, 5. einen Raub oder eine räuberische Erpressung (§§ 249 bis 251 oder 255), 6. ein gemeingefährliches Verbrechen in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 3, des § 309 Abs. 1 bis 4, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 3, des § 315b Abs. 3, des § 316a Abs. 1 oder 3, des § 316c Abs. 1 oder 3 oder des § 318 Abs. 3 oder 4 oder 7. ein gemeingefährliches Vergehen in den Fällen des § 309 Abs. 6, des § 311 Abs. 1, des § 316b Abs. 1, des § 317 Abs. 1 oder des § 318 Abs. 1 androht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wider besseres Wissen vortäuscht, die Verwirklichung einer der in Absatz 1 genannten rechtswidrigen Taten stehe bevor." |
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![]() Strafgesetzbuch - Besonderer Teil - 7. Abschnitt (Straftaten gegen die öffentliche Ordnung) |
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