Hier finden Sie gebräuchliche Begriffe aus dem Bereich des Strafrechts mit den jeweiligen Begriffsbestimmungen und den dazugehörigen Fundstellennachweisen.

U


Übel
  Überholen  Überlassen Überlassen zum unmittelbaren Verbrauch Überlastung eines Spruchkörpers Überschuldung Überwachen Umfang des Akteneinsichtsrechts Umfang oder Schwierigkeit der Sache Umgrenzungsfunktion Umsatzsteuerkarussell Umschlossener Raum  Unabhängigkeit des Verteidigers Unaufschiebbar Unbefugtes Handeln  Unbillige Härte Unerfahrenheit  Unerlaubte Ausübung der Heilkunde Unerreichbares Beweismittel Unfall im Straßenverkehr  Ungeeignetheit  Unglücksfall  Unrechtsbewusstsein  Unrechtsvereinbarung  Unrichtige oder unvollständige Angaben  Unrichtige oder unvollständige Daten  Unter Missbrauch seiner Stellung  Unterbrechungswirkung  Unternehmen  des Stimmenkaufs und -verkaufs  Unterschrift Unterstützen des organisatorischen Zusammenhalts Unterstützen einer terroristischen Vereinigung  Unvermeidbarkeit Unverzüglich Unwahre Angaben in Werbesendungen Urkunden




Übel

siehe Nötigung, § 240 StGB Rdn.  7





Überholen

siehe  Überholen, § 315c StGB Rdn. 20




Überlassen (§ 22a KWKG)

Überlassen im Sinne des § 22a Abs. 1 Nr. 2 KWKG ist jedes mit der Übertragung des unmittelbaren Besitzes verbundene Einräumen der tatsächlichen Möglichkeit, über die Kriegswaffe dauernd oder auch nur vorübergehend zu verfügen (vgl. BGH, Beschl. v. 6.8.2007 - 4 StR 431/06 - NStZ 2008, 158; Steindorf Waffenrecht 8. Aufl. § 22a KWKG Rdn. 4, § 1 WaffG Rdn. 64). Diese Begehungsform setzt voraus, dass der Überlassende im Zeitpunkt des Überlassens selbst die tatsächliche Gewalt über die Kriegswaffe ausübt (BGHSt 28, 294; BGH, Beschl. v. 6.8.2007 - 4 StR 431/06 - NStZ 2008, 158). 




Überlassen zum unmittelbaren Verbrauch (BtMG)

Die Überlassung von Betäubungsmitteln zum unmittelbaren Verbrauch ist durch einen sofortigen Verbrauch (Konsum) an Ort und Stelle gekennzeichnet, wobei eine Verfügungsgewalt über die Drogen (dann Abgabe) nicht vorliegt (vgl. BGH, Beschl. v. 24.4.2003 - 3 StR 369/01; Weber, BtMG 3. Aufl. § 29 Rdn. 1341). 




Überlastung eines Spruchkörpers (§ 21e GVG)

Das Präsidium darf gemäß § 21 e Abs. 3 Satz 1 GVG die nach Abs. 1 Satz 1 dieser Bestimmung getroffenen Anordnungen im Laufe des Geschäftsjahres ändern, wenn dies wegen Überlastung eines Spruchkörpers nötig wird. Eine solche liegt vor, wenn über einen längeren Zeitraum ein erheblicher Überhang der Eingänge über die Erledigungen zu verzeichnen ist, sodass mit einer Bearbeitung der Sachen innerhalb eines angemessenen Zeitraumes nicht zu rechnen ist (vgl. Velten in SK-StPO § 21 e Rdn. 26) und sich die Überlastung daher als so erheblich darstellt, dass der Ausgleich nicht bis zum Ende des Geschäftsjahres zurückgestellt werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 9.4.2009 - 3 StR 376/08 - BGHSt 53, 268 - NStZ 2009, 651; BGH, Beschl. v. 4.8.2009 - 3 StR 174/09 - StV 2010, 294; Kissel/Mayer, GVG 5. Aufl. § 21 e Rdn. 112). 




Überschuldung (§ 283 StGB
; § 15a InsO)

Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen die Schulden nicht mehr deckt. Um sie zu ermitteln, bedarf es eines Überschuldungsstatus in Form einer Vermögensbilanz, die über die tatsächlichen Werte des Gesellschaftsvermögens Auskunft gibt (vgl. BGHR StGB § 283 Abs. 1 Überschuldung 1 und 2; BGH, Urt. v. 22.2.2001 - 4 StR 421/00 - NStZ 2001, 485 zu § 283 StGB; Tiedemann in LK 11. Aufl. vor § 283 Rdn. 147 ff.). Ohne Bedeutung sind hingegen beispielsweise die steuerrechtlichen Abschreibungswerte (vgl. § 254 HGB; BGH, Beschl. v. 30.1.2003 - 3 StR 437/02 - wistra 2003, 232). 




Überwachen (§ 181a StGB)

Hierfür ist erforderlich, dass der Angeklagte irgendwelche organisatorischen Maßnahmen getroffen hat, die dazu dienten, die Geschädigte zu kontrollieren und "bei der Prostitutionsausübung" zu beaufsichtigen (vgl. BGH, Beschl. v. 9.4.2002 - 4 StR 66/02 - StV 2003, 163). 




Umfang des Akteneinsichtsrechts (§ 147 StPO)

Das Akteneinsichtsrecht bezieht sich auf die dem Gericht vorliegenden oder ihm im Falle der Anklage gemäß § 199 Abs. 2 Satz 2 StPO vorzulegenden Akten. Das sind nach herrschender Meinung die von der Staatsanwaltschaft nach objektiven Kriterien (vgl. § 160 Abs. 2 StPO) als entscheidungserheblich dem Gericht zu präsentierenden Unterlagen. Dazu gehören - verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfGE 63, 45; hierzu auch Lüderssen/Jahn in Löwe/Rosenberg, StPO 26. Aufl. § 147 Rdn. 35 ff.) - zwar (nur) diejenigen, die durch die Identität der Tat und der des Täters konkretisiert werden ("formeller Aktenbegriff", vgl. BGHSt 30, 131, 138 f.; zu den sog. "materiellen und funktionalen Aktenbegriffen" vgl. Wohlers in SK-StPO § 147 Rdn. 27 ff.; Lüderssen/Jahn aaO § 147 Rdn. 41 ff.; Stuckenberg in Löwe/Rosenberg, StPO 26. Aufl. § 199 Rdn. 8 ff.). Jedoch muss danach jedenfalls das gesamte vom ersten Zugriff der Polizei (§ 163 StPO) an gesammelte Beweismaterial, einschließlich etwaiger Bild- und Tonaufnahmen nebst hiervon gefertigter Verschriftungen, zugänglich gemacht werden, das gerade in dem gegen den Angeklagten gerichteten Ermittlungsverfahren angefallen ist (vgl. BGH, Urt. v. 18.6.2009 - 3 StR 89/09 - StV 2010, 228; Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 147 Rdn. 15; zum Begriff der Akten vgl. auch Schäfer NStZ 1984, 203).

Das Senatsheft unterliegt grundsätzlich nicht der Einsichtnahme (vgl. im einzelnen, auch zum Verfahrensgang: BGH, Beschl. v. 27.4.2001 - 3 StR 112/01 - NStZ 2001, 551, 552) und stellt eine rein interne Arbeitsgrundlage dar (vgl. BGH, Beschl. v. 17.8.2004 - 3 StR 24/04). Abgesehen von Notizen, Bearbeitungshinweisen u. ä. von Senatsmitgliedern, auf die sich das Akteneinsichtsrecht naturgemäß nicht beziehen kann, befinden sich im Senatsheft ausschließlich Vorgänge, die im Original oder in Ablichtung auch in den Sachakten enthalten sind oder die zu den Sachakten gelangen, so daß insoweit ein Bedürfnis für ein gesondertes Akteneinsichtsrecht nicht erkennbar ist (vgl. BGHR StPO § 147 Abs. 1 Verfahrensakten 4; BGH, Beschl. v. 27.4.2001 - 3 StR 112/01 - NStZ 2001, 551; BGH, Beschl. v. 1.2.2005 - 4 StR 486/04; BGH, Urt. v. 22.6.2006 - 3 StR 166/06; BGH, Beschl. v. 5.2.2009 - 1 StR 697/08; KK-Laufhütte 6. Aufl. § 147 Rdn. 8).

Handakten der Staatsanwaltschaft unterliegen dem Akteneinsichtsrecht ebenfalls grundsätzlich nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 27.4.2001 - 3 StR 112/01 - NStZ 2001, 551; Laufhütte in KK-StPO 6. Aufl. § 147 Rdn. 8; Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 147 Rdnr. 13). 




Umfang oder Schwierigkeit der Sache (§ 76 GVG)

Gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 GVG beschließt die - nicht als Schwurgericht zuständige - große Strafkammer bei der Eröffnung des Hauptverfahrens, dass sie in der Hauptverhandlung mit nur zwei Berufsrichtern einschließlich des Vorsitzenden besetzt ist, es sei denn, nach dem Umfang oder der Schwierigkeit der Sache erscheint die Mitwirkung eines dritten (Berufs-)Richters erforderlich. Bei dieser Entscheidung steht der Strafkammer kein Ermessen zu; sie hat die Dreierbesetzung zu beschließen, wenn dies nach Umfang oder Schwierigkeit der Sache notwendig erscheint. Jedoch ist der großen Strafkammer bei der Auslegung dieser gesetzlichen Merkmale ein weiter Beurteilungsspielraum eröffnet, bei dessen Ausfüllung allerdings die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind (BGHSt 44, 328, 334; BGH NStZ 2004, 56; StV 2004, 250, 251). Maßgebend für die Bewertung des Umfangs der Sache sind etwa die Zahl der Angeklagten, Verteidiger und erforderlichen Dolmetscher, die Zahl der dem oder den Angeklagten vorgeworfenen Straftaten, die Anzahl der Zeugen und anderen Beweismittel, die Notwendigkeit von Sachverständigengutachten, der Umfang der Akten sowie die voraussichtliche Dauer der Hauptverhandlung. In Zweifelsfällen verdient die Dreierbesetzung den Vorzug (BGH, Urt. v. 18.6.2009 - 3 StR 89/09 - StV 2010, 228).




Umgrenzungsfunktion (§ 200 StPO)

Nach § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO ist die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat sowie Zeit und Ort ihrer Begehung so genau zu bezeichnen, dass die Identität des geschichtlichen Vorgangs dargestellt und erkennbar wird, welche bestimmte Tat gemeint ist; sie muss sich von anderen gleichartigen strafbaren Handlungen des Täters unterscheiden lassen. Dabei muss die Schilderung umso konkreter sein, je größer die allgemeine Möglichkeit ist, dass der Angeklagte verwechselbare weitere Straftaten gleicher Art verübt hat (st. Rspr., vgl. BGHSt 40, 44, 45; 40, 390, 391; BGH, Urt. v. 3.11.2000 - 2 StR 274/00 - BGHSt 46, 187 - NJW 2001, 692; BGHR StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 3, 7, 20; BGH, Urt. v. 22.8.2001 - 5 StR 431/00 - NStZ 2001, 656; BGH, Urt. v. 28.4.2006 - 2 StR 174/05 - NStZ 2006, 649; BGH, Beschl. v. 24.2.2010 - 1 StR 260/09 - NJW 2010, 1386; Meyer-Goßner StPO 50. Aufl. § 200 Rdn. 7; Schneider in KK-StPO 6. Aufl. § 200 Rdn. 3; Rieß in Löwe/Rosenberg StPO 25. Aufl. § 200 Rdn. 13). Es darf nicht unklar bleiben, über welchen Sachverhalt das Gericht nach dem Willen der Staatsanwaltschaft urteilen soll (Umgrenzungsfunktion, vgl. BGHSt 40, 44, 47 f.; 40, 390, 392; BGH, Beschl. v. 19.2.2008 - 1 StR 596/07 - wistra 2008, 221; BGH, Beschl. v. 2.9.2009 - 1 StR 260/09 - NStZ 2009, 703; BGH, Urt. v. 28.10.2009 - 1 StR 205/09 - NStZ 2010, 159; BGH, Beschl. v. 24.2.2010 - 1 StR 260/09 - NJW 2010, 1386). Die begangene, konkrete Tat muss vielmehr durch bestimmte Tatumstände so genau gekennzeichnet werden, dass keine Unklarheit darüber möglich ist, welche Handlungen dem Angeklagten zur Last gelegt werden. Fehlt es hieran, so ist die Anklage unwirksam (vgl. BGHSt 40, 44, 45; BGH NStZ 1995, 245 jew. m.w.N.; BGH, Urt. v. 28.10.2009 - 1 StR 205/09 - NStZ 2010, 159).




Umsatzsteuerkarussell (§ 370 AO)

Solche Karussellgeschäfte sind dadurch geprägt, daß eine Mehrzahl von Personen jeweils gegenüber dem nächsten Glied in der Kette Scheinrechnungen ausstellt. Bei den sogenannten Umsatzsteuerkarussellen wird dieses System - in der Regel grenzübergreifend - betrieben, weil über Vorsteuererstattungen Steuergelder betrügerisch erlangt werden sollen (vgl. BGH, Urt. v. 11.7.2002 - 5 StR 516/01 - BGHSt 47, 343 - NJW 2002, 3036; hierzu Kühn/Winter, UR 2001, 478 ff.; Merk, UR 2001, 97 ff.). Bei Umsatzsteuerkarussellen ist kennzeichnend, daß in die Kette einzelne Personen eingebaut sind, die entweder keine Umsatzsteuer anmelden oder die geschuldete Umsatzsteuer nicht abführen. Hierdurch entsteht dann letztlich der durch das Gesamtsystem bewirkte Steuerschaden  (BGH, Urt. v. 11.7.2002 - 5 StR 516/01 - BGHSt 47, 343 - NJW 2002, 3036, 3039; BGH, Beschl. v. 11.12.2002 - 5 StR 212/02 - wistra 2003, 140). 




Umschlossener Raum (§ 243 StGB)

Beim umschlossenen Raum kommt es nicht auf die Bestimmung zum den Aufenthalt von Menschen, sondern nur darauf an, ob das räumliche Gebilde jedenfalls auch dazu bestimmt ist, von Menschen betreten zu werden (vgl. BGH, Beschl. v. 17.12.2014 - 3 StR 484/14 Rn. 4; LK/Vogel, StGB, 12. Aufl., § 243 Rn. 13 mwN).




Unabhängigkeit des Verteidigers (§ 137 StPO)

Der Verteidiger ist Beistand, nicht Vertreter des Beschuldigten (BGHSt 12, 367, 369). Diese Aufgabe verlangt von ihm, sich allseitig unabhängig zu halten (BGHSt 15, 326, 327) und, wo er durch Anträge oder auf sonstige Weise in das Verfahren eingreift, dies in eigener Verantwortung und unabhängig, d.h. frei von Weisungen auch des Angeklagten, zu tun (BGHSt 13, 337, 343; BGH, Urt. v. 7.11.1991 - 4 StR 252/91 - BGHSt 38, 111, 114 - NJW 1992, 1245; BGH, Urt. v. 26.8.1993 - 4 StR 364/93 - BGHSt 39, 310 - NStZ 1993, 600). 




Unaufschiebbar (§ 29 StPO)

Unaufschiebbar im Sinne des § 29 StPO sind Handlungen, die wegen ihrer Dringlichkeit nicht anstehen können, bis ein Ersatzrichter eintritt (vgl. BGH, Urt. v. 14.2.2002 - 4 StR 272/01 - NStZ 2002, 429, 430; BGH, Beschl. v. 3.4.2003 - 4 StR 506/02 - BGHSt 48, 264 - NJW 2003, 2396). 




Unbefugtes Handeln (§ 43 Abs. 2 BDSG)

Unbefugtes Handeln im Sinne des § 43 Abs. 2 Nr. 1 BDSG liegt vor, wenn nicht Rechtssätze das Verhalten erlauben (vgl. BGH, Urt. v. 4.6.2013 - 1 StR 32/13 Rn. 61; Ambs in Erbs/Kohlhaas, 164 Lfg., § 43 BDSG Rn. 19; Sokol in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 4 Rn. 3; Gola/ Schomerus aaO § 43 Rn. 20, 26).




Unbillige Härte (§ 73c StGB)

Nach ständiger Rechtsprechung sind die Voraussetzungen des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB nur erfüllt, wenn die Härte "ungerecht" wäre und das Übermaßverbot verletzen würde (BGH, Urt. v. 11.4.1995 - 1 StR 836/94; BGH, Urt. v. 23.2.2000 - 3 StR 583/99 - NStZ-RR 2000, 365; BGH, Urt. v. 8.8.2001 - 1 StR 291/01 - NStZ-RR 2002, 7, 9; BGH, Urt. v. 3.7.2003 - 1 StR 453/02 - wistra 2003, 424; BGH, Urt. v. 2.10.2008 - 4 StR 153/08 - wistra 2009, 23; BGH, Urt. v. 26.3.2009 - 3 StR 579/08 - StV 2010, 19; BGH, Beschl. v. 10.6.2009 - 2 StR 76/09 - NJW 2009, 2755). 




Unerfahrenheit
(§ 26 BörsG, § 49 BörsG)

Nach § 26 Abs. 1 BörsG ist es verboten, gewerbsmäßig andere unter Ausnutzung ihrer Unerfahrenheit in Börsenspekulationsgeschäften zu solchen Geschäften oder zur unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an solchen Geschäften zu verleiten.

"Unerfahren" im Sinne dieser Vorschrift ist eine zum Abschluß eines Börsenspekulationsgeschäftes verleitete Person dann, wenn sie infolge fehlender Einsicht die Tragweite des konkreten Spekulationsgeschäfts in seiner ganzen Bedeutung nicht verläßlich überblicken kann, wobei es auf die Verhältnisse des Einzelfalls ankommt. Dabei kann aus der Tatsache allein, dass ein Anleger bereits vorher bei Warenterminoptionsgeschäften Kapitalverluste erlitten hatte oder sich allgemein der Möglichkeit von Verlusten bewußt war, nicht auf die Einsicht in deren Funktionsweise und grundlegenden Prinzipien geschlossen werden (vgl. BGH, Urt. v. 22.8.2001 - 3 StR 191/01 - NStZ-RR 2002, 84 zu § 89 BörsG (a.F.); BGHR BörsenG § 89 Unerfahrenheit 1; Erbs/Kohlhaas/Fuhrmann, Börsengesetz 104. ErgLfg. § 89 Rdn. 10; Schwark, Börsengesetz 2. Aufl. § 89 Rdn. 8; Wach, Der Terminhandel in Recht und Praxis 1986 Rdn. 324). 




Unerlaubte Ausübung der Heilkunde (§ 5 HeilprG)

Gemäß § 5 Abs. 1 HeilprG ist strafbar, wer ohne zur Ausübung des ärztlichen Berufs berechtigt zu sein und ohne eine Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 HeilprG zu besitzen, die Heilkunde ausübt. Ausübung der Heilkunde ist nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 2 HeilprG jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen. Wegen der mit dem Erlaubniszwang verbundenen Beschränkung des Grundrechts der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine verfassungskonforme einschränkende Auslegung dieses Begriffs geboten; danach fallen nur solche Behandlungen unter die Erlaubnispflicht, die gesundheitliche Schäden verursachen können, wobei nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ein nur geringfügiges Gefahrenmoment nicht ausreicht (vgl. BVerwGE 23, 140, 146; 35, 308, 311; BVerwG, Urteil vom 26. August 2010 - 3 C 28/09, NVwZ-RR 2011, 23, zur Erlaubnispflicht der Synergetik-Therapie). Mit dieser Auslegung, nach der allein das Gefährdungspotential der in Rede stehenden Tätigkeit geeignet ist, die strafbewehrte Erlaubnispflicht nach dem Heilpraktikergesetz auszulösen (vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 2.3.2004 - 1 BvR 784/03 - NJW-RR 2004, 705 - "Geistheiler"; BVerfG, Beschl. v. 3.6.2004 - 2 BvR 1802/02 - NJW 2004, 2890 - "Wunderheiler"), soll deren Gesetzeszweck Rechnung getragen werden, der Bevölkerung einen ausreichenden Schutz gegenüber Gesundheitsgefährdungen durch Unberufene zu geben (BGH, Urt. v. 22.6.2011 - 2 StR 580/10; vgl. zum Schutzzweck des Heilpraktikergesetzes auch BVerfG, Beschl. v. 10.5.1988 - 1 BvR 482/84, 1 BvR 1166/85, BVerfGE 78, 179, 194; BVerfG, Beschl. v. 3.6.2004 - 2 BvR 1802/02, aaO). 




Unerreichbares Beweismittel (§ 244 StPO)

Ein Beweismittel ist dann unerreichbar im Sinne der vorgenannten Vorschrift, wenn alle Bemühungen des Gerichts, die der Bedeutung und dem Wert des Beweismittels entsprechen, zu dessen Beibringung erfolglos geblieben sind und keine begründete Aussicht besteht, es in absehbarer Zeit herbeizuschaffen (vgl. BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Unerreichbarkeit 20; BGH, Beschl. v. 15.2.2001 - 3 StR 554/00 - StV 2001, 664; BGH, Urt. v. 7.11.2006 - 5 StR 164/06 - NStZ-RR 2007, 345).




Unfall im Straßenverkehr (§ 142 StGB)

  siehe: Verkehrsunfall




Ungeeignetheit (§ 69 StGB)

Ungeeignetheit im Sinne des § 69 Abs.1 StGB liegt vor, wenn eine Würdigung der körperlichen, geistigen oder charakterlichen Voraussetzungen und der sie wesentlich bestimmenden objektiven und subjektiven Umstände ergibt, dass die Teilnahme des Tatbeteiligten am Kraftfahrzeugverkehr zu einer nicht hinnehmbaren Gefährdung der Verkehrssicherheit führen würde (BGH, Urt. v. 4.11.2014 - 1 StR 233/14; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 69 Rn. 14). Dabei muss sich die Ungeeignetheit gerade aus der verfahrensgegenständlichen Tat bzw. den Taten ergeben. Kommt ausschließlich eine charakterliche Ungeeignetheit in Betracht, muss die Anlasstat selbst tragfähige Rückschlüsse auf die Bereitschaft des Täters zulassen, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Zielen unterzuordnen (vgl. BGH, Beschl. v. 27.4.2005 - GSSt 2/04 - BGHSt 50, 93, 102 f.; BGH, Beschl. v. 23.5.2012 – 5 StR 185/12 - StraFo 2012, 282 mwN; BGH, Urt. v. 4.11.2014 - 1 StR 233/14 betr. Drogenauslieferungen mit PKW; siehe auch BVerfG, Beschl. v. 20.6.2002 – 1 BvR 2062/96 - NJW 2002, 2378, 2380).




Unglücksfall (§ 323c StGB)

Ein Unglücksfall im Sinne des § 323c StGB ist ein plötzlich eintretendes Ereignis, das erheblichen Schaden an Menschen oder Sachen anrichtet und weiteren Schaden zu verursachen droht (BGH, Urt. v. 10.6.1952 – 2 StR 180/53 - BGHSt 3, 65, 66; BGH, Urt. v. 20.10.2011 - 4 StR 71/11). Als solches Ereignis kommt auch eine Straftat Dritter in Betracht (BGH, Urt. v. 8.10.1996 – 5 StR 458/96 - NStZ 1997, 127; BGH, Urt. v. 10.6.1952 – 2 StR 180/53 -  BGHSt 3, 65, 66; BGH, Urt. v. 24.2.1982 – 3 StR 34/82 - BGHSt 30, 391). Ein drohender Schaden reicht für die Annahme eines Unglücksfalles aus (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.2011 - 4 StR 71/11; Spendel in LK-StGB, 11. Aufl., § 323c, Rn. 42 mwN). 




Unrechtsbewusstsein (§ 17 StGB)

siehe Verbotsirrtum 




Unrechtsvereinbarung
(§§ 331 ff. StGB)

Eine Unrechtsvereinbarung im Sinne des § 331 Abs. 1 StGB liegt vor, wenn eine beiden Seiten bewusste Verknüpfung zwischen der Diensthandlung und dem Vorteil besteht, mithin der Vorteil für die Diensthandlung erbracht wird. Für die Erfüllung der Bestechungsdelikte (§§ 332, 334 StGB) tritt als weiteres Merkmal hinzu, dass sich die Unrechtsvereinbarung auf eine konkrete Diensthandlung beziehen muss, durch die der Täter seine dienstlichen Pflichten verletzt hat oder verletzen würde. Dabei wird der Tatbestand der Bestechungsdelikte (§ 332 Abs. 1, § 334 Abs. 1 StGB) sowohl dann erfüllt, wenn der Vorteil für - soweit sie hinreichend konkret umrissen sind (BGHR StGB § 332 Abs. 1 Satz 1 Unrechtsvereinbarung 4; vgl. auch BGH, Urt. v. 11.4.2001 - 3 StR 503/00 - wistra 2001, 260) - künftige Diensthandlungen gewährt wird als auch, wenn die dienstpflichtwidrige Diensthandlung bereits abgeschlossen ist (vgl. BGH, Urt. v. 14.2.2007 - 5 StR 323/06 - wistra 2007, 222). 




Unrichtige oder unvollständige Angaben (§ 95 AufenthG)

Um einen möglichst umfassenden Schutz zu gewährleisten, ist durch § 95 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alternative AufenthG bereits die Unterbreitung unrichtiger oder unvollständiger Angaben unter Strafe gestellt. Zur Erteilung der Bescheinigung braucht es nicht zu kommen. Es müssen auch nicht gerade die falschen Angaben geeignet sein, die Ausstellung der Urkunde zu bewirken; vielmehr genügt es, wenn sie für das Verfahren allgemein von Bedeutung sind und damit grundsätzlich zur Verschaffung eines unrechtmäßigen Aufenthaltstitels bzw. einer Duldung führen können (vgl. BGH, Urt. v. 24.10.2007 - 1 StR 189/07; BGH, Beschl. v. 2.9.2009 - 5 StR 266/09 - BGHSt 54, 140 - NStZ 2010, 171; OLG Karlsruhe Justiz 1998, 223, 224; NStZ-RR 2004, 376), die richtige Anwendung des materiellen Aufenthaltsrechts wegen der Falschangaben mithin abstrakt gefährdet ist (BayObLG NStZ-RR 2000, 344, 345; BayVGH, Beschluss vom 20. März 2008 - 19 C 08.22, 19 CS 08.21). Die betroffenen Angaben müssen keine erhöhte Beweiskraft entfalten (BGH, Beschl. v. 2.9.2009 - 5 StR 266/09 - BGHSt 54, 140 - NStZ 2010, 171; BayVGH aaO; Hailbronner, Ausländerrecht § 95 AufenthG Rdn. 94). 




Unrichtige oder unvollständige Daten (§ 263a StGB)

 siehe:  § 263a StGB, Computerbetrug Rdn. 10.5 




Unter Missbrauch seiner Stellung (§ 174a StGB)

Dieses Tatbestandsmerkmal des § 174a StGB  setzt - wie ein Vergleich mit dem Tatbestandsmerkmal "Mißbrauch der Abhängigkeit" in § 174 Abs. 1 Nr. 2 StGB und § 174b Abs. 1 StGB zeigt - keine Abhängigkeit des Gefangenen von dem Täter im konkreten Fall voraus. Umgekehrt genügt es, soll das Merkmal des "Mißbrauchs der Stellung" nicht jede Bedeutung verlieren, für die Verwirklichung des Tatbestandes aber nicht, wenn Täter und Opfer in einem der in § 174a StGB beschriebenen Obhutsverhältnisse stehen und es zwischen ihnen zu sexuellen Handlungen kommt (BGH, Beschl. v. 29.9.1998 - 4 StR 324/98 - StV 1999, 370). 




Unterbrechungswirkung (§ 78c StGB)

Die Unterbrechungswirkung der Bekanntgabe erstreckt sich in der Regel auf die gesamte Tat im prozessualen Sinn (§§ 155, 264 StPO) sowie auf alle weiteren in demselben Verfahren verfolgten Taten (vgl. BGH, Urt. v. 29.7.2004 - 3 StR 65/04). Maßgeblich für die Unterbrechungswirkung ist insoweit, worauf sich der Verfolgungswille der Strafverfolgungsbehörden richtete (vgl. BGH, Beschl. v. 5.4.2000 - 5 StR 226/99 - NStZ 2000, 427; BGH, Beschl. v. 11.12.2007 - 4 StR 279/07 - wistra 2008, 144), was sich etwa maßgeblich danach bestimmt, was mit der richterlichen Handlung bezweckt wird (vgl. BGHR StGB § 78 Abs. 1 Tat 3; § 78 c Abs. 1 Nr. 4 Durchsuchung 1 m.w.N.; BGH, Urt. v. 27.6.2002 - 4 StR 28/02 - NStZ-RR 2002, 272). 




Unternehmen des Stimmenkaufs und -verkaufs (§ 108e  StGB)

Strafbar nach § 108e Abs. 1 StGB ist das Unternehmen des Stimmenkaufs und -verkaufs. Die Tathandlung muss also zumindest im Versuch einer ausdrücklichen oder konkludenten Unrechtsvereinbarung in Bezug auf ein künftiges Abstimmungsverhalten in einer Volksvertretung durch das Angebot oder das Fordern von Vorteilen bestehen (vgl. BGH, Urt. v. 9.5.2006 - 5 StR 453/05 - BGHSt 51, 44 - wistra 2006, 299). 




Unterschrift
(§ 150 AO, § 370 AO)

Für die im amtlichen Vordruck der Steueranmeldung zur Wahrheitsversicherung vorgesehene Unterschrift (vgl. § 150 Abs. 2 Satz 2 AO) wird eine Lesbarkeit des Namenszuges nicht gefordert; es genügt ein individueller Schriftzug mit charakteristischen Merkmalen (vgl. BGH NJW 1997, 3380, 3381; NJW 1987, 1333, 1334; BB 1970, 52), so daß eine Unterscheidungsmöglichkeit gegenüber anderen Unterschriften gewährleistet ist (vgl. BGHSt 12, 317; BGH, Urt. v. 27.9.2002 - 5 StR 97/02 - wistra 2003, 20).




Unterstützen des organisatorischen Zusammenhalts (§ 20 VereinsG, § 85 StGB)

Die Unterstützung des organisatorischen Zusammenhalts einer - vorläufig vollziehbar oder unanfechtbar - verbotenen Vereinigung im Sinne der Vorschriften des § 20 Abs. 1 Nr. 3 VereinsG oder des § 85 Abs. 2 StGB setzt voraus, dass das Handeln des Täters auf die Aufrechterhaltung des organisatorischen Zusammenhalts gerichtet und geeignet ist, eine für diesen vorteilhafte Wirkung hervorzurufen (BGH, Urt. v. 10.3.2005 - 3 StR 245/04 - NJW 2005, 2164; BGH, Beschl. v. 3.11.2005 - 3 StR 333/05); bloße Unterstützungshandlungen, die nicht unmittelbar die Aufrechterhaltung des organisatorischen Zusammenhalts zum Ziel haben oder ihn allenfalls reflexartig fördern, genügen dabei ebenso wenig wie Unterstützungshandlungen von nur untergeordneter Bedeutung (vgl. BGHSt 26, 256, 260 f.; BGH, Beschl. v. 3.11.2005 - 3 StR 333/05). § 20 Abs. 1 Nr. 3 VereinsG setzt nicht voraus, daß der Täter durch seine Unterstützungshandlung im konkreten Fall tatsächlich einen Erfolg erzielt (BGH, Urt. v. 10.3.2005 - 3 StR 245/04). 




Unterstützen einer terroristischen Vereinigung (§ 129a StGB)

Nach bisheriger Rechtsprechung und vorherrschender Ansicht im Schrifttum (s. insg. Miebach/Schäfer in MünchKomm § 129 a Rdn. 60 i. V. m. § 129 Rdn. 81 ff. m. zahlr. w. N.) unterstützt eine terroristische Vereinigung, wer, ohne selbst Mitglied der Organisation zu sein, deren Tätigkeit und terroristische Bestrebungen direkt oder über eines ihrer Mitglieder fördert. Dabei kann sich die Förderung richten auf die innere Organisation der Vereinigung und deren Zusammenhalt, auf die Erleichterung einzelner von ihr geplanter Straftaten, aber auch allgemein auf die Erhöhung ihrer Aktionsmöglichkeiten oder die Stärkung ihrer kriminellen Zielsetzung. Nicht erforderlich ist, dass der Organisation durch die Tathandlung ein messbarer Nutzen entsteht. Vielmehr genügt es, wenn die Förderungshandlung an sich wirksam ist und der Organisation irgendeinen Vorteil bringt; ob dieser Vorteil genutzt wird und daher etwa eine konkrete, aus der Organisation heraus begangene Straftat oder auch nur eine organisationsbezogene Handlung eines ihrer Mitglieder mitprägt, ist dagegen ohne Belang (vgl. BGH, Beschl. v. 16.5.2007 - AK 6/07 und StB 3/07 - NJW 2007, 2782; BGH, Urt. v. 14.8.2009 - 3 StR 552/08 - BGHSt 54, 69 ff. - NJW 2009, 3448 ff.).




Unvermeidbarkeit (§ 17 StGB)

siehe Verbotsirrtum 




Unverzüglich (§ 25 StPO)

siehe Ablehnungszeitpunkt 




Unwahre Angaben in Werbesendungen (§ 16 UWG)

Angaben in Werbesendungen sind nach einem objektiven Maßstab unwahr, wenn entgegen den Gewinnmitteilungen eine Chance der Empfänger, bei einem Gewinnspiel einen Geld- oder sonstigen Preis zu erhalten, tatsächlich nicht bestand und diese daher nur vorgetäuscht war. Bei den einzelnen Gewinnmitteilungen können unwahre Angaben schon deswegen gegeben sein, weil der Text nur so verstanden werden kann, dass der Empfänger bereits den Preis gewonnen hatte. Die Unwahrheit derartiger Angaben kann nicht ohne weiteres dadurch beseitigt werden, dass an anderer Stelle - etwa in optisch schwer zugänglichen "Vergabe-Bedingungen" auf der Rückseite eines sog. "Auszahlungs-Belegs" - Gegenteiliges behauptet wird (vgl. BGH NJW 2002, 3415; BGH, Urt. v. 30.5.2008 - 1 StR 166/07 - wistra 2008, 387; OLG Celle NStZ-RR 2005, 25). 




Urkunden (§ 267 StGB)

Urkunden im Sinne des Strafrechts sind verkörperte Erklärungen, die ihrem gedanklichen Inhalt nach geeignet und bestimmt sind, für ein Rechtsverhältnis Beweis zu erbringen, und die ihren Aussteller erkennen lassen (st. Rspr.; vgl. etwa BGHSt 4, 60, 61; 24, 140, 141; BGH, Beschl. v. 27.1.2010 - 5 StR 488/09 - wistra 2010, 184; BGH, Beschl. v. 23.3.2010 - 5 StR 7/10 - wistra 2010, 226; Fischer, StGB 57. Aufl. § 267 Rdn. 2 m.w.N.).







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