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Eine Darstellung der BGH-Rechtsprechung in Strafsachen



 
§ 260 StGB
Gewerbsmäßige Hehlerei, Bandenhehlerei

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer die Hehlerei
1. gewerbsmäßig oder
2. als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub, Diebstahl oder Hehlerei verbunden hat,
begeht.

(2) Der Versuch ist strafbar.
 
Strafgesetzbuch, Stand: 24.8.2017


Überblick zur Darstellung
 § 260 Abs. 1 StGB
    Qualifikationsmerkmale
       Gewerbsmäßige Hehlerei, § 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB
       Bandenmäßige Tatbegehung, § 260 Abs. 1 Nr. 2 StGB
 Konkurrenzen
    Gewerbsmäßige Hehlerei und (versuchter) Betrug
    Wahlfeststellung
       Verjährung und Zweifelssatz bei Postpendenzfeststellung
Strafzumessung
    Strafrahmen
    Strafzumessungserwägungen
       Nicht zulässige Erwägungen
Urteil
    Urteilsformel
Prozessuales
    Verfahrenshindernisse
       Verfolgungsverjährung
    Ermittlungsmaßnahmen
       Überwachung der Telekommunikation
       Erhebung von Verbindungsdaten der Telekommunikation
       Einsatz technischer Mittel
          Einsatz weiterer technischer Mittel
       Ermittlung von Mobilfunkendgeräten
       Akustische Wohnraumüberwachung
    Haftsachen
       Sicherungshaft bei Wiederholungsgefahr site sponsoring
    Führungsaufsicht
    Verfallsanordnungen
    Gesetze
       Verweisungen
       Änderungen § 260 StGB





§ 260 Abs. 1 StGB




Qualifikationsmerkmale

5




[ Gewerbsmäßige Hehlerei, § 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB ]

5.1
Gewerbsmäßigkeit bedeutet, dass der Täter die Absicht verfolgt, sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Die Wiederholungsabsicht des Täters muss sich dabei auf dasjenige Delikt beziehen, dessen Tatbestand durch das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit qualifiziert ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschl. v. 27.2.2014 - 1 StR 15/14 - NStZ 2014, 271; BGH, Beschl. v. 2.2.2011 – 2 StR 511/10 - NStZ 2011, 515, 516; BGH, Urt. v. 9.3.2016 - 2 StR 450/15 Rn. 19). Gemäß § 260 Abs. 1 StGB muss „die Hehlerei“ gewerbsmäßig begangen werden, weshalb sich die Wiederholungsabsicht auf den Tatbestand des § 259 StGB beziehen muss (BGH, Beschl. v. 27.2.2014 - 1 StR 15/14).

Zwar kann bei einmaligem Sicherverschaffen mehrerer gestohlener Gegenstände aus deren späterer sukzessiven Veräußerung im Einvernehmen mit dem Vortäter, die im Falle einvernehmlichen Handelns mit dem Vortäter als Nachtat mitbestraft wäre (BGH, Beschl. v. 7.5.2014 – 1 StR 150/14 - NStZ 2014, 577; BGH, Urt. v. 3.6.1975 – 1 StR 228/75 - NJW 1975, 2109, 2110; Walter, in LK-StGB, 12. Aufl., § 259 Rn. 51, 107), nicht ohne Weiteres auf Gewerbsmäßigkeit geschlossen werden (vgl. BGH, Urt. v. 9.3.2016 - 2 StR 450/15 Rn. 20; BGH, Beschl. v. 2.2.2011 – 2 StR 511/10 - NStZ 2011, 515, 516). Nicht erforderlich ist es jedoch, dass der Angeklagte den Betrieb eines „kriminellen Gewerbes“ plant und seinen Lebensunterhalt dauerhaft ganz oder jedenfalls teilweise hierdurch bestreiten will (BGH, Urt. v. 9.3.2016 - 2 StR 450/15 Rn. 20; Fischer, StGB, 63. Aufl., Vor § 52 Rn. 61).

Bezugspunkt der Prüfung gewerbsmäßigen Handelns ist nicht das Absatzgeschäft; Bezugspunkt der Prüfung sind vielmehr die Beschaffungsgeschäfte des Angeklagten (vgl. BGH, Urt. v. 9.3.2016 - 2 StR 450/15 Rn. 22). Insoweit ist etwa in den Blick zu nehmen, dass der Angeklagte sich jeweils eine Mehrzahl wertvoller Gegenstände beschaffte (vgl. BGH, Urt. v. 9.3.2016 - 2 StR 450/15 Rn. 22).

Anders als der gewerbsmäßige Diebstahl, bei dem es sich gemäß § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB um ein bloßes Regelbeispiel handelt, stellt die gewerbsmäßige Hehlerei nach § 
260 Abs. 1 Nr. 1 StGB eine Qualifikation dar, deren Vorliegen im Urteilstenor zum Ausdruck zu bringen ist (BGH NStZ 1982, 29, 30; BGH, Beschl. v. 27.10.2006 - 2 StR 431/06; BGH, Beschl. v. 6.2.2009 - 2 StR 340/08 - NStZ-RR 2009, 175). Gewerbsmäßigkeit setzt stets - im Unterschied zu den Voraussetzungen des Hehlereitatbestandes - eigennütziges Handeln und damit tätereigene Einnahmen voraus (BGH, Beschl. v. 10.4.2008 - 4 StR 443/07 - wistra 2008, 313).

Beispiel: Wurde das Hehlergut vom Täter für die Firma seiner Ehefrau erworben, reicht dies für die Annahme der Gewerbsmäßigkeit nur dann aus, wenn ihm mittelbar - etwa über das Gehalt oder eine Beteiligung an Betriebsgewinnen - Einnahmen zufließen sollten (vgl. BGH NStZ 1998, 622, 623; BGH, Beschl. v. 19.12.2007 - 5 StR 543/07 - wistra 2008, 104; 
BGH, Beschl. v. 10.4.2008 - 4 StR 443/07 - wistra 2008, 313).

 
siehe auch: Besonders schwerer Fall des Diebstahls, § 243 StGB

Gewerbsmäßig handelt, wer sich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will (vgl. BGH, Urt. v. 8.11.1951 - 4 StR 563/51 - BGHSt 1, 383; BGH, Beschl. v. 13.12.1995 - 2 StR 575/95 - NJW 1996, 1069; BGHR BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 1, gewerbsmäßig 1, 5; BGH, Urt. v. 14.11.2001 - 3 StR 352/01; BGH, Urt. v. 27.5.2004 - 4 StR 41/04; BGH, Beschl. v. 1.9.2009 - 3 StR 601/08 - NStZ 2010, 148). Liegt diese Absicht vor, ist bereits die erste Tat als gewerbsmäßig begangen einzustufen, auch wenn es entgegen den ursprünglichen Intentionen des Täters zu weiteren Taten nicht kommt. Eine Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Deliktsbegehung setzt daher schon im Grundsatz nicht notwendig voraus, dass der Täter zur Gewinnerzielung mehrere selbstständige Einzeltaten der jeweils in Rede stehenden Art verwirklicht hat. Ob der Angeklagte gewerbsmäßig gehandelt hat, beurteilt sich vielmehr nach seinen ursprünglichen Planungen sowie seinem tatsächlichen, strafrechtlich relevanten Verhalten über den gesamten ihm anzulastenden Tatzeitraum (vgl. BGH, Urt. v. 17.6.2004 - 3 StR 344/03 - BGHSt 49, 177 - NJW 2004, 2840, 2841; BGH, Beschl. v. 1.9.2009 - 3 StR 601/08 - NStZ 2010, 148). Erforderlich ist dabei stets, dass sich seine Wiederholungsabsicht auf dasjenige Delikt bezieht, dessen Tatbestand durch das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit qualifiziert ist (vgl. BGH, Beschl. v. 13.12.1995 - 2 StR 575/95 - NJW 1996, 1069; BGH, Beschl. v. 1.9.2009 - 3 StR 601/08 - NStZ 2010, 148; Fischer, StGB 56. Aufl. Vor § 52 Rdn. 62). Die konkurrenzrechtliche Einordnung der Einzelaktivitäten des Angeklagten als eine Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB steht der Annahme der Gewerbsmäßigkeit nicht entgegen (vgl. BGH, Beschl. v. 7.9.2010 - 4 StR 393/10; BGHR § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Gewerbsmäßigkeit 1).

Auch wenn die Einnahme mittelbar erzielt wird, ist gewerbsmäßiges Handeln gegeben (vgl. BGH, Urt. v. 9.12.2009 - 1 StR 167/09 zu § 374 AO).

Beim einmaligen Sichverschaffen mehrerer gestohlener Gegenstände kann die Gewerbsmäßigkeit der Hehlerei nicht daraus geschlossen werden, dass die Hehlerware anschließend sukzessive nur einzeln verkauft wird (vgl. Reichsgericht, Urt. v. 22.11.1918 – IV 740/18 - RGSt 53, 155; BGH, Urt. v. 19.6.1952 – 5 StR 491/52; BGH, Beschl. v. 27.2.2014 - 1 StR 15/14; Fischer, StGB, 61. Aufl., Vor § 52 Rn. 61a mwN; vgl. auch [jeweils zu § 146 Abs. 1 StGB] BGH, Beschl. v. 1.9.2009 – 3 StR 601/08 - NStZ 2010, 148, 149; BGH, Beschl. v. 2.2.2011 – 2 StR 511/10 - NStZ 2011, 515, 516).

Der qualifizierte Tatbestand der gewerbsmäßigen Hehlerei (§ 
260 StGB) ist auf den Gehilfen nur anwendbar, wenn dieser selbst gewerbsmäßig gehandelt hat. Denn bei der Gewerbsmäßigkeit handelt es sich um ein die Strafe schärfendes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB (st. Rspr.; vgl. BGHR StGB § 260 gewerbsmäßig 2; BGH StV 1996, 87; BGH, Beschl. v. 17.7.2008 - 3 StR 193/08 - wistra 2008, 379; Fischer, StGB 55. Aufl. § 28 Rdn. 8 f., § 260 Rdn. 2).

 
siehe auch: Besondere persönliche Merkmale, § 28 StGB




[ Bandenmäßige Tatbegehung, § 260 Abs. 1 Nr. 2 StGB ]

5.2
Für das Handeln als Mitglied einer Bande gelten die allgemein für Bandentaten entwickelten Maßstäbe.

 
siehe hierzu: Bandentaten

Nach § 
260 Abs. 1 Nr. 2 StGB muss die Hehlerei vom Täter als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub, Diebstahl oder Hehlerei verbunden hat, begangen worden sein.



Konkurrenzen




Gewerbsmäßige Hehlerei und (versuchter) Betrug

K.1
Die Käufer können gemäß § 935 Abs. 1 Satz 1 BGB kein Eigentum an den gestohlenen Waren erlangen, die der Täter angekauft und sodann gewinnbringend im Internet versteigert. Hierbei schädigt der Täter mit dem Ankauf des Diebesguts die bestohlene Firma weiter (zum Rechtsgut des Hehlereitatbestands vgl. Fischer StGB 55. Aufl. § 259 Rdn. 1). Den versuchten oder vollendeten Betrug begeht er jedoch zum Nachteil der Käufer der gestohlenen Ware und verletzt damit jeweils einen anderen Rechtsgutsträger. Damit führt er zugleich einen weiteren Schaden über das durch die Haupttat verursachte Maß hinaus herbei, so dass insoweit eine mitbestrafte Nachtat nicht vorliegt (vgl. BGH, Urt. v. 27.8.2008 - 2 StR 329/08 - wistra 2008, 423: Tatmehrheit zwischen gewerbsmäßiger Hehlerei und dem (versuchten) Betrug).

 
siehe hierzu auch: Hehlerei, § 259 StGB --> Mitbestrafte Nachtat; Tateinheit, § 52 StGB --> Mitbestrafte Tateinheit; Betrug, § 263 StGB --> Konkurrenzen




Wahlfeststellung

K.2
Dass Diebstahl und Hehlerei rechtsethisch und psychologisch vergleichbar sind und deshalb die Grundlage einer Wahlfeststellung bilden können, ist anerkannt (BGHSt 1, 304; 9, 390, 392; 15, 63), ebenso ist eine Wahlfeststellung zwischen - gewerbsmäßig begangenem - Diebstahl nach §§ 242, 243 Abs. 1 Nr. 3 StGB und gewerbsmäßiger Hehlerei nach § 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB zulässig (BGHSt 11, 26, 28; BGH NJW 1974, 804, 805; BGH, Urt. v. 9.7.1998 - 4 StR 250/98; BGH, Beschl. v. 19.1.2000 - 3 StR 500/99 - NStZ 2000, 473).

 
siehe auch: Tateinheit, § 52 StGB --> Wahlfeststellung; § 243 StGB, Besonders schwerer Fall des Diebstahls

Grundsätzlich ist die Möglichkeit einer Wahlfeststellung zwischen Bandendiebstahl gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB bzw. schwerem Bandendiebstahl nach § 244a Abs. 1 StGB i.V.m. § 243 Abs.1 Nr. 3 StGB einerseits und Bandenhehlerei gemäß § 
260 Abs. 1 Nr. 2 StGB bzw. gewerbsmäßiger Bandenhehlerei gemäß § 260a Abs. 1 StGB anzuerkennen, da die rechtsethisch und psychologisch vergleichbaren Grunddelikte durch gleiche oder ähnliche Merkmale qualifiziert werden und über vergleichbar erhöhte Strafrahmen verfügen (vgl. BGH, Beschl. v. 19.1.2000 - 3 StR 500/99 - NStZ 2000, 473).

 
siehe auch: Tateinheit, § 52 StGB; § 244 StGB, Diebstahl mit Waffen, Bandendiebstahl, Wohnungseinbruchdiebstahl; § 244a StGB, Schwerer Bandendiebstahl; § 260a StGB, Gewerbsmäßige Bandenhehlerei




[ Verjährung und Zweifelssatz bei Postpendenzfeststellung ]

K.2.1
Die getroffene Postpendenzfeststellung benachteiligt den Angeklagten unangemessen, wenn die von ihm möglicherweise begangenen Diebstähle, die im Falle ihres Erwiesenseins einer Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Hehlerei entgegenstünden, wegen Verjährung nicht mehr verfolgt werden können. Der Zweifelssatz gebietet es deshalb, den Angeklagten so zu stellen, als habe er diese Diebstähle begangen (BGH, Beschl. v. 17.6.2003 - 3 StR 183/03 - wistra 2003, 430).

 
siehe auch: § 52 StGB, Tateinheit --> Wahlfeststellung; In dubio pro reo   



Strafzumessung




Strafrahmen

S.1
Strafrahmen § 260 Abs. 1 StGB: 6 Monate bis 10 Jahre Freiheitsstrafe

ggfls. i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB
1 Monat bis 7 Jahre 6 Monate Freiheitsstrafe

ggfls. i.V.m. § 
49 Abs. 1 StGB - doppelte Milderung -
1 Monat bis 5 Jahre 7 Monate 2 Wochen 1 Tag Freiheitsstrafe

ggfls. i.V.m. § 
49 Abs. 1 StGB  - dreifache Milderung -
1 Monat bis 4 Jahre 2 Monate 2 Wochen 4 Tage Freiheitsstrafe

ggfls. i.V.m. § 
49 Abs. 2 StGB
1 Monat bis 10 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe




Strafzumessungserwägungen

S.3




[ Nicht zulässige Erwägungen ]

S.3.4
Wurde keinerlei Einfluß des Angeklagten auf das Verhalten des Diebes festgestellt, aber betont, daß nur durch Branchenkenntnisse und Kontakte des Angeklagten das gestohlene Gut abgesetzt werden und zudem nur dadurch ein guter Preis erzielt werden konnte und hieran die strafschärfende Erwägung angeknüpft, dass dies "den Anreiz für den Dieb zu weiteren Diebstählen" erhöhte, ist dies rechtsfehlerhaft. Damit wird ein Gesichtspunkt strafschärfend berücksichtigt, der den Gesetzgeber dazu bestimmt hat, gewerbsmäßige Hehlerei unter erhöhte Strafandrohung zu stellen. Diese erklärt sich daraus, daß der gewerbsmäßige Hehler dem Dieb immer wieder den notwendigen Rückhalt bietet (BGH NJW 1967, 2416 m.w.Nachw.; BGH, Beschl. v. 19.9.2000 - 1 StR 392/00).



Urteil




Urteilsformel

U.1
Die gewerbsmäßige Hehlerei nach § 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB stellt eine Qualifikation dar, deren Vorliegen im Urteilstenor zum Ausdruck zu bringen ist (BGH NStZ 1982, 29, 30; BGH, Beschl. v. 27.10.2006 - 2 StR 431/06; BGH, Beschl. v. 6.2.2009 - 2 StR 340/08 - NStZ-RR 2009, 175).



Prozessuales




Verfahrenshindernisse

Z.1




[ Verfolgungsverjährung ]

Z.1.1
Die Verjährungsfrist für § 260 Abs. 1 StGB beträgt zehn Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 StGB).
§ 
260 Abs. 2 StGB, der die Versuchsstrafbarkeit zum Gegenstand hat, kann insoweit nur über die Vorschriften des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches (§ 49 StGB) zu einer Änderung des Ausgangsstrafrahmens führen und ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich (§ 78 Abs. 4 StGB).




Ermittlungsmaßnahmen

Z.2




[ Überwachung der Telekommunikation ]

Z.2.1
Das Vergehen nach § 260 StGB stellt eine Katalogtat nach § 100a Abs. 2 Nr. 1 l StPO dar, bei der unter den weiteren Voraussetzungen der Vorschrift auch ohne Wissen der Betroffenen die Telekommunikation überwacht und aufgezeichnet werden darf.

 
siehe auch: Überwachung der Telekommunikation, § 100a StPO 




[ Erhebung von Verbindungsdaten der Telekommunikation ]

Z.2.2
Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, dass jemand als Täter oder Teilnehmer
1. eine Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung, insbesondere eine in § 
100a Abs. 2 StPO bezeichnete Straftat, begangen hat, in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht hat oder durch eine Straftat vorbereitet hat (§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO) oder
2. eine Straftat mittels Telekommunikation begangen hat (§ 
100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StPO),
so dürfen nach § 
100g Abs. 1 StPO auch ohne Wissen des Betroffenen Verkehrsdaten (§ 96 Abs. 1 TKG, § 113a TKG) erhoben werden, soweit dies für die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten erforderlich ist. Im Falle des (§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StPO) ist die Maßnahme nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos wäre und die Erhebung der Daten in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache steht. Die Erhebung von Standortdaten in Echtzeit ist nur im Falle des (§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO) zulässig.

 
siehe auch: § 100g StPO, Auskunft über Verbindungsdaten der Telekommunikation




[ Einsatz technischer Mittel ]

Z.2.3
Nach § 100f Abs. 1 StPO darf auch ohne Wissen der Betroffenen außerhalb von Wohnungen das nichtöffentlich gesprochene Wort mit technischen Mitteln abgehört und aufgezeichnet werden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als Täter oder Teilnehmer eine in § 100a Abs. 2 StPO bezeichnete, auch im Einzelfall schwerwiegende Straftat begangen oder in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht hat, und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

Dabei darf sich gemäß § 
100f Abs. 2 StPO die Maßnahme nur gegen einen Beschuldigten richten. Gegen andere Personen darf die Maßnahme nur angeordnet werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie mit einem Beschuldigten in Verbindung stehen oder eine solche Verbindung hergestellt wird, die Maßnahme zur Erforschung des Sachverhalts oder zur Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Beschuldigten führen wird und dies auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.
Die Maßnahme darf nach § 
100f Abs. 3 StPO auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.

Für das Verfahren gelten nach § 
100f Abs. 4 StPO die §§ 100b Abs. 1, 4 Satz 1; 100d Abs. 2 StPO  entsprechend.

 
siehe auch: § 100f StPO, Einsatz technischer Mittel 




- Einsatz weiterer technischer Mittel

Z.2.3.1
Den Einsatz weiterer technischer Mittel (Herstellung von Bildaufnahmen, Einsatz technischer Observationsmittel) sieht die Strafprozessordnung in § 100h StPO unter den dort genannten Voraussetzungen vor.

 
siehe auch: § 100h StPO, Einsatz weiterer technischer Mittel




[ Ermittlung von Mobilfunkendgeräten ]

Z.2.4
Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, dass jemand als Täter oder Teilnehmer eine Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung, insbesondere eine in § 100a Abs. 2 StPO bezeichnete Straftat, begangen hat, in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht hat oder durch eine Straftat vorbereitet hat, so dürfen durch technische Mittel
1. die Gerätenummer eines Mobilfunkendgerätes und die Kartennummer der darin
verwendeten Karte sowie
2. der Standort eines Mobilfunkendgerätes
ermittelt werden, soweit dies für die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten erforderlich ist (§ 100i Abs. 1 StPO).

 
siehe auch: § 100i StPO, Ermittlung von Mobilfunkendgeräten




[ Akustische Wohnraumüberwachung ]

Z.2.5
§ 260 StGB gehört zu den in § 100c Abs. 2 StPO genannten besonders schweren Straftaten (Katalogtaten), bei denen unter den Voraussetzungen des § 100c Abs. 1 StPO die akustische Wohnraumüberwachung angeordnet werden darf.

 
siehe auch: Wohnraumüberwachung, § 100c StPO  




Haftsachen

Z.3




[ Sicherungshaft bei Wiederholungsgefahr ]

Z.3.1
Ist der Beschuldigte dringend verdächtig, wiederholt oder fortgesetzt eine die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigende Straftat nach § 260 StGB begangen zu haben und begründen bestimmte Tatsachen die Gefahr, dass er vor rechtskräftiger Aburteilung weitere erhebliche Straftaten gleicher Art begehen oder die Straftat fortsetzen wird und ist Haft zur Abwendung der drohenden Gefahr erforderlich, besteht der - gemäß § 112a Abs. 2 StPO subsidiäre - weitere Haftgrund nach § 112a Abs. 1 Nr. 2 StPO, wenn eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr zu erwarten ist. 

Liegen die Voraussetzungen für den Erlaß eines Haftbefehls nach § 112 StPO vor und sind die Voraussetzungen für die Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls nach § 116 Abs. 1, 2 StPO nicht gegeben, wird der Haftbefehl auch dann nach § 112 StPO erlassen, wenn Wiederholungsgefahr besteht (vgl. § 112a Abs. 2 StPO; Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 112a Rdnr. 17).




Führungsaufsicht

Z.4
§ 262 StGB sieht bei Straftaten nach § 260 StGB die Möglichkeit der Anordnung der Führungsaufsicht vor. Danach kann, wenn der Angeklagte eine zeitige Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verwirkt hat und die Gefahr besteht, daß er weitere Straftaten begehen wird, - unbeschadet der Vorschriften über die Führungsaufsicht kraft Gesetzes (§§ 67b, 67c, 67d Abs. 2 bis 6 und 68f) - neben der Strafe Führungsaufsicht angeordnet werden (§ 68 StGB).

Die Anordnung von Führungsaufsicht setzt die Wahrscheinlichkeit erneuter Straffälligkeit des Angeklagten voraus (vgl. hierzu Stree in Schönke/Schröder StGB 25. Aufl. § 68 Rdn. 6) und ist bei der Verhängung mehrjähriger Freiheitsstrafen in der Regel entbehrlich, weil in diesen Fällen entweder 
§ 57 StGB oder § 68f StGB eingreift (vgl. BGHR StGB § 256 Führungsaufsicht 1; BGH, Beschl. v. 8.2.2000 - 4 StR 488/99; Fischer StGB 56. Aufl. § 68 Rdn. 6).

  siehe auch: § 68 StGB, Voraussetzungen der Führungsaufsicht




Verfallsanordnungen

Z.5
In Fällen von Hehlerei stehen im Regelfall Schadensersatzansprüche der Geschädigten einer Verfallsanordnung entgegen (vgl. BGH wistra 2002, 57, 58; NStZ 1996, 332; BGH, Beschl. v. 14.3.2002 - 3 StR 9/02 und vom 21.2.2002 - 5 StR 20/02 [insoweit in StV 2002, 485 nicht abgedruckt]; BGH, Beschl. v. 25.7.2006 - 4 StR 223/06; BGH, Beschl. v. 28.5.2008 - 2 StR 96/08).

 
siehe auch: § 73 StGB, Voraussetzungen des Verfalls --> Rdn. 25 ff.




Gesetze

Z.8




[ Verweisungen ]

Z.8.1
Auf § 260 StGB wird verwiesen in:

§ 46b StGB (über § 100a Abs. 2 StPO)   siehe auch: § 46b StGB, Hilfe zur Aufklärung oder Verhinderung von schweren Straftaten 

§ 100a StPO   siehe auch: § 100a StPO, Überwachung der Telekommunikation 
§ 100c StPO 
  siehe auch: Wohnraumüberwachung, § 100c StPO
§ 112a StPO   siehe auch: Weitere Haftgründe, § 112a StPO 
 




[ Änderungen § 260 StGB
]

Z.8.2
§ 260 StGB wurde mit Wirkung vom 1.7.2017 geändert durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872). Zuvor hatte die Vorschrift folgenden Wortlaut:

"§ 260 StGB
Gewerbsmäßige Hehlerei, Bandenhehlerei

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer die Hehlerei
1. gewerbsmäßig oder
2. als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub, Diebstahl oder Hehlerei verbunden hat,
begeht.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 sind die §§ 43a, 73d anzuwenden. § 73d ist auch in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 anzuwenden."




Strafgesetzbuch - Besonderer Teil - 21. Abschnitt (Begünstigung und Hehlerei)


 




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